Brüssel (ec) - Die wirtschaftliche Erholung im Euro-Währungsgebiet und in der Europäischen Union
insgesamt befindet sich nun im dritten Jahr. Trotz schwierigerer Bedingungen in der Weltwirtschaft dürfte
sie sich im kommenden Jahr moderat fortsetzen. Die wirtschaftliche Erholung im Euro-Währungsgebiet und in
der Europäischen Union insgesamt befindet sich nun im dritten Jahr. Trotz schwierigerer Bedingungen in der
Weltwirtschaft dürfte sie sich im kommenden Jahr moderat fortsetzen.
Vor dem Hintergrund der fallenden Ölpreise, der konjunkturfreundlichen Geldpolitik und des relativ niedrigen
Außenwerts des Euro hat sich die wirtschaftliche Erholung in diesem Jahr als widerstandsfähig und unter
den Mitgliedstaaten weitverbreitet erwiesen. Sie blieb jedoch relativ verhalten.
Die Auswirkungen der positiven Faktoren lassen nun nach, während neue Herausforderungen auftreten. Dazu gehören
das nachlassende Wachstum in den Schwellenländern, der Rückgang des Welthandels sowie anhaltende geopolitische
Spannungen. Dank weiterer günstiger Faktoren wie höherer real verfügbarer Einkommen aufgrund wachsender
Beschäftigung, günstigerer Kreditbedingungen, Fortschritten beim Verschuldungsabbau und höherer
Investitionen dürfte das Wachstumstempo den Herausforderungen in den Jahren 2016 und 2017 jedoch standhalten.
In einigen Ländern werden sich durchgeführte Strukturreformen zusätzlich positiv auf das Wachstum
auswirken.
Insgesamt wird das reale BIP-Wachstum im Euro-Währungsgebiet der Prognose zufolge im Jahr 2015 bei 1,6% liegen,
2016 auf 1,8% und 2017 auf 1,9% steigen. Das reale BIP-Wachstum der EU insgesamt wird sich voraussichtlich von
1,9% in diesem Jahr auf 2,0% im Jahr 2016 und auf 2,1% im Jahr 2017 erhöhen.
Prognose für Österreich
Die EU-Kommission geht für Österreich von einem Wirtschaftswachstum von 0.6% des BIPs im Jahr 2016 gefolgt
von einem Anstieg auf 1.5% für das Jahr 2016 aus. Insgesamt wird das reale BIP-Wachstum im Euro-Währungsgebiet
der Prognose zufolge im Jahr 2015 bei 1,6% liegen, 2016 auf 1,8% und 2017 auf 1,9% steigen. Das reale BIP-Wachstum
der EU insgesamt wird sich voraussichtlich von 1,9% in diesem Jahr auf 2,0% im Jahr 2016 und auf 2,1% im Jahr 2017
erhöhen. Die Kommissionsprognose enthält auch eine erste Bewertung der wirtschaftlichen Auswirkungen,
die sich aus der Ankunft großer Zahlen von Asylbewerbern in der EU ergeben könnten. Zwar hätte
die aktuelle Flüchtlingskrise derzeit nur geringe Auswirkungen auf die Wachstumsprognosen, durch den Anstieg
der öffentlichen Ausgaben wäre aber auch ein leichtes Wirtschaftswachstum zu erwarten. Gleiches gilt
auch für die gesamte EU
Wie Valdis Dombrovskis, der für den Euro und den sozialen Dialog zuständige Vizepräsident der
Kommission, betonte, „zeigt die heute veröffentlichte Wirtschaftsprognose, dass sich die moderate Erholung
der Wirtschaft des Euro-Währungsgebiets fortsetzt. Das Wachstum wird hauptsächlich durch temporäre
Faktoren wie niedrige Ölpreise, einen schwächeren Euro-Wechselkurs und die konjunkturfreundliche Geldpolitik
der EZB gestützt. Das Euro-Währungsgebiet hat sich gegenüber externen Entwicklungen wie dem Rückgang
des Welthandels als widerstandfähig erwiesen, und das ist ermutigend. Damit die wirtschaftliche Erholung aufrechterhalten
und gestärkt werden kann, müssen diese günstigen temporären Rahmenbedingungen genutzt werden,
um solide Staatsfinanzen zu erreichen, die Investitionstätigkeit zu fördern und Strukturreformen durchzuführen,
damit die Wettbewerbsfähigkeit zunimmt. Wichtig ist dies vor allem angesichts der nachlassenden Weltkonjunktur,
