Hypo: Generalvergleich mit Bayern von Länderkammer mehrheitlich gebilligt
Wien (pk) – Keinen Einspruch erhob der Bundesrat am 29.10. gegen den Generalvergleich Österreichs mit
Bayern zur Beilegung sämtlicher Rechtsstreitigkeiten rund um die Hypo Alpe Adria. Das vom Nationalrat mit
SPÖ-ÖVP-Mehrheit beschlossene " Bundesgesetz aus Anlass des Generalvergleichs mit dem Freistaat
Bayern " passierte auch die Länderkammer mit mehrheitlicher Zustimmung. Finanzminister Hans Jörg
Schelling ist dadurch ermächtigt, die mit Bayern vereinbarte Zahlung von 1,23 Mrd. € zu leisten und auf bereits
eingeklagte Ansprüche gegenüber der Bayrischen Landesbank, der ehemaligen Hypo-Mutter, zu verzichten.
Langwierige und kostspielige Gerichtsverfahren sollten so vermieden werden, beschrieb der Finanzminister den Hintergrund
des Deals. Während die BundesrätInnen der Regierungsfraktionen die Vergleichslösung als besten Weg
beschrieben, Kärnten in eine finanziell stabile Zukunft zu führen, bezweifelten FPÖ und Grüne,
ob der angestrebte Vergleich tatsächlich wie erhofft machbar ist. Harte Auseinandersetzungen gab es auch zur
Frage der Hauptverantwortung für den Hypo-Skandal, wodurch den übrigen Punkten dieses Debattenteils keine
Aufmerksamkeit geschenkt wurde.
Das Gesetz zum Generalvergleich sieht überdies vor, die Abbaugesellschaft des Bundes (ABBAG) in eine Gesellschaft
mit begrenzter Haftung (GmbH) umzuwandeln, die alle Dienstleistungen erbringen kann, die für eine bestmögliche
Vermögensverwertung erforderlich sind. Weiters wird die Finanzmarktaufsicht ermächtigt, den Banken die
Methodik zur Berechnung ihrer Beiträge zum Abwicklungsfinanzierungsmechanismus vorzuschreiben. Mitverhandelt
und ebenfalls mit Stimmenmehrheit gebilligt wurde der Nationalratsbeschluss, zur Umsetzung der EU-Bankenunion,
der Dotierung, Vergemeinschaftung und Nutzung des Einheitlichen Abwicklungsfonds zuzustimmen. Die Banken sind damit
angehalten, ab kommendem Jahr Beiträge für diesen von 26 EU-Mitgliedsstaaten getragenen Fonds zu leisten.
Zwietracht im Bundesrat zum Umgang mit Hypo-Vermächtnis
Beide aus Kärnten, doch meilenweit voneinander entfernt, wenn sie zur Hauptverantwortung beim Hypo-Skandal
Stellung beziehen, sind Gerhard Dörfler (F/K) und Ana Blatnik (S/K). Dörfler: "Ohne Not" habe
der Bund 2009 unter der Ägide von ÖVP-Finanzminister Josef Pröll die Hypo Alpe Adria verstaatlicht,
und zwar auf dem Rücken Kärntens, dessen Downgrading auf den internationalen Finanzmärkten durch
die Hypo-Abbaueinheit HETA noch verstärkt worden sei. Darunter leide nicht nur die Bevölkerung, sondern
auch die Wirtschaft, die einen Rückgang an Investitionen verzeichne. Konkret zur Einigung mit Bayern sagte
der ehemalige Kärntner Landeshauptmann, er gestehe dem Finanzminister zu, an der bestmöglichen Lösung
interessiert zu sein, doch bestünden immer noch ungeklärte Fragen hinsichtlich der Haftungsgarantien
durch das Land Kärnten, was im schlimmsten Fall zu einer Insolvenz des Bundeslandes führen könne.
Die Freiheitlichen würden dem Gesetz daher nicht zustimmen.
In den Augen Blatniks wiederum muss die Freiheitliche Partei in den eigenen Reihen nach den Verursachern des Hypo-Desasters
suchen. Unter einer FPÖ-Landesregierung sei Kärnten die Haftungen für die Bank eingegangen und freiheitliche
Politiker hätten unkontrolliert Geld der Landesbank für "Prestigeprojekte" genutzt, zeigte
sich die SPÖ-Bundesrätin erbost. Seit 2013 arbeite nun die neue Kärntner Landesregierung mit aller
Kraft daran, durch Reformen und harte Sparmaßnahmen das Land wieder auf die Beine zu bringen. Allerdings
dürften öffentliche Aufgaben wie die Gesundheitsversorge dabei nicht privatisiert werden, verwies sie
auf verfassungsrechtliche Bestimmungen. "Kärnten braucht eine Lösung, um handlungsfähig zu
sein", begrüßte Blatnik den angestrebten Vergleich in der Haftungsfrage, der mit dem Gesetz auf
den Weg gebracht werden soll.
