Gesundheitsausschuss befasst sich mit dem Thema Lebensmittelsicherheit
Wien (pk) - Die Kontrolle von biologischen Lebensmitteln sowie von Produkten mit geschützten Herkunftsangaben
und von traditionellen Spezialitäten wird künftig in einem eigenen Gesetz geregelt. Der Gesundheitsausschuss
des Nationalrats stimmte am 01.10. einem entsprechenden Entwurf von Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser zu.
Mit dem Gesetz sollen einschlägige EU-Vorgaben umgesetzt werden, zudem will man mit einem dichteren Kontrollnetz
das Vertrauen der KonsumentInnen in Bioprodukte und geographisch geschützte Erzeugnisse stärken. Der
Beschluss fiel mit den Stimmen der Koalitionsparteien und des Team Stronach, zuvor wurden mittels Abänderungsantrag
noch einige Detailänderungen vorgenommen.
Debattiert wurde im Ausschuss auch über den Lebensmittelsicherheitsbericht 2014, der den ProduzentInnen und
dem österreichischen Handel grundsätzlich ein gutes Zeugnis ausstellt. Nur 0,3% der bei Kontrolluntersuchungen
gezogenen Proben haben sich als gesundheitsschädlich erwiesen. Die Opposition machte sich unter anderem für
eine sinnvolle Verwertung abgelaufener Lebensmittel, ein Verbot glyphosathältiger Pflanzenschutzmittel und
eine Untersuchung gesundheitsschädlicher Auswirkungen von Lebensmittelverpackungen mit Bisphenol A stark,
konnte sich mit entsprechenden Anträgen zumindest vorläufig aber nicht durchsetzen.
Neuer rechtlicher Rahmen für Kontrolle von Bioprodukten
Das mit S-V-T-Mehrheit angenommene EU-Qualitätsregelungen-Durchführungsgesetz ( 777 d.B.) gibt den rechtlichen
Rahmen für die amtliche Kontrolle von biologischen Lebensmitteln sowie von Produkten mit geschützten
Ursprungs- und Herkunftsangaben (g.U., g.g.A.) und von traditionellen Spirituosenspezialitäten wie z.B. steirisches
Kürbiskernöl, Tiroler Speck oder Inländerrum vor. Dabei wird grundsätzlich am derzeitigen Kontrollsystem
festgehalten, ein neuer Kontrollausschuss im Gesundheitsministerium soll die Arbeit der Behörden und der Kontrollstellen
künftig aber besser koordinieren und für einen verbesserten Informationsaustausch sorgen. Außerdem
wird im Gesundheitsressort ein Beirat für die biologische Produktion, im Landwirtschaftsressort ein Beirat
für geschützte Ursprungsbezeichnungen und geografische Angaben eingerichtet.
Um den Schutz von VerbraucherInnen vor Täuschung zu erhöhen, ist überdies eine Erhöhung des
Strafrahmens sowie eine Verlängerung der derzeit geltenden allgemeinen einjährigen Frist zur Verfolgung
schwerwiegender Kennzeichnungsverstöße auf zwei Jahre vorgesehen. Künftig sind Geldstrafen bis
zu 50.000 € (im Wiederholungsfall 100.000 €) möglich.
Einige Bestimmungen des Gesetzes wurden heute durch einen Abänderungsantrag der Koalitionsparteien noch präzisiert.
Zudem wurde dem Kontrollausschuss auch die Aufgabe übertragen, Maßnahmenkataloge mit Handlungsanleitungen
für die Kontrollstellen und die Landesbehörden im Falle von Verstößen gegen die EU-Verordnungen
zu erarbeiten. Leichte Verstöße wie fehlende Unterlagen könnten durchaus von den Kontrollstellen
selbst sanktioniert werden, während bei schweren Verstößen eine Meldung an die Landesbehörden
zwingend sein solle, erläuterte ÖVP-Abgeordneter Franz Leonhard Eßl die Intention dieser Bestimmung.
SPÖ-Abgeordneter Michael Ehmann erwartet sich vom Gesetz generell eine verbesserte Kontrolle und wies auch
auf vereinfachte Antragsverfahren für geografische Herkunftskennzeichen hin.
Vorsichtig positiv zum Gesetz äußerte sich auch Grün-Abgeordneter Wolfgang Pirklhuber. Wenn das
Gesetz gut vollzogen werde, sei es brauchbar, meinte er. Allerdings ortet Pirklhuber trotz des Abänderungsantrags
der Koalitionsparteien noch zahlreiche unklare Punkte im Gesetz, die seiner Ansicht nach zu Missverständnissen
führen könnten. Er fürchtet überdies einen hohen Verwaltungsaufwand im Bereich der Bio-Kontrolle
und sprach sich in diesem Sinn dafür aus, "überschießende Elemente" im Gesetz nochmals
zu durchforsten. Um KonsumentInnen besser vor Irreführung und Täuschung zu schützen, schlägt
Pirklhuber die Verankerung eines ausdrücklichen Irreführungsverbots als Zielbestimmung des Gesetzes vor.
Ein von den Grünen eingebrachter Abänderungsantrag wurde heute vom Ausschuss abgelehnt, Abgeordneter
Eßl sagte aber zu, die Vorschläge bis zum Plenum des Nationalrats noch zu prüfen.
FPÖ-Abgeordneter Harald Jannach gab zu bedenken, dass mit dem Gesetz das Problem der "legalen Irreführung
der KonsumentInnen" nicht gelöst werde. So sage etwa die Herkunftsbezeichnung "geschützte geografische
Angabe" (g.g.A.) nichts über die geografische Herkunft des Rohstoffs aus. So müsse etwa das Schweinefleisch
für Tiroler Speck nicht aus Tirol stammen, sondern komme, wie Abgeordneter Pirklhuber ergänzte, vielfach
aus Dänemark. Seitens der NEOS begründete Gerald Loacker die Ablehnung des Gesetzes mit der seiner Ansicht
nach vorgesehenen Überbürokratisierung der Verfahren.
Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser hält eine fortgesetzte Diskussion über eine bessere Information
von KonsumentInnen über den Inhalt von Produkten für notwendig. Sie will einen alternativen Weg suchen,
wenn es weiter nicht gelingt, ein österreichweit einheitliches Qualitätsgütesiegel für österreichische
Produkte zu schaffen.
Lebensmittelsicherheit: Kennzeichnungsmängel sind größtes Problem
Der Lebensmittelsicherheitsbericht ( III-189 d.B.) wurde vom Gesundheitsausschuss von allen Fraktionen mit Ausnahme
der FPÖ zur Kenntnis genommen. Aus dem Bericht geht unter anderem hervor, dass im vergangenen Jahr von den
Lebensmittelaufsichtsbehörden insgesamt 43.507 Betriebskontrollen durchgeführt und 28.158 Proben begutachtet
wurden. In 23.668 Fällen (84,1 %) ergaben die Probenuntersuchungen keine Beanstandungen, nur 93 Proben (0,3%)
wurden als gesundheitsschädlich, 1.066 (3,8%) als für den menschlichen Verzehr bzw. für den bestimmungsgemäßen
Gebrauch ungeeignet eingestuft. Die häufigsten Beanstandungsgründe waren erneut Kennzeichnungsmängel
und zur Irreführung geeignete Angaben (9,1%). 3,8% der Proben wurden aus diversen anderen Gründen, etwa
wegen Verstößen gegen Hygiene- oder Trinkwasserverordnungen, bemängelt. Der höchste Anteil
an gesundheitsschädlichen Proben fand sich bei Gebrauchsgegenständen (8,7 %), gefolgt von Spielwaren
(3,1%) und Meeresfischen (2,2%).
In der Debatte hob Abgeordneter Michael Ehmann (S) die Bedeutung von Lebensmittelkontrollen für die KonsumentInnen
hervor. Die Kontrollen funktionierten, Österreich sei gut unterwegs, interpretierte Abgeordneter Johann Höfinger
(V) den Bericht. Angesichts des hohen Anteils an Kennzeichnungsmängeln bei den Beanstandungen würde sich
Höfinger allerdings mehr Nachsicht bei geringfügigen Verstößen von Kleinerzeugern gegen die
Etikettierungsverordnung wünschen.
Auch Abgeordneter Wolfgang Pirklhuber (G) hinterfragte hohe Strafen für kleine LandwirtInnen bei Fehlauszeichnungen.
Er verwies überdies auf das Problem, dass in manchen Produkten oft ein ganzer Pestizidcocktail gefunden wird,
ohne dass einzelne Grenzwerte überschritten werden. Zur Frage der Irreführung merkte Team Stronach-Abgeordnete
Ulrike Weigerstorfer an, wo Österreich draufstehe, müsse Österreich auch wirklich drinnen sein.
Gesundheitsministerin Oberhauser machte darauf aufmerksam, dass die Kennzeichnung von Lebensmitteln europäisches
Recht sei. Sie erachtete eine korrekte Auszeichnung zudem als wichtig für die KonsumentInnen. FPÖ-Abgeordneten
Peter Wurm informierte Oberhauser, dass ihres Wissens nach bislang noch keine Strafen wegen eines Verstoßes
gegen die Allergenverordnung verhängt wurden. Es gebe allgemein kaum Beschwerden, weder von KonsumentInnen,
noch aus der Gastronomie, sagte sie. Auf Pestizide wird ihr zufolge bei Untersuchungen ein besonderes Auge geworfen.
FPÖ will Vernichtung von Lebensmittel gesetzlich unterbinden
Auf Basis eines Antrags der FPÖ ( 1200/A(E)) diskutierte der Ausschuss über den Umstand, dass in Österreich
Lebensmittel tonnenweise im Müll landen. Nicht nur in den Haushalten würde viel Essbares weggeschmissen,
auch der Lebensmittelhandel und die Gastronomie würden große Mengen an Lebensmittel vernichten, die
das Ablaufdatum zwar überschritten haben, zum Verzehr aber noch einwandfrei geeignet wären, kritisiert
FPÖ-Abgeordneter Peter Wurm. Insgesamt würden jährlich in Österreich 1,3 Millionen Tonnen Lebensmittel
weggeschmissen. Die FPÖ fordert in diesem Sinn ein eigenes Bundesgesetz zum Stopp der Vernichtung von Lebensmitteln.
Die Abgeordneten Ulrike Königsberger-Ludwig (S) und Martina Diesner-Wais (V) zeigten zwar Verständnis
für die Intention des Antrags, Diesner-Wais hält eine gesetzliche Regelung aber für nicht möglich.
Vielmehr gilt es ihrer Meinung nach, ein verstärktes Bewusstsein für die Problematik zu schaffen, sowohl
in der Wirtschaft als auch in den Haushalten.
Dass der Antrag schließlich vertagt und nicht abgelehnt wurde, bedauerte NEOS-Abgeordneter Gerald Loacker.
Man solle der Öffentlichkeit klar vor Augen führen, welch "unsinnige Forderungen" von der FPÖ
kommen, meinte er. Für Loacker selbst wären flexiblere Ladenöffnungszeiten eine zielführende
Maßnahme zur geringeren Vernichtung von Lebensmitteln, dann müssten KonsumentInnen auch weniger auf
Vorrat kaufen.
FPÖ-Abgeordneter Wurm macht als Hauptursache für die Lebensmittelverschwendung hingegen den "Bürokratiewahnsinn"
in Österreich und in der EU aus. Er verwies beispielsweise darauf, dass ErzeugerInnen auch dann haften, wenn
sie abgelaufene Produkte verschenken. Überdies habe man das funktionierende Kreislaufsystem bei der Schweinefütterung
mutwillig zerstört. Sozialmärkte sind für Wurm keine nachhaltige Lösung, dort lande nur ein
Prozent der vergeudeten Lebensmittel.
Gesundheitsministerin Oberhauser versicherte der FPÖ, dass sich die Regierung mit dem sehr breit gefächerten
Thema befasse. Jeder müsse sich aber auch selbst an der Nase nehmen, mahnte sie.
Glyphosat und Bisphenol A bleiben umstritten
Ebenfalls keine Entscheidung wurde über Anträge der Grünen ( 1064/A(E) ) und des Team Stronach (
1289/A(E) ) getroffen, die auf ein Verbot glyphosathältiger Pflanzenschutzmittel bzw. eine völliges Verbot
von Glyphosat abzielen. Wie Gesundheitsministerin Oberhauser berichtete, laufen eingeleitete Prüfungen auf
EU-Ebene noch. Ihr zufolge hat sich zudem bereits einiges bewegt, so wollen einige Baumärkte künftig
keine glyphosathältigen Pflanzenschutzmittel mehr anbieten. Auch die Asfinag verwende die Mittel nicht mehr,
die ÖBB hätten großflächige Besprühungen eingestellt. Auch Abgeordneter Johann Höfinger
(V) sprach sich dafür aus, die derzeit europaweit laufenden Untersuchungen abzuwarten.
Wolfgang Pirklhuber (G) und Ulrike Weigerstorfer (T) hatten ihre Anträge damit begründet, dass eine WHO-Agentur
das Pestizid als "wahrscheinlich krebserregend" eingestuft hat. Frankreich habe mit einem sofortigen
Verbot reagiert, forderte Weigerstorfer die Regierung auf, "etwas mutiger zu sein". Pirklhuber wies auf
neue Untersuchungen hin, wonach Glyphosat auch massive Auswirkungen auf das Bodenleben habe. Der Antrag der Grünen
wurde schließlich vertagt, jener des Team Stroanch an den Landwirtschaftsausschuss weitergeleitet.
Mit einer ähnlichen Begründung vertagt wurde auch ein Antrag des Team Stronach, die gesundheitlichen
Auswirkungen von Bisphenol A in Lebensmittelverpackungen zu evaluieren und mögliche Ersatzstoffe wie Lignin
zu prüfen ( 354/A(E)). Die Evaluierung auf europäischer Ebene laufe noch, teilte Gesundheitsministerin
Oberhauser mit. Für sie ist es auch fraglich, ob alternative Weichmacher nicht noch gesundheitsschädlicher
als Bisphenol A sind.
Team Stronach urgiert verschärfte Kastrationspflicht von Katzen
Schließlich lehnte der Gesundheitsausschuss gegen die Stimmen der FPÖ und des Team Stronach einen Entschließungsantrag
von Abgeordneter Weigerstorfer betreffend die Kastrationspflicht von Katzen ( 642/A(E)) ab. Um verwilderte Katzenpopulationen
zu vermeiden, fordert Weigerstorfer eine Adaptierung der Tierhaltungsverordnung in mehreren Punkten.
Die Initiative wurde von Abgeordnetem Dietmar Keck (S) mit dem Argument abgelehnt, dass einigen Anliegen des Team
Stronach ohnehin mit der bevorstehenden Novelle der 2. Tierhaltungsverordnung Rechnung getragen würde. Im
Falle von Streunerkatzen, die keinen Besitzer haben, sei es aber nicht möglich, jemanden zur Kastration zu
verpflichten. Diese Meinung teilten auch ÖVP-Abgeordnete Martina Diesner-Wais und Grün-Abgeordneter Wolfgang
Pirklhuber.
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