Landwirtschaft: Nationalrat sucht nach Auswegen aus der Krise
Wien (pk) - Die angespannte Lage auf den Agrarmärkten trübt die Stimmung in der heimischen Landwirtschaft.
So war auch die Agrardebatte im Nationalrat am 12.11. vor allem von der Sorge der Abgeordneten um die Zukunft der
österreichischen landwirtschaftlichen Betriebe geprägt. Einigkeit bestand hinsichtlich der Notwendigkeit,
verstärkt auf Biolandbau und heimische Qualität zu setzen. Vor allem FPÖ und Team Stronach kritisierten
allerdings die Abschaffung der Milchquote, die derzeitige Herkunftskennzeichnung, TTIP und die Russland-Sanktionen.
Insgesamt vermissten die Oppositionsparteien konkrete Maßnahmen als Reaktion auf die Krise in der Landwirtschaft.
2014 brachte weiteren Einkommensrückgang in der Land- und Forstwirtschaft
Der Grüne Bericht 2014, an den die Debatte primär anknüpfte, gibt wenig Anlass für Optimismus.
Die Abgeordneten konnten aus dem umfangreichen Papier entnehmen, dass Österreichs land- und forstwirtschaftlichen
Betriebe im vergangenen Jahr einen Einkommensrückgang von 5% verzeichneten und sich die negative Entwicklung
der Jahre 2012 und 2013 damit fortsetzte. Als Grund für die Einbußen wird die angespannte Lage auf wichtigen
Absatzmärkten genannt, so etwa bei Getreide, Öl- und Hackfrüchten. Maßgeblich waren aber auch
gestiegene Aufwendungen für Personal, Pachten und Abschreibungen. Positiv entwickelten sich hingegen Bio-
und Bergbauernbetriebe, die ein leichtes Einkommensplus verzeichnen konnten.
Mehr Regionalität und faire Preise für heimische Qualität
Der abermalige Einkommensrückgang in der österreichischen Landwirtschaft erfüllte die Abgeordneten
aller Fraktionen mit Sorge. Unsere Bauern erzeugen hervorragende Qualität, haben aber mit schwierigen Marktbedingungen
zu kämpfen, gab ÖVP-Landwirtschaftssprecher Jakob Auer zu bedenken. Wichtig sei es, dass die Landwirte
für ihre Produktion auch faire Preise erhalten, stimmte er mit seinen Fraktionskollegen Hermann Schultes und
Nikolaus Berlakovich sowie mit SPÖ-Mandatar Maximilian Unterrainer überein. Scharf ging Auer dabei mit
den Handelsketten ins Gericht, denen er vorwarf, mit Schleuderpreisen zu operieren, die nicht einmal die Produktionskosten
abdecken. An die Haushalte appellierte Auer, ihrem Bekenntnis zur heimischen Landwirtschaft auch entsprechende
Kaufentscheidungen folgen zu lassen. Die hochwertigen österreichischen Produkte müssen auf dem Markt
eine Chance haben, pflichtete ihm Hermann Schultes (V) bei und forderte im Einklang mit Manfred Hofinger (V) eine
entsprechende Regelung im Bundesvergabegesetz, die es ermöglicht, beim Einkauf Standards wie bäuerliche
Herkunft und Nachhaltigkeit zu berücksichtigen. NEOS-Landwirtschaftssprecher Josef Schellhorn wiederum will
der hohen Qualität der heimischen Lebensmittel durch eine verstärkte Zusammenarbeit von Gastronomie und
Tourismus einerseits und Landwirtschaft andererseits zum Durchbruch helfen – ein Vorschlag, der auch den Zuspruch
der ÖVP-Abgeordneten Manfred Hofinger und Franz Eßl fand. Norbert Sieber (V) hielt fest, da es kaum
Möglichkeiten für direkte Markteingriffe gebe, seien die vom Minister angekündigte Qualitäts-
und Exportoffensive die richtigen Maßnahmen.
Biobereich als Zukunftsstrategie
Die Zukunft liegt in der Stärkung des Bio-Sektors, dies gelte vor allem auch für die Milchwirtschaft,
zeigte sich SPÖ-Agrarsprecher Erwin Preiner überzeugt. Die Preisgestaltung müsse allerdings sowohl
für die Produzenten als auch für die KonsumentInnen "passen". Qualität, Regionalität
und Innovation lautete das Motto für seinen Fraktionskollegen Jürgen Schabhüttl, der in diesem Zusammenhang
den südburgenländischen Uhudler ansprach und an Bundesminister Rupprechter appellierte, sich für
die Absicherung dieser Rebsorte einzusetzen. Die Forderung nach mehr Innovation zur Entwicklung von Nischenprodukten
fand auch Anklang bei ÖVP-Abgeordneter Angela Fichtinger. Wesentlich für die Sozialdemokraten ist überdies
eine stärkere Verteilungsgerechtigkeit bei den landwirtschaftlichen Einkommen, wie dies vor allem Cornelia
Ecker und Walter Schopf unterstrichen. Beachtung müsse darüber hinaus auch den sozialen Diensten am Land
geschenkt werden, merkte Walter Bacher (S) an und begrüßte in diesem Zusammenhang das Programm für
ländliche Entwicklung.
Für Wolfgang Pirklhuber (G) gibt es nur eine Zukunftsstrategie – die Offensive in Richtung Biolandwirtschaft.
Heftige Kritik übte der Agrarsprecher der Grünen zudem an der Preisgestaltung, wobei er unterstrich,
die Preise für Agrarprodukte müssten die Produktionskosten stärker abdecken. Nur Preistransparenz
könne den KonsumentInnen Information darüber geben, welcher Anteil am Handelspreis tatsächlich den
Bauern zu Gute kommt. Qualitäts- und Transparenzregelungen spielen auch nach Ansicht von SPÖ-Abgeordnetem
Michael Ehmann eine wichtige Rolle, um das Vertrauen der KonsumentInnen in die heimische Produktion zu stärken.
Milchmarkt, Herkunftskennzeichnung, Russland-Sanktionen und TTIP weiterhin im Fokus der Oppositionskritik
Die Lage der Landwirtschaft sei einmal mehr vom Bauernsterben und sinkenden Einkommen gekennzeichnet, vermerkte
FPÖ-Abgeordneter Josef Riemer ebenso wie der fraktionslose Mandatar Rupert Doppler. Vor diesem Hintergrund
müssten eigentlich die Alarmglocken läuten, Bundesminister Rupprechter setze aber keinerlei Maßnahmen
zur Gegensteuerung, beklagte Riemer und sah vor allem die kleinstrukturierte heimische Landwirtschaft in ihrer
Existenz gefährdet. Harald Jannach (F) hakte bei der Kritik an der Agrarpolitik der Bundesregierung ein und
bezeichnete vor allem die Abschaffung der Milchquote, die Russland-Sanktionen und die Streichung der steuerlichen
Begünstigung für Agrardiesel als schwere Fehler. Irritiert zeigte sich der FPÖ-Agrarsprecher überdies
über die Förderungspolitik der Bundesregierung und meinte, es gehe nicht an, dass große Konzerne
Millionen an Subventionen erhalten, während die kleinen Betriebe "mit einem Bettel abgespeist werden".
Gerald Hauser (F) deponierte die Kritik seiner Fraktion an TTIP und pochte auf volle Transparenz über die
Verhandlungen. Außer Zweifel stand für ihn dabei, dass das Freihandelsabkommen bloß dazu führen
werde, den österreichischen Markt mit Importen zu überschwemmen.
Importe von Palmöl, Gemüse oder Fleisch waren auch ein Dorn im Auge von Team Stronach-Mandatar Leopold
Steinbichler. Die KonsumentInnen würden durch ungenügende Kennzeichnungen in die Irre geführt, kritisierte
er und forderte eine Gütesiegel-Regelung nach dem Motto "Wo Österreich draufsteht, muss Österreich
drin sein". Klar war für Steinbichler auch, dass die hochwertige Produktion der heimischen Landwirtschaft
einen angemessenen Niederschlag bei den Preisen finden müsse. Steinbichler drängte zudem auf die Erstellung
eines Lebensmittelkrisenplans sowie die Einführung der Vollkostenrechnung in sämtlichen Sparten der Landwirtschaft,
konnte sich bei der Abstimmung mit entsprechenden Entschließungsanträgen aber nicht durchsetzen.
Der fraktionslose Abgeordnete Gerhard Schmid (A) sah ein Versagen der bisherigen Landwirtschaftspolitik. Die heimischen
Produkte müssten leistbar bleiben und die bäuerlichen Betriebe entlastet werden. Eine Investitionsförderung,
wie sie die FPÖ fordere, sei daher der richtige Weg.
Rupprechter: Österreich ist Nettoempfänger des Programms ländliche Entwicklung
Die Bäuerinnen und Bauern erbringen wesentliche Leistungen für ein lebenswertes Österreich, stellte
Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter fest, dafür verdienen sie Anerkennung und Unterstützung.
Der Grüne Bericht zeige für 2014, dass sich die Einkünfte sehr unterschiedlich entwickelt hätten.
Bergbauernbetriebe hatten erfreulicherweise erstmals ein leichtes Einkommensplus erzielen können. Ruprechter
sah darin einen Erfolg der Maßnahmen der Regierung. Die § 7-Kommission, die die politischen Parteien
und Interessensvertretungen zusammenfasst, spiele eine konstruktive Rolle für die Agrarpolitik, hielt der
Minister fest. Vorbildlich sei auch die österreichische Umsetzung des nächsten EU-Rahmenprogramms. Zentral
darin sei es, dem ländlichen Raum Perspektiven zu eröffnen. Im Bereich der ländlichen Entwicklung
sei Österreich Netto-Empfänger. Der Biolandbau sei gestärkt worden, betonte Ruprechter. Ziel sei
ein moderates und marktkonformes Wachstum der Bioproduktion.
Allerdings habe sich aktuell gerade die Situation der Milchwirtschaft wieder verschlechtert. Die negativen Trends
dürften sich fortsetzen, daher befasse sich auch ein Unterausschuss des Landwirtschaftsausschusses nun mit
diesen Fragen. Das Russland-Embargo sei ein wesentlicher Faktor, die Entscheidung darüber werde jedoch auf
der Ebene der Regierungschef getroffen. Sein Ressort sei mit der russischen Verwaltungsebene intensiv in Kontakt,
um nach einer Aufhebung des Embargos schnell wieder auf diesem Markt aktiv werden zu können, unterstrich der
Minister.
Umsetzung der GAP-Reform, Investitionsförderung für Traktoren mit Biosprit: Oppositionsanträge
bleiben in der Minderheit
Der Grüne Bericht wurde mehrheitlich zur Kenntnis genommen. Gemeinsam mit dem Grünen Bericht wurden auch
zwei Entschließungsanträge der Opposition verhandelt, die bei der Abstimmung allerdings keine Mehrheit
fanden. So verlangte Grünen-Agrarsprecher Wolfgang Pirklhuber in seiner Initiative eine Umsetzung der Reform
der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) im ländlichen Bereich unter besonderer Berücksichtigung ökologischer
Kriterien wie Nachhaltigkeit oder Klimaschutz. Der Vorstoß des FPÖ-Mandatars Harald Jannach wiederum
enthielt die Forderung nach Einführung einer Investitionsförderung bei Neukauf oder entsprechender Umrüstung
von Traktoren mit Pflanzenölantrieb.
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