Ähnlich wie die Kärntner SPÖ-Mandatarin warf der Niederösterreicher Eduard Köck (V/N)
Dörfler vor, seine Verantwortung als früherer Kärntner Landeshauptmann – gerade hinsichtlich der
Landeshaftungen – nicht eingestehen zu wollen. Tatsächlich habe Dörfler der Bayern LB nach dem Verkauf
der Landesbank den Weiterbestand der Landeshaftungen zugesichert, um Arbeitsplätze in Kärnten zu halten.
Das Sanierungs- und Abwicklungsgesetz nannte Köck einen "Durchbruch" in der Aufarbeitung des "FPÖ-Hypo-Desasters".
Kärnten erhalte mit diesem Gesetz die Möglichkeit, durch einen Schuldenschnitt bei den Gläubigern
die immensen Kosten der Landeshaftungen zu mindern, dies unter der Voraussetzung, dass 66% der Gläubiger der
Vereinbarung zustimmen, zumal sie bislang von überdurchschnittlich hohen Zinserträgen profitiert hätten.
Zur Tilgung der restlichen Schulden sollten laut Köck auch Mittel aus dem Kärntner Zukunftsfonds, der
aus Geldern des Verkaufs der Hypo Alpe-Adria an die BayernLB errichtet worden war, freigemacht werden.
Namens der Grünen Fraktion machte sich Heidelinde Reiter (G/S) dafür stark, anstatt einer Vergleichslösung
die gesetzliche Grundlage zu schaffen, Bundesländer in eine geordnete Insolvenz zu schicken. Der vorliegende
Lösungsansatz durch einen Vergleich zur Rettung Kärntens aus der Haftungsmisere berge große Gefahren,
meinte sie. Immerhin könnten Gläubiger, die dem Schuldenschnitt nicht zustimmen, den Verfassungsgerichtshof
anrufen. Außerdem sei eine erhebliche Verteuerung der Finanzierung für die übrigen Landesbanken
bzw. Länder und Gemeinden Österreichs nicht auszuschließen. Kärnten wiederum verschulde sich
"auf Jahrzehnte hinaus" gegenüber dem Bund, der ja die Liquidität des Landes sicherstellen
solle, mahnte Reiter. Unter anderem befürchtet sie als Konsequenz weitreichende Privatisierungen. Die Situation
sei nicht ausreichend einzuschätzen, resümierte sie, zumal der Gesetzesentwurf für den Vergleich
keinem Begutachtungsverfahren unterzogen worden sei.
Alle Rechtsstreitigkeiten sollten mit dem Gesetz bereinigt werden, hofft indes Ingrid Winkler (S/N) auf eine gütliche
Lösung der hochkomplizierten Causen. Der Generalvergleich sei deswegen der einzig gangbare Weg, denn mit den
Landeshaftungen seien unkalkulierbare Risiken eingegangen worden, die die finanzielle Tragfähigkeit Kärntens
jährlich um ein Vielfaches überschritten hätten. Der Wunsch nach einem Insolvenzrecht für ein
Bundesland würde das Ende aller freiwilligen Leistungen für die dortige Bevölkerung bedeuten, warnte
sie in Richtung der Grünen.
Für Gerd Krusche (F/St) birgt der Vergleich mit der Bayrischen Landesbank als Versuch, Kärnten von der
Haftungslast zu befreien, viele Unwägbarkeiten, angefangen bei der Frage, ob das Vorgehen vor dem Verfassungsgerichtshof
hält. Die Hauptursache für das aktuelle Desaster sieht Krusche wie sein Parteikollege Dörfler in
der Verstaatlichung der Hypo Alpe Adria 2009.
"Jedes Handeln hat ein Risiko", stellte Finanzminister Schelling klar. Trotz aller Restrisiken wie erneuter
Klagen von Gläubigern biete das Gesetz für den Vergleich mit Bayern dank des Schuldenmoratoriums eine
echte Chance, das Problem zu lösen. Ein Problem, das fraglos in Kärnten entstanden sei, wie der Minister
betonte; der Bund habe nie Haftungen für die Kärntner Landeshaftungen übernommen. Derzeit stünden
Klagsüberlegungen in Milliardenhöhe zu den Landeshaftungen im Raum. Es liege nun am Land Kärnten,
auf die Bedingungen für den Vergleich inklusive finanzieller Vorausleistungen des Bundes zum Anleihenrückkauf
durch das Bundesland einzugehen, um aus den Haftungen entlassen zu werden und einen gesunden Haushalt wiederherzustellen.
"Wir tun das in voller Verantwortung für die Republik Österreich und in voller Verantwortung für
die Zukunft Kärntens", so Schelling. Ein Konkurs des Bundeslandes hätte "unabsehbare Folgen",
gab der Finanzminister zu bedenken, der sich aber durchaus vorstellen konnte, ein Länderinsolvenzrecht 2017
zu schaffen. Dann würde nämlich der Großteil noch bestehender Landeshaftungen für Landesbanken
– die gesetzlich mittlerweile untersagt seien – wegfallen.
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