Koalition lehnt gemeinsame Initiative von FPÖ, Grünen, NEOS und Team Stronach ab
Wien (pk) – Rund ein Jahr lang hat sich die zum Thema Demokratiereform eingesetzte parlamentarische Enquete-Kommission
mit der Frage beschäftigt, wie die BürgerInnen besser in politische Entscheidungen eingebunden werden
können und wie das österreichische Parlament gestärkt werden kann. Mit dem im September beschlossenen
Endbericht hatte die Opposition allerdings wenig Freude. Vor allem der Umstand, dass sich die beiden Regierungsparteien
vom ursprünglichen Vorhaben verabschiedet haben, erfolgreiche Volksbegehren automatisch einer Volksbefragung
zu unterziehen, wenn das Anliegen vom Parlament nicht umgesetzt wird, sorgte für massive Kritik.
Um das Thema nicht einschlafen zu lassen, haben Grüne, FPÖ, NEOS und Team Stronach einen gemeinsamen
Entschließungsantrag nachgelegt, allerdings ohne Erfolg. Der Nationalrat lehnte die Initiative am 11.11.
gemäß den Empfehlungen des Verfassungsausschusses ab. Es gebe effektivere Instrumente, um BürgerInnen
besser in den Gesetzgebungsprozess einzubinden, verteidigte SPÖ-Abgeordneter Josef Cap die Abstandnahme von
den ursprünglichen Plänen.
Den vier Oppositionsparteien wäre es am liebsten, würden über qualifiziert unterstützte Volksbegehren
eine Volksabstimmung abgehalten, wenn sich im Parlament keine Mehrheit für das Anliegen findet. SPÖ und
ÖVP könnten sich aber nicht einmal zu Volksbefragungen durchringen, kritisierte unter anderem FPÖ-Abgeordnete
Petra Steger. Selten trete der Reformunwillen der Koalition derart deutlich zutage wie beim Thema direkte Demokratie.
SPÖ und ÖVP wollten mit den BürgerInnen offenbar nicht in Augenhöhe kommunizieren. Für
Steger wäre ein Ausbau der direkten Demokratie ein wichtiger "demokratischer Schutzzaun" vor Fehlentscheidungen
der Politik.
Daniela Musiol von den Grünen warf der Koalition vor, kein Rückgrat zu zeigen. Man ändere ständig
die Positionen, ohne dafür Argumente zu liefern, bemängelte sie und forderte SPÖ und ÖVP auf,
endlich "Nägel mit Köpfen zu machen". In Richtung Steger merkte Musiol an, die Flüchtlingsfrage
wäre für sie kein Thema direktdemokratischer Abstimmungen, da es dabei um Menschenrechte gehe.
Für die Einführung einer dreistufigen Volksgesetzgebung machten sich auch Nikolaus Scherak (N) und Christoph
Hagen (T) stark. Hagen verwies auf das Erfolgsmodell Schweiz, dort habe die direkte Demokratie zu Wohlstand geführt.
Er griff außerdem die Idee von Frank Stronach auf, zusätzlich zu 100 Abgeordneten 50 "Bürgervertreter"
ins Parlament zu wählen.
Anders als die Opposition hält es Cap hingegen für sinnvoll, die direkte Demokratie zunächst auf
Gemeinde- und Länderebene auszubauen, um Erfahrungen zu sammeln. Die Koalition werde den Dialog mit der Opposition
jedenfalls fortführen, versicherte er.
Sein Fraktionskollege Harald Troch wertete es als vorrangig, politische Prozesse transparenter zu gestalten und
BürgerInnen frühzeitig in den Gesetzgebungsprozess einzubinden. So wäre seiner Meinung nach die
geplante Abschaffung des Amtsgeheimnisses und die Verankerung eines Grundrechts auf Information ein wichtiger Baustein,
um BürgerInnen besser zu informieren. Zudem will er die Bevölkerung in Begutachtungsverfahren von Gesetzen
miteinbeziehen und den BürgerInnen nach dem Vorbild Finnlands unter dem Stichwort "Crowdsourcing"
ermöglichen, bei bestimmen Gesetzesvorhaben Ideen und Vorschläge auf einer Online-Plattform einzubringen.
ÖVP-Verfassungssprecher Wolfgang Gerstl wies darauf hin, dass die Vorschläge der Opposition bereits vor
einigen Wochen vom Nationalrat abgelehnt wurden. Es bringe nichts, die gleichen Forderungen immer wieder einzubringen,
hielt er fest. Dass es beim Ausbau der direkten Demokratie keine Fortschritt gibt, wies Gerstl mit Verweis auf
die Vorschläge der Koalition zurück. Er sei zuversichtlich, dass diese rasch umgesetzt werden, und wies
auf die laufende Prüfung durch den Rechts- und Legislativdienst der Parlamentsdirektion hin.
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