Wien (staedtebund) - Vor 30 Jahren, am 15. Oktober 1985, wurde die Europäische Charta der kommunalen Selbstverwaltung
vom Europarat verabschiedet und trat nach Ratifizierung am 1. September 1988 in Kraft. Mit Unterzeichnung der Charta
verpflichteten sich die Vertragsstaaten zur Anwendung von völkerrechtlichen Grundregeln, die die politische,
verwaltungsmäßige und finanzielle Selbständigkeit der Gemeinden gewährleisten.
"Der Gedanke war ursprünglich gemeinsame und messbare europäische Standards für den Schutz
der Rechte lokaler Behörden und gewählten EinwohnerInnenvertretungen festzulegen. Ein Meilenstein in
der Entwicklung der Gemeindeautonomie und eine wichtige demokratiepolitische Entscheidung, die der Bürgerin,
dem Bürger die Möglichkeit gibt, an den Entscheidungsprozessen die das unmittelbare Lebensumfeld betreffen,
aktiv teilzunehmen", sagt Städtebund-Generalsekretär Thomas Weninger.
Die Verhandlungen im Europarat waren durchaus beschwerlich. Die nationalen Regierungen betrachteten anfänglich
die Diskussion über ihre Haltung gegenüber Städten, Gemeinden und Kreisen als "unzulässige
Einmischung in innere Angelegenheiten" ihres Landes. Da war schon die Grundidee der Charta von Versailles
"völlig unzumutbar", weil sie sich natürlich über lokale Demokratie, Selbstverwaltung
und die Rolle der Kommunen im jeweiligen Staatsaufbau aussprach. Konsequenterweise waren dann auch anfänglich
die Kommunen offiziell nicht einmal Gesprächspartnerin des Europarates und seiner Gremien.
"Heute hat der Europarat nicht nur die Rolle der Kommunen anerkannt, sondern ihnen - neben dem Ministerrat
und der Parlamentarischen Versammlung - mit dem Kongress der Gemeinden und Regionen Europas (KGRE) und seinen beiden
Teilkammern für die Gemeinden einerseits und die Regionen andererseits eine "dritte Säule"
innerhalb des Europarates und damit eine starke Stellung und wachsende Bedeutung gegeben", erklärt Weninger.
Der Kongress ist heute angesehener Partner der anderen Organe ebenso wie der inzwischen 45 Mitgliedstaaten des
Europarates. Es entspricht dem internationalen und intergouvernementalen Charakter des Europarates in Straßburg,
dass seine Konventionen erst Rechtsgeltung entfalten, wenn und soweit sie von den Regierungen der Mitgliedstaaten
unterzeichnet und ihren Parlamenten ratifiziert sind.
Die Charta ist für den Kongress der Gemeinden und Regionen (KGRE) ein wichtiges Instrument zur Durchsetzung
und zum Schutz des Rechts der kommunalen Selbstverwaltung in ganz Europa und ist als dieses, vor allem aufgrund
der hohen Anzahl der Ratifizierungen, auch sehr akzeptiert, was sich besonders nach dem Fall des Eisernen Vorhangs
in den neuen Demokratien in Osteuropa zeigte. Die Einhaltung der Vorschriften wird im Rahmen von Monitoringberichten
des Kongresses evaluiert. Die Berichte und etwaige Eingriffe in das Recht der kommunalen Selbstverwaltung werden
im institutionellen Ausschuss und im Plenum diskutiert. Der Kongress wendet sich mit seinen Empfehlungen direkt
an das Ministerkomitee des Europarates.
"Die kommunale Selbstverwaltung ist noch immer die Grundlage für die wichtige Arbeit der Städte
und Gemeinden, auch in Zukunft wird es wichtig sein, darauf immer wieder hinzuweisen", schloss Weninger.
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