Wien (universität) - "Wie können Jugendliche aus Migrationsfamilien im österreichischen
Bildungssystem sprachlich am besten unterstützt werden?" und "Wie kann Mathematik helfen, offene
Fragen in der Medizin und Biologie zu beantworten?": Das sind Beispiele zukunftsweisender Forschungsfragen
der Universität Wien. Sie zeigen auf, wie wichtig Forschung und Lehre für die Weiterentwicklung der Gesellschaft
sind. Im Jubiläumsjahr hat die Alma Mater ihre Tore weit geöffnet, die mediale Präsenz enorm gesteigert
und ist näher an Gesellschaft und Wirtschaft herangerückt. Die Bilanz ist erfreulich, es folgen ein Rückblick
und Ergebnisse dazu.
"In das 650-Jahr-Jubiläum waren alle 19 Fakultäten und Zentren sowie sämtliche Dienstleistungsbereiche
der Universität Wien involviert. Das war nicht nur viel erfolgreiche Arbeit, sondern hat bei den MitarbeiterInnen
die Identifikation mit dem Haus sehr gestärkt", so Heinz W. Engl, Rektor der Universität Wien. "Mit
zahlreichen Veranstaltungen wurde die Vielfalt der Fächer, Studien und Forschungsvorhaben erlebbar gemacht
und auch ein Blick in die Zukunft der Wissenschaften ermöglicht. Wir haben die Tore ganz bewusst weit geöffnet,
um der Öffentlichkeit die Rolle der Universität für die Bildung künftiger Generationen zu zeigen."
Zum Auftakt Anfang März wurde die Kampagne "Wir stellen die Fragen. Seit 1365." gestartet. Testimonials
der Universität Wien stellten Fragen, die sie nachhaltig beschäftigten und gaben darauf – auf Videos
festgehaltene – Antworten. Die im 650-Look gebrandete Station Schottentor sowie die über drei Monate durch
Wien fahrende Jubiläums-Straßenbahn rundeten den Auftritt ab. Gleichzeitig wurden 22 Standorte der Universität
Wien mit Jubiläumsfahnen beflaggt.
Leistungsschau Campus Festival
Das Campus Festival Mitte Juni war das öffentlichkeitswirksamste Event des gesamten Jubiläumsjahres.
Über 30.000 BesucherInnen strömten auf den Campus der Universität Wien – das Gelände des ehemaligen
Alten AKH –, um Future Lab, Forschungsparcours und Public Lectures zu besuchen sowie einen Science Slam und ein
österreichisches Musik- und Kabarettprogramm zu hören.
Botanischer Garten
Gerade im Botanischen Garten der Universität Wien, der mitten im dritten Bezirk liegt und 11.500 Pflanzenarten
aufweist, gibt es viele Berührungspunkte mit der Gesellschaft. 150.000 BesucherInnen kommen jährlich
dorthin – zu großen Events wie der bekannten Raritätenbörse, zu Spezialführungen oder einfach
um sich vom Trubel der Stadt zu erholen. In Kooperation mit Raiffeisen NÖ-Wien wird die bestehende "Grüne
Schule", die sich der Wissensvermittlung zu Artenvielfalt, Biodiversität und Umweltwissenschaften widmet,
weiter ausgebaut und ein Life & Science Camp realisiert werden. "Der Botanische Garten war einer der Hauptattraktionen
im Jubiläumsjahr der Uni Wien. Das freut uns als Kooperationspartner natürlich besonders", betont
Präsident Erwin Hameseder, Obmann der Raiffeisen-Holding NÖ-Wien. "Der Botanische Garten ist eine
gelungene Symbiose aus praktischer Wissensvermittlung und Wissenschaft. Im nächsten Jahr wird er mit dem Life
& Science Camp um noch eine wichtige Facette reicher sein. Denn mit der neuen Einrichtung wird Jung und Alt
das Verständnis für Artenvielfalt und die Notwendigkeit des Schutzes noch ganzheitlicher – und vor allem
ganzjährig – näher gebracht werden."
Geschichte und Tradition
Im Rahmen des Dies Academicus und des Dies Honorum vergab die Universität Wien Ehrendoktorate u.a. an
Chemie-Nobelpreisträger Martin Karplus und Literaturwissenschafterin Ruth Klüger. Rückblick auf
die Geschichte der Alma Mater geben 11 Publikationen, die im Rahmen des Jubiläumsjahres erschienen sind sowie
die Website geschichte.unvie.ac.at, wo 650 Jahre Geschichte hypertextuell vernetzt sind.
