Konjunkturumfeld für Österreich anhaltend schwierig

 

erstellt am
11. 11. 15
11:00 MEZ

Wien (wifo) - Der WIFO-Konjunkturtest zeigt eine weitere Verbesserung der Unternehmensstimmung in Österreich, jedoch nach wie vor keinen deutlichen Aufschwung. Der Konsum entwickelt sich anhaltend schwach, während sich die Investitionsnachfrage jüngst belebt hat. Aus dem Ausland kommen widersprüchliche Impulse für Österreichs Wirtschaft: Die Flaute in den wichtigsten Schwellenländern wirkt dämpfend, während die Ausfuhr in die USA kräftig wächst. In der EU insgesamt und im Euro-Raum steigt die Nachfrage nach österreichischen Produkten nur wenig.

Die vorlaufenden Indikatoren zur Beurteilung der künftigen Wirtschaftslage weisen mehrheitlich auf ein Anhalten der mäßigen Konjunkturerholung hin. Nach wie vor ist jedoch keine substanzielle Beschleunigung der Dynamik zu erkennen. Allerdings nimmt die Investitionstätigkeit im Inland zu, und auch das Exportgeschäft belebt sich.

In den ersten acht Monaten 2015 sank die Warenausfuhr in die Schwellenländer - insbesondere jene nach Russland. Die rege Exportnachfrage aus den USA glich diese Einbußen aus. Der Warenhandel mit der EU entwickelte sich aber nach wie vor verhalten und belebte sich erst im Juni etwas, als der Handel mit Deutschland anzog.

Auch im III. Quartal belastete die Schwäche des privaten Konsums die Wirtschaft. Weder der Rückgang der Energiepreise noch die nahende Entlastung der Haushaltseinkommen durch die Steuerreform konnten bislang den privaten Konsum stimulieren. Das Konsumentenvertrauen sank unter die in den letzten Jahren beobachteten Tiefstwerte. Dies deutet auf ein Anhalten der matten Entwicklung in den kommenden Monaten hin.

Der Tourismus verzeichnete nach den bisher vorliegenden Daten eine sehr erfolgreiche Sommersaison. Die Zahl der Gästeankünfte erreichte einen neuen Höchstwert, und obwohl die Ausgaben pro Nächtigung weiter sanken, erzielte die Tourismuswirtschaft auch eine deutliche Umsatzsteigerung im Vergleich zur Vorjahresperiode.

Die Inflationsrate ging aufgrund des erneuten Einbruches der Energierohstoffpreise zurück. Wegen der anhaltend kräftigen Verteuerung von Mieten und Bewirtungsdienstleistungen blieb sie aber mit +0,6% (HVPI) im September im internationalen Vergleich recht hoch - sowohl im Euro-Raum (-0,1%) als auch in Deutschland (-0,2%) sank der HVPI.

Weiterhin angespannt ist die Lage auf dem heimischen Arbeitsmarkt. Trotz einer Ausweitung der Zahl der unselbständig aktiv Beschäftigten um 1% gegenüber dem Vorjahr nahm die Arbeitslosigkeit gemäß AMS weiter zu (+29.100 auf 339.400 Personen). Die schrittweise Besserung der Konjunktur lässt seit Mai die beim AMS gemeldeten freien Stellen wieder steigen.

Die Arbeitslosenquote erhöhte sich laut AMS von 8,2% im September auf 8,7% im Oktober und lag damit deutlich über dem Vorjahreswert (8,1%). Auf Basis von um Saisoneinflüsse bereinigten Daten stagnierte die Quote jedoch in den letzten Monaten bei 9,3%. Die europaweit harmonisierte Quote betrug saisonbereinigt im September unverändert 5,7%; Österreich wies damit gemeinsam mit Estland den fünftniedrigsten Wert der EU-Länder auf.
Methodische Hinweise und Kurzglossar

Periodenvergleiche
Zeitreihenvergleiche gegenüber der Vorperiode, z. B. dem Vorquartal, werden um jahreszeitlich bedingte Effekte bereinigt. Dies schließt auch die Effekte ein, die durch eine unterschiedliche Zahl von Arbeitstagen in der Periode ausgelöst werden (etwa Ostern). Im Gegensatz zu den an Eurostat gelieferten und auch von Statistik Austria veröffentlichten "saison- und arbeitstägig bereinigten Veränderungen" der vierteljährlichen BIP-Daten bereinigt das WIFO diese zusätzlich um irreguläre Schwankungen. Diese als Trend-Konjunktur-Komponente bezeichneten Werte weisen einen ruhigeren Verlauf auf und machen Veränderungen des Konjunkturverlaufes besser interpretierbar.

Die Formulierung "veränderte sich gegenüber dem Vorjahr . . ." beschreibt hingegen eine Veränderung gegenüber der gleichen Periode des Vorjahres und bezieht sich auf unbereinigte Zeitreihen.

Die Analyse der saison- und arbeitstägig bereinigten Entwicklung liefert genauere Informationen über den aktuellen Konjunkturverlauf und zeigt Wendepunkte früher an. Die Daten unterliegen allerdings zusätzlichen Revisionen, da die Saisonbereinigung auf statistischen Methoden beruht.

Wachstumsüberhang
Der Wachstumsüberhang bezeichnet den Effekt der Dynamik im unterjährigen Verlauf (in saisonbereinigten Zahlen) des vorangegangenen Jahres (t0) auf die Veränderungsrate des Folgejahres (t1). Er ist definiert als die Jahresveränderungsrate des Jahres t1, wenn das BIP im Jahr t1 auf dem Niveau des IV. Quartals des Jahres t0 (in saisonbereinigten Zahlen) bleibt.

Durchschnittliche Veränderungsraten
Die Zeitangabe bezieht sich auf Anfangs- und Endwert der Berechnungsperiode: Demnach beinhaltet die durchschnittliche Rate 2005/2010 als 1. Veränderungsrate jene von 2005 auf 2006, als letzte jene von 2009 auf 2010.

Reale und nominelle Größen
Die ausgewiesenen Werte sind grundsätzlich real, also um Preiseffekte bereinigt, zu verstehen. Werden Werte nominell ausgewiesen (z. B. Außenhandelsstatistik), so wird dies eigens angeführt.

Produzierender Bereich
Diese Abgrenzung schließt die NACE-2008-Abschnitte B, C und D (Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden, Herstellung von Waren, Energieversorgung) ein und wird hier im internationalen Vergleich verwendet.

Inflation, VPI und HVPI
Die Inflationsrate misst die Veränderung der Verbraucherpreise gegenüber dem Vorjahr. Der Verbraucherpreisindex (VPI) ist ein Maßstab für die nationale Inflation. Der Harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI) ist die Grundlage für die vergleichbare Messung der Inflation in der EU und für die Bewertung der Preisstabilität innerhalb der Euro-Zone ( siehe auch http://www.statistik.at/).

Die Kerninflation als Indikator der Geldpolitik ist nicht eindeutig definiert. Das WIFO folgt der gängigen Praxis, für die Kerninflation die Inflationsrate ohne die Gütergruppen unverarbeitete Nahrungsmittel und Energie zu verwenden. So werden knapp 87% der im österreichischen Warenkorb für den Verbraucherpreisindex (VPI 2010) enthaltenen Güter und Dienstleistungen in die Berechnung der Kerninflation einbezogen.



WIFO-Konjunkturtest und WIFO-Investitionstest
Der WIFO-Konjunkturtest ist eine monatliche Befragung von rund 1.500 österreichischen Unternehmen zur Einschätzung ihrer aktuellen und künftigen wirtschaftlichen Lage. Der WIFO-Investitionstest ist eine halbjährliche Befragung von Unternehmen zu ihrer Investitionstätigkeit ( http://www.konjunkturtest.at/ ). Die Indikatoren sind Salden zwischen dem Anteil der positiven und jenem der negativen Meldungen an der Gesamtzahl der befragten Unternehmen.

Arbeitslosenquote
Österreichische Definition: Anteil der zur Arbeitsvermittlung registrierten Personen am Arbeitskräfteangebot der Unselbständigen. Das Arbeitskräfteangebot ist die Summe aus Arbeitslosenbestand und unselbständig Beschäftigten (gemessen in Standardbeschäftigungsverhältnissen). Datenbasis: Registrierungen bei AMS und Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger.

Definition gemäß ILO und Eurostat: Als arbeitslos gelten Personen, die nicht erwerbstätig sind und aktiv einen Arbeitsplatz suchen. Als erwerbstätig zählt, wer in der Referenzwoche mindestens 1 Stunde selbständig oder unselbständig gearbeitet hat. Personen, die Kinderbetreuungsgeld beziehen, und Lehrlinge zählen zu den Erwerbstätigen, nicht hingegen Präsenz- und Zivildiener. Die Arbeitslosenquote ist der Anteil der Arbeitslosen an allen Erwerbspersonen (Arbeitslose plus Erwerbstätige). Datenbasis:
Umfragedaten von privaten Haushalten (Mikrozensus).

Begriffe im Zusammenhang mit der österreichischen Definition der Arbeitslosenquote

Personen in Schulungen: Personen, die sich zum Stichtag in AMS-Schulungsmaßnahmen befinden. Für die Berechnung der Arbeitslosenquote wird ihre Zahl weder im Nenner noch im Zähler berücksichtigt.

Unselbständig aktiv Beschäftigte: Zu den "unselbständig Beschäftigten" zählen auch Personen, die Kinderbetreuungsgeld beziehen, sowie Präsenzdiener mit aufrechtem Beschäftigungsverhältnis. Zieht man deren Zahl ab, so erhält man die Zahl der "unselbständig aktiv Beschäftigten".

 

 

 

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