Bank Austria Bundesländer-Konjunkturanalyse: Erholung in Europa sorgte für stärkende
Impulse für österreichische Bundesländer im ersten Halbjahr 2015
Wien (bank austria) - Gestützt auf die moderate Belebung der Konjunktur in Europa konnte sich die langsame
Erholung der österreichischen Wirtschaft im ersten Halbjahr 2015 fortsetzen. Die stärksten Impulse gingen
vom Außenhandel aus. Zwar war angesichts der schwierigen globalen Rahmenbedingungen nur ein schwaches Exportplus
zu verzeichnen, aber die Einfuhren entwickelten sich sogar rückläufig. Die hohe Investitionszurückhaltung
bremste die Nachfrage nach Importen, und konnte durch das moderate Konsumwachstum bei weitem nicht ausgeglichen
werden.
Drei Bundesländer liegen in erster Jahreshälfte über Österreichdurchschnitt
„Im ersten Halbjahr 2015 ist die österreichische Wirtschaft um 0,5 Prozent im Jahresvergleich gewachsen. Oberösterreich,
das Burgenland und Salzburg haben sich in dem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld überdurchschnittlich gut
behaupten können. Tirol, Vorarlberg, die Steiermark und Wien erreichten fast den Österreich-Durchschnitt.
Dagegen blieb die wirtschaftliche Entwicklung in Niederösterreich und Kärnten spürbar hinter jener
in Gesamtösterreich zurück“, fasst Chefökonom Stefan Bruckbauer die Ergebnisse der jüngsten
Konjunkturanalyse der Bank Austria zur wirtschaftlichen Entwicklung in den österreichischen Bundesländern
im ersten Halbjahr 2015 zusammen.
Leichter Rückenwind für die Industrie in erster Jahreshälfte 2015
„Die moderate Konjunkturbelebung in den österreichischen Bundesländern im ersten Halbjahr 2015 ist vor
allem dem Aufwind in der Industrie zu verdanken, der in Oberösterreich und dem Burgenland besonders stark
war“, analysiert Bruckbauer. Nach einer Stagnation im Jahr 2014 erhöhte sich das Industriewachstum in Österreich
in den ersten sechs Monaten auf durchschnittlich 1,5 Prozent im Jahresvergleich. Unterstützt durch die Festigung
der Erholung der europäischen Wirtschaft und der Abschwächung des Euros belebte sich die Exportnachfrage,
die in der Industrie für frische Impulse sorgte. In Oberösterreich lieferte die Industrie mit einem Produktionsplus
um 7 Prozent das mit Abstand stärkste Ergebnis, getragen vom Maschinenbau und der Metallerzeugung. Im Burgenland
erhöhte sich die Dynamik unter anderem dank Investitionen in den Energiesektor. Neben diesen beiden Spitzenreitern
war in drei weiteren Bundesländern das Industriewachstum über dem Österreichdurchschnitt: In Kärnten
lieferte die Elektronikindustrie wichtige Wachstumsimpulse. Salzburg profitierte unter anderem von der guten Entwicklung
im Maschinenbau und in der Elektroindustrie und in Tirol sorgten die Holzverarbeitung und die Pharmaindustrie für
Aufwind. Nur Wien, Niederösterreich und die Steiermark konnten von der Unterstützung durch die etwas
festere Nachfrage aus dem Ausland nicht profitieren.
Schwung auch dank Dienstleistungssektor, jedoch Schwäche am Bau
Auch der Dienstleistungssektor entwickelte sich im ersten Halbjahr positiv. Die Einzelhandelsumsätze sind
in allen Bundesländern zumindest leicht gestiegen. In Vorarlberg und im Burgenland fiel die Unterstützung
durch den Handel besonders kräftig aus – in Vorarlberg vor allem getrieben durch den Kaufkraftzufluss aus
der Schweiz dank der Stärke des Franken gegenüber dem Euro. Im Tourismus, einem traditionellen österreichischen
Stärkefeld, stieg die Anzahl der Nächtigungen im ersten Halbjahr 2015 um über 2 Prozent im Jahresvergleich
an. Klar vom Tourismus profitiert haben neben Wien – das vom anhaltenden Boom im Städtetourismus profitierte
– auch die westösterreichischen Tourismushochburgen Salzburg, Tirol und Vorarlberg auf. Die Beschäftigung
als Indikator für die Dynamik im gesamten Dienstleistungssektor zeigt in fast allen Bundesländern eine
kräftige Aufwärtstendenz. „Der Dienstleistungssektor hat im ersten Halbjahr zumeist eine positive Entwicklung
genommen und in fast allen Bundesländern einen geringen Wachstumsbeitrag leisten können. In Kärnten
ist in diesem Sektor jedoch kaum Bewegung gekommen. Im Burgenland, der Steiermark, Salzburg und Vorarlberg hat
der Dienstleistungssektor hingegen eine spürbare Aufwärtstendenz gezeigt“, so Pudschedl.
Als Konjunkturbremse erwies sich im ersten Halbjahr in fast allen Bundesländern die Bauwirtschaft trotz einer
leichten Stabilisierungstendenz im Jahresverlauf. Im Jahresvergleich nahm die Bauproduktion um real über 2
½ Prozent ab. Die zurückhaltende Investitionsbereitschaft der Unternehmen und die beschränkten
finanziellen Handlungsspielräume im öffentlichen Bereich dämpften. „Im Burgenland, Wien, Oberösterreich
und Salzburg kam es in der Bauwirtschaft zu den stärksten Einbrüchen, zumeist vom Tiefbau ausgehend.