der anhaltenden Spannungen in unserer Nachbarschaft und der Notwendigkeit, die Flüchtlingskrise entschieden
und gemeinsam zu bewältigen.“
Der für Wirtschafts- und Finanzangelegenheiten, Steuern und Zoll zuständige Kommissar Pierre Moscovici
erklärte hierzu:„Die EU-Wirtschaft bleibt auf Erholungskurs. Für 2016 erwarten wir, dass das Wachstum
zunimmt und Arbeitslosigkeit und Haushaltsdefizite abnehmen. Die Verbesserungen sind jedoch noch immer nicht in
allen Mitgliedstaaten gleichermaßen spürbar: Insbesondere im Euro-Währungsgebiet konvergieren die
Volkswirtschaften nicht rasch genug. Große Herausforderungen bleiben bestehen: unzureichende Investitionen,
wirtschaftliche Strukturen, die die Schaffung von Arbeitsplätzen und das Wachstum hemmen, sowie die anhaltend
hohe private und öffentliche Verschuldung. Dies erfordert im Jahr 2016 mutiges und entschlossenes politisches
Handeln – insbesondere angesichts des unsicheren Weltwirtschaftsausblicks..“
Die wirtschaftliche Erholung hält in vielen Mitgliedstaaten Einzug
In den meisten Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets steigt die Inlandsnachfrage in diesem Jahr. In
der gesamten EU dürfte die Wirtschaftstätigkeit in den Jahren 2016 und 2017 ebenfalls zunehmen. Der private
Verbrauch nimmt infolge steigender Nominaleinkommen und niedriger Inflation zu. Die Investitionen dürften
aufgrund der wachsenden verfügbaren Einkommen der Privathauhalte, der Verbesserung der Gewinnspannen der Unternehmen,
der günstigeren Finanzierungsbedingungen und der besseren Nachfrageaussichten ebenfalls leicht zunehmen.
Reformen haben zu einem leistungsfähigeren Arbeitsmarkt geführt
Die Lage auf dem Arbeitsmarkt verbessert sich nur langsam und in den einzelnen Mitgliedstaaten in unterschiedlichem
Tempo. In besonders stark betroffenen Ländern, die Arbeitsmarktreformen durchgeführt haben, dürfte
jedoch ein stärkeres Beschäftigungswachstum zu beobachten sein. Im Euro-Währungsgebiet wird die
Beschäftigung in diesem und im nächsten Jahr voraussichtlich um 0,9% und im Jahr 2017 um 1% wachsen.
In der EU insgesamt sollte die Beschäftigung in diesem Jahr um 1,0% und in den Jahren 2016 und 2017 um jeweils
0,9% zunehmen. Insgesamt wird erwartet, dass die Arbeitslosigkeit nur langsam zurückgehen wird, mit erheblichen
Unterschieden zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten. Im Euro-Währungsgebiet wird die Arbeitslosigkeit von
derzeit 11,0% voraussichtlich auf 10,6% im nächsten Jahr und auf 10,3% im Jahr 2017 zurückgehen, während
die Prognose für die gesamte EU von einem Rückgang von 9,5% in diesem Jahr auf 9,2% bzw. 8,9% in den
Jahren 2016 bzw. 2017 ausgeht.
Die haushaltspolitischen Aussichten verbessern sich weiter
Im Jahr 2015 wird die Defizitquote des Euro-Währungsgebiets dank vergangener Konsolidierungsanstrengungen
und der zyklischen Verbesserung der Wirtschaftstätigkeit sowie in geringerem Maße aufgrund der niedrigeren
Zinsausgaben voraussichtlich auf 2,0% zurückgehen. Bis 2017 soll die Defizitquote des Euro-Währungsgebiets
dann auf 1,5% sinken. Der haushaltspolitische Kurs des Euro-Währungsgebiets wird voraussichtlich weitgehend
neutral bleiben. Die Schuldenquote des Euro-Währungsgebiets wird der Prognose zufolge von ihrem Höchststand
von 94,5% im Jahr 2014 auf 91,3% im Jahr 2017 fallen. Die Defizitquote für die EU insgesamt soll von den erwarteten
2,5% in diesem Jahr auf 1,6% im Jahr 2017 sinken, während die Schuldenquote voraussichtlich von 87,8% in diesem
Jahr auf 85,8% im Jahr 2017 zurückgehen wird.
