Drei bestehende Überflutungsgebiete sollen künftig besser ausgenutzt werden
Innsbruck (lk) - 4.400 Gebäude im Unterinntal, mehr als die Hälfte davon im Bereich zwischen Brixlegg/Kramsach
und Angath, würden bei einem hundertjährlichen Hochwasserereignis unter Wasser stehen. Im Jänner
kommenden Jahres starten die Detailplanungen für den Hochwasserschutz im Unteren Unterinntal. Vorgesehen sind
auch drei optimierte Retentionsräume.
„Wir wollen jene Siedlungs- und Gewerbegebiete, die laut Gefahrenzonenplänen in der Roten und Gelben Zone
liegen, gemeinsam vor dem Hochwasser schützen und wieder zu Flächen mit geringer Hochwassergefährdung
machen“, erklärt Katastrophenschutz- und Wasserwirtschaftsreferent LHStv Josef Geisler. Mauern und Dämme
sind klassische Bauwerke, um die dahinterliegenden Gebiete vor Hochwasser zu schützen. Ohne entsprechende
Ausgleichsmaßnahmen würde das Hochwasser aber nur stärker an die flussabwärts liegenden Gemeinden
weitergeschickt. „Deshalb brauchen wir neben diesen Maßnahmen auch Gebiete, in denen wir zusätzlich
Wasser ‚parken‘ können“, so Geisler.
Mehr Wasser in bestehende Überflutungsgebiete
Bereits im Jänner nächsten Jahres vergibt das Land gemeinsam mit dem Bund den Auftrag für die Detailplanung
der Schutzmaßnahmen. Zusätzlich zu den Schutzbauten sollen bestehende Überflutungsgebiete durch
technische Maßnahmen wie Einleitungsbauwerke künftig mehr Wasser aufnehmen können und so zu „optimierten
Retentionsräumen“ werden.
„Wir leiten kein Wasser in Gebiete, die nicht jetzt schon Überflutungsgebiete sind“, schickt Geisler voraus.
Der Auftrag an die Planer ist außerdem, die optimierten Retentionsräume so zu planen, dass möglichst
wenige Einzelobjekte betroffen sind. „Und wenn ein Haus oder Hof betroffen ist, so wird dort selbstverständlich
ein entsprechenden Schutz oder die Möglichkeit auszusiedeln vorgesehen.“ Vertiefende Gespräche mit den
betroffenen GrundeigentümerInnen habe man noch keine geführt, weil die Rahmendbedingungen und die Grenzen
der künftigen optimierten Retentionsräume noch nicht klar sind.
Planungen in Kramsach, Kundl/Radfeld und Angath
Im Raum Kramsach/Brixlegg bis Angath geht man mit insgesamt drei optimierten Retentionsräumen in die Detailplanung:
dem Retentionsraum Kramsach Voldöpp, dem Retentionsraum Kundl/Radfeld und dem Retentionsraum Angath. Alle
drei Gebiete werden bei einem Hochwasser bereits heute überflutet. „Unser Ziel ist es, dass diese Gebiete
künftig mehr Wasser aufnehmen können, um eine Abflussverschärfung durch die Hochwasserschutzmaßnahmen
zu vermeiden“, erläutert Markus Federspiel, Leiter der Schutzwasserwirtschaft im Land Tirol.
Bei einem hundertjährlichen Hochwasser nimmt der bestehende Retentionsraum Kundl/Radfeld derzeit 3,1 Millionen
Kubikmeter Wasser auf, in Kramsach Voldöpp sind es 1,8 Millionen und in Angath 0,5 Millionen Kubikmeter. „Damit
im Falle eines hundertjährlichen Hochwassers keine Siedlungs- und Gewerbegebiete mehr überschwemmt werden,
müssen wir rund 4,6 Millionen Kubikmeter Wasser zusätzlich kontrolliert in diese Gebiete ableiten“, so
Federspiel. Wo und wie genau das passieren soll, wird nun im Rahmen der Detailplanung fixiert.
Ohne Gemeinden kein Hochwasserschutz
Der Hochwasserschutz ist eigentlich Aufgabe der Gemeinde. „Weil im Unterinntal nur ein gemeindeübergreifender
Hochwasserschutz realisierbar ist, leistet das Land weitreichende Vorarbeiten. Für die Umsetzung der Schutzprojekte
brauchen wir aber die Gemeinden“, verweist LHStv Geisler auf die Notwendigkeit eines Wasserverbands.
Baubeginn 2018
Ende 2017 will man von Landesseite mit dem Detailprojekt fertig sein. Dann sind die Gemeinden am Zug. Bis zu 85
Prozent der Kosten für die Schutzmaßnahmen übernimmt der Bund, der Rest ist von den Gemeinden aufzubringen.
Klar ist für Geisler auch, dass es für die GrundeigentümerInnen jener Überflutungsgebiete,
die künftig kontrolliert zusätzliches Wasser aufnehmen und als optimierte Retentionsräume dienen,
eine Entschädigung geben muss.
Sicherheit und Entwicklungschancen
Im Rahmen von Planungstreffs wurden die GemeindevertreterInnen bislang zu vier Besprechungsrunden zum Thema „Hochwasserschutz
– gemeinsam geht’s“ eingeladen. Jetzt sind die Gemeinden aufgerufen, die Randbedingungen für die Planung mit
dem Land abzustimmen. Das kann ein Radweg oder ein Naherholungsgebiet ebenso sein wie ein künftiges Siedlungs-
oder Gewerbegebiet. „Wir werden uns bemühen, alle Wünsche die umsetzbar und finanzierbar sind, auch zu
berücksichtigen“, verspricht LHStv Josef Geisler. Ihm sei bewusst, dass das Thema Hochwasserschutz kein leichtes
sei, aber: „Es geht um unsere Sicherheit.“
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