Umfangreiche UG-Novelle vom Wissenschaftsausschuss beschlossen
Wien (pk) - Eine umfangreiche Novelle des Universitätsgesetzes 2002 (UG 2002) passierte heute den Wissenschaftsausschuss.
Das Gesetz gibt den Universitäten die organisationsrechtlichen Voraussetzungen für ein "Tenure Track"-Modell
für UniversitätslehrerInnen, womit durchgängige Karriereperspektiven für junge WissenschaftlerInnen
geschaffen werden sollen. Die bestehenden Zugangsregeln zu einzelnen Studien werden bis 2021 verlängert und
die Studieneingangs- und Orientierungsphase (StEOP) wird vereinheitlicht. Für die Universitätsräte
sollen ab 2018 erweiterte Unvereinbarkeitsregeln gelten, zudem wird die Möglichkeit der Festlegung von Vergütungs-Obergrenzen
geschaffen.
Der Ausschuss diskutierte auch den Tätigkeitsbericht 2014 der Agentur für Qualitätssicherung und
Akkreditierung, die den gesetzlichen Auftrag zur Qualitätssicherung im Bereich der Hochschulbildung in Österreich
hat. Der Bericht wurde einstimmig zur Kenntnis genommen. Ein Antrag der FPÖ mit der Forderung nach kostendeckenden
Studiengebühren für ausländische Studierende und zwei Anträge der Grünen betreffend mehr
Mittel für die Grundlagenforschung sowie zur Frage der Pflichtpraktika wurden vertagt.
Universitätsgesetz: Zugangsregelungen bis 2021 verlängert, StEOP vereinheitlicht
Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner bezeichnete die UG-Novelle 2015 ( 797 d.B.) als wichtigen Baustein
in der systematischen Weiterentwicklung des österreichischen Bildungssystems. Sie trage zur Stärkung
der Attraktivität und internationalen Wettbewerbsfähigkeit des Wissenschaftsstandorts Österreich
bei, indem sie die organisationsrechtlichen Voraussetzungen für durchgängige Karriereperspektiven für
UniversitätslehrerInnen ("Tenure Track"-Modell) schaffe. Nun ist die Möglichkeit vorgesehen,
DozentenInnen, Assistenz- und assoziierte ProfessorInnen im Rahmen eines gegenüber einer "normalen"
Berufung vereinfachten Verfahrens in die Professorenkurie überzuleiten. Ab Oktober 2016 sollen die im Kollektivvertrag
fixierten neuen Karrieremöglichkeiten durch Laufbahnstellen auch im Organisationsrecht der Universitäten
abgebildet werden.
Aus der Fülle der getroffenen Regelungen griff Mitterlehner auch die Ausweitung der Unvereinbarkeitsregeln
für Universitätsräte sowie die Möglichkeit zur Schaffung von Vergütungs-Obergrenzen heraus.
Die Höhe der Vergütung der Uni-Räte dürfen diese wie bisher selbst bestimmen, der Wissenschaftsminister
wird ermächtigt, Obergrenzen festlegen.
Die Novelle setze auch die Ergebnisse der Evaluierungen zu den Zulassungsregelungen um, sagte Mitterlehner. Die
bisherigen Zugangsbeschränkungen an den Unis werden bis 2021 verlängert. Mitterlehner begründete
die Verlängerung damit, dass die Regelungen zu einer klaren Verbesserung der Betreuungsverhältnisse an
den Universitäten geführt haben. Die Befristung erlaube es zudem, die weitere Entwicklung der Auswirkungen
von Zugangsbeschränkungen zu beobachten. Bei der Studieneingangs- und Orientierungsphase (StEOP) sei eine
Harmonisierung der komplexen und differenzierten Regelungssysteme erfolgt, teilte der Minister mit. Damit werde
sichergestellt, dass sie ihren angestrebten Zweck erfüllt. Grundsätzlich stehe die Novelle in dem Spannungsfeld,
dass durch die Universitätsautonomie einerseits und die Tatsache, dass der Bund einen Großteil der Finanzierung
aufbringt, geschaffen wird, erklärte der Wissenschaftsminister. Seiner Ansicht nach habe man es in der Diskussion
mit allen Stakeholdern geschafft, zukunftsweisende Schritte zu setzen.