Niedrigere Ölpreise führen vorübergehend zu geringerer Inflation
Der starke Rückgang der Preise für Öl und andere Rohstoffe hat dazu geführt, dass die Gesamtinflation
im Euro-Währungsgebiet und in der gesamten EU im September negativ war. Dies verschleiert jedoch die Tatsache,
dass das Lohnwachstum, die Zunahme des privaten Verbrauchs und die Verringerung der Produktionslücke allmählich
zunehmenden Druck auf die Preise ausüben. Die jährliche Inflationsrate wird voraussichtlich von 0,1%
(Euro-Währungsgebiet) bzw. 0% (EU insgesamt) in diesem Jahr auf 1,0% bzw. 1,1% im kommenden Jahr und 2017
in beiden Gebieten auf 1,6% steigen.
Die Verlangsamung der Weltwirtschaft beeinträchtigt die Nachfrage nach Exporten aus der EU
Die Aussichten für das Weltwirtschaftswachstum und den Welthandel haben sich seit dem Frühjahr erheblich
verschlechtert, was auf den Konjunkturrückgang in den Schwellenländern, insbesondere in China, zurückzuführen
ist. Es ist zu erwarten, dass die Konjunktur in den Schwellenländern in diesem Jahr ihre Talsohle erreicht,
bevor sie sich ab 2016 wieder erholt.
Bislang sind die Ausfuhren aus dem Euro-Währungsgebiet, vor allem dank der Abwertung des Euro, weitgehend
vom Nachlassen der weltweiten Handelstätigkeit verschont geblieben. Allerdings dürfte das Exportwachstum
2016 nachlassen, bevor es 2017 wieder leicht anzieht.
Leistungsbilanzüberschuss nimmt zu
Der Leistungsbilanzüberschuss des Euro-Währungsgebiets dürfte in diesem Jahr zunehmen. Dies ist
zum einen auf das geringere Ölhandelsdefizit und die sich verbessernden Terms of Trade und zum anderen auf
die nach wie vor hohen Leistungsbilanzüberschüsse in einigen Mitgliedstaaten und die Korrektur der Leistungsbilanzdefizite
in anderen Ländern zurückzuführen. Es wird damit gerechnet, dass sich der Leistungsbilanzüberschuss
im Jahr 2017, wenn die Ölpreise wieder anziehen und sich die Terms of Trade verschlechtern, wieder leicht
verringern wird.
Die Ankunft von Asylbewerbern könnte geringe positive Auswirkungen auf die Wirtschaft haben
Die Kommissionsprognose enthält auch eine erste Bewertung der wirtschaftlichen Auswirkungen, die sich aus
der Ankunft großer Zahlen von Asylbewerbern in der EU ergeben könnten. Während kurzfristig die
zusätzlichen öffentlichen Ausgaben zu einem Anstieg des BIP führen werden, sind mittelfristig zusätzliche
positive Auswirkungen auf das Wachstum durch die Zunahme des Arbeitskräfteangebots zu erwarten, sofern die
richtigen politischen Maßnahmen ergriffen werden, um den Zugang zum Arbeitsmarkt zu erleichtern. Für
die EU insgesamt werden die Auswirkungen auf das Wachstum nur gering sein. In einigen Mitgliedstaaten können
sie jedoch von größerem Ausmaß sein.
Mögliche Abweichungen von der Prognose werden hauptsächlich auf externe Faktoren zurückzuführen
sein und sich überwiegend negativ auswirken
Die Risiken im Hinblick auf die weltwirtschaftlichen Aussichten haben zugenommen. Das geringere Wachstum in den
Schwellenländern, insbesondere die starke Anpassung in China, und die Auswirkungen der erwarteten Normalisierung
der US-Geldpolitik auf die Schwellenländer könnten sich negativer auf die Investitions- und Wirtschaftstätigkeit
in Europa auswirken als derzeit erwartet.
Hintergrund
Im Rahmen dieser Prognose wurden alle einschlägigen verfügbaren Daten und Faktoren berücksichtigt,
einschließlich Annahmen in Bezug auf staatliche Maßnahmen (Stand: 22. Oktober 2015). Berücksichtigt
wurden lediglich glaubwürdig angekündigte politische Maßnahmen, die angemessen detailliert spezifiziert
wurden; den Projektionen liegt die Annahme einer unveränderten Politik zugrunde.
Diese Prognose basiert auch auf verschiedenen externen Annahmen in Bezug auf Wechselkurse, Zinssätze und Rohstoffpreise.
Die verwendeten Zahlen spiegeln die zum Zeitpunkt der Prognose von Derivatemärkten abgeleiteten Markterwartungen
wider.
Die Kommission wird ihre Wirtschaftsprognose im Februar 2016 aktualisieren.
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