Grüne unzufrieden mit Klimaschutzpolitik der Regierung
Wien (pk) - "Die Ausgangsposition Österreichs für die Erreichung der Klimaschutzziele bis
2020 ist gut", sagte Umweltminister Andrä Rupprechter am 12.11. in der Plenardebatte über den aktuellen
Fortschrittsbericht zum Klimaschutz ( III-215 d.B. ) mit Unterstützung vieler Abgeordneter aus allen Fraktionen
außer den Grünen. Außer Streit stand dabei, dass die Treibhausgas-Emissionen in Österreich
seit 2005 in jedem Jahr außer 2011 sanken und bei einem Wirtschaftswachstum von 11,1% um 13,9% abnahmen.
Die Grünen kritisierten hingegen einmal mehr die Klimaschutzziele der Bundesregierung als "ambitionsbefreit".
Mit klimaschädlichen Emissionen auf dem Niveau von 1995 gehöre Österreich beim Klimaschutz zu den
Schlusslichtern in Europa, klagten Christiane Brunner und Georg Willi (beide G). Mit ihrem Antrag auf eine gemeinsame
Position des Parlaments für den Klimaschutzgipfel in Paris blieben sie bei der Abstimmung gemeinsam mit den
NEOS in der Minderheit. Abgelehnt wurde auch ihr Antrag für einen ressortübergreifenden Budgetpfad für
den Klimaschutz. Mehrheitlich verabschiedete der Nationalrat auf Antrag von SPÖ und ÖVP eine Entschließung,
die vom Umweltminister beim Klimagipfel in Paris Einsatz für ein ambitioniertes globales Klimaschutzabkommen
und für eine zusätzliche Dotierung des Green Climate Fund verlangte. Der Bericht wurde mehrheitlich zur
Kenntnis genommen.
FPÖ setzt beim Klimaschutz auf nachhaltige Energieproduktion
Man sollte dem Umweltminister keinen "Marschbefehl" für Paris erteilen, sondern Rupprechter bei
den Verhandlungen Bewegungsspielraum lassen, sagte Werner Neubauer (F) und lehnte den Entschließungsantrag
der Grünen ab. Ein Klimaschutzziel, das den Emissionen von 1995 entspreche, sei tatsächlich zu wenig,
sagte Neubauer und wies auf Probleme in der Energieproduktion, im Verkehr und bei der Raumwärme hin. Gemeinsam
mit seinem Fraktionskollegen Walter Rauch, der für die Stromproduktion mit erneuerbaren Energieträgern
eine Halbierung der Mehrwertsteuer vorschlug, strich Neubauer die Bedeutung einer nachhaltigen Energieproduktion
hervor, das schaffe Arbeitsplätze. Unrealistischen Träumereien bei der Einsparung von Emissionen und
zu hohe Ziele würden der Wirtschaft und der Beschäftigung schaden.
ÖVP: Österreichs Wirtschaft wächst, stößt aber weniger CO2 aus
"Österreich ist beim Klimaschutz auf dem richtigen Weg", sagte Johann Höfinger (V) und strich
hervor, dass die Treibhausgasemissionen gesenkt, gleichzeitig aber der Wirtschaftsstandort gesichert und die Beschäftigung
trotz Finanzkrise erhalten werden konnten. In einem gemeinsamen Entschließungsantrag mit der SPÖ verlangte
Höfinger den Einsatz des Umweltministers beim Klimagipfel in Paris für ein ambitioniertes globales Klimaschutzabkommen
sowie für eine zusätzliche Dotierung des Green Climate Fund.
Grüne warnen vor Zielverfehlungen wegen Budgetkürzungen
"Es ist keine Kunst, statistische Fortschritte auszuweisen, wenn man ein schlechtes Ausgangsniveau wählt",
warf Christiane Brunner (G) dem Umweltminister vor. Die Ziele der Bundesregierung seien völlig "ambitionsbefreit".
Der für 2016 vorliegende Budgetentwurf lasse ein Zusammenstreichen von Klimaschutzmaßnahmen und eine
Zunahme klimaschädlicher Emissionen um 2,5% statt einer Reduktion befürchten. Brunner rechnet daher mit
einer Zielverfehlung beim Klimaschutz. Für Paris zeigte sich die Abgeordnete optimistisch, weil es in vielen
anderen Ländern starke Klimaschutzbewegungen gebe. Die Umweltsprecherin der Grünen verlangte einen ernsthaften
Beitrag Österreichs zur Begrenzung der Erderwärmung auf zwei Grad Celsius und den von Österreich
versprochenen Betrag bei der Finanzierung des Green Climate Fund. Dazu legte die Abgeordnete einen Entschließungsantrag
vor, der sich an vergleichbaren Ländern orientiert. Ein zweiter Antrag der Grünen richtet sich auf einen
ressortübergreifenden Budgetpfad für den Klimaschutz. Der SPÖ-ÖVP-Antrag sei irreführend,
weil er keinen Fortschritt in der österreichischen Klimaschutzpolitik bringe. SPÖ und ÖVP ignorierten
weiterhin ihre Initiative als Obfrau des Umweltausschusses für eine gemeinsame Entschließung des Parlaments
für den Klimagipfel in Paris, klagte Christiane Brunner.
SPÖ: Alle Sektoren beim Klimaschutz unter den Obergrenzen
Demgegenüber begrüßte Hannes Weninger (S) ausdrücklich die Entkoppelung des Wirtschaftswachstums
vom CO2-Ausstoß. Österreich bewege sich beim Klimaschutz in allen Sektoren unter den Limits und verfolge
die international vereinbarten Klimaschutzziele weiterhin ambitioniert. Österreich betreibe seit Jahrzehnten
eine hervorragend Umweltpolitik, sagte Weninger. Der Energieverbrauch wurde stabilisiert und in Niederösterreich
sowie im Burgenland werde der Strombedarf aus erneuerbarer Energie gedeckt.
NEOS: Wirtschaft braucht Klimaschutz
Eine Klimaerwärmung um vier Grad würde Landwirtschaft in vielen Regionen Österreichs unmöglich
machen, führte Michael Pock (N) aus und wies auf den Zusammenhang zwischen Klimaschutz und Wirtschaftsentwicklung
hin. Pock setzt beim Klimaschutz auf thermische Gebäudesanierung, Elektrofahrzeuge, den öffentlichen
Verkehr und auf bessere Systeme zur Energiespeicherung. Hinsichtlich der Klimakonferenz in Paris bedauerte Pock,
dass es nicht gelungen sei, eine gemeinsame Position des Parlaments zu finden und unterstützte den Antrag
der Grünen.
2014 war das wärmste Jahr seit Jahrhunderten
"Die wärmsten Jahre seit es Wetteraufzeichnungen gibt wurden seit 2000 registriert und am wärmsten
war es im Vorjahr", sagte Georg Willi (G) und warnte davor, den Fortschrittsbericht als Aufforderung zu verstehen,
beim Klimaschutz nichts zu tun. Die Reduktion klimaschädlicher Gase 2014 resultiere paradoxerweise aus der
ungewöhnlichen hohen Temperatur. Österreich ist kein Klimaschutzmusterland, sondern rangiere unter den
letzten Ländern Europas. Zur Finanzierung des Klimaschutzes sollte man nicht den Umweltminister mit dem Klingelbeutel
durch die Länder reisen lassen, um dort und bei Unternehmen Geld aufzutreiben, sondern dafür sorgen,
dass Umweltförderungen und die thermische Sanierung im Budget nicht gekürzt werden, stellte Willi fest.
Rupprechter: Österreich erreicht seine Klimaschutzziele
Umweltminister Andrä Rupprechter zeigte sich überrascht über die Kritik der FPÖ und der Grünen
an der österreichischen Klimaschutzpolitik, die nicht den klar dokumentierten Fakten des Fortschrittsberichts
entsprechen. Österreich ist beim Klimaschutz auf Zielpfad und werde seine Ziele bis 2020 erreichen. Darüber
bestehe auch Konsens mit allen Landesumweltreferenten, die zumeist den Grünen angehören, sagte der Minister
und erteilte "Alarmismus und Oppositionshysterie" eine Absage.
Team Stronach will Elektromobilität fördern
Klimapolitischen Handlungsbedarf sah Ulrike Weigerstorfer (T) beim Verkehr, wo der Energieverbrauch stark ansteige.
Die Umweltsprecherin ihrer Fraktion klagte über den stockenden Ausbau der Elektromobilität und drängte
auf Förderungen, etwa bei privaten Dienstautos. Um die Emissionen im Verkehr um 76% senken zu können,
sei noch viel Bewusstseinsarbeit und Zusammenarbeit zwischen Umwelt- und Verkehrsminister notwendig.
Werner Groiß (V) führte die Übererfüllung von Klimaschutzzielen trotz Wirtschaftswachstum
auf die thermische Gebäudesanierung und neue Heizsysteme zurück. Probleme im Verkehrssektor seien auch
auf den Transitverkehr zurückzuführen. Daher warnte Groiß vor einer Verteuerung des Individualverkehrs
und begrüßte die stärkere Förderung der Forschung für alternative Antriebssysteme.
Karin Greiner (S) bekannte sich dazu, den CO2-Ausstoss bis 2030 um 40% zu senken, und zwar durch Maßnahmen
in Österreich und nicht durch Zertifikatehandel. Konkret setzte sich Greiner für Maßnahmen im Nahverkehr
und in Unternehmen, für die Steigerung der Energieeffizienz, für den Einsatz erneuerbarer Energie im
Verkehr, für betriebliche und für Maßnahmen in privaten Haushalten ein und hielt ein Programm gegen
das Wegwerfen von Lebensmitteln auch aus Gründen des Klimaschutzes für wichtig. Fraktuionskollege Klaus
Uwe Feichtinger (S) unterstrich die Bedeutung persönlichen Engagements im Klimaschutz, den er ausdrücklich
der Obfrau des Umweltausschusses, Christiane Brunner attestierte. Als ein Beispiel erfolgreicher Klimaschutzpolitik
nannte Feichtingr die Klimaschutzgemeinde Weiz.
Für eine gesamthafte Betrachtung des Klimaschutzes im Interesse der Kinder und Enkel plädierte Leopold
Steinbichler (T) und forderte dazu auf, Kreuzfahrtschiffe und Flugzeuge einer Klimabilanz zu unterziehen. Der Redner
problematisierte auch den Einsatz wertvoller Futtermittel in Biogasanlagen sowie den Biodiesel und betonte die
Bedeutung der Grünlandwirtschaft für Klimaschutz und Trinkwasser.
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