Kein Fest ohne Musik: Zum fulminanten Auftakt tanzte das Wiener Staatsballett im Rahmen des Neujahrskonzerts zur
Musik von Johann Strauß Sohn im Hauptgebäude der Universität Wien. Weitere Highlights waren die
7. Sinfonie von Ludwig van Beethoven in der Aula der Alten Universität (heute ÖAW) und Mahlers 8. Sinfonie
– "Die Sinfonie der Tausend" – im Konzerthaus – die von Chor und Orchester der Universität Wien
mit mehr als 400 Studierenden aufgeführt wurde. Von 23. bis 27. Oktober wird im Großen Festsaal der
Universität Wien Sisifos – ein wissenschaftliches Musiktheater vom Operntheater sirene inszeniert.
"Wien 1365. Eine Universität entsteht" an der Österreichischen Nationalbibliothek eröffnete
den Ausstellungsreigen im Jubiläumsjahr. Es folgten "Das Wissen der Dinge. Objekte aus den Lehr- und
Forschungssammlungen von 1755 bis heute" im Naturhistorisches Museum sowie der "Der Wiener Kreis – Exaktes
Denken am Rand des Untergangs". In der Schau ging es um den Einfluss außergewöhnlicher DenkerInnen
der 1920er Jahre auf die Forschung des 20. Jahrhunderts. Kritische Rückschau hielt die Universität Wien
mit der Ausstellung "Bedrohte Intelligenz", indem sie Leidenswege der Opfer der Nazifizierung der Universität
Wien nachzeichnete.
Gendergerechtigkeit – Präsentation der Ergebnisse des Kunstwettbewerbs am 28.10.
Die Universität feierte heuer ihr 650. Gründungsjubiläum, Frauen wurden aber erst vor 118 Jahren
– also 1897 – erstmals zum Studium zugelassen. Heute liegt der Frauenanteil bei den Studierenden bei ca. 60 Prozent,
bei den Doktoratsabschlüssen bei ungefähr 49 Prozent und bei den Professuren bei rund 27 Prozent. Die
Förderung der Chancengleichheit von Frauen ist der Universität Wien ein zentrales Anliegen. Daher gab
es zahlreiche Initiativen dazu, wie z.B. die Ausstellung "Radical Busts" im Arkadenhof sowie den Sprechchor
Frauen AUS/SCHLUSS zur fehlenden Sichtbarkeit von Frauen in der Wissenschaft – den Text schrieb Elfriede Jelinek.
Im Jubiläumsjahr wurde auch ein Kunstwettbewerb zur "Ehrung von Wissenschafterinnen" im Arkadenhof
ausgeschrieben. Mitte Oktober entschied eine Jury, die Präsentation der Projekte erfolgt am 28. Oktober.
UVIECON – Konferenz weltweiter Universitäten
"Global Universities and their Regional Impact" – unter diesem Motto tagten im März zum Auftakt
des Jubiläums u.a. Rektoren der Universitäten Berlin, Cambridge, Chicago, Dublin, Hongkong und Prag an
der Universität Wien. Die hochkarätig besetzte Tagung widmete sich der Rolle globaler Universitäten
und ihrer vielfältigen Einflüsse auf die jeweiligen Regionen im internationalen Kontext. Ergebnis war
das Vienna Communiqué.
Zahlen zum Jubiläum
Bei den über 100 Jubiläumsveranstaltungen konnten insgesamt rund 95.000 BesucherInnen gezählt
werden. Darüber hinaus fanden an die 130 Konferenzen, Tagungen und Symposien statt, die von rund 6.000 Gästen
aus aller Welt besucht wurden. Über die neu gelaunchte Alumni-Map vernetzten sich bisher an die 4.000 AbsolventInnen
aus aller Welt. Das Jubiläum wurde mit 3 Mio. EURO Budgetmittel (0,6 % der Umsatzerlöse der UW von 533
Mio. EURO) und zusätzlich mit 1 Mio. EURO Sponsoring-Einnahmen finanziert.