Mit der Novelle werden durch eine Änderung des Forschungsorganisationsgesetzes auch das Österreichische
Archäologische Institut in die Österreichische Akademie der Wissenschaften, das Institut für Österreichische
Geschichtsforschung in die Universität Wien eingegliedert. Diese Änderung wurde von allen Fraktionen
begrüßt.
Positiv zur Änderung des Universitätsgesetzes äußerte sich ÖVP-Wissenschaftssprecher
Karlheinz Töchterle. Die Fortführung der Zugangsregelungen war seiner Ansicht nach unerlässlich,
es hätten auch weitere Studien einbezogen werden sollen. Die Hürden, die man geschaffen habe, seien sehr
niedrig, sie hielten niemanden von einem Studium ab, der oder die das tatsächlich wolle, war Töchterle
überzeugt. Die Novelle bringe auch wichtige Verbesserungen für den wissenschaftlichen Nachwuchs.
FPÖ-Abgeordneter Axel Kassegger meinte, seine Fraktion sehe die Novelle durchaus differenziert. Einiges wäre
besser im Rahmen der Leistungsvereinbarungen geregelt worden, befand er. Die Bedingungen für den universitären
Mittelbau müssten über das Instrument der Kollektivverträge verbessert werden, war Kassegger überzeugt.
Nach Ansicht der FPÖ ist der gewählte Weg der Zugangsbeschränkungen grundsätzlich verfehlt,
da er die angestrebte Steuerungseffekte nicht erziele. Andreas Karlsböck (F) unterstrich die Ablehnung der
Novelle durch seine Fraktion damit, dass sie grundsätzliche Missstände der Universitätspolitik nicht
löse. Auch weiterhin fehlten Perspektiven für den wissenschaftlichen Nachwuchs, meinte er.
Die Grüne Abgeordnete Sigrid Maurer anerkannte positive Aspekte des Gesetzes, doch sei ihre Fraktion gegen
die Zugangsbeschränkungen, da nachweislich durch sie auf Dauer eine soziale Selektion stattfinde. Das stehe
im Widerspruch zum Recht auf Bildung, sagte Maurer. Sie bezweifelte auch, dass die Karrieremöglichkeiten für
den wissenschaftlichen Nachwuchs merklich verbessert werden. Versäumt worden sei zudem, die Rektorengehältern
zu begrenzen. Ihr Fraktionskollege Wolfgang Zinggl begrüßte es, dass künftig Kunstuniversitäten
auch ein "künstlerisches Doktoratsstudium" anbieten dürfen, sah die Bestimmungen darüber
jedoch als zu unklar an.
Nikolaus Scherak (N) sah einige "kleine Schritte in die richtige Richtung" in der Novelle und bekräftigte
einmal mehr seinen Standpunkt, dass Zugangsregelungen ohne eine volle Studienplatzfinanzierung nicht die gewünschte
Wirkung zeigen können. Die Festlegung von Zugangsregeln sollte zudem im Bereich der Autonomie der jeweiligen
Universitäten liegen. Noch nicht zufrieden zeigte er sich mit den Bestimmungen über Kettenverträge.
SPÖ-Wissenschaftssprecherin Andrea Kuntzl zeigte sich zufrieden darüber, dass nach konstruktiven Gesprächen
ein gutes Ergebnis erzielt werden konnte. Unter anderem seien in die Bestimmungen über die StEOP einige Verbesserungen
aus der im heurigen Jahr durchgeführten Begutachtung eingeflossen. Zu den Zugangsregelungen gebe es differenzierte
Meinungen. Teilweise war der Begutachtungszeitraum noch zu kurz, um klar ausschließen zu können, dass
die Zugangsbeschränkungen soziale Barrieren schaffen. Daher begrüße sie die neuerliche Befristung
und dass man vorerst keine neuen Zugangsregeln geschaffen habe, sagte Kuntzl. Da die Universitäten öffentliche
Einrichtungen seien, stehe für sie nicht zur Diskussion, die Regelung des Zugangs völlig in den Bereich
der Universitätsautonomie zu übertragen. Damit würde man auch die Einheitlichkeit des österreichischen
Hochschulraums aufs Spiel setzen, gab sie zu bedenken. Was die Karrieremöglichkeiten junger WissenschaftlerInnen
angehe, so seien noch nicht alle Forderungen umgesetzt, doch sei man nun einige entscheidende Schritte in Richtung
eines Tenure Track-Modells weitergekommen.
