Verfassungsausschuss schickt Ausführungsgesetz in Begutachtung
Wien (pk) - Vor rund einem Jahr, im Dezember 2014, hat Kanzleramtsminister Josef Ostermayer dem Nationalrat
einen Gesetzentwurf zur Abschaffung des Amtsgeheimnisses vorgelegt. Durch die Verankerung einer Informationsverpflichtung
für öffentliche Stellen in der Bundesverfassung soll staatliches Handeln transparenter gemacht und der
Zugang von BürgerInnen zu Informationen erleichtert werden. Seither wird im Parlament und mit den Ländern
über das Verfassungsgesetz und ein dazu notwendiges Ausführungsgesetz verhandelt. Nun scheint Bewegung
in die Sache zu kommen. Der Verfassungsausschuss des Nationalrats hat am 09.11. auf Initiative der Koalitionsparteien
einhellig beschlossen, einen von SPÖ und ÖVP vorgelegten Entwurf für ein Ausführungsgesetz,
das so genannte "Informationsfreiheitsgesetz" (IFG), in Begutachtung zu schicken.
Wie Ausschussobmann Peter Wittmann berichtete, ist der Entwurf mit den Ländern abgestimmt. Durch bundeseinheitliche
Regelungen wolle man neun verschiedene Ländergesetze vermeiden, betonte er. Parallel zum Begutachtungsverfahren
soll Wittmann zufolge mit den Oppositionsparteien weiterverhandelt werden.
Dass noch einige Überzeugungsarbeit notwendig ist, zeigten die Stellungnahmen von Grün-Abgeordnetem Albert
Steinhauser und FPÖ-Abgeordnetem Philipp Schrangl. Beide machten geltend, dass der nun in Begutachtung geschickte
Gesetzentwurf nicht dem letzten Stand der Verhandlungen auf Parlamentsebene entspricht. Für Steinhauser ist
es unter anderem problematisch, dass jedes einzelne Bundesland eine bundesweite Regelung blockieren könnte.
Er plädierte in diesem Sinn dafür, in der Verfassung eine klare Bundeskompetenz zu verankern. Auch inhaltlich
ortet Steinhauser noch etliche Differenzen. Schrangl hob vor allem die Notwendigkeit hervor, den Ausnahmekatalog
im Verfassungsrecht abschließend zu regeln. Es werde keine Zustimmung der Freiheitlichen zu einer Öffnungsklausel
geben, bekräftigte er. Im Bundesrat hat es zuletzt positive Signale gegeben.
Zur Abgabe einer Stellungnahme zum Informationsfreiheitsgesetz eingeladen sind neben Ministerien, Ländern
und Interessenvertretungen u.a. auch diverse Universitätsinstitute, der Datenschutzrat, der Rechnungshof,
die Volksanwaltschaft und zivilgesellschaftliche Initiativen wie der Verein "Mehr Demokratie!" und das
Forum für Informationsfreiheit. Bis 17. Dezember können Anmerkungen zum Entwurf gemacht werden.
Öffentliche Stellen sollen innerhalb von acht Wochen Auskunft erteilen
Der von SPÖ-Verfassungssprecher Peter Wittmann und ÖVP-Verfassungssprecher Wolfgang Gerstl heute eingebrachte
Entwurf enthält detaillierte Ausführungsbestimmungen zur von der Regierung vor rund einem Jahr vorgelegten
Verfassungsnovelle ( 395 d.B.). So werden etwa die Ausnahmetatbestände, also jene Fälle, wo Geheimhaltung
weiter geboten ist, präzisiert. Demnach sind Auskünfte etwa dann unzulässig, wenn die öffentliche
Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährdet wäre, es außenpolitische Gründe erfordern oder es im
Interesse der nationalen Sicherheit liegt. Ebenso bleibt der Öffentlichkeit der Zugang zu Dokumenten, die
der Vorbereitung von Entscheidungen dienen, grundsätzlich verwehrt. Auch Datenschutzbestimmungen und Geschäftsgeheimnisse
sowie Urheberrechtsfragen sind zu berücksichtigen. Noch offen ist, ob zu den dezidiert aufgezählten Ausnahmetatbestände
noch eine allgemeine Schutzklausel kommt.
Die vom Gesetz erfassten Stellen – neben den Ministerien und den Landesverwaltungen u.a. auch das Parlament, die
Gerichte und weitere Organe des Bundes und der Länder – müssen Informationsansuchen laut Entwurf grundsätzlich
innerhalb von acht Wochen nachkommen. In Ausnahmefällen kann diese Frist um weitere acht Wochen verlängert
werden. Allerdings brauchen "offensichtlich schikanöse" Anfragen nicht beantwortet zu werden. Gleiches
gilt für Anfragen, deren Beantwortung einen unverhältnismäßigen Aufwand verursachen würde.
Werden durch die Informationserteilung Rechte dritter Personen berührt, sind diese "nach Tunlichkeit"
anzuhören. Anfragen an die unrichtige Stelle sind grundsätzlich so schnell wie möglich weiterzuleiten.
Verweigert die Stelle eine Auskunft, etwa mit Berufung auf einen Ausnahmetatbestand, könnte sich der bzw.
die Betroffene an das Verwaltungsgericht wenden. Für den dazu notwendigen Bescheid wird allerdings eine Gebühr
von 30 € fällig. Der Bescheid ist binnen acht Wochen auszustellen, Ausnahmen gibt es für Akte der Gesetzgebung,
für die kein Bescheid vorgesehen ist.
Teile des Informationsfreiheitsgesetzes werden, geht es nach dem in Begutachtung geschickten Entwurf, auch für
staatsnahe Unternehmen gelten, die der Kontrolle des Rechnungshofs unterliegen. Anders als die öffentlichen
Stellen werden diese aber nicht dazu verpflichtet sein, von sich aus Informationen von allgemeinem Interesse im
Internet bereitzustellen. Auch müssen sie keine Auskünfte erteilen, wenn ihre Wettbewerbsfähigkeit
oder ihre geschäftlichen Interessen beeinträchtigt wären. Gänzlich ausgenommen sind börsennotierte
Gesellschaften bzw. Unternehmen, die unter dem beherrschenden Einfluss börsennotierter Gesellschaften stehen.
Bei unzulässigen Auskunftsverweigerungen müsste der Zivilrechtsweg beschritten werden, erste Instanz
soll jenes Landesgericht sein, in dessen Sprengel das informationspflichtige Unternehmen seinen Sitz hat.
Als Datum des Inkrafttretens des Informationsfreiheitsgesetzes ist der 1. Jänner 2018 vorgesehen. Durchführungsverordnungen
sollen grundsätzlich dem Bundeskanzler vorbehalten bleiben.
Mitverhandelt mit der Regierungsvorlage und dem Ausführungsgesetz werden auch ein Antrag der NEOS ( 6/A) und
ein Antrag der Grünen ( 18/A). Beide zielen auf eine grundsätzliche Auskunftspflicht der Behörden
im Sinne einer umfassenden Informationsfreiheit ab und wurden wie die Verfassungsnovelle vorläufig vertagt.
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