Wien (oesterreichwein) - Endlich! Nach dem arbeitsintensiven und problematischen Jahr 2014 sorgt der Jahrgang
2015 für frohe Gesichter in der Winzerschaft. Auf das schöne Frühjahr und die gute Blüte folgte
ein Sommer, der für Überraschungen sorgte. Heiße Tage und Nächte waren Grund zur Sorge, doch
Mitte August gab es meist ausreichend Niederschlag. Die letzte Hitzeperiode Ende August verhalf den Reben zu sehr
guter Reife, bereits kühlere Nächte führten zu optimaler Aromaentwicklung. Ein guter Wetterverlauf
im Herbst erlaubte eine entspannte Lese ohne Zeitdruck durch nahende Schlechtwetterfronten. Die Sommerhitze hinterließ
aber auch Spuren, die die Önologen bei der Verarbeitung und Vergärung der Trauben herausforderten, mitunter
gab es manch knifflige Aufgabe zu lösen. Was letztlich zählt, ist der Erfolg der Arbeit, und der zeigt
sich heuer in sehr schöner, fruchtiger Aromatik und Sortenausprägung. Ergänzt wird der Jahrestyp
von moderater Säure und meist kräftigem Alkoholgehalt, der den Körperreichtum unterstützt.
Niederösterreich
Die niederösterreichischen Winzer hatten heuer im Vergleich zum letzten Jahr eine stressfreie, lockere
Lesesaison. Der milde Winter und das warme Frühjahr endeten in einer schönen Blütephase, dann kam
die Sommerhitze und Ende August gerade noch ausreichend Feuchtigkeit. Die resultierende sehr hohe Traubenqualität
lässt fast vergessen, dass ein nächtlicher Hagel um den 6. Mai am Wagram, im Kremstal und Kamptal den
Ertrag von 3.000 ha Weingartenfläche vernichtete. Die ansonsten in Niederösterreich zu erwartende hohe
Qualität erlaubte guten Gewissens, auf Antrag des nationalen Weinkomitees die Höchstertragsmenge für
Qualitätswein um 1.800 kg pro Hektar anzuheben, um den geschädigten Betrieben einen qualitativ entsprechenden
Zukauf zu ermöglichen. Die Lese wurde eher früh begonnen, die Traubenproduzenten konnten gute Preise
erzielen. Fast alle Trauben kamen heuer gesund und ausgereift in die Keller. Bereits bei der Vergärung hat
es dort so gut gerochen, wie schon lange nicht mehr. Es gab kaum Fehlentwicklungen oder Gärprobleme, und wenn,
konnte man sie gut in den Griff bekommen. Durch die dieses Jahr ausnahmsweise zugelassene Säuerung konnten
die Kellermeister für mikrobiologische Sicherheit vor allem bei frühreifenden Sorten sorgen. In Summe
wird 2015 für die Winzer aus Niederösterreich sowohl hinsichtlich der Traubenqualität, als auch
aufgrund der maßvollen Arbeitsintensität wahrscheinlich lange in Erinnerung bleiben
Burgenland
Das Wetter verlief gleich wie in Niederösterreich, mit dem erfreulichen Unterschied, dass die Hagelkatastrophe
ausblieb. Die Reifeentwicklung ist mit den anderen Bundesländern deckungsgleich, hohe Zuckergradationen konnten
aufgrund der Traubengesundheit abgewartet werden. In Folge der großen Hitze im Seewinkel ergab sich hohe
Reife, allerdings erforderten niedrige Säuregehalte und pH-Werte im Keller deutlich mehr Aufmerksamkeit, damit
nichts aus dem Ruder lief. Der Verlauf von Gärung und Säureabbau brachte sogar für Winzer mit jahrzehntelanger
Erfahrung manche Überraschung. Das Resultat der Bemühungen sind auch im Burgenland fruchtige, sortentypische
und körperreiche Weine. Moderate Säure ist heute international sehr willkommen, der teilweise kräftige
Alkohol ist einerseits Jahrgangskennzeichen, andererseits ein Stabilitätsfaktor für Langlebigkeit. An
die heurigen Rotweine werden hohe Erwartungen gestellt, die 2015er werden mit ihrer Intensität so interessant
ausfallen, dass man sich die eine oder andere Flasche länger aufheben sollte.
Steiermark
Ein einziges Hagelwetter verursachte Einbußen von 25 bis 30 Prozent, es fand allerdings so früh
im Jahr statt, dass es die Qualität der verbleibenden Trauben nicht beeinträchtigte. Aus unterschiedlichen
Blüteverläufen resultierten regional sehr unterschiedliche Lesezeitpunkte. Aufgrund guter Traubenqualität
und Reife ist hohe Alkoholausbeute festzustellen, es zeichnet sich ein kräftiger Jahrgang ab. Die ersten Muskateller
lassen eine wesentlich bessere Qualität erwarten, als sie letztes Jahr bei allen Anstrengungen zu erzielen
war. Wider Erwarten konnte dieses Jahr zwar ca. zehn Prozent weniger Welschriesling eingebracht werden, doch Weingenießer
können sich auf eine erbauliche Menge von steirischen Muskateller- und Morillon-Weinen freuen. Zusammengefasst
lässt sich feststellen, dass das Weinbaugebiet Steiermark 2015 weniger durch eine hohe Erntemenge auf sich
aufmerksam machen wird, als vielmehr durch hohe Qualität.
Wien
Die Weingärten in der Bundeshauptstadt konnten leichte Hagelschäden und sommerliche Trockenheit gut
verkraften, trotz Verrieselung während der Blüte ist die Erntemenge im Vergleich zu den letzten Jahren
durchschnittlich ausgefallen. Negativen Erwartungen zum Trotz konnten sich die Winzer über eine gute Saftausbeute
freuen. Die Auswirkungen des heißen Sommers auf die Mostversorgung wirkten sich auch in Wien auf die Vergärung
aus, erhöhte Aufmerksamkeit bei der Vinifikation war gefordert. Der Erfolg der Anstrengungen zeigte sich bereits
bei der ersten Präsentation Ende Oktober: der „Junge Wiener“ präsentierte sich sehr fruchtig mit gutem
Trinkfluss und gab einen Vorgeschmack auf einen kraftvollen Jahrgang.
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