Starke Steigerung der Medienpräsenz und des Werbewerts
Mit dem 650-Jahr-Jubiläum erreichte die Universität Wien eine Top-Medienpräsenz mit einem Werbewert
über 11 Mio. EURO. Damit erzielte die Universität Wien 2014/15 gegenüber dem Vergleichszeitraum
im Vorjahr (März, April Mai und Okt., Nov. und Dez.) eine Werbewert-Steigerung von über 50 Prozent. Besonders
stark war die Berichterstattung des ORF. Dazu ORF-Fernsehdirektorin Kathrin Zechner: "Vielfältig und
umfassend wie das Angebot der Alma Mater war auch das ORF-Programm zum Jubiläum '650 Jahre Uni Wien': Der
inhaltliche Bogen spannte sich dabei vom Pausenfilm des 'Neujahrskonzerts' über eine Vielzahl von Dokumentationen
und Reportagen bis zur Ö1-Schwerpunktwoche '650 Jahre Uni Wien' oder dem 'Tatort: Grenzfall' mit dem Schauplatz
Uni. Es freut mich, dass der ORF als mediale Plattform für Kultur und Bildung damit seinen Beitrag zu diesem
eindrucksvollen Jubiläum der Universität Wien leisten konnte. Und es freut mich, dass zwei Institutionen
wie die Universität Wien und der ORF inhaltliche Überschneidungen und gemeinsame Aufträge für
unsere Gesellschaft offensichtlich machen konnten."
Kooperationen und Partner
"Die Universität Wien hat im Rahmen des Jubiläums zahlreiche neue Kooperationspartner und Sponsoren
generieren können. Sie ist an einer Forschungszusammenarbeit mit Wirtschaft und Gesellschaft interessiert
und unterstützt ein gemeinsames Agenda-Setting für innovationsfreundliche Rahmenbedingungen in Österreich:
Denn damit trägt sie mit dazu bei, die Region zu stärken", so Rektor Heinz W. Engl.
Antworten für die Welt von übermorgen
Um Antworten auf die Welt von übermorgen geben zu können, müssen die richtigen Fragen gestellt
werden, z.B. " Wie können Jugendliche aus Migrationsfamilien im österreichischen Bildungssystem
sprachlich am besten unterstützt werden?" und "Wie kann Mathematik helfen, offene Fragen in der
Medizin und Biologie zu beantworten?" WissenschafterInnen der Universität Wien widmen sich im Future
Lab, das beim Campus Festival präsentiert wurde und online abrufbar ist, dieser Herausforderung. Die Einträge
der Website werden laufend ergänzt, so z.B. auch mit Beiträgen von Martin Ehler, WWTF-Young-Investigator
an der Fakultät für Mathematik, oder Inci Dirim, Professorin für Deutsch als Zweitsprache, die sich
mit oben erwähnten Fragen auseinandersetzen.
Deutsch als Zweitsprache (DaZ) ist kein Übergangsphänomen – Inci Dirim
In Wien wächst mehr als die Hälfte der SchülerInnen an Pflichtschulen mit einer anderen Erstsprache
als Deutsch auf. Die Sprach- und Erziehungswissenschafterin Inci Dirim entwickelte Förderkonzepte zur optimalen
Eingliederung von SchülerInnen ohne Deutschkenntnisse ins österreichische Bildungssystem. Ihre Forschung
hat starken Praxisbezug, sie erhält gerade aktuell zahlreiche Anfragen von Schulen und Fortbildungseinrichtungen.
Derzeit arbeitet sie an der Adaption von DaZ-Fördermodellen aus dem Schulbereich für den besseren Umgang
mit verschiedenen Kompetenzniveaus in der Wissenschaftssprache Deutsch im universitären Bereich.
Zukunftsthema: Mathematik in Medizin und Biologie – Martin Ehler
Martin Ehler, WWTF-Young-Investigator, arbeitet an der Analyse hochdimensionaler Daten. Gerade im Bereich der
Medizin und Biologie entstehen durch verbesserte bildgebende Verfahren gigantische Datenmengen, deren Auswertung
eine große Herausforderung ist. Der anwendungsorientierte Mathematiker entwickelt mit Hilfe des mathematischen
Gebiets der angewandten harmonischen Analysis Grundlagen, um aus den großen Datenmengen nützliche Information
herausfiltern zu können. Das in Kooperation mit der Universitätsklinik für Augenheilkunde und Optometrie
der Medizinischen Universität Wien (Vienna Reading Center) durchgeführte Forschungsvorhaben befasst sich
im Speziellen mit Bildern der menschlichen Netzhaut. Ein weiterer Anwendungspartner ist das Institut für Schallforschung
der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.
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