Wien (kunstnet) - Der Otto Mauer Fonds vergibt die mit 11.000 Euro dotierte Auszeichnung heuer zum 35. Mal.
Prämiert wird das gesamte bisherige Werk einer Künstlerin oder eines Künstlers unter 40 Jahren.
Diesjährige Preisträgerin ist die in Kärnten geborene, derzeit in Wien lebende und arbeitende Künstlerin
Catrin Bolt. Der Preis wird von Erzbischof Kardinal Dr. Christoph Schönborn OP am 3. Dezember 2015 um 19.30
Uhr in den Festräumen des Erzbischöflichen Palais, Wollzeile 2, 1010 Wien, an Catrin Bolt vergeben.
Vom 6. Dezember 2015 bis 24. Jänner 2016 präsentiert Catrin Bolt unter dem Titel Kapital und Interessen,
meine Schulden groß und klein werden einst verrechnet sein im JesuitenFoyer, Bäckerstraße 18,
1010 Wien, ausgewählte Arbeiten. Die Eröffnung findet am Freitag, den 4. Dezember 2015, um 19.30 Uhr
statt. Der Eintritt ist frei. (Ausstellungsöffnungszeiten: Montag und Dