Keine vorläufigen Kostenschätzungen, Abschlussbericht zur Weiterentwicklung des Heldenplatzes
soll morgen diskutiert werden
Wien (pk) - Rund zweieinhalb Stunden hat am 01.10. der Kulturausschuss teils sehr kontroversiell über
das für 2018 geplante Haus der Geschichte diskutiert. Die zentralen Streitpunkte: Der Standort in der Neuen
Burg am Heldenplatz sowie räumliche und mögliche finanzielle Einschnitte für übrige Museen
und Sammlungen zu Gunsten der neuen Institution. Im Konkreten geht es etwa um die Sammlung Alter Musikinstrumente
oder das Weltmuseum, von denen Raumressourcen für das Haus der Geschichte vorgesehen werden. Während
der Vorsitzende des Internationalen Wissenschaftlichen Beirats Oliver Rathkolb von einem idealen Ort und einer
Chance spricht, den Heldenplatz ins "21. Jahrhundert zu holen", sehen das wiederum ÖVP, FPÖ,
NEOS und die Grünen anders. Auch die Rektorin der Akademie der bildenden Künste Eva Blimlinger, die zudem
neben der Museumsberaterin Claudia Haas, der Generaldirektorin des Kunsthistorischen-Museumsverbandes Sabine Haag
sowie dem Ausstellungskurator Christian Rapp im Parlament als Auskunftspersonen geladen waren, bekräftigte
ihre Bedenken gegenüber der geplanten Verortung. Was die Kostenschätzungen für das Projekt betrifft,
wollte Kulturminister Josef Ostermayer noch keine Zahlen nennen. Ein Abschlussbericht, der die Weiterentwicklung
des gesamten Heldenplatzes auch in Richtung Tiefenspeicher und äußeres Heldentor beinhaltet, soll morgen
in der Steuerungsgruppe des Projekts diskutiert werden. Eine Novelle des Bundesmuseen-Gesetzes, die gerade ausgearbeitet
wird, werde Ostermayer zufolge organisatorisch und strukturell für eine unabhängige Direktion sorgen,
auch wenn das Haus der Geschichte an die Österreichische Nationalbibliothek (OEnB) in der Neuen Burg anknüpfen
wird.
Rathkolb: Wir wollen diesen Balkon brechen
Rathkolb war in seiner Stellungnahme bemüht, Vorbehalte aus der breiten öffentlichen Debatte weitgehend
auszuräumen. Alle 31 internationalen ExpertInnen sehen etwa die Neuen Burg trotz der verbundenen Schwierigkeiten,
wie er meinte, als idealen Ort. Zudem werde die Geschichte des Gebäudes selbst, etwa der Balkon zum Heldenplatz,
Teil der Kuratierung sein. "Natürlich wollen wir diesen Balkon brechen", so Rathkolb, international
bedeute der Heldenplatz das Jahr 1938, was de facto historisch gesehen aber unrichtig sei. Der geplante inhaltliche
Schwerpunkt im Haus der Geschichte, nämlich die 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts, für Rathkolb die
erste Globalisierung, wertete der Vorsitzende des Beirats zudem als Phase einer unglaublichen kulturellen, politischen,
gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Beschleunigung in Österreich. Die Frage der Unabhängigkeit des
Hauses sieht er in der Änderung des Bundesmuseen-Gesetzes gelöst. Die Synergie mit der OEnB mache es
erst möglich, ein Projekt dieser Größe in Zeiten der Ressourcenknappheit umsetzen zu können.
Das Haus der Geschichte könne aber nur funktionieren, wenn es ein Ort der Kommunikation und Debatte wird.
Was die Diskussion über eine eigene Sammlung im Haus der Geschichte betrifft, meinte Rathkolb, dass die neue
Institution ohne diese nicht funktionieren werde.
Eine eigene Sammlung wird sich in der geplanten räumlichen Dimensionierung laut der Einschätzung von
Museumsberaterin Haas aber nicht ausgehen. Sie selbst hätte einen Neubau präferiert. Die Kritik von Wolfgang
Zinggl, dass die von ihr bereits 2009 erstellte Vorstudie zu einem Haus der Geschichte bis vor kurzem unter Verschluss
gehalten wurde, teilte sie mit den Grünen.
Haag: Qualität von Sammlungen drückt sich nicht in Quadratmeter aus
Die Generaldirektorin des Kunsthistorischen-Museumsverbandes sah die Verortung des Hauses der Geschichte als "neue
Chance für eine partielle Neuaufstellung" einzelner Sammlungen. Etwa für die Sammlung Alter Musikinstrumente,
die nun nach 30 Jahren aktualisiert und neu aufgestellt werden könne. Bedenken über Einbußen für
andere Museen oder Sammlungen teilte Haag damit nicht. Zumal nicht in Quadratmeter abzulesen sei, ob eine Sammlung
umfassend und würdig gezeigt werde, wie Haag meinte. Gegenüber FPÖ-Abgeordnetem Walter Rosenkranz
versicherte sie, dass nach der Neudimensionierung der Sammlung Alter Musikinstrumente weiterhin Konzerte möglich
sein werden.
Blimlinger: Massive finanzielle Verschlechterung für andere Museen
"Ich bin gegen das Haus der Geschichte auf diesem Platz", so die klare Haltung Blimlingers im Ausschuss.
Einer ihrer Hauptkritikpunkte liegt darin, dass es aus ihrer Sicht zu einer massiven finanziellen Verschlechterung
für die anderen Bundesmuseen und Ausstellungen kommen wird. Der Standort-Kritik schloss sich auch Rapp an,
zumal das Projekt ihm zufolge schon jetzt zwei Konstruktionsfehler aufweist. Zum einen hätte die Frage der
Zielgruppe Ausgangspunkt für das Projekt sein sollen, zum anderen sei die Neue Burg die falsche Lokation für
das Projekt. Ideal wäre ein Ort, der osmotisch mit dem öffentlichen Raum interagiert, geht es nach Rapp.
Etwa, wie bei der Hauptbücherei Wien am Urban-Loritz-Platz der Fall ist.
Nur SPÖ für Standortkonzept in der Neuen Burg
Unter den Fraktionen zeigte sich nur die SPÖ von der Umsetzungsstrategie zum Haus der Geschichte so richtig
überzeugt. Josef Cap (S) sprach etwa von einem richtigen Ort, wo sonst, als in der Hofburg, zumal bereits
am Weg dorthin die Diskussion angeregt werde, wie der Abgeordnete meinte. Elisabeth Hakel (S) wertete das Projekt
nicht nur kulturpolitisch, sondern auch bildungspolitisch als wichtig.
Die anderen Fraktionen positionierten sich im Kulturausschuss klar gegen die Neue Burg. ÖVP und FPÖ befürchten
eine mögliche Mittelkürzung für andere Museen, für die Grünen ist nicht nachvollziehbar,
ein "imperiales Prachtgebäude" für ein derartiges Projekt nutzen zu wollen. An ein politisch
unabhängiges Direktorium kann Harald Walser (G) zudem nicht glauben, wie er meinte, für seine Fraktion
seien noch viele Fragen offen. Bei der Hofburg handle es sich um keinen offenen Ort, der Menschen anzieht, sondern
trage die gesamte Last der Habsburg-Monarchie, wie zudem Beate Meinl-Reisinger (N) sagte.
Geht es um die inhaltliche Ausgestaltung, äußerte Maria Fekter (V) Bedenken, durch das Haus der Geschichte
in der Neuen Burg Feindbilder ideologisch zu manifestieren. Für Georg Vetter (V) greift ein möglicher
Ausgangspunkt im Jahr 1918 zu kurz, die Geschichte Österreichs sei auch eine der Babenberger und Habsburger.
FPÖ-Antrag für Erhalt der Sammlung Alter Musikinstrumente vertagt
Mit einem Entschließungsantrag bekräftigte Walter Rosenkranz (F) seine Besorgnis über den Weiterbestand
der Sammlung Alter Musikinstrumente , die sich teilweise in den Räumen für das geplante Haus der Geschichte
in der Hofburg befindet. In seinem Antrag wendet sich der FPÖ-Kultursprecher gegen eine Verlagerung der empfindlichen
Ausstellungsobjekte, da dies nicht nur kostspielig sei, sondern die historischen Instrumente auch beschädigen
könne. Die Musikinstrumentensammlung sei daher in der bestehenden Form in der Beletage der Neuen Burg zu erhalten.
Dieses Anliegen der Freiheitlichen vertagten aber SPÖ und ÖVP. Maria Fekter erinnerte an Aussagen aus
dem Expertenhearing, wonach im Zusammenhang mit der Übersiedlung von Teilen der Sammlung eine "neue,
zeitgemäßere" Präsentation der Ausstellungsstücke geplant sei.
Aus Zeitgründen entschied sich der Ausschuss auch, die Debatten über den Kulturbericht und den Kunstbericht
2014 auf die nächste Sitzung zu verschieben. Gegen die Vertagung des Kulturberichts stimmte nur die FPÖ.
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