Besuch belgischer Delegation gipfelt in Unterzeichnung eines Rahmenvertrages zur Kooperation
mit Kärnten - Man könne viel voneinander lernen - Gemeinsam gegen investitionshemmende Maßnahmen
auf EU-Ebene (Maastricht).
Eupen/Klagenfurt (LPD). Die Unterzeichnung eines Rahmenabkommens über die Entwicklung einer Zusammenarbeit
zwischen dem Land Kärnten und der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens war am 07.10. der vorläufige
Höhepunkt des zweitägigen Besuchs einer belgischen Delegation. Man habe viele Gemeinsamkeiten und ähnliche
Herausforderungen erkannt, und werde künftig die Synergien noch besser zu nutzen wissen, waren sich die Gesprächspartner
einig. Kooperationen beziehungsweise Austausch soll es vor allem in den Bereichen der Kleinkindbetreuung, der Vermittlung
von Jugendlichen in den Arbeitsmarkt, der Nutzung erneuerbarerer Energien aber auch zu wirtschaftlichen und touristischen
Themen geben. Zur feierlichen Unterzeichnung im Medienraum der Kärntner Landesregierung waren LH Peter Kaiser
samt Regierungskollegen LR Christian Benger und LR Rolf Holub sowie der Ministerpräsident der Deutschsprachigen
Gesellschaft Belgiens, Oliver Paasch, Parlamentspräsident Karl-Heinz Lambertz, seines Zeichens auch Vizepräsident
des Ausschusses der Regionen in der EU, der Minister für Familie, Gesundheit und Soziales, Antonios Antoniadis,
sowie Anna Quadflieg, die Leiterin des Fachbereichs Außenbeziehungen im Ministerium, gekommen.
Als konkretes Beispiel einer künftigen Zusammenarbeit strich Kaiser den geplanten Schüler- und Lehrlingsaustausch
im Bereich der Kleinkindbetreuerausbildung hervor. „Wir können hier sehr viel von den Stärken unserer
Freunde lernen“, ist er sich sicher. Von der Vorbildfunktion der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens in diesem
Bereich konnte sich eine Kärntner Delegation schon bei einem vorangegangenen Besuch ein Bild machen. Aber
auch auf politischer Seite habe man in den intensiven Gesprächen gemeinsame Interessen zweier gesetzgebender
Regionen Europas erkannt. Einig sei man sich beispielsweise auch was ein notwendiges Vorgehen auf EU-Ebene gegen
investitionshemmende Maßnahmen - Stichwort Maastrichtkriterien - betrifft.
Benger dankte Paasch, Lambertz und Antoniadis für das Interesse an einer künftigen intensiven Zusammenarbeit.
Bei seinen Gesprächen seien Kooperation im Bereich der Wirtschaft, Kultur und im Tourismus ebenso thematisiert
worden wie die Brückenkopffunktion Kärntens im Alpe-Adria Raum bzw. des kleinsten belgischen Bundeslandes
mit seinen Nachbarn. Im Bereich der Kulturzusammenarbeit wurde ein wissenschaftliches Forschungsprojekt mit dem
Landesarchiv zum Thema Volksabstimmung vereinbart. Klare Vorstellungen hat Benger auch in Bezug auf den Tourismusaustausch.
„Derzeit besuchen 55.000 Belgier jährlich Kärnten. Mein Zielsetzung lautet: 155.000 sollen es sein, die
unsere Südlichkeit und Angebote kennen lernen sollen“, so der Tourismusreferent.
Umweltreferent Rolf Holub meinte, dass ein Kritikpunk an Europa der überbordende Zentralismus sei. „Wir in
Kärnten sind regional und freuen uns über eine künftige Zusammenarbeit, insbesondere im Energiebereich."
Als ENCORE-Präsident (Environmental Conference of the Regions of Europe) werde er in Kürze nach Brüssel
zu den „Open Days“ der europäischen Städte und Regionen reisen. Die nächste große europäische
Umweltschutzkonferenz regionaler Ministerinnen und Minister für Umwelt und Nachhaltigkeit, an der 118 Regionen
teilnehmen, werde am 23. September 2016 in Pörtschach stattfinden.
Paasch bedankte sich für die Gastfreundschaft. „Als kleinstes Bundesland Belgiens sind wir zwar mit den anderen
vier gleichgestellt, aber in vielen Bereichen stark auf internationale Zusammenarbeit angewiesen“, betonte er.
Viele Regionen Europas sehen sich mit denselben Herausforderungen konfrontiert – Netzwerkarbeit mache daher auch
Sinn. Gerade die Arbeit die Kärnten im Bereich der Integration schwer vermittelbarer Jugendlicher in die Arbeitswelt
leiste, sei für ihn und seine Kollegen sehr inspirierend.
„Wir sind Plattformen und verkörpern die Vielfalt Europas“, sagte Lambertz. Als Präsident des Ausschusses
der Regionen läge ihm die enge Zusammenarbeit besonders am Herzen. „Europa kann nur wieder zu einer Erfolgsgeschichte
werden, wenn es uns gelingt, die Menschen dazu zu bringen Europa zu akzeptieren“, sagte er und betonte: „An diesem
Wandel können wir maßgeblich mitarbeiten.“
Komplimente für das Klinikum Klagenfurt aber auch für vorbildliche Betreuungseinrichtungen wie die Kindertagesstätte
KELAG-Energiebündel gab es von Antoniadis. „Auch in den Bereichen der Gesundheitsprävention und der häuslichen
Pflege von Senioren können wir einiges von Kärnten lernen“, war der Minister für Familie, Gesundheit
und Soziales voll des Lobes für Kärnten.
Das Kärntner Regierungskollegium war bemüht darum, den Gästen Einblick in so viele Bereich wie möglich
zu verschaffen. So stand beispielsweise bereits Dienstag am Abend ein gemeinsamer Besuch im Museum Moderner Kunst
Kärnten am Programm. Der Landeshauptmann informierte über das Burggebäude persönlich. Museums
Direktorin Christine Wetzlinger-Grundnig stellte das Museum und seine Aktivitäten, das Zentraldepot und die
Burgkapelle den Gästen näher vor. Den Abschluss bildete eine Führung durch die aktuelle Ausstellung
„So gut wie nichts“. Der Künstler Wolfgang Walkensteiner nahm sie persönlich vor. Nach den intensiven
Gesprächen am Vormittag und der Unterzeichnung des gemeinsamen Abkommens folgte am Nachmittag die Besichtigung
des Klagenfurter Lakeside Parks. Hier soll dann im Rahmen der Veranstaltung „Eröffnung B11 und 10 Jahre Lakeside
Park“ auch ein Dialog zum Thema „Europa der Regionen: Vereinigte Staaten von Europa“ mit Parlamentspräsident
Lambertz und Landeshauptmann Kaiser, die beide Mitglieder im Ausschuss der Regionen (AdR) der EU sind, stattfinden.
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