16. Oktober 2015 – 31. Jänner 2016 im
Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum
Innsrbuck (tlm) - Seit mehr als 15 Jahren beschäftigt sich Clemens Fürtler mit dem Thema Raum
in einer modernen, urbanen Welt. Zunächst setzte er dieses Sujet vor allem malerisch um, bevor er im Jahr
2000 damit begann, sogenannte „Bildmaschinen“ zu konzipieren. Im Mittelpunkt stehen für ihn dabei die Inszenierung
und Erkundung von geschaffenen Räumen, die er mit Fahrzeugen, die sich in der Skulptur bewegen, erforscht.
„Clemens Fürtler setzt sich mit den Themen Raum und Verkehr nur auf den ersten Blick auf spielerische Art
und Weise auseinander. Er schafft es, hochkomplexe Themen mit den Mitteln aus scheinbar längst vergangenen
Kindertagen aufzubereiten“, betont PD Dr. Wolfgang Meighörner, Direktor der Tiroler Landesmuseen. Und fährt
fort: „Fürtler kreiert scheinbar virtuelle Räume aus Licht und Schatten. Er fordert uns auf, sich mit
den aktuellen Themen Geschwindigkeit, Raumbildung und auch Enge auseinanderzusetzen“.
Bildmaschine 07
Bei Fürtlers „Bildmaschinen“ handelt es sich um kinetische, bildgenerierende Skulpturen, die er aus Bauteilen
für Modelleisenbahnen und -autobahnen zusammensetzt. Die „Bildmaschine 07“, eigens für die Schau im Tiroler
Landesmuseum Ferdinandeum angefertigt, ist seine bisher größte Installation. Sie stellt eine ca. 10
x 5,5 x 2,2 m große Stadt dar, die aus Bauteilen einer Carrera-Rennbahn zusammengesetzt ist. Die Häuser
der Stadt sind auf ihre Umrisse reduziert und werden mit Fahrzeugen befahren, die beleuchtet sind. Die Installation
wird in der Mitte durch eine Mauer geteilt, die jedoch für die Vehikel durchfahrbar ist. Knapp fünf Minuten
dauert die Fahrt eines Lastwagens, der währenddessen eine große Anzahl an filmischen Aufnahmen produziert.
Spiegel an einer Seite der Installation vervielfachen die „Bildmaschine“ und lassen sie größer erscheinen;
die andere Seite wird abgedunkelt – nur die LED Scheinwerfer der Fahrzeuge werfen Schattenbilder an die Wände
und bilden für die BetrachterInnen eigene Bildwelten.
Fürtler experimentiert mit Licht und Schatten und hält die Fahrten der Fahrzeuge im Bild fest, filmt
und fotografiert die architektonischen Gebilde aus verschiedenen Perspektiven. Die entstehenden Fotografien, Videos
und Schattenprojektionen dienen als Vorlagen für seine Gemälde, Aquarelle bzw. gelangen mit der „Bildmaschine“
selbst zur Ausstellung. Im zweiten Ausstellungsraum, der über dem ersten liegt, zeigt der Künstler das
Video einer Durchfahrt, ein Gemälde und mehrere Fotogramme, die alle im Zuge der Entwicklung der „Bildmaschine
07“ entstanden sind.
Inspiration Verkehr
Besonders ein Aufenthalt in der asiatischen Metropole Kathmandu in Nepal, in der sich Fürtler im Rahmen eines
Artist-in-residence-Programms gelebt hat, hat Fürtler für die Themen Verkehr und Mobilität sensibilisiert.
Vom brodelnden Verkehr und der Hektik des Straßenlebens angetan, begann Fürtler damit, sich auch in
seinen Werken mit der Thematik auseinanderzusetzen. Vorerst noch in Form von Bildern widmete er sich Straßenszenen,
entwickelte aber immer abstrakter werdende Bildräume zum Thema. In seiner Serie „Traffic“ zeigte der Künstler
2001 nicht mehr den Verkehr selbst, sondern Bauten und Konstruktionen, die diesen überhaupt erst ermöglichen.
„Durch seine intensive malerische Auseinandersetzung mit Verkehr und Raum, entwickelte Fürtler die Idee, seine
eigenen Straßensysteme zu bauen und die Möglichkeit zu haben, seine Bildsujets als Ganzes zu überschauen,
sich aber auch darin bewegen zu können“, betont Dr. Günther Dankl, Kurator der Ausstellung und Kustos
der Kunstgeschichtlichen Sammlungen ab 1900 & Graphischen Sammlungen der Tiroler Landesmuseen. So entstanden
die ersten „Bildmaschinen“, die dem Künstler Vorlagen und Ideen zu Gemälden und Fotografien lieferten.
Im Mittelpunkt stehen seither die Schaffung und Inszenierung von Verkehrssituationen und –räumen mittels Licht,
Film, Fotografie und Malerei.
Maschinenkunst
Mit seinen „Bildmaschinen“ bewegt sich der Künstler nicht nur zwischen den Medien Skulptur, Fotografie, Malerei,
Film und Theater. Er schlägt damit auch eine Brücke von der Maschinenkunst des 20. Jahrhunderts hin zur
aktuellen Gegenwartskunst, in der die Grenzen zwischen Mensch und Maschine immer mehr ins Wanken geraten. In Fortsetzung
der „Klassiker“ der Maschinenkunst, wie z. B. Jean Tinguely oder Rebecca Horn, delegiert Fürtler in seinen
„Bildmaschinen“ den Schaffensakt ebenfalls an die Technik, greift dabei jedoch inszenierend in diesen ein. Anders
als bei Tinguely geht es bei Fürtler nicht um die Bewegung der Maschine selbst, sondern um die hervorgerufenen
Bilder. Die „Bildmaschinen“ lassen sich, wie Skulpturen, von allen Seiten anschauen, aus jeder einzelnen Perspektive
lässt sie immer wieder neue überraschende Ansichten zu.
Bilder im Kopf
Beim Anblick der „Bildmaschinen“ entstehen im Kopf des Betrachters automatisch Handlungsstränge. Was zu sehen
ist, ist stets so verfremdet und ausschnitthaft, dass die BetrachterInnen es für sich selbst vervollständigen
und mit Fantasie füllen. Assoziationen zu Film Noir oder Science-Fiction-Filmen liegen nahe. Bei manchen Bildern
der „Bildmaschine“ schafft man es völlig zu verdrängen, dass die Bilder einen realen Ursprung haben.
Wahrscheinlicher wäre es, dass es sich bei den Bildern um 3D-Installationen handelt, die komplett am Computer
entwickelt wurden.
Das Medium Fotogramm
Die Fotogramme zur „Bildmaschine 07“ entstanden in Zusammenarbeit mit Moritz Friedel. Für diese wurden die
Lichtspiele der „Bildmaschine“ ohne zwischengeschaltete Apparatur aufgezeichnet. Das Fotopapier wird dazu an der
Wand befestigt und für eine kurze Zeit belichtet. Der Raum, in dem die Maschine steht, muss dabei absolut
lichtundurchlässig sein und wird dadurch zur fotografischen Dunkelkammer. Die schwarzweißen oder farbigen
Fotogramme lassen die Strukturen der „Bildmaschine“ noch abstrakter als auf Fotografien erscheinen. Die Konturen
verschwinden optisch in den Konstellationen der verschiedenen Farbflächen. Für die Ausstellung im Ferdinandeum
hat Fürtler erstmals mit diesem Medium experimentiert.
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