Wien (wifo) - Der WIFO-Konjunkturtest zeigt eine weitere Verbesserung der Unternehmensstimmung in Österreich,
jedoch nach wie vor keinen deutlichen Aufschwung. Der Konsum entwickelt sich anhaltend schwach, während sich
die Investitionsnachfrage jüngst belebt hat. Aus dem Ausland kommen widersprüchliche Impulse für
Österreichs Wirtschaft: Die Flaute in den wichtigsten Schwellenländern wirkt dämpfend, während
die Ausfuhr in die USA kräftig wächst. In der EU insgesamt und im Euro-Raum steigt die Nachfrage nach
österreichischen Produkten nur wenig.
Die vorlaufenden Indikatoren zur Beurteilung der künftigen Wirtschaftslage weisen mehrheitlich auf ein Anhalten
der mäßigen Konjunkturerholung hin. Nach wie vor ist jedoch keine substanzielle Beschleunigung der Dynamik
zu erkennen. Allerdings nimmt die Investitionstätigkeit im Inland zu, und auch das Exportgeschäft belebt
sich.
In den ersten acht Monaten 2015 sank die Warenausfuhr in die Schwellenländer - insbesondere jene nach Russland.
Die rege Exportnachfrage aus den USA glich diese Einbußen aus. Der Warenhandel mit der EU entwickelte sich
aber nach wie vor verhalten und belebte sich erst im Juni etwas, als der Handel mit Deutschland anzog.
Auch im III. Quartal belastete die Schwäche des privaten Konsums die Wirtschaft. Weder der Rückgang der
Energiepreise noch die nahende Entlastung der Haushaltseinkommen durch die Steuerreform konnten bislang den privaten
Konsum stimulieren. Das Konsumentenvertrauen sank unter die in den letzten Jahren beobachteten Tiefstwerte. Dies
deutet auf ein Anhalten der matten Entwicklung in den kommenden Monaten hin.
Der Tourismus verzeichnete nach den bisher vorliegenden Daten eine sehr erfolgreiche Sommersaison. Die Zahl der
Gästeankünfte erreichte einen neuen Höchstwert, und obwohl die Ausgaben pro Nächtigung weiter
sanken, erzielte die Tourismuswirtschaft auch eine deutliche Umsatzsteigerung im Vergleich zur Vorjahresperiode.
Die Inflationsrate ging aufgrund des erneuten Einbruches der Energierohstoffpreise zurück. Wegen der anhaltend
kräftigen Verteuerung von Mieten und Bewirtungsdienstleistungen blieb sie aber mit +0,6% (HVPI) im September
im internationalen Vergleich recht hoch - sowohl im Euro-Raum (-0,1%) als auch in Deutschland (-0,2%) sank der
HVPI.
Weiterhin angespannt ist die Lage auf dem heimischen Arbeitsmarkt. Trotz einer Ausweitung der Zahl der unselbständig
aktiv Beschäftigten um 1% gegenüber dem Vorjahr nahm die Arbeitslosigkeit gemäß AMS weiter
zu (+29.100 auf 339.400 Personen). Die schrittweise Besserung der Konjunktur lässt seit Mai die beim AMS gemeldeten
freien Stellen wieder steigen.
Die Arbeitslosenquote erhöhte sich laut AMS von 8,2% im September auf 8,7% im Oktober und lag damit deutlich
über dem Vorjahreswert (8,1%). Auf Basis von um Saisoneinflüsse bereinigten Daten stagnierte die Quote
jedoch in den letzten Monaten bei 9,3%. Die europaweit harmonisierte Quote betrug saisonbereinigt im September
unverändert 5,7%; Österreich wies damit gemeinsam mit Estland den fünftniedrigsten Wert der EU-Länder
auf.
Methodische Hinweise und Kurzglossar
Periodenvergleiche
Zeitreihenvergleiche gegenüber der Vorperiode, z. B. dem Vorquartal, werden um jahreszeitlich bedingte Effekte
bereinigt. Dies schließt auch die Effekte ein, die durch eine unterschiedliche Zahl von Arbeitstagen in der
Periode ausgelöst werden (etwa Ostern). Im Gegensatz zu den an Eurostat gelieferten und auch von Statistik
Austria veröffentlichten "saison- und arbeitstägig bereinigten Veränderungen" der vierteljährlichen
BIP-Daten bereinigt das WIFO diese zusätzlich um irreguläre Schwankungen. Diese als Trend-Konjunktur-Komponente
bezeichneten Werte weisen einen ruhigeren Verlauf auf und machen Veränderungen des Konjunkturverlaufes besser
interpretierbar.
Die Formulierung "veränderte sich gegenüber dem Vorjahr . . ." beschreibt hingegen eine Veränderung
gegenüber der gleichen Periode des Vorjahres und bezieht sich auf unbereinigte Zeitreihen.
Die Analyse der saison- und arbeitstägig bereinigten Entwicklung liefert genauere Informationen über
den aktuellen Konjunkturverlauf und zeigt Wendepunkte früher an. Die Daten unterliegen allerdings zusätzlichen
Revisionen, da die Saisonbereinigung auf statistischen Methoden beruht.
Wachstumsüberhang
Der Wachstumsüberhang bezeichnet den Effekt der Dynamik im unterjährigen Verlauf (in saisonbereinigten
Zahlen) des vorangegangenen Jahres (t0) auf die Veränderungsrate des Folgejahres (t1). Er ist definiert als
die Jahresveränderungsrate des Jahres t1, wenn das BIP im Jahr t1 auf dem Niveau des IV. Quartals des Jahres
t0 (in saisonbereinigten Zahlen) bleibt.
Durchschnittliche Veränderungsraten
Die Zeitangabe bezieht sich auf Anfangs- und Endwert der Berechnungsperiode: Demnach beinhaltet die durchschnittliche
Rate 2005/2010 als 1. Veränderungsrate jene von 2005 auf 2006, als letzte jene von 2009 auf 2010.
Reale und nominelle Größen
Die ausgewiesenen Werte sind grundsätzlich real, also um Preiseffekte bereinigt, zu verstehen. Werden Werte
nominell ausgewiesen (z. B. Außenhandelsstatistik), so wird dies eigens angeführt.
Produzierender Bereich
Diese Abgrenzung schließt die NACE-2008-Abschnitte B, C und D (Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden,
Herstellung von Waren, Energieversorgung) ein und wird hier im internationalen Vergleich verwendet.
Inflation, VPI und HVPI
Die Inflationsrate misst die Veränderung der Verbraucherpreise gegenüber dem Vorjahr. Der Verbraucherpreisindex
(VPI) ist ein Maßstab für die nationale Inflation. Der Harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI) ist
die Grundlage für die vergleichbare Messung der Inflation in der EU und für die Bewertung der Preisstabilität
innerhalb der Euro-Zone ( siehe auch http://www.statistik.at/).
Die Kerninflation als Indikator der Geldpolitik ist nicht eindeutig definiert. Das WIFO folgt der gängigen
Praxis, für die Kerninflation die Inflationsrate ohne die Gütergruppen unverarbeitete Nahrungsmittel
und Energie zu verwenden. So werden knapp 87% der im österreichischen Warenkorb für den Verbraucherpreisindex
(VPI 2010) enthaltenen Güter und Dienstleistungen in die Berechnung der Kerninflation einbezogen.
WIFO-Konjunkturtest und WIFO-Investitionstest
Der WIFO-Konjunkturtest ist eine monatliche Befragung von rund 1.500 österreichischen Unternehmen zur Einschätzung
ihrer aktuellen und künftigen wirtschaftlichen Lage. Der WIFO-Investitionstest ist eine halbjährliche
Befragung von Unternehmen zu ihrer Investitionstätigkeit ( http://www.konjunkturtest.at/ ). Die Indikatoren
sind Salden zwischen dem Anteil der positiven und jenem der negativen Meldungen an der Gesamtzahl der befragten
Unternehmen.
Arbeitslosenquote
Österreichische Definition: Anteil der zur Arbeitsvermittlung registrierten Personen am Arbeitskräfteangebot
der Unselbständigen. Das Arbeitskräfteangebot ist die Summe aus Arbeitslosenbestand und unselbständig
Beschäftigten (gemessen in Standardbeschäftigungsverhältnissen). Datenbasis: Registrierungen bei
AMS und Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger.
Definition gemäß ILO und Eurostat: Als arbeitslos gelten Personen, die nicht erwerbstätig sind
und aktiv einen Arbeitsplatz suchen. Als erwerbstätig zählt, wer in der Referenzwoche mindestens 1 Stunde
selbständig oder unselbständig gearbeitet hat. Personen, die Kinderbetreuungsgeld beziehen, und Lehrlinge
zählen zu den Erwerbstätigen, nicht hingegen Präsenz- und Zivildiener. Die Arbeitslosenquote ist
der Anteil der Arbeitslosen an allen Erwerbspersonen (Arbeitslose plus Erwerbstätige). Datenbasis:
Umfragedaten von privaten Haushalten (Mikrozensus).
Begriffe im Zusammenhang mit der österreichischen Definition der Arbeitslosenquote
Personen in Schulungen: Personen, die sich zum Stichtag in AMS-Schulungsmaßnahmen befinden. Für die
Berechnung der Arbeitslosenquote wird ihre Zahl weder im Nenner noch im Zähler berücksichtigt.
Unselbständig aktiv Beschäftigte: Zu den "unselbständig Beschäftigten" zählen
auch Personen, die Kinderbetreuungsgeld beziehen, sowie Präsenzdiener mit aufrechtem Beschäftigungsverhältnis.
Zieht man deren Zahl ab, so erhält man die Zahl der "unselbständig aktiv Beschäftigten".
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