Dtärkeres Wachstum über 3 Prozent erst 2016 erwartet – Produktionswachstum der Industrie
wird 2015 bei 2 Prozent Plus liegen
Wien (bank austria) - Österreichs Wirtschaft erholt sich langsam, angetrieben vom stärkeren Rückenwind
aus Europa. „Seit Herbstbeginn konnte die positive Entwicklung einzelner Industriebranchen vor allem im Außenhandel
die insgesamt sehr schwache Investitionsnachfrage im Inland kompensieren. Wachstumsimpulse kommen in erster Linie
vom Maschinenbau und der Stahlindustrie, aber auch von der Lebensmittelerzeugung. Darüber hinaus signalisieren
die Unternehmererwartungen der Fahrzeugerzeugung und der Elektroindustrie, dass die Branchenkonjunktur noch in
den nächsten Monaten an Tempo zulegen wird“, fasst Stefan Bruckbauer, Chefvolkswirt der Bank Austria den aktuellen
Branchenüberblick zusammen.
Industriewachstum weiterhin gedämpft
Österreichs Industrie wird 2015 im langfristigen Vergleich das fünfte schwache Wirtschaftsjahr in Folge
verbuchen. Im Jahresverlauf hat die Industriekonjunktur jedoch leicht an Schwung gewonnen und wird sich entsprechend
der Verbesserung der Produktionserwartungen im September und Oktober in moderatem Tempo weiter erholen. Bank Austria
Ökonom Günter Wolf: „Das Produktionswachstum der Industrie von rund 2 Prozent im Jahresdurchschnitt 2015
dürfte abgesichert sein. Den langfristigen Wachstumspfad von mehr als 3 Prozent erreicht der Sektor voraussichtlich
aber erst 2016 wieder“.
Im laufenden Jahr kamen Wachstumsimpulse in erster Linie vom Maschinenbau. Die Branche verbuchte bis August ein
Produktionsplus von 8 Prozent. Weitere wachstumsstarke Schwergewichte des Sektors sind die Stahlindustrie, mit
einem Produktionswachstum von 6 Prozent in den ersten acht Monaten 2015 und die Lebensmittelerzeugung mit plus
2,3 Prozent. Alle drei Branchen profitieren bisher von der stabilen, zum Teil lebhaften Exportnachfrage, die Stahlerzeuger
zudem von gestiegenen Inlandsumsätzen.
Der Optimismus der Unternehmen der Fahrzeug- und Elektroindustrie in der Beurteilung der Auftragslage und der kurzfristigen
Produktionserwartungen im September und Oktober signalisiert eine Trendwende in der Branchenkonjunktur. Dazu Wolf:
„Österreichs Kfz-Industrie, die 2015 bis Juli vor allem unter rückläufigen Exporten von Schienenfahrzeugen
und Pkw gelitten hat, sollte noch im laufenden Jahr von der Erholung der europäischen Autonachfrage profitieren.
Den Herstellern elektrotechnischer Produkte und Anlagen, die bis zum August ein leichtes Produktionsminus verbuchten,
macht 2015 vor allem die Verschiebung von Investitionen der heimischen E-Wirtschaft zu schaffen. Allerdings verbesserte
sich die Exportauftragslage der Branche in den letzten Monaten deutlich. Voraussichtlich werden beide Branchen
den Maschinenbau und die Stahlindustrie als Impulsgeber der heimischen Industrie 2016 ablösen.“
Darüber hinaus waren die Unternehmen der Chemieindustrie und der Kunststoffwarenerzeugung, die bis August
noch leicht rückläufige Produktionsergebnisse berichteten, in den vergangenen Monaten deutlich positiver
gestimmt. Auch in dem Industriesegment kündigt sich noch 2015 eine Konjunkturerholung an. Die Metallwarenerzeuger
haben bereits im Juli und August Produktionszuwächse verbucht und rechnen in der Mehrzahl mit weiteren Zuwächsen
in den nächsten Monaten. Stärker an Schwung wird die Metallwarenkonjunktur aber erst 2016 gewinnen, mit
der Erholung der in- und ausländischen Investitionsgüternachfrage und vor allem der Hochbaukonjunktur
in Österreich.
Bauwirtschaft kommt nur allmählich in Schwung
Bank Austria Ökonom Wolf zur Baukonjunktur: „Auch wenn die Umsatzrückgänge der Bauwirtschaft schon
zur Jahresmitte 2015 schwächer und die Unternehmen etwas optimistischer geworden sind, wird der Sektor das
Jahr 2015 mit einem Umsatzminus beenden. Bis August ist der Umsatz im Tiefbau um 0,8 Prozent, im Hochbau sogar
um 2,2 Prozent gesunken, mit Rückschlägen sowohl im Wohnbau als auch im Wirtschaftsbau.“ Während
vom Unternehmenssektor erst 2016 Impulse zu erwarten sind, kündigen die steigenden Wohnbaubewilligungen längst
zusätzliche Baunachfrage im Hochbau an – es fehlen aber noch die Aufträge. Gleichzeitig hat sich die
Auftragslage im Tiefbau verschlechtert, wie die Unternehmensbefragung im Oktober vermuten lassen, wofür in
erster Linie knappe öffentliche Budgets verantwortlich sein dürften.
Steigende Handelsumsätze
Im Gegensatz zum Großhandel, der aufgrund der schwachen Industrie- und Außenhandelsergebnisse in den
ersten acht Monaten 2015 noch Umsatzeinbußen verbuchte, haben der Fahrzeug- und der Einzelhandel im laufenden
Jahr bereits an Schwung gewonnen. Für die steigenden Umsätze im Fahrzeughandel in den letzten Monaten
sorgten vor allem der Motorrad- und Lkw-Handel. Da auch die Neuzulassungen für Pkw seit vier Monaten wieder
steigen, kann eine weitere Verbesserung der Absatzsituation im Autohandel und im Jahresdurchschnitt ein reales
Umsatzplus in der Sparte – erstmals seit 2011 – erwartet werden.
Der Einzelhandelsumsatz legte bis August 2015 um 0,9 Prozent real zu. Voraussichtlich wird die Sparte das Ergebnis
im Jahresdurchschnitt auf der Grundlage etwas stärkerer Zuwächse der verfügbaren Haushaltseinkommen
und höherer Beschäftigtenzahlen noch übertreffen. Von den anteilsmäßig großen Sparten
berichteten bisher der Lebensmittelhandel, die Apotheken und der Handel mit Kosmetik- und Drogerieartikel überdurchschnittlich
gute Umsatzergebnisse.
Dienstleistungsbranchen bleiben im Plus
Die Dienstleistungsbranchen haben zwar im zweiten Quartal 2015 in Summe etwas vom Wachstumsschub in den Monaten
davor verloren, konnten aber im ersten Halbjahr noch ein Umsatzplus von 1,5 Prozent nominell erreichen. In der
zweiten Jahreshälfte dürfte der Sektor wieder an Schwung gewonnen haben, wie die seit Monaten zunehmend
positiven Beurteilungen der Nachfrageentwicklung zeigen. Unter dem Sektorergebnis sind 2015 bisher die wirtschaftsnahen
Dienstleistungsbranchen geblieben, vor allem der Bereich Verkehr und die Arbeitskräftevermittlung. Sie können
sich der anhaltenden Industrie- und Exportschwäche nicht entziehen. Hingegen lässt der starke Anstieg
optimistischer Geschäftserwartungen bei IT-Dienstleistern, die im ersten Halbjahr 2015 kaum gewachsen sind,
noch ein solides, relativ wachstumsstarkes Jahr erwarten.
Als eine wesentliche Wachstumsstütze des Dienstleistungssektors erweist sich 2015 einmal mehr das Beherbergungs-
und Gaststättenwesen, mit einem Umsatzplus von 3,7 Prozent im ersten Halbjahr. Die jüngsten erfreulichen
Tourismusergebnisse und der deutliche Zuwachs optimistischer Unternehmer-einschätzungen im Oktober signalisieren
eine anhaltend wachstumsstarke zweite Jahreshälfte.
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