Wir verwenden viel Energie für die Klärung unseres Abwassers, dabei könnte man
daraus sogar Strom gewinnen. Wie das möglich wird, erforscht nun ein EU-Projekt mit Beteiligung der TU Wien.
Brüssel/Wien (tu) - Kläranlagen gehören zu den größten Stromverbrauchern vieler
Gemeinden. Die Energie, die heute in der EU für die Klärung des Abwassers benötigt wird, entspricht
im Mittel der Produktion von zwei großen Kraftwerken (knapp 16,000 GWh pro Jahr, 1% des Energieverbrauches
der EU). Dabei wäre es durchaus möglich, Kläranlagen so zu planen und zu betreiben, dass sie keinen
Strom verbrauchen, sondern stattdessen sogar Energie aus erneuerbaren Quellen ins Stromnetz einspeisen.
Dass unsere Kläranlagen in Zukunft keine Stromverbraucher, sondern Stromproduzenten sein können, soll
das EU-Projekt PowerStep (15 europäische Partner, 5.2 Millionen Euro) anhand von großen Demonstrationsanlagen
zeigen. Die TU Wien ist unter der Projektleitung von Prof. Jörg Krampe der drittgrößte Einzelpartner
im Konsortium. Sein Forschungsteam wird auf der Kläranlage Kirchbichl in Tirol ein innovatives Konzept der
Prozesswasseraufbereitung implementieren und damit zur Energieoptimierung auf der Kläranlage entscheidend
beitragen.
Strom, Wärme, Biogas
Betrachtet man das gesamte innerhalb der EU anfallende Abwasser und das darin enthaltene organische Material, errechnet
sich daraus ein Energiepotenzial von etwa 87,500 GWh pro Jahr. Die im Abwasser chemisch gebundene Energie wird
nach dem heutigen Stand der Technik mit Hilfe verschiedener Prozesse nutzbar gemacht. Die Verfahren dazu können
mit konsequenter Weiterentwicklung noch deutlich effizienter gestaltet werden. Mit Hilfe anaerober Bakterien kann
man aus Klärschlamm Biogas herstellen, das dann durch Verstromung in einem Gasmotor und Verwendung der Abwärme
energetisch effizient genutzt wird.
Das Projektziel ist die Entwicklung einer „energie-positiven“ Kläranlage. Das Projektkonsortium will eine
ganze Reihe innovativer Konzepte nutzen, um das zu erreichen. „Der Kohlenstoff im Abwasser soll energetisch besser
genutzt werden, der Stickstoff soll mit innovativen biologischen Prozessen effizienter entfernt werden. Der Methananteil
im produzierten Biogas wird erhöht, um die Einspeisung in das Gasnetz zu ermöglichen. Die Reinigungsleistung
der Kläranlage soll dabei jedoch nicht beeinträchtigt werden“, sagt Dr. Vanessa Parravicini, Projektassistentin
am Institut für Wassergüte, Ressourcenmanagement und Abfallwirtschaft der TU Wien.
Zusätzlich sollen Möglichkeiten ausgeschöpft werden, den Strombedarf der Kläranlage etwa durch
smarte Speicherstrategien und besseres Energiemanagement zu senken. Eine Einsparung von mindestens 50% des benötigten
Stromes wird dabei angestrebt.
Erfahrung mit der Wiener Hauptkläranlage
Am Institut für Wassergüte, Ressourcenmanagement und Abfallwirtschaft der TU Wien ist bereits viel Know-How
über die betriebliche und energetische Optimierung von Kläranlagen vorhanden: Auch mit der Hauptkläranlage
Wien hat das Institut bereits erfolgreiche Projekte durchgeführt , u.a. das ambitionierte Projekt „EOS 2020“.
Das PowerStep-Projekt wurde am 28. September 2015 offiziell gestartet. Bereits Mitte 2016 sollen erste große
Demonstrationsanlagen in Österreich, Deutschland, Dänemark, Schweden und der Schweiz installiert werden.
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