Nur in Kärnten und der Steiermark konnte der Bau zum Wirtschaftswachstum insgesamt einen positiven Beitrag
leisten“, meint Bank Austria Ökonom Walter Pudschedl.
Zweite Halbzeit 2015 entwickelt sich etwas besser
Von der Bauwirtschaft ist angesichts einer derzeit günstigeren Auftragslage bis zum Jahresende zwar eine geringfügige
Verbesserung zu erwarten, jedoch ist im Gesamtjahr in den meisten Bundesländern noch von einem zumindest leichten
Rückgang auszugehen. Positive Impulse sind in den kommenden Monaten dagegen weiterhin vom Dienstleistungssektor
zu erwarten. Die aufgrund der anhaltend niedrigen Rohstoffpreise moderate Inflation stärkt die Kaufkraft und
lässt ein Umsatzplus im Einzelhandel erwarten. Zudem befindet sich die Tourismuswirtschaft in einigen Bundesländern
auf Rekordkurs. Für die Industrie sind die Vorzeichen für eine Fortsetzung des Aufwärtstrends in
den kommenden Monaten trotz der schwierigen globalen Rahmenbedingungen gegeben. Mit der anhaltenden Erholung der
europäischen Wirtschaft im Rücken sollte das Industriewachstum im Bundesschnitt 2015 auf rund 2 Prozent
real steigen.
„Der globale Gegenwind aus den Wachstumsmärkten nimmt zu, doch der Rückenwind durch die Erholung in Europa
verschafft den Bundesländern bis zum Jahresausklang mehr Schwung. Das schwierige Jahr 2015 werden die meisten
Bundesländer mit höheren Wachstumsraten als im Vorjahr abschließen können“, so Bruckbauer
und ergänzt: „Oberösterreich wird die Wachstumsspitze erklimmen und ebenso wie das Burgenland klar stärker
als Gesamtösterreich wachsen, für das wir einen Anstieg des BIP um 0,9 Prozent erwarten.“ Auch Salzburg
und Tirol werden 2015 ein überdurchschnittlich hohes Wachstum erreichen können. Insgesamt werden nach
Einschätzung der Ökonomen der Bank Austria von den neun Bundesländern nur zwei ein schwächeres
Wirtschaftswachstum als 2014 erzielen: Vorarlberg und Tirol –ausgehend jedoch von einem hohen Vorjahreswert.
Arbeitslosigkeit steigt im Osten stärker als im Westen
Trotz des moderaten Erholungstempos der heimischen Wirtschaft verschärfte sich in allen Bundesländern
die Lage am Arbeitsmarkt im bisherigen Jahresverlauf. Die saisonbereinigte Arbeitslosenquote stieg bis September
im Österreichschnitt auf 9,2 Prozent. Damit liegt die Arbeitslosenquote im Durchschnitt um einen halben Prozentpunkte
über dem Wert zu Jahresbeginn. Die wirtschaftliche Entwicklung lässt auch weiterhin keine positiven Impulse
für den Arbeitsmarkt erwarten. „Wir rechnen damit, dass die Arbeitslosenquote in Österreich 9,2 Prozent
im Jahresdurchschnitt 2015 betragen wird“, analysiert Pudschedl und ergänzt: „Die Bandbreite reicht dabei
von 6,0 Prozent in Salzburg bis zu 13,5 Prozent in Wien.“ Die Arbeitslosenquote wird 2015 in allen Bundesländern
höher als im Vorjahr sein. In Wien, Niederösterreich, dem Burgenland und der Steiermark ist aufgrund
des besonders starken Anstiegs des Arbeitskräftepotenzials mit den höchsten Zunahmen zu rechnen.
2016: Höhere Dynamik in den Bundesländern erwartet
Trotz zunehmender Risiken, etwa durch die Konjunktureintrübung in einigen Schwellenländern wie u.a. China,
der Krise im Nahen Osten oder der Belastungen durch die EU-Sanktionen gegen Russland, wird die österreichische
Wirtschaft auch im kommenden Jahr auf Erholungskurs bleiben und voraussichtlich sogar stärker zulegen können
als 2015. „Die Anzeichen für ein höheres Wachstumstempo sind vorhanden. Nach dem Anstieg der Wirtschaftsleistung
von 0,9 Prozent im Jahr 2015 erwarten wir für das kommende Jahr eine leichte Belebung auf 1,5 Prozent“, so
Pudschedl. Die Wirtschaft in den meisten Bundesländern wird vor allem von zwei Entwicklungen profitieren:
Einerseits wird der Konsum durch zusätzliche Impulse durch die Steuerreform belebt. Andererseits ist angesichts
der weiteren Festigung der Erholung in Europa auch vom Außenhandel mehr Schwung als im Jahr 2015 zu erwarten.
Dabei unterstützen zum einen die anhaltend niedrigen Rohstoffpreise, die die Inflation dämpfen und damit
die Kaufkraft der Haushalte stärken. Zum anderen sorgt der schwächere Euro für günstige Rahmenbedingungen
für den Export. Damit ergeben sich im Jahr 2016 sowohl für Bundesländer mit einer stärkeren
Außenhandelsorientierung, wie Vorarlberg, Oberösterreich und die Steiermark, als auch für die klassischen
Dienstleistungshochburgen, wie Wien und Salzburg gute Wachstumsaussichten. Die meisten Bundesländer sollten
die Rahmenbedingungen für ein höheres Wachstumstempo nutzen können, wobei die Wachstumsunterschiede
zwischen den einzelnen Bundesländern im Vergleich zu 2015 geringer sein sollten.
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