Opposition kritisiert im Unterrichtsausschuss mangelnde Einbindung in Gespräche über
Reformvorschläge
Wien (pk) – "Am 17. November wird es eine Bildungsreform aus einem Guss geben", bekräftigte
Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek am 28.10. im Unterrichtsausschuss des Nationalrats den Zeitplan der
Arbeiten in der Bund-Länder-Reformgruppe. Sämtliche Punkte zur Neukonzeption des Schulbereichs, vor allem
zur Verschlankung der Behördenstruktur und zur Stärkung der Schulautonomie, wolle die Regierung dann
in einer Absichtserklärung präsentieren. Die Kritik der Opposition, in die Gespräche über diese
grundlegende Reform des Bildungswesens nicht eingebunden zu sein, parierte Heinisch-Hosek mit dem Hinweis auf die
Fülle an Änderungsvorschlägen, die es zusammenzuführen gelte. Wie schwierig das mitunter ist,
zeige sich schon jetzt bei den Gesprächen mit den Schulpartnern, wo es selbst zwischen den SchülerInnen-,
LehrerInnen- und ElternvertreterInnen Meinungsunterschiede gebe.
Dementsprechend harren auch mehrere Anträge der Opposition zum Thema Bildungsreform der weiteren Behandlung
im Unterrichtsausschuss – sie wurden von SPÖ und ÖVP mehrheitlich vertagt. Ein Grünen-Antrag zur
Modularen Oberstufe, die ab 2017 an Höheren Schulen vollständig realisiert sein soll, lehnte die Ausschussmehrheit
dagegen ab, womit er ins Nationalratsplenum gelangt.
"Punktation" zur Bildungsreform soll Diskussion im Parlament starten
Wie kann die Behördenstruktur im Bildungswesen verschlankt werden, nicht zuletzt in Hinblick auf Kostenminderung?
Wodurch können Schulen im seit den 1960er Jahren kaum veränderten Bildungswesen maximale Eigenverantwortung
erhalten? Für Bundesministerin Heinisch-Hosek sind das die zentralen Fragen, die sich aus dem Expertenpapier
"Freiraum für Österreichs Schulen" ergeben und auf deren Lösung die Arbeitsgruppe zur
Bildungsreform hinarbeitet. Mehrere Ausschussmitglieder gaben sich mit dieser generellen Darstellung aber nicht
zufrieden, wie Asdin El Habbassi (V), Gerald Hauser (F), Harald Walser, Julian Schmid (beide G) und Matthias Strolz
(N) verdeutlichten. Am schärfsten formulierten ihre Kritik die Oppositionsabgeordneten, die auf eine breite
Einbindung aller Betroffenen sowie des Parlaments anstatt der "Geheimverhandlungen" pochten. Die Ministerin
blieb wiederum dabei, noch keine Details aus der angekündigten Absichtserklärung bekannt geben zu wollen.
Im Rahmen des Gesetzgebungsprozesses würden Nationalrat und Bundesrat ohnehin umfassend in den Diskussionsprozess
eingebunden, zumal bei den Änderungen in der Behördenstruktur einige Zwei-Drittel-Materien betroffen
seien, sagte sie. Schon innerhalb der Reformarbeitsgruppe sei es schwer, angesichts der Meinungsvielfalt "Schnittmengen"
unter allen Beteiligten inklusive Schulpartner zu finden.
Heinisch-Hosek ist aber zuversichtlich, bis 17. November klare Ergebnisse zur Neugestaltung der Bildungslandschaft
präsentieren zu können, und zwar in Form einer "Punktation", die auf eine bessere Organisation
der Schulverwaltung abzielt und Möglichkeiten bietet, Schulstandorten mehr Eigenverantwortung zu geben. Detailfragen
zur Reform der Behördenstruktur würden dabei ebenso auf ihre finanzielle Machbarkeit hin durchleuchtet
wie die Umgestaltung der Schulorganisation, etwa im Rahmen von Schulverbänden.
Die Bildungsreform war nicht nur bei der Aussprache mit Ministerin Heinisch-Hosek zentrales Thema für die
Ausschussmitglieder. Mehrere heute verhandelte Anträge der Opposition befeuerten ebenfalls die Debatte, inwiefern
das heimische Bildungswesen Reformbedarf hat. So verlangten die Grünen eine Neukonzeption der Modularen Oberstufe
( 1325/A(E)) und eine Zusammenführung der Verantwortung für Sprachfördermaßnahmen ( 1358/A(E))
sowie für die Kindergärten ( 1359/A(E)) in einem Ressort. In Bezug auf ersteren Antrag traten Julian
Schmid und Harald Walser (beide G)aufgrund der hohen Drop-out-Raten in der 9. Schulstufe mit Nachdruck dafür
ein, schon ab diesem Zeitpunkt die Klassenverbände durch flexible Kurssysteme zu ersetzen. Dies würde
die Motivation der SchülerInnen sicher deutlich steigern, war Schmid überzeugt. Außerdem sollte
man gleichzeitige die Halbjahresbenotung streichen, weil dies in der Praxis zu unnötigen Leistungsdruck führe.
Konkreten Bezug auf die aktuell von Bund und Ländern angepeilte Reform im Schulwesen nahmen die NEOS in ihrer
Forderung, die Politik möge der Zivilgesellschaft in diesem Zusammenhang mehr Gehör schenken ( 1353/A(E)).
Insbesondere erinnerte Matthias Strolz (N) an die aus seiner Sicht bemerkenswerten Initiativen "Neustart Schule"
sowie "Talente blühen!". Überdies will die Pinke Fraktion einen Maßnahmenplan von der
Regierung, um den ihrer Meinung nach stark ausgeprägten politischen Einfluss an Österreichs Schulen zurückzudrängen
( 1354/A(E)). Es gebe einen breitesten Konsens innerhalb der Bevölkerung und auch aller Stakeholder, dass
in diesem Bereich etwas getan werden müsse, gab NEOS-Klubobmann Matthias Strolz zu bedenken. Für die
Entpolitisierung der Bildungslandschaft machte sich auch das Team Stronach stark, das eine vollständige Überführung
der Landesschulräte in die Verwaltung des Bundes propagiert ( 1361/A(E)).
Abgeordneter Gerald Hauser (F) zeigte sich enttäuscht darüber, dass die Vorschläge der Opposition
nicht ernst genommen würden und es nicht einmal eine Mehrheit für die Forderung nach einer Entpolitisierung
des Bildungssektors gebe. Dies sei schade für die Demokratie, beklagte auch Waltraud Dietrich vom Team Stronach
und sprach sogar von einer Kaltstellung der Opposition.
Sie habe volles Verständnis dafür, dass die Opposition in die Ausarbeitung der Bildungsreform eingebunden
werden will, meinte Abgeordnete Brigitte Jank (V). Man sollte jedoch zunächst die Präsentation des Konzepts
der Bundesministerin, das als Diskussionsgrundlage zu werten ist, abwarten. Aus diesem Grund schlug Jank die Vertagung
der einzelnen Materien vor. Der Vertagungsantrag betreffend "Modulare Oberstufe" fand jedoch keine Mehrheit,
weswegen der G-Entschließungsantrag mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und Team Stronach abgelehnt wurde.
Alle übrigen Anträge wurden dann – wie geplant – mit S-V-Mehrheit vertagt.
Modellregionen: Koalitionsgespräche über gemeinsame Schule laufen
Nicht losgelöst von der Bildungsreform sieht Bildungsministerin Heinisch-Hosek die Pläne für Modellregionen
zur gemeinsamen Schule der 10- bis 14-Jährigen. Innerhalb der Koalition seien noch mehrere "Grundparameter
zu klären", um gesetzlich die Einrichtung solcher Modellregionen – auch in mehreren Bundesländern
– zu ermöglichen. Beispielsweise sei die Form des Schulsystems, ob halb- oder ganztägig bzw. mit verschränktem
Unterricht, noch nicht festgelegt. Eine koalitionäre Einigung darüber bilde aber die Voraussetzung dafür,
die notwendigen gesetzlichen Änderungen in die Wege zu leiten, erfuhr Elisabeth Grossmann (S). Die SPÖ-Mandatarin
erinnerte in diesem Zusammenhang an Forderungen aus den westlichen Bundesländern, derartige Modellregionen
flächendeckend einrichten zu können.
Zu den bereits bestehenden Modellregionen für Inklusiven Unterricht in Kärnten, der Steiermark und Tirol
informierte die Ministerin Abgeordneten Franz-Joseph Huainigg (V), sie begrüße, dass die jeweiligen
Regionen, abgestimmt auf ihre örtlichen Verhältnisse, unterschiedliche Zugänge pflegen: In Tirol
gebe es eigene Kompetenzzentren, Kärnten habe die Sonderschule vollständig abgeschafft und in der Steiermark
würden Fördermittel aus mehreren Bereichen zur Verfügung gestellt.
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