Steirische Erntebilanz: Landwirtschaft hat
 Hitzesommer mit blauem Auge überstanden

 

erstellt am
02. 11. 15
10:00 MEZ

Titschenbacher verlangt Ausbau der Ernteausfallversicherung
Graz (lk-stmk) - "Auch die Vegetationsperiode 2015 war in der Steiermark vom Klimawandel geprägt und für die Bauern sehr herausfordernd. Für einen Großteil der Kulturen und Standorte kam gerade noch rechtzeitig der erhoffte Regen, bei einem Teil kam es allerdings zu erheblichen Einbußen. Gleichzeitig leiden die Bauern unter den Tiefstpreisen, insbesondere bei Äpfeln, Schweinefleisch und Milch. Die Erzeugerpreise sind nicht mehr kostendeckend. Es gibt oft keinen Lohn und die Darlehens-Rückzahlungen können vielfach nicht mehr getilgt werden", fasste Landwirtschaftskammer-Präsident Franz Titschenbacher am 30.10. das turbulente Bauernjahr 2015 zusammen. In diesem Zusammenhang bekräftigte er seine Forderung nach einem fairen Bauernanteil am Konsumentenpreis und verlangte, "dass die vom Landwirtschaftsministerium angedachte Exportagentur raschest in die Gänge kommt und mithilft, neue Märkte zu öffnen sowie diesbezügliche bürokratische Hürden abzubauen".

Bei einigen Kulturen erhebliche Einbußen
Mit 42 Hitzetagen (Messstation Fürstenfeld) war 2015 der heißeste Sommer seit Aufzeichnungsbeginn im Jahr 1767. Aufgrund des voranschreitenden Klimawandels war es allein in der Vegetationsperiode (März bis September) in der Steiermark im Schnitt um 1,3 Grad wärmer und es fielen im Landesschnitt um 10,5% weniger Niederschläge. Für einen Großteil der Kulturen kam der notwendige Regen in letzter Minute. Allerdings kam es bei Holunder, Aronia, Hopfen, Chinakohl, Käferbohnen und Salaten zu erheblichen Ernteausfällen. Bei Grünland fielen in der nördlichen Oststeiermark (Bezirke Hartberg-Fürstenfeld und Weiz) ein bis zwei Schnitte aus. Auch Mais und Soja haben auf sandig-schottrigen Böden sehr gelitten, während auf guten Standorten sehr hohe Erträge erzielt werden konnten. Auch die Weinernte ist bei exzellenter Qualität niedriger ausgefallen. Eine überdurchschnittlich gute Ernte gibt es bei Kürbissen, die Kernölqualität ist erstklassig. Hagel hat in der Steiermark 2015 einen Schaden von 14 Mio. Euro auf einer Fläche von 34.000 ha angerichtet. Betroffen waren alle Ackerkulturen inklusive Grünland sowie Wein, Obst- und Gemüsekulturen.

Bauern sind sehr innovativ: Fruchtfolge stark ausgeweitet
"Unsere Bauern haben die Fruchtfolge zuungunsten von Mais stark ausgeweitet. Als alleinige Bekämpfungsstrategie gegen den Doppelschädling Maiswurzelbohrer ist sie zwar nicht ausreichend, aber mit zusätzlichen Maßnahmen wie dem Einsatz von Sexuallockstoffen und frühem Anbau gelingt es langsam, diesen Schädling zu reduzieren", unterstrich Titschenbacher. Für die steirischen Bauern war die erhebliche Ausweitung der Fruchtfolge - 40% mehr Getreide, 58% mehr gentechnikfreier Soja, 222% mehr Hirse, 40% mehr gentechnikfreie Ackerbohnen, 58% mehr Kürbis, aber 27% weniger Mais gegenüber 2013 -ein großer Kraftakt. Der Grund dafür: "Die Erträge aus den Fruchtfolgepartnern sind oft nicht konkurrenzfähig", erläuterte der LK-Präsident.

