Titschenbacher verlangt Ausbau der Ernteausfallversicherung
Graz (lk-stmk) - "Auch die Vegetationsperiode 2015 war in der Steiermark vom Klimawandel geprägt
und für die Bauern sehr herausfordernd. Für einen Großteil der Kulturen und Standorte kam gerade
noch rechtzeitig der erhoffte Regen, bei einem Teil kam es allerdings zu erheblichen Einbußen. Gleichzeitig
leiden die Bauern unter den Tiefstpreisen, insbesondere bei Äpfeln, Schweinefleisch und Milch. Die Erzeugerpreise
sind nicht mehr kostendeckend. Es gibt oft keinen Lohn und die Darlehens-Rückzahlungen können vielfach
nicht mehr getilgt werden", fasste Landwirtschaftskammer-Präsident Franz Titschenbacher am 30.10. das
turbulente Bauernjahr 2015 zusammen. In diesem Zusammenhang bekräftigte er seine Forderung nach einem fairen
Bauernanteil am Konsumentenpreis und verlangte, "dass die vom Landwirtschaftsministerium angedachte Exportagentur
raschest in die Gänge kommt und mithilft, neue Märkte zu öffnen sowie diesbezügliche bürokratische
Hürden abzubauen".
Bei einigen Kulturen erhebliche Einbußen
Mit 42 Hitzetagen (Messstation Fürstenfeld) war 2015 der heißeste Sommer seit Aufzeichnungsbeginn
im Jahr 1767. Aufgrund des voranschreitenden Klimawandels war es allein in der Vegetationsperiode (März bis
September) in der Steiermark im Schnitt um 1,3 Grad wärmer und es fielen im Landesschnitt um 10,5% weniger
Niederschläge. Für einen Großteil der Kulturen kam der notwendige Regen in letzter Minute. Allerdings
kam es bei Holunder, Aronia, Hopfen, Chinakohl, Käferbohnen und Salaten zu erheblichen Ernteausfällen.
Bei Grünland fielen in der nördlichen Oststeiermark (Bezirke Hartberg-Fürstenfeld und Weiz) ein
bis zwei Schnitte aus. Auch Mais und Soja haben auf sandig-schottrigen Böden sehr gelitten, während auf
guten Standorten sehr hohe Erträge erzielt werden konnten. Auch die Weinernte ist bei exzellenter Qualität
niedriger ausgefallen. Eine überdurchschnittlich gute Ernte gibt es bei Kürbissen, die Kernölqualität
ist erstklassig. Hagel hat in der Steiermark 2015 einen Schaden von 14 Mio. Euro auf einer Fläche von 34.000
ha angerichtet. Betroffen waren alle Ackerkulturen inklusive Grünland sowie Wein, Obst- und Gemüsekulturen.
Bauern sind sehr innovativ: Fruchtfolge stark ausgeweitet
"Unsere Bauern haben die Fruchtfolge zuungunsten von Mais stark ausgeweitet. Als alleinige Bekämpfungsstrategie
gegen den Doppelschädling Maiswurzelbohrer ist sie zwar nicht ausreichend, aber mit zusätzlichen Maßnahmen
wie dem Einsatz von Sexuallockstoffen und frühem Anbau gelingt es langsam, diesen Schädling zu reduzieren",
unterstrich Titschenbacher. Für die steirischen Bauern war die erhebliche Ausweitung der Fruchtfolge - 40%
mehr Getreide, 58% mehr gentechnikfreier Soja, 222% mehr Hirse, 40% mehr gentechnikfreie Ackerbohnen, 58% mehr
Kürbis, aber 27% weniger Mais gegenüber 2013 -ein großer Kraftakt. Der Grund dafür: "Die
Erträge aus den Fruchtfolgepartnern sind oft nicht konkurrenzfähig", erläuterte der LK-Präsident.
Forderung nach Ernteausfallversicherung und Offensive für Bewässerungsanlagen
"Der heurige Hitzesommer war einer der extremsten der Messgeschichte. In Österreich gab es in den
vergangenen 248 Jahren noch nie einen Juli, der heißer war als heuer, und das seit Messbeginn im Jahr 1767.
