Österreichs Direktinvestitionen im ersten Halbjahr 2015
Wien (oenb) - Aktivitäten heimischer Banken zur Restrukturierung und Stabilisierung ihrer Beteiligungen
in Ost- und Südosteuropa dominierten die aktiven Direktinvestitionen im ersten Halbjahr 2015. Neuengagements
finden seit Ausbruch der Wirtschaftskrise vorwiegend anderenorts statt, wie etwa im traditionellen Zielland Deutschland
oder auch in China. Zum Wachstum der Direktinvestitionen trugen in hohem Ausmaß auch die nicht ausgeschütteten
Gewinne der Beteiligungen im Ausland bei.
Besonders schwach entwickelten sich die passiven Direktinvestitionen: Wie schon im vergangenen Jahr ziehen ausländische
Investoren Eigenkapital aus Österreich ab. Auch die Kreditfinanzierung ihrer Töchter in Österreich
war in den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres rückläufig. Der einzige Wachstumsimpuls kam bisher
– dank niedriger Dividendenausschüttungen an das Ausland – durch reinvestierte Gewinne.
In den ersten sechs Monaten des Jahres 2015 beliefen sich die aktiven Direktinvestitionen österreichischer
Investoren auf 6,4 Mrd EUR. Dieser relativ hohe Wert ist jedoch vorwiegend Ausdruck weitreichender Restrukturierungs-
und Sanierungsmaßnahmen des österreichischen Bankensektors in Ost- und Südosteuropa. Größter
Einzelfall ist die Bank Austria, die ihren Anteil an der rumänischen „Tiriac“ auf rund 96 % fast verdoppelte.
Gleichzeitig musste der rumänischen Volksbank-Tochter Eigenkapital zugeschossen werden, um deren (mittlerweile
finalisierten) Verkauf zu ermöglichen. Vom Gesamtwert entfielen 2,5 Mrd EUR auf Eigenkapital und jeweils knapp
2 Mrd EUR auf die Gewährung konzerninterner Kredite bzw. auf reinvestierte Gewinne. Deren Höhe ist die
Folge auffallend geringer Dividendenausschüttungen. Seit 2011 wurden im ersten Halbjahr stets etwa 5,5
Mrd EUR ausgeschüttet, in der Berichtsperiode waren es jedoch weniger als 4 Mrd EUR.
Rückschließend auf die angeführten Aktivitäten heimischer Banken war Rumänien im ersten
Halbjahr 2015 die mit Abstand wichtigste Destination (+1,3 Mrd EUR). Mit Neuinvestitionen von 400 bis 500 Mio EUR
folgten Deutschland, die Schweiz, China, die Vereinigten Emirate, die Jungferninseln und Großbritannien als
Investitionsziele. Weitere zwölf Länder erhielten mehr als 100 Mio EUR an zusätzlichen Investitionen
aus Österreich, darunter waren mit Slowenien, Kroatien, Serbien und der Ukraine jedoch nur vier Länder
der Region Zentral-, Ost- und Südosteuropas. Desinvestitionen von mehr als 100 Mio EUR verzeichnete die Statistik
der OeNB hingegen in der Slowakei und der Tschechischen Republik. Die seit Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise
des Jahres 2008 beobachtbare Tendenz, wonach sich heimische Investoren aus den Transformationsländern zwar
nicht zurückziehen, neue Investitionen aber bevorzugt in anderen Regionen tätigen, setzte sich also auch
im ersten Halbjahr 2015 fort.
Im Einklang mit einem generellen Rückgang des Interesses an Direktinvestitionen in Europa entwickelten sich
die passiven Direktinvestitionen in Österreich in der ersten Hälfte des laufenden Jahres mit nur 2,9
Mrd EUR äußerst schwach: Ausländische Investoren zogen etwa 150 Mio EUR an Eigenkapital ab, ein
Vorgang, der im ersten Halbjahr 2014 zum ersten Mal auftrat. Auch das Volumen der konzerninternen Kredite wurde
um 300 Mio EUR zurückgenommen. Das positive Gesamtergebnis beruht daher ausschließlich auf einem Verzicht
auf Gewinnausschüttungen: Tatsächlich erhielten ausländische Investoren in der Berichtsperiode weniger
als 2 Mrd EUR an Dividenden, das ist um eine Milliarde weniger als im Vergleichszeitraum des Vorjahres oder weniger
als die Hälfte des ersten Halbjahres 2013. Auf Basis der aktuellen Gewinnschätzungen ergaben sich damit
Reinvestitionen in der Höhe von 3,3 Mrd EUR.
Trotz des Ausbleibens großer Direktinvestitionen in Österreich gab es erhebliche regionale Umschichtungen.
Ein Beispiel dafür, ist der Verpackungsspezialist „Constantia Flexibles“ des ehemaligen Turnauer-Imperiums,
welcher von einem US-Fonds an einen französischen Investor verkauft wurde. Im Zuge des Eigentümerwechsels
hat sich die Finanzierungsstruktur hin zu konzernfremdem Kapital verschoben. Weitere bedeutende Mergers & Acquisitions-Deals
waren der Verkauf von „Duropack“ an einen britischen Konzern, sowie der Verkauf von „C.A.T. oil“- Anteilen zweier
österreichischer Großaktionäre an einen auf den britischen Jungfern-Inseln registrierten Investor.
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