Deutsche Geschichte auf Salzburger Boden

 

erstellt am
15. 10. 15
09:00 MEZ

Bad Gastein und Schloss Anif als Schauplätze historischer Weichenstellungen
Salzburg (lk) - Warum über das Schicksal Schleswig-Holsteins ausgerechnet im Bad Gasteiner Hotel Straubinger entschieden wurde und wie der letzte König Bayerns in Anif mit Missverständnissen abdankte, erklärt ein aktueller Grenzfall, der am 14.10. auf der Plattform für die Europaregion, veröffentlicht wurde.

Nicht immer lassen sich historische Entwicklungen auf einen Ort und einen Tag reduzieren. In zwei Fällen innerhalb der vergangenen 150 Jahre können jedoch wichtige Weichenstellungen der deutschen Geschichte auf Salzburger Boden präzise festgemacht werden.

Kurzlebiger Kompromiss in Bad Gastein
Erster Schauplatz ist Bad Gastein, wo am 14. August 1865 im mit Zirbelholz getäfelten Zimmer Nummer 7 des Erdgeschoßes des Hotels Straubinger vom preußischen Ministerpräsidenten Otto von Bismarck und dem österreichischen Gesandten Gustav von Blome der Vertrag von Gastein unterzeichnet wurde. Der damals als Wildbad Gastein weltbekannte Kurort war bei der High Society sehr beliebt, Bismarck gehörte zu den Gasteiner Stammgästen und führte die deutsche Politik auch vom Badebecken aus.

Geklärt werden musste anno 1865, wie Österreich und Preußen die im Krieg gegen Dänemark ein Jahr zuvor gewonnenen Herzogtümer Schleswig, Holstein und Lauenburg verwalten sollen. Eine gemeinsame Administration hatte sich als undurchführbar erwiesen. Österreich wollte die Herzogtümer als eigenständige Gebiete und Mitglieder des Deutschen Bundes erhalten. Preußen wollte seinen Machtbereich erweitern und die Gebiete ins eigene angrenzende Staatsgebiet eingliedern. Im Gasteiner Vertrag wurde Preußen die Verwaltung Schleswigs und Österreich jene von Holstein übertragen. Lauenburg ging gegen eine Entschädigungszahlung an Preußen. Für Preußen war dies durchaus ein Gewinn, denn Schleswig lag dem eigenen Staatsgebiet nahe und konnte so auch leicht verwaltet werden. Für Österreich entwickelte sich die Verwaltung Holsteins aufgrund der Entfernung zur Belastung.

Bismarck brachte der Vertrag, den er nach eigener Definition als "Verklebung der Risse im Bau" in "nicht eben jubelnder Stimmung" unterzeichnete, die Erhebung in den Grafenstand und dem Rest Europas viel Ärger. Den übrigen deutschen Staaten war der "Länderschacher" des zur Großmacht strebenden Preußen ein Dorn im Auge, und Österreich übertrug den Fall der Bundesversammlung in Frankfurt am Main. Damit hatte Preußen einen Kriegsgrund, und im Juni 1866 rückten preußische Truppen von Schleswig aus in Holstein ein, der Auftakt zum Deutschen Krieg war erfolgt. Im Juli leitete der Sieg der Preußen über die Österreicher und ihre deutschen Verbündeten bei der Schlacht bei Königgrätz die Vormachtstellung Preußens in Deutschland und die Auflösung des Deutschen Bundes ein.

Bayerns Monarchie endete in Anif
Im neugotischen Wasserschloss Anif hingegen ging 1918 die bayerische Monarchie zu Ende. König Ludwig III., seit 1912 "Kini" der bayerischen Nachbarn, war vor der Novemberrevolution in Deutschland über Schloss Wildenwart bei Rosenheim und vom Hintersee bei Berchtesgaden in das Schloss des bayerischen Reichsrats Ernst Graf von Moy südlich von Salzburg geflüchtet. Bereits drei Tage nach der Novemberrevolution in Bayern hatte General Max von Speidel den König am 10. November zu einer Abgabe einer Erklärung zu bewegen versucht, um die Offiziere des bayerischen Heeres vom Treueid zu entbinden. Doch er kam zu spät, da Ludwig III. inzwischen von Wildenwart nach Anif geflüchtet war. Dort bestellte dieser in Eigeninitiative den letzten Staatsminister des königlichen Hauses, Otto von Dandl, zu sich.

Auf die Forderung nach einem Thronverzicht reagierte der Monarch gereizt: "Kein Verzicht – auch später nicht – Krone niemals verkaufen!" Was wenig nutzte, denn nach Dandls Rückkehr nach München mit der "Anifer Erklärung", die lediglich die Beamten, Offiziere und Soldaten von ihrem Eid auf den König entband, wurde diese nur 70 Wörter umfassende Erklärung als Thronverzicht umgedeutet und von der Regierung unter Kurt Eisner als solcher zur Kenntnis genommen. 17 von 22 Monarchen Deutschlands dankten nach dem Ersten Weltkrieg formell ab. Die Bayerischen Regenten gehörten nicht dazu, versuchten aber auch keine Restauration wie etwa Kaiser Karl – vergeblich – in Ungarn.

Die Erklärung wurde in der Bayerischen Staatszeitung und in Tageszeitungen veröffentlicht, das Original gibt es heute nicht mehr. Aus Misstrauen gegenüber Eisner behielt der damalige Innenminister Erhard Auer sie bei sich. Beim Hitlerputsch in München fünf Jahre später wurde Auers Wohnung verwüstet, seitdem ist die Erklärung des letzten regierenden Wittelsbachers verschollen.

 

 

 

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