Forderung nach Ernteausfallversicherung und Offensive für Bewässerungsanlagen
"Der heurige Hitzesommer war einer der extremsten der Messgeschichte. In Österreich gab es in den vergangenen 248 Jahren noch nie einen Juli, der heißer war als heuer, und das seit Messbeginn im Jahr 1767. Die Klimaforscher gehen davon aus, dass Wetterextreme wie Hagel, Dürre, Hitze, Stürme und Starkniederschläge gehäuft auf die Landwirtschaft zukommen. Die Bauern sind einerseits Opfer des Klimawandels, aber andererseits auch als Produzenten von nachwachsenden Rohstoffen Akteure, um den Klimawandel zu bremsen. Bauern und Landwirtschaftskammer setzen sich mit Anpassungsstrategien auseinander, um für eine acker- und pflanzenbauliche Zukunft zu sorgen", betonte Titschenbacher.

Konkret arbeite die Züchtung intensiv an trockenheitstoleranteren Sorten, dieser Entwicklungsprozess schreite nur langsam voran. Außerdem müssten Versicherungsmodelle gegen Ernteausfälle bei Mais und Getreide sowie anderen wichtigen Kulturen rasch eingeführt werden. Dabei sollten die Prämien für die Bauern leistbar sein, forderte der LK-Präsident. Weiters verlangte er eine Investitionsoffensive für Bewässerungsanlagen, insbesondere bei Obst wie Äpfeln, Pfirsich, Marillen, Erdbeeren, Himbeeren, Heidelbeeren und Aronia. Gleichzeitig verlangt die Kammer beschleunigte und vereinfachte Behördenverfahren bei der Genehmigung von Bewässerungsanlagen.

Preistief bei Milch, Äpfeln und Schweinefleisch
Die schlechte Marktlage für agrarische Produkte setzte sich nach 2014, dem Beginn des Russland-Embargos, auch heuer fort. Zusätzlich ist die internationale Nachfrage, insbesondere von China, sehr verhalten. "Der Milchpreis gab im Vergleich zum Vorjahr (jeweils Oktober) um rund 20% nach und liegt derzeit nur zwischen 30 und 32 Cent netto je kg. Der Schweinepreis kam im Jahr 2015 auf ein Fünf-Jahres-Tief zu liegen, der Basispreis liegt aktuell bei 1,26 Euro pro kg Schlachtgewicht. Ein Ende der Preismisere bei Schweinefleisch ist noch nicht absehbar. Obwohl die Talsohle beim Milchpreis durchschritten scheint und auf den internationalen Märkten die Anzeichen auf Erholung stehen, kann noch keine Entwarnung gegeben werden. Die Obstbauern haben bereits zwei Katastrophenjahre - 2013 und 2014 - mit Preisen deutlich unter den Produktionskosten zu verkraften", gab Titschenbacher zu bedenken.

Hundert pflanzenbauliche Fachveranstaltungen in den nächsten Monaten
"Das Interesse, Fruchtfolge-Wissen zu optimieren und sich über Wintergetreideanbau sowie Fruchtfolge-Kulturen wie Hirse, Soja, Ackerbohne oder Kürbisse zu informieren, ist bei den Bauern groß. Derzeit laufen bereits Flurbegehungen, die sehr gut nachgefragt sind", berichtete Kammerdirektor-Stellvertreter Fritz Stocker. "Unsere Experten begleiten die Bauern. In den kommenden Monaten werden hundert pflanzenbauliche Fachveranstaltungen teils auf den Feldern sowie als Vortrags- und Diskussions-Veranstaltungen stattfinden", so Stocker.

Erosionsschutzprojekt, um gegen Starkregen besser gewappnet zu sein
"Unser Beratungsdienst führt das Erosionsschutzprojekt in der Schwerpunktregion Südoststeiermark durch, damit auch künftig auf Hügellagen Mais, Kürbis und Soja angebaut werden können und der Boden durch die immer heftiger und häufiger auftretenden Starkregen geschützt wird. Dieser Rettungsplan zur Bewirtschaftung auf Hügellagen ist auch deshalb so wichtig, weil der tägliche Verbrauch von fruchtbaren Böden in der Ebene durch Siedlungen, Einkaufszentren oder Straßenbau mittlerweile auf 22 ha gestiegen ist", ergänzte Stocker.

 

 

 

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