Die Klimaforscher gehen davon aus, dass Wetterextreme wie Hagel, Dürre, Hitze, Stürme und Starkniederschläge
gehäuft auf die Landwirtschaft zukommen. Die Bauern sind einerseits Opfer des Klimawandels, aber andererseits
auch als Produzenten von nachwachsenden Rohstoffen Akteure, um den Klimawandel zu bremsen. Bauern und Landwirtschaftskammer
setzen sich mit Anpassungsstrategien auseinander, um für eine acker- und pflanzenbauliche Zukunft zu sorgen",
betonte Titschenbacher.
Konkret arbeite die Züchtung intensiv an trockenheitstoleranteren Sorten, dieser Entwicklungsprozess schreite
nur langsam voran. Außerdem müssten Versicherungsmodelle gegen Ernteausfälle bei Mais und Getreide
sowie anderen wichtigen Kulturen rasch eingeführt werden. Dabei sollten die Prämien für die Bauern
leistbar sein, forderte der LK-Präsident. Weiters verlangte er eine Investitionsoffensive für Bewässerungsanlagen,
insbesondere bei Obst wie Äpfeln, Pfirsich, Marillen, Erdbeeren, Himbeeren, Heidelbeeren und Aronia. Gleichzeitig
verlangt die Kammer beschleunigte und vereinfachte Behördenverfahren bei der Genehmigung von Bewässerungsanlagen.
Preistief bei Milch, Äpfeln und Schweinefleisch
Die schlechte Marktlage für agrarische Produkte setzte sich nach 2014, dem Beginn des Russland-Embargos,
auch heuer fort. Zusätzlich ist die internationale Nachfrage, insbesondere von China, sehr verhalten. "Der
Milchpreis gab im Vergleich zum Vorjahr (jeweils Oktober) um rund 20% nach und liegt derzeit nur zwischen 30 und
32 Cent netto je kg. Der Schweinepreis kam im Jahr 2015 auf ein Fünf-Jahres-Tief zu liegen, der Basispreis
liegt aktuell bei 1,26 Euro pro kg Schlachtgewicht. Ein Ende der Preismisere bei Schweinefleisch ist noch nicht
absehbar. Obwohl die Talsohle beim Milchpreis durchschritten scheint und auf den internationalen Märkten die
Anzeichen auf Erholung stehen, kann noch keine Entwarnung gegeben werden. Die Obstbauern haben bereits zwei Katastrophenjahre
- 2013 und 2014 - mit Preisen deutlich unter den Produktionskosten zu verkraften", gab Titschenbacher zu bedenken.
Hundert pflanzenbauliche Fachveranstaltungen in den nächsten Monaten
"Das Interesse, Fruchtfolge-Wissen zu optimieren und sich über Wintergetreideanbau sowie Fruchtfolge-Kulturen
wie Hirse, Soja, Ackerbohne oder Kürbisse zu informieren, ist bei den Bauern groß. Derzeit laufen bereits
Flurbegehungen, die sehr gut nachgefragt sind", berichtete Kammerdirektor-Stellvertreter Fritz Stocker. "Unsere
Experten begleiten die Bauern. In den kommenden Monaten werden hundert pflanzenbauliche Fachveranstaltungen teils
auf den Feldern sowie als Vortrags- und Diskussions-Veranstaltungen stattfinden", so Stocker.
Erosionsschutzprojekt, um gegen Starkregen besser gewappnet zu sein
"Unser Beratungsdienst führt das Erosionsschutzprojekt in der Schwerpunktregion Südoststeiermark
durch, damit auch künftig auf Hügellagen Mais, Kürbis und Soja angebaut werden können und der
Boden durch die immer heftiger und häufiger auftretenden Starkregen geschützt wird. Dieser Rettungsplan
zur Bewirtschaftung auf Hügellagen ist auch deshalb so wichtig, weil der tägliche Verbrauch von fruchtbaren
Böden in der Ebene durch Siedlungen, Einkaufszentren oder Straßenbau mittlerweile auf 22 ha gestiegen
ist", ergänzte Stocker.
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