Linz (automobil-cluster) - Nach dem Durchbruch der Atomverhandlungen und der möglichen bevorstehenden Aufhebung
der Embargos könnte sich der Iran für österreichische Technologielieferanten speziell aus dem automotiven
Bereich zu einem der wichtigsten Märkte der Region im Nahen und Mittleren Osten entwickeln. Im Rahmen der
Informationsveranstaltung über den iranischen Markt fanden sich Topmanager aus Oberösterreich sowie Teilnehmer
der Delegationsreise von Bundespräsident Dr. Heinz Fischer am 15.10. zu einem Vormittag mit dem Wirtschaftsdelegierten
aus Teheran, Dr. Georg Weingartner ein. Unter anderem informierten auch Mag. Sigrid Burkowski, Raiffeisen
Landesbank OÖ (Zahlungstransaktionen) und Univ. Prof. DI Dr. Techn. Massud Mossaheb (OIG Generalsekretär)
über die neuen Marktchancen im Iran. Unternehmen, die bereits Geschäftsbeziehungen im Iran pflegen, berichteten
über ihre Erfahrungen. Durch den Vormittag führte Frederic Farhad Hadjari, Projektmanager des Automobil-Clusters
Oberösterreich mit österreichisch iranischen Wurzeln.
Iranische Autoindustrie will europäische Qualität
Die Automobilindustrie im Iran ist ein enorm wichtiger Wirtschaftszweig, dennoch überschaubar. Durch jahrelange
Sanktionen ist der Stand der Technik allerdings veraltet.
Die beiden größten iranischen Akteure Kohdro Group und Saipa Group produzieren u.a. französische
und italienische Fahrzeuge in Lizenz. Über gute Verbindungen zu Renault erhofft der Automobil-Cluster einen
erleichterten Zutritt seiner Partnerunternehmen zu den iranischen Herstellern. Wolfgang Komatz, Manager des oberösterreichischen
Automobil-Clusters sieht großes Potenzial für Oberösterreich: „Die iranischen Autoproduzenten Kohdro
Group und Saipa Group wurden im Rahmen der Wirtschaftsdelegationsreise von Bundespräsident Dr. Heinz Fischer
bereits von uns besucht. Nachfolgegespräche über Besuche von österreichischen Zulieferfirmen im
Iran sind bereits in Planung. Lieferanteninnovationstage, die der Automobil-Cluster direkt bei den Herstellern
durchführt, werden auch im Iran angedacht. Mit dem Programm „Roadmap2x“ begleiten wir außerdem interessierte
Firmen bei einem gemeinsamen Markteintritt.“
Erste Schritte in den Iran müssen gut vorbereitet sein
„Wer im Iran neu Fuß fassen möchte, der sollte vorerst über lokale Partner agieren“, rät
der Wirtschaftsdelegierte im Iran, Dr. Georg Weingartner den Unternehmern. „Ein iranischer Partner, der Vorort
permanent den Kontakt hält, ist vor allem dann wichtig, wenn man im Iran eine eigene Produktion plant. Der
Aufbau von Vertrauen und freundschaftlicher Umgang miteinander ist im Iran sehr wichtig und lässt sich aus
der Ferne nicht pflegen.“ Mit besten Kontakten vor allem auch zur Automobil-Industrie kann das Büro der WKO
im Iran dienen.
Joint Ventures mit ansässigen Unternehmen sind der geeignete Einstieg für die spätere Errichtung
einer eigenen Niederlassung. Für das Wirtschaftsjahr 2016-2017 rechnen die Verantwortlichen mit einem Wirtschaftswachstum
von 4 bis 7 Prozent. Dieses wird in erster Linie von iranischen Unternehmern angefacht, die aufgrund der Aufbruchsstimmung
im Iran wieder in ihr Heimatland zurückkehren. Für ausländische Investoren zählt derzeit die
hoffnungsvolle Stimmung, auf das tatsächliche große Wachstum wird noch gewartet.
Iran braucht oberösterreichisches Know-how
Eine Bevölkerung von 78 Mio. Menschen, eine kaufkräftige städtische Mittelschicht mit Präferenz
für westliche Konsumgüter und ein massiver Nachholbedarf in allen Industriebereichen sowie der Infrastruktur
bieten enorme Geschäftsmöglichkeiten für oberösterreichische Firmen. Im Iran will man weg von
chinesischen Produkten minderer Qualität hin zu europäischen Qualitätswaren und Technologien. Neben
Deutschland, dem Non-Plus-Ultra der Autohersteller aus iranischer Sicht, hat Österreich als Automobil-Zulieferland
einen ausgezeichneten Ruf. Die gute Qualität von Produkten und Technologien wird hier sehr hoch geschätzt.
Laut Georg Weingartner besteht Investitionsbedarf auch in den Branchen Maschinenbau, Petrochemie, Energieeffizienz
und Umweltschutz im industriellen Bereich.
Landwirtschaft entwickelt sich mit österreichischen Maschinen
Ein Unternehmen, das ebenfalls schon länger im Iran tätig ist, ist der Landmaschinenhersteller Pöttinger.
Weniger als 10 Prozent der Landesfläche können im Iran landwirtschaftlich genützt werden. Das Ziel
der Regierung ist aus diesem Grund die Optimierung der Produktion durch den Einsatz von technolgisch hochwertigen
Landmaschinen. Roland Hauzinger, Vertriebsleiter der Firma Pöttinger im Iran rechnet mit guten Chancen: „Im
Marktaufbau sind wir Pioniere und wir beliefern vor allem größere landwirtschaftliche Betriebe, denn
diese verfügen über eine angemessene Kaufkraft.“
Iran will Wertschöpfung im eigenen Land
Reine Liefergeschäfte werden vom Iran ausdrücklich nicht gewünscht, die Wertschöpfung soll
im Land stattfinden. „Wer an die Errichtung einer Produktion im Iran denkt, der sollte sich in Geduld üben.
Es empfiehlt sich aber, schon jetzt Kontakte zu knüpfen und zu pflegen um dann in der ersten Reihe zu stehen,
wenn die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen den Markteintritt begünstigen“, rät Horst Roeder, dessen
Unternehmen EREMA GmbH schon seit 19 Jahren im Iran aktiv ist. Auch er betonte beim Upper Austria – Iran Day den
Stellenwert der guten Beziehungen, die meist zu echten Freundschaften zwischen den Geschäftspartnern werden.
Hervorragend ausgebildete Arbeitskräfte
Bildung genießt in der iranischen Kultur einen sehr hohen Status. Aus diesem Grund findet man im Land eine
Vielzahl gut ausgebildeter Fachkräfte besonders in den industriellen Zweigen. 60 Prozent der Akademiker-Abschlüsse
werden von Frauen absolviert. Die wichtigsten Fremdsprachen sind Deutsch, Französisch und Englisch. Auch die
Kulturszene ist im Iran sehr aktiv und weltweit bekannt.
Kleine Geschenke öffnen Türen
Im Mittelpunkt der persischen Kultur steht die Gastfreundschaft. Auch bei geschäftlichen Beziehungen. Vertrauen
und freundschaftlicher Umgang sind wichtige Grundlagen jeder Verhandlung. „Gastgeschenke gelten nicht als Bestechung
sondern sind elementarer Bestandteil der Kultur und sollten – als Geste des Respekts - bei keiner Geschäftsanbahnung
fehlen“, betont Univ. Prof. DI Dr. Techn. Massud Mossaheb (OIG Generalsekretär) in der Podiumsdiskussion.
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