Die Novelle wurde in der Fassung eines SPÖ-ÖVP-Abänderungsantrags, der redaktionelle Klarstellungen
und Präzisierungen enthält, mit der Mehrheit von SPÖ, ÖVP, Team Stronach und NEOS angenommen.
Zudem wurde eine von SPÖ und ÖVP initiierte Ausschussfeststellung mehrheitlich, ohne die Stimme der Freiheitlichen,
angenommen. In dieser werden die erwarteten Standards für internationale Stellenausschreibungen bei Berufungen
nach dem Tenure Track-Modell definiert.
Mit der Novelle wurde auch ein Antrag des NEOS-Abgeordneten Nikolaus Scherak miterledigt, wonach Studierenden Einsicht
in die Beurteilungsunterlagen und in die Prüfungsprotokolle von Prüfungen im Zuge des Aufnahmeverfahrens
an einer Universität zu gewähren ist ( 616/A).
Erfolgreiche Aufbauarbeit der AQ Austria im Jahr 2014
Für den Tätigkeitsbericht 2014 der Agentur für Qualitätssicherung und Akkreditierung ( III-205
d.B.) stand dem Ausschuss der Geschäftsführer der AQ Austria Achim Hopbach als Auskunftsperson zur Verfügung.
Hopbach berichtete den Abgeordneten, dass die Agentur im letzten Jahr ihre Aufbauarbeit erfolgreich fortsetzen
und ihre Neustrukturierung abschließen konnte.
Die AQ Austria habe als nationale Qualitätssicherungsagentur zur externen Qualitätssicherung sämtlicher
tertiärer Bildungseinrichtungen in Österreich bereits große nationale und internationale Akzeptanz
erreichen können. Die Bestätigung der Vollmitgliedschaft bei der European Association for Quality Assurance
in Higher Education (ENQA) und die Aufnahme in das Europäische Register der Qualitätssicherungsagenturen
(EQAR) nannte Hopbach als wichtige Schritte auf dem Weg zur internationalen Anerkennung der Agentur.
Zudem werde die Expertise der AQ Austria als Kompetenzzentrum in Fragen der hochschulischen Qualitätssicherung
national und international nachgefragt, teilte der Geschäftsführer der Agentur den Abgeordneten mit.
Interesse bei der Weiterentwicklung von Qualitätssicherungssystemen komme vor allem aus dem Bereich der skandinavischen
und osteuropäischen Länder.
Die AQ Austria habe ihre ersten Erfahrungen zur Vereinfachung der Verfahrensregeln und zur Weiterentwicklung der
Qualitätssicherungsverfahren benutzt. Die AQ Austria richte die Verfahren auf Besonderheiten einzelner Hochschultypen
aus. Dabei seien die Fachhochschulen ein besonderer Fall, da die Audits sich auf den Akkreditierungsstatus auswirken,
bestehe hier eine gewisse Skepsis und das Potenzial der Audits werde nicht optimal genützt.
Vertagt: Ausgleichszahlungen für ausländische StudentInnen; mehr Mittel für Grundlagenforschung;
Qualitätskriterien für Pflichtpraktika
Vom Wissenschaftsausschuss vertagt wurden alle drei Anträge der Opposition, die außerdem auf der Tagesordnung
standen. "Wir wollen nicht das Gasthaus sein, das die ganze Welt gratis versorgt", machte Alexander Kassegger
(F) in der Debatte über einen freiheitlichen Entschließungsantrag ( 1030/A) geltend, in dem die Bundesregierung
aufgefordert wird, auf europäischer und internationaler Ebene Ausgleichszahlungen für ausländische
Studierende auszuverhandeln bzw. bei Studierenden aus Drittstaaten ohne entsprechende Vereinbarung über Ausgleichzahlungen
kostendeckende Studiengebühren einzuheben. Es handle sich um kein ideologisches Problem, sondern um ein kaufmännisches,
so Kassegger. Beatrix Karl (V) meinte, dass es zwar wichtig sei, wenn ausländische Studierende Interesse an
österreichischen Unis hätten, das Verhältnis zu österreichischen Studierenden dürfe aber
nicht aus den Augen verloren werden. Hinsichtlich kostendeckender Studiengebühren habe die EU keine Kompetenz.
Was Ausgleichszahlungen betrifft, würden Konsultationen, etwa mit Deutschland, das bisher strikt dagegen war,
bereits stattfinden. Von "richtigen Fragen aber falschen Antworten" der FPÖ sprach SPÖ-Abgeordnete
Andrea Kuntzl.
Sigrid Maurer (G) verwies auf die Bedeutung eines universitären internationalen Austauschs für die heimischen
Universitäten. Was Ausgleichszahlungen angeht, brauche es eine europäische Lösung, kostendeckende
Gebühren bei Drittstaatenangehörigen sei nicht der richtige Weg. "Wir sollten uns freuen, dass unsere
Unis international an Beliebtheit gewinnen" sagte die Abgeordnete. Nikolaus Scherak (N) gab ein prinzipielles
Bekenntnis zu Studiengebühren für in- und ausländische Studierende ab. Dass diese kostendeckend
Drittstaatsangehörige sein sollen, hielt der NEOS-Abgeordnete aber nicht für richtig.
In die Warteschleife geschickt wurden außerdem zwei Anträge der Grünen. In einem von beiden fordert
Sigrid Maurer von der Bundesregierung, das Bewilligungsvolumen für den Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen
Forschung (FWF) um mindestens 100 Millionen Euro jährlichen zu erhöhen ( 1336/A(E)). Der FWF sei von
Beginn an unterdotiert worden, denn Staaten, die als Innovation Leader gelten, würden viel mehr in die Grundlagenforschung
investieren. Das schüre wiederum den Frust von NachwuchswissenschaftlerInnen, so die Kritik Maurers.
Reinhold Mitterlehner wollte diesen Vorwurf nicht im Raum stehen lassen. Der FWF sei voriges Jahr neu aufgestellt
worden, zumindest relativ sei es gelungen, den steigenden Antragszahlen mehr Mittel zur Verfügung zu stellen,
wie er meinte. Zudem werden dem FWF Mitterlehner zufolge mehr Mittel aus der Steuerreform zugutekommen, als geplant.
Auf Grundlage einer entsprechenden Initiative ( 27/A(E)) erneuerte Birgit Schatz (G) ihre Kritik an den Bedingungen,
unter denen Pflichtpraktika stattfinden. Das Kernproblem liege darin, dass der Begriff des Pflichtpraktikums rechtlich
nicht deutlich definiert sei, was zu einer Verwirrung bei den PraktikantInnen als auch bei den Unternehmen führe.
Das Problem müsse zwar auch arbeitsrechtlich gelöst werden, in der Pflicht sah Schatz aber zudem die
Ausbildungsinstitutionen. Ebenfalls von einem "massiven Problem für junge Menschen" sprach Nikolaus
Scherak (N). Dem entgegnete Harry Buchmayr (S), dass "relativ genau" definiert sei, dass es sich bei
Pflichtpraktika in der Regel um ein Arbeitsverhältnis handle. Zudem würden Umfragen ergeben, dass mehr
als 90 % der Studierenden mit ihren Praktika zufrieden seien, so Buchmayr. Wissenschaftsminister Mitterlehner will
sich des Problems annehmen.
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