Graz (meduni) - Tumoren des Gehirns gehen nicht nur mit einer Reihe von Einschränkungen der Lebensqualität
für Betroffene einher, sie treten außerdem in einer Vielzahl an Ausprägungen mit unterschiedlicher
Diagnose in Erscheinung. So stellt vor allem das Glioblastom eine besonders aggressive Form des Hirntumors dar.
Grazer ExpertInnen rund um den Neuro- und Molekularpathologen Johannes Haybäck, Institut für Pathologie,
Med Uni Graz, präsentieren nun aktuelle Forschungsergebnisse, die zum besseren molekularen Verständnis
über die Entstehung der Glioblastome beitragen und neue Erkenntnisse liefern.
Grazer Tumorforschung: Mit Interdisziplinarität an die Spitze
Bei Erwachsenen bilden Glioblastome die häufigsten bösartigen Tumoren des Gehirns. Auf Grund des raschen
Tumorwachstums entwickeln sich die Beschwerden bereits nach wenigen Wochen bzw. Monaten, wobei anhaltende ungewohnte
Kopfschmerzen zu den ersten Symptomen zählen können. Die aktuelle Therapie sieht eine operative Entfernung
der Tumormasse bei anschließender Bestrahlung bzw. Radio-Chemotherapie vor. "Die Schwierigkeit besteht
vor allem darin, dass man leider noch immer keine ideale Methode in Händen hält, um tatsächlich
mit letzter Sicherheit sagen zu können wo die Tumorgrenzen liegen, da erfahrungsgemäß und in der
Literatur gut dokumentiert einzelne Gliomzellen bereits zu einem Zeitpunkt vorhanden sein können an dem man
sie aber als Einzelzellen noch nicht detektiert", erklärt Assoz.-Prof. PD Dr. Dr. Johannes Haybäck,
Leiter der Abteilung für Neuropathologie am Institut für Pathologie der Med Uni Graz und Gründungskoordinator
des Comprehensive Cancer Center Graz. Im Rahmen des Forschungsfeldes "Krebsforschung" nimmt die Medizinische
Universität Graz gemeinsam mit dem Comprehensive Cancer Center und dem LKH-Univ. Klinikum Graz eine internationale
Vorreiterinnenrolle in der Erforschung von Tumoren ein und verstärkt ihr interdisziplinäres wissenschaftliches
Netzwerk mit zahlreichen nationalen und internationalen KooperationspartnerInnen.
Bereits seit einigen Jahren beschäftigt sich die Forschungsgruppe rund um Johannes Haybäck intensiv mit
der Erforschung hirneigener Tumoren, insbesondere dem Glioblastom. Gegenwärtig ist das Glioblastom äußerst
schwierig zu behandeln, wobei eine endgültige Heilung bislang in der Regel unmöglich ist. Gliome entstehen
aus Gliazellen im Gehirn durch Anhäufung von genetischen Schäden, insbesondere von Onkogenen, Tumorsuppressorgenen
und Genen welche in Signaltransduktion und Zellzyklusregulation involviert sind. Diese Tumorentitäten zeichnen
sich durch ein diffuses Wachstum aus, weshalb es nach Entfernung des Tumors oft zum Auftreten von Rezidiven kommt,
bzw. primär ein Resttumor im Körper bleiben kann. Ungefähr die Hälfte aller diagnostizierten
Gliome sind Glioblastome. Trotz Fortschritten in der Therapie bleibt die Prognose schlecht. Aus diesem Grund ist
ein besseres molekulares Verständnis über die Entstehung von Gliomen und den verbundenen molekularen
Alterationen unumgänglich um neue Behandlungsmöglichkeiten zu entwickeln. Der Grazer Forschungsgruppe
ist es nun erstmals gelungen zu zeigen, dass die sogenannten "eukaryotischen Translationsinitiationsfaktoren
(eIF)" wesentlich an der Entstehung dieser aggressiven Tumorform beteiligt sind.
Tumorentstehung auf Molekülebene erforscht
Die Translation beschreibt die Bildung von Proteinen in den Zellen aller Lebewesen und damit den essentiellen Prozess
der Genexpression, also wie der Genotyp eines Organismus bzw. einer Zelle ausgeprägt wird. Die eukaryotischen
Translationsinitiationsfaktoren steuern im Organismus die Initiation der Translation. Eine Deregulation dieses
Vorgangs führt zu abnormer Genexpression und folglich zu unkontrolliertem Zellwachstum, das weiter zur Entstehung
von Krebs führen kann. Bis jetzt wurden 12 "core" eIFs charakterisiert. All diese Faktoren haben
unterschiedliche Funktionen in der Zellteilung bzw. dem Zellwachstum und können zur Entstehung von Tumoren
beitragen. Einige haben tumorsuppressive Eigenschaften, andere fördern die Karzinogenese in diversen Krebsarten.
Aufgrund von Analysen von humanem Tumorgewebe, Zellkulturexperimenten und modernsten molekularpathologischen Untersuchungen,
gelang es dem Grazer Forschungsteam wesentliche Moleküle und deren funktionelle Einbettung in der Tumorentwicklung
aufzuklären. "Ein besseres Verständnis über die molekularen Grundlagen der Entstehung von Tumoren
ist die Basis zur zukünftigen Entwicklung neuer Therapieoptionen", blickt Johannes Haybäck in die
Zukunft.
Grazer Tumorforschung international gewürdigt
Johannes Haybäck durfte jüngst eine höchst ehrenvolle Auszeichnung für seine Forschung entgegennehmen.
Im Rahmen des größten europäischen Pathologenkongresses - dem European Congress of Pathology, veranstaltet
von der European Society of Pathology - erhielt er den ersten Preis für die beste wissenschaftliche Präsentation.
Damit geht dieser Preis erstmals in der Geschichte nach Österreich und betont die internationale Vorreiterrolle
der Grazer Tumorforschung, in der die Medizinische Universität Graz, das Comprehensive Cancer Center Graz
und das LKH-Universitätsklinikum Graz ihre herausragenden Kompetenzen bündeln.
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