Perugia/Antwerpen/Hamburg/Berlin (idw) - Van Goghs berühmte Sonnenblumen verändern mit der Zeit ihre
Farbe. Ursache ist die Mischung der Pigmente, die der niederländische Meister für sein Gemälde verwendet
hat. Das belegt eine aufwendige Röntgenuntersuchung der Sonnenblumen-Variante aus dem Van-Gogh-Museum Amsterdam.
Forscher um Letizia Monico vom Institut für Molekularwissenschaften und -technologie (CNR-ISTM) in Perugia,
von der Universität Perugia und der Universität Antwerpen haben dazu unter anderem winzige Farbpartikel
des Gemäldes mit DESYs Röntgenlichtquelle PETRA III durchleuchtet. Ihre Ergebnisse stellen die Wissenschaftler
im Fachjournal „Angewandte Chemie“ vor (Online-Vorabveröffentlichung).
Die Studie identifiziert Bereiche des Gemäldes, die besonders sorgfältig auf Veränderungen beobachtet
werden sollten.
Vincent van Gogh (1853-1890) ist berühmt für seine leuchtend gelben Farben. Der Niederländer verwendete
sogenanntes Chromgelb, eine Verbindung aus Blei, Chrom und Sauerstoff. „Das Pigment existiert in unterschiedlichen
Schattierungen, und nicht alle davon sind dauerhaft lichtbeständig“, erläutert Monico. „Helleres Chromgelb
mit einer Beimischung von Schwefel ist anfällig für eine chemische Veränderung unter Lichteinfluss,
durch die das Pigment nachdunkelt.“ Lichtbeständiges Chromgelb hat die Summenformel PbCrO4, lichtempfindliches
dagegen PbCr1-xSxO4, (wobei x größer als etwa 0,4 ist).
Die Forscher untersuchten die Sonnenblumen aus dem Jahr 1889 darauf, ob van Gogh darin verschiedene Chromgelb-Varianten
verwendet hat. Der Niederländer hat das Bild drei Mal gemalt. Je eine Variante hängt in der National
Gallery in London, im Seji Togo Memorial Sompo Japan Nipponkoa Museum of Art in Tokio und im Van-Gogh-Museum Amsterdam.
Zwei weniger als einen Millimeter kleine Farbpartikel aus dem Gemälde in Amsterdam wurden mit DESYs Röntgenlichtquelle
PETRA III durchleuchtet. „Die Analyse zeigt, dass orangegelbe Schattierungen vor allem die lichtbeständige
Variante von Chromgelb enthalten, während sich in hellgelben Bereichen vor allem eine lichtempfindliche Chromgelb-Variante
findet“, berichtet Ko-Autor Gerald Falkenberg, Leiter der DESY-Messstation P06, an der die Röntgenbeugungsmessungen
stattfanden.
An der Europäischen Synchrotronstrahlungsquelle ESRF in Grenoble untersuchte das Forscherteam den chemischen
Zustand der Farbproben. Wenn lichtempfindliches Chromgelb nachdunkelt, wird das Chrom von seinem höchsten
Oxidationszustand CrVI in den Zustand CrIII reduziert. Tatsächlich konnten die Wissenschaftler an der Oberfläche
der Farbpartikel einen relativen Anteil von 35 Prozent CrIII messen. „Zumindest an den beiden untersuchten Stellen,
von denen die Farbproben stammen, ist in den Sonnenblumen eine Farbveränderung durch eine Chromgelb-Reduzierung
eingetreten“, sagt Monico. Die Sonnenblumen haben ursprünglich also möglicherweise anders ausgesehen
als heute.
Mit einem mobilen Scanner haben die Wissenschaftler Bereiche auf dem Amsterdamer Gemälde identifiziert, die
künftig besonders genau auf Farbveränderungen hin beobachtet werden sollten. „Da Chromgelb-Pigmente bei
den Malern des späten 19. Jahrhunderts weit verbreitet waren, hat diese Studie auch weiterreichende Konsequenzen
dafür, wie die Farben anderer Kunstwerke einzuschätzen sind“, betont Ko-Autor Koen Janssens von der Universität
Antwerpen.
Das Deutsche Elektronen-Synchrotron DESY ist das führende deutsche Beschleunigerzentrum und eines der führenden
weltweit. DESY ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft und wird zu 90 Prozent vom BMBF und zu 10 Prozent von den
Ländern Hamburg und Brandenburg finanziert. An seinen Standorten in Hamburg und Zeuthen bei Berlin entwickelt,
baut und betreibt DESY große Teilchenbeschleuniger und erforscht damit die Struktur der Materie. Die Kombination
von Forschung mit Photonen und Teilchenphysik bei DESY ist einmalig in Europa.
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