74 Prozent für Pause bei Erweiterung - 81 Prozent für intensivere Zusammenarbeit
- unter 30 Prozent für Beitritt südosteuropäischer Länder/Türkei: 13 Prozent
Wien (ögfe) - Am 10.11. werden in Brüssel die aktuellen EU-Erweiterungsberichte präsentiert.
„Für eine Mehrheit der ÖsterreicherInnen hat der EU-Beitritt weiterer Länder jedoch derzeit keine
Priorität“, sagt ÖGfE-Generalsekretär Paul Schmidt zu den Ergebnissen der jährlichen Erweiterungs-Umfrage
der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik (ÖGfE), die ebenfalls am 10.11. veröffentlicht
wurde. „Wichtiger ist der Bevölkerung die Lösung aktueller ökonomischer und sozialpolitischer Probleme.
Gerade für Österreich ist eine mittelfristige EU-Erweiterung um unsere Nachbarn am Westbalkan aber von
ureigenem Interesse. Die derzeitige Skepsis gegenüber neuen Erweiterungen wird sich dann verringern, wenn
es der EU gelingt, ihr eigenes Haus in Ordnung zu bringen und die Lebensqualität der EuropäerInnen merklich
zu verbessern.“
Die Ankündigung von Kommissionspräsident Juncker, die Aufnahme weiterer Länder für fünf
Jahre auszusetzen, wird von drei Viertel der befragten ÖsterreicherInnen (74 Prozent) als richtig beurteilt.
13 Prozent sind mit dieser Erweiterungspause nicht einverstanden (13 Prozent: „weiß nicht/Keine Angabe“).
Insgesamt 81 Prozent halten eine „Vertiefung der Zusammenarbeit der EU-Mitgliedstaaten“ für „sehr wichtig“
(51 Prozent) oder „wichtig“ (30 Prozent). 17 Prozent empfinden dies als „weniger wichtig“ (12 Prozent“ oder „gar
nicht wichtig“ (5 Prozent). Die „Erweiterung der EU um weitere Mitgliedstaaten“ wird dagegen nur von 18 Prozent
als „sehr wichtig“ (5 Prozent) bzw. „wichtig“ (13 Prozent) bewertet. Insgesamt 78 Prozent betrachten sie als „weniger
wichtig“ (36 Prozent) bzw. „gar nicht wichtig“ (42 Prozent).
„Der Umgang mit der griechischen Schuldenkrise und der Flüchtlingsfrage haben deutlich gemacht, wie schwierig
die Entscheidungsfindung unter 28 Mitgliedstaaten bereits jetzt geworden ist,“ betont Schmidt. Die EU ist unter
diesen Umständen selbst zurzeit kaum bereit, neue Länder zu integrieren. Zuerst muss ihr Krisenmanagement
effizienter und ihre Handlungsfähigkeit verbessert werden“.
Die geringsten Vorbehalte, was eine zukünftige EU-Mitgliedschaft betrifft, bringen die ÖsterreicherInnen
Bosnien-Herzegowina entgegen. 27 Prozent wären für den EU-Beitritt des Landes, 21 Prozent äußern
sich indifferent, 44 Prozent jedoch ablehnend (Rest auf 100 Prozent „weiß nicht/Keine Angabe“ / gilt auch
für folgende Werte).
Etwas skeptischer erweist sich das Meinungsbild im Fall von Montenegro (22 Prozent: „begrüßen“, 20 Prozent
„egal“, 48 Prozent: „ablehnen“) und Mazedonien/FYROM (21 Prozent: „begrüßen“, 19 Prozent „egal“, 50
Prozent: „ablehnen“). Recht geringe Zustimmung gibt es auch gegenüber der Aufnahme Serbiens (22 Prozent: „begrüßen“,
13 Prozent: „egal“, 59 Prozent: „ablehnen“), des Kosovo (19 Prozent: „begrüßen“, 19 Prozent: „egal“,
56 Prozent: „ablehnen“) und Albaniens (15 Prozent: „begrüßen“, 17 Prozent: „egal“, 61 Prozent: „ablehnen“).
Am deutlichsten ist die Skepsis hinsichtlich einer Mitgliedschaft der Türkei. 13 Prozent würden ihren
EU-Beitritt begrüßen, 75 Prozent jedoch ablehnen (7 Prozent: „egal“).
„Im Zeitverlauf hat sich das Meinungsbild zu weiteren Erweiterungsschritten hierzulande wenig geändert“, so
Schmidt. „Seit der letzten Befragung von September 2014 ist die Ablehnung der Beitrittskandidaten etwas gesunken
bzw., wie im Fall von Serbien und Albanien, konstant geblieben. Gleichzeitig ist die Indifferenz zum Beitritt der
genannten Länder gewachsen. Ein leichter Anstieg der Zustimmung auf niedrigem Niveau ist einzig im Fall der
Türkei sichtbar.“
Könnte der Zustrom von Flüchtlingen über die „West-Balkan-Route“ besser bewältigt werden, wenn
Serbien und Mazedonien bereits EU-Mitglied wären? Nur 13 Prozent gehen davon aus, dass dies positive Auswirkungen
auf die Bewältigung des Flüchtlingszustroms hätte. Zwei Drittel sagen, es würde keinen Unterschied
zur aktuellen Lage ausmachen, 6 Prozent meinen, dass es nachteilige Folgen hätte.
„Bis zur nächsten EU-Erweiterungsrunde ist es zwar noch ein langer Weg. Die Zeit sollten wir trotzdem nützen.
Sowohl die Kandidatenländer als auch die EU sind gefordert - durch verstärkte Reformanstrengungen und
finanzielle und politische Unterstützung -dem Integrationsprozess neuen Schwung zu verleihen“, schließt
Schmidt.
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