Bis 2050 sollen die Treibhausgas-Emissionen der gesamten Europäischen Union (EU) um 80
Prozent gesenkt werden.
Wien (bmvit/klimafonds) - Eine hohe Zielvorgabe, die nur durch koordiniertes Vorgehen auf wissenschaftlicher
und politischer Ebene und in Zusammenarbeit mit der Wirtschaft zu erreichen ist. Im Auftrag des Klima- und Energiefonds
hat ein österreichisches ExpertInnen-Team den aktuellen Zustand und die Potenziale der heimischen Wärme-
und Kältenetze erhoben und den erforderlichen Forschungs- und Technologieentwicklungsbedarf aufgezeigt.
Rund die Hälfte des Endenergieverbrauches der EU wird für die Wärmebereitstellung verwendet. Bei
der Erreichung der ambitionierten Klima- und Energieziele der EU sind Wärmenetze daher von großer Bedeutung.
Bereits jede vierte Wohnung in Österreich wird mit Fernwärme beheizt. Mehr als 2.400 über das ganze
Land verteilte Wärmenetze bilden einen zentralen Bestandteil unseres Energiesystems.
Fernwärme ist sicher, umweltfreundlich und leistbar für Verbraucher und Wirtschaft. Der Ausbau erneuerbarer
Energien erhöht die Versorgungssicherheit und die Energieversorgung wird vom Trend steigender Brennstoffkosten
entkoppelt.
Erster österreichischer Fernwärme-Fahrplan
Ziel des Forschungs-Fahrplans Fernwärme und -kälte ist die Forcierung einer effizienten und leistbaren
Fernwärmenutzung in Österreich und die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit relevanter österreichischer
Technologieanbieter.
„Um unsere nachhaltige Energieversorgung langfristig zu sichern, einen wirtschaftlichen Betrieb der Wärmenetze
zu ermöglichen und gleichzeitig die CO2-Emissionen zu reduzieren, sind koordinierte Forschungs- und Begleitmaßnahmen
im Fernwärmebereich notwendig. Genau die liefert der Fernwärme-Fahrplan“, hebt Theresia Vogel, Geschäftsführerin
des Klima- und Energiefonds, hervor.
Zudem zeigen erfolgreiche Demonstrationsvorhaben weltweit, dass eine intelligente und erneuerbaren Wärmeversorgung
mit Technologien aus Österreich machbar ist.
Unter der Leitung des Austrian Institute of Technology (AIT) erarbeiteten ExpertInnen des Umweltbundesamts, des
Energieinstitut an der Johannes Kepler Universität Linz und der e7 Energie Markt Analyse GmbH einen Fahrplan
für die leitungsgebundene Wärme- und Kälteversorgung von morgen. „Unser Fazit: Eine nachhaltige
Strategie für die Zukunft erfordert neben Forschungsarbeiten zur Verbesserung bestehender Technologien auch
einen gesamtheitlichen Ansatz in der Umgestaltung der Netzarchitektur sowie die Analyse geeignete Rahmenbedingungen
auf rechtlicher, regulativer und politischer Ebene“, fasst Brigitte Bach, Leiterin des AIT Energy Department, die
Ergebnisse der Studie zusammen.
Die Netzarchitektur der Zukunft
Die Studie verdeutlicht: Um das ökologische Potenzial von Fernwärme voll auszuschöpfen und deren
Wirtschaftlichkeit zu steigern, ist die verstärkte Einbindung alternativer Wärmequellen wie Solarthermie,
Umgebungswärme aus Boden, Luft und Wasser oder Industrieabwärme notwendig. Eine zentrale Aufgabe für
die Zukunft ist daher die Entwicklung einer neuen Netzarchitektur, die in der Lage ist, die dezentrale Einspeisung
dieser nachhaltigen Energiequellen ins Fernwärmenetz effizient zu gewährleisten. Dabei werden Großwärmepumpen
und Langzeitspeicher eine wesentliche Rolle spielen.
Neue Geschäftsmodelle und rechtliche Rahmenbedingungen
In Wien wird jeder dritte Haushalt mit Fernwärme versorgt, die in thermischen Anlagen mit Kraft-Wärme-Kopplung
oder in Müllverbrennungsanlagen effizient erzeugt wird. Zur Reduktion des Primärenergieeinsatzes tragen
das Waldbiomasse-Kraftwerk und der weltweit erste Hochdruck-Wärmespeicher in Simmering bei. Daneben wird gerade
in der wärmeren Jahreszeit in Wien die Möglichkeit genutzt, Gebäudekühlung klimafreundlich
in Form von Fernkälte bereitzustellen. Die Einbindung lokal erzeugter Wärme – etwa durch Kombinationen
aus Solarthermie, Erdwärme, Erdgas-Brennwertkessel und Photovoltaik – nimmt an Bedeutung zu. Handlungsbedarf
sehen die ExpertInnen derzeit bei den Heizsystemen der EndverbraucherInnen, die deutlich effizienter werden müssen,
und bei den politisch-rechtlichen Rahmenbedingungen.
Thomas Pucharski, Leiter Vertrieb Energie und Energiedienstleistungen von Wien Energie: „Damit die Wärme-
und Kälteversorgung in Zukunft nachhaltig ausgebaut und zu leistbaren Preisen angeboten werden kann, braucht
es auf der einen Seite innovative neuartige Lösungswege. Als Energiedienstleister arbeiten wir laufend daran
und bieten unseren KundInnen zahlreiche Anreize für mehr Energieeffizienz. Darüber hinaus braucht es
aber auch geeignete politische Rahmenbedingungen, damit die Erzeugungsanlagen wirtschaftlich betrieben werden können.“
Laut Studie könnte man zur Finanzierung von Langzeitspeichern für nachhaltige Energie Bürgerbeteiligungsmodelle
entwickeln, die den TeilhaberInnen ihren Beitrag in Form verbilligter Wärme rückerstattet.
Außerdem soll eine Zustandserhebung der bestehenden Heizungsanlagen und dem Potenzial alternativer Wärmequellen,
die Festlegung von Qualitätsstandards für Heizsysteme sowie Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen für
InstallateurInnen, ArchitektInnen, PlanerInnen und BetreiberInnen von Wärmenetzen dazu dienen, alle Möglichkeiten
der Fernwärme auszuschöpfen.
Der Klima- und Energiefonds
Das Energieforschungsprogramm des Klima- und Energiefonds fördert – dotiert aus Mitteln des bmvit – Forschungs-
und Technologieentwicklungsprojekte an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Wirtschaft. Im Mittelpunkt stehen
die Themen Energieeffizienz und Energieeinsparung, erneuerbare Energien, innovative Mobilitäts- und Verkehrstechnologien,
intelligente Netze und Speicher. Seit 2007 hat der Klima- und Energiefonds insgesamt 322 Mio. Euro in 800 Energie-und
Mobilitätsforschungsprojekte investiert. Im Rahmen seines diesjährigen Energieforschungsprogrammes, stehen
weitere 35 Mio. Euro zur Verfügung.
Der Anteil der Fördergelder für Forschungsprojekte im Bereich Fernwärme und -kälte liegt bei
rund 5%, das entspricht rund 12,5 Mio. Euro Förderung für 47 F&E-Projekte im Bereich innovativer
Fernwärme und -kältetechnologien.
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