Auszeichnung von neun vorbildlichen Bauten
St. Pölten (nlk) - Bereits zum 50. Mal wurden am 13.10. von Landeshauptmann- Stellvertreter Mag. Wolfgang
Sobotka insgesamt neun Bauprojekte als "Vorbildliche Bauten in Niederösterreich" im Museumskino
des Landesmuseums St. Pölten ausgezeichnet. Der Wettbewerb "Verleihung von Anerkennungen für Vorbildliche
Bauten" wird auf Grund eines Beschlusses der Niederösterreichischen Landesregierung seit dem Jahre 1955
durchgeführt. Nach einer jährlichen Ausschreibung können bauliche Anlagen jeder Art wie Neu-, größere
Zu- und Umbauten aus den Bereichen Hoch- und Ingenieurbauten, wie z.B. Ein- und Mehrfamilienhäuser, Geschäftshäuser,
Betriebsstätten und Industrieobjekte, öffentliche Gebäude, Verkehrs-und Wasserbauten, die in Niederösterreich
realisiert wurden, von Architekten, Ziviltechnikern und Baumeistern eingereicht werden.
"Vorbildliches Bauen in Niederösterreich" ist der älteste Baupreis Niederösterreichs.
Um eine Auszeichnung zu erlangen, müssen folgende Kriterien in vorbildlicher Weise erfüllt sein: Gestaltung
(Einfügung in das Stadt- und Landschaftsbild, äußere und innere Gestaltung, räumliche Lösung),
Funktionalität (technische und nutzerorientierte Eignung) und Konstruktion (werk- und detailgerechte Ausführung,
innovative Lösung, Nachhaltigkeit).
Insgesamt lagen für die diesjährige Verleihung 49 Bewerbungen aus folgenden Kategorien vor: 13 Wohnhausanlagen,
neun Einfamilienhäuser, sechs Betriebsgebäude, vier Schulen, drei Kindergärten, drei Ingenieurbauten,
drei Sakralbauten, drei Amtsgebäude, zwei Betreutes Wohnen, ein Musikheim, ein Feuerwehrhaus und eine Fort-
und Ausbildungsstätte. Aus diesen Einreichungen wählte die Jury unter dem Vorsitz von Landesbaudirektor
DI Peter Morwitzer in drei Sitzungen und drei Bereisungen nachstehende neun Bauwerke aus:
Das Wohn- und Atelierhaus Kindlinger in Gumpoldskirchen (Planer: bauatelier schmelz salomon, Wösendorf; Bauherren:
Aloisia und Helmut Kindlinger): Im Kern auf das 13. Jahrhundert zurückgehend wurde das baulich abgenutzte
Winzergehöft bautechnisch sorgfältig und mit Liebe zum Detail saniert und auf ein zeitgemäßes
Niveau des Wohnkomforts gehoben. Im Spannungsfeld des Aufeinandertreffens zwischen Rücksichtsvollem Bewahren
und selbstbewusstem Erneuern entstand auf einer Stahlträgergalerie im neuen Sichtdachstuhl ein Atelierbereich
als komfortabler Arbeitsraum. Der eingeschossige und gewölbte Wohntrakt zeigt viel von der ursprünglichen
Ästhetik des alten Gebäudes und legt Zeugnis ab für Vergangenes. Im geschützten Innenhof, der
den begrünten Freiraum zur Straße hin abschirmt, kann man die gelungene Erhaltung dieses Stücks
niederösterreichischer Bautradition vollends auf sich wirken lassen.
Das "Franz Bauer-Theussl Haus der Musik" in Zillingdorf (Planer: SPA-Architekten (ARGE Scheibenreif ZT
GmbH und PPA architects ZT-GmbH), Wiener Neustadt; Bauherr: Marktgemeinde Zillingdorf)): Mit tiefem Verständnis
für Ort und Bauaufgabe lässt das von der Straße zurückversetzte Haus der Musik mit der Tiefenstaffelung
der Außenfassade und der überdachten Freibühne ortsräumlich einen Platzbereich als neue öffentliche
Ortsmitte entstehen. Die Höhenentwicklung der Dachlandschaft garantiert ein räumliches und akustisches
Erlebnis. Die mobilen Trennwände und öffenbaren Fassadenelemente ermöglichen flexible Nutzungen
und ein anregendes Wechselspiel zwischen Innen mit Außen. Hier bewahrheitet sich, dass Architektur nicht
nur den Anspruch an Ästhetik und Funktionalität zu erfüllen vermag, sondern gemeinschaftliche Wertschöpfung
schafft.
Hauptplatz und Flusspromenade in Melk (Planer: Architekt Dipl.-Ing. Dr. techn. Karl Langer, Wien; Bauherr: Stadtgemeinde
Melk): Dem Konzept des neu errichteten Hochwasserschutzes folgend, wird der bestehende Hauptplatz zu einem verkehrsberuhigten
und kommunikationserweckenden Stadtraum gestaltet, der die Vielschichtigkeit und Kraft des Ortes für sich
nutzt. Mobile Sitzelemente aus Beton gewähren räumliche Flexibilität, Treppen werden bei Bedarf
zu Sitzstufen. Die neue Aussichtsplattform im Bereich des Altarms steht im Dialog mit dem Stift Melk und präsentiert
sich als ein gestalterisch und funktionell gelungenes neues Element im öffentlichen Raum. Gebrochene Granitsteinpflaster
als Bodenbelag werden zum verbindenden Element und verwischen die Grenzen zwischen Alt und Neu, Donaufluss und
Stadt.
Das Raiffeisen Forum in Mödling (Planer: arge x42 Architektur, Wien; mit Architekt Mag. Lothar Jell-Paradeiser,
Bad Vöslau; Bauherr: Raiffeisen Regionalbank Mödling): Als architektonisch eigenständige akzentuierter
Baukörper mit hoher Gestaltungs- und Integrationsqualität verflechtet sich der zeitgemäße
Neubau mit dem dichtverbauten historischen Ensemble der Mödlinger Innenstadt. Im Inneren versteht sich das
Raiffeisen Forum als modernes offenes und transparentes Dienstleistungsgebäude. Die hohe lichtdurchflutete
Halle erzeugt gemeinsam mit den lebenden grünen Wänden ein wohltuendes Arbeits- und Raumklima, das den
heutigen Anforderungen an Nachhaltigkeit entspricht. Als öffentlich zugänglicher Ort konzipiert, lädt
die hauseigene Cafeteria zum Verweilen ein und kann je nach Bedarf zum Veranstaltungs- bzw. Seminarbereich umorganisiert
werden.
Sanierung der Kapelle auf Schloss Merkenstein in Bad Vöslau (Planer: t-hoch-n Ziviltechniker GmbH, Wien; Bauherren:
Mariela Lampelmayer und Peter Wiesinger): Der Wiederaufbau der fast zu Gänze zerstörten Kapelle erfolgt
zwar denkmalkonform, aber auch unter Einsatz neuer architektonischer Gestaltungselemente. So wird der Innenraum
mit einem verglasten Dachgiebel und Fensterflächen aus bunten Murano Mosaiksteinen belichtet und atmosphärisch
gehoben. Die Möblierung erfolgt mit schlichten Holzbänken, die sich in ihrer Wirkung deutlich zurücknehmen.
Das Ergebnis dieser Sanierung aus einer Symbiose von Alt und Neu, glanzvoll und pur, ist ein würdevoller und
spiritueller Raum, der zum mentalen Identifikationspunkt der Parkanlage geworden ist.
Das Haus am Venusgarten in Willendorf (Planer: Inprogress Architektur Consulting, Wien; mit the sopht loft, Wien;
Bauherr: Stefan Schauer): Anstatt den bereits als Bauland gewidmeten Marillengarten zu verbauen, fiel die Entscheidung,
dass bestehende Althaus zu sanieren und um eine loftartige Wohnung mit erhöhter Schlafgalerie zu erweitern.
Das Ergebnis ist ein Baukörper, der sich mit seiner Materialität und Kubatur behutsam in die vorhandene
dörfliche Struktur der Wachauer Landschaft einfügt. Im Inneren sorgt das Holz der Weißtanne für
eine behagliche Wohnatmosphäre ohne rustikal zu wirken. Die Verglasung des Dachgiebels garantiert Licht und
Aussicht im beeindruckenden Maße und verleiht dem kompakten Einwohnraum Großzügigkeit und räumlich
Weite bis ins angrenzende Donautal.
Die Aufbahrungshalle in Moosbrunn (Planer: Architekturbüro antel + antel, Neupischelsdorf; Bauherr: Gemeinde
Moosbrunn): Die aus der Topografie des Ortes entwickelte Lösung, lässt einen zur Straße durch Höhenversatz
abgeschirmten und so von Einblicken geschützten Vorplatz entstehen, der zum gedeckten Eingangsbereich der
Aufbahrungshalle führt. Der Baukörper spielt seine hohe Qualität durch subtile Symbolik und Zurücknahme
in der Gestaltung aus. Die Schlichtheit des multikonfessionellen Inneren lässt einen in sich gekehrten Raum
mit emotionalem Erlebniswert entstehen. Die verglaste Rückseite leitet den Blick in den im Jahreswandel bepflanzten
Lichthofgarten. Die geschwungene Mauerscheibe mit der nach Osten weisenden Öffnung steht für Spiritualität.
Das TZW - Zentrum für Technologie und Design in St. Pölten (Planer: AllesWirdGut Architektur ZT GmbH,
Wien; Bauherr: Wirtschaftskammer Niederösterreich): In Anlehnung an das denkmalgeschützte Sichtbetongebäude
des WIFI Niederösterreich antwortet der Neubau mit schräg gestellten V-Stützen in Beton als von
außen ablesbares statisches System, das durch konstruktive Leichtigkeit überzeugt. Die gewählte
Grundrisskonfiguration der atriumartigen Innenhofsituation sorgt für eine gute räumliche Orientierung
und innere Sichtbezüge. Synergetischen Überlegungen folgend werden hier auch die Lehrwerkstätten
des WIFI Niederösterreich integriert. Die Flexibilität in der Raumaufteilung gewährleistet Nutzungsnachhaltigkeit,
Kommunikation und informelles Lernen. Die bewusste Reduktion in Materialität und Farbgebung soll den Studierenden
kreativen Freiraum eröffnen.
Das "zu-haus" Einfamilienhaus Döllinger in Auersthal (Planer: martin rührnschopf architecture,
Wien; Bauherr: Hans und Hsin-Wen Döllinger-Tsao): In baulicher Rückbesinnung an den alten Holzstadel
entstand ein zeitgemäßes Wohnhaus, das mit seiner gewählten Formensprache und dem hölzernen
Schiebetor noch an das ursprüngliche landwirtschaftliche Gebäude erinnert. Mit seiner wohltuenden Schlichtheit
integriert es sich in die gewachsene Häuserzeile. Das offene Wohnkonzept auf zwei Ebenen und der gezielte
Einsatz von Tageslicht verleihen dem kompakten Innenraum Großzügigkeit, die geschlossene Baustruktur
gewährt trotz großer Glasfronten Uneinsehbarkeit und Intimität. Mit den verwendeten Materialien
wie Holz, Ziegel, Eisen und Stein und dem einfachen aber durchdachten Haustechnikkonzept vereint das Gebäude
gleichzeitig Innovation mit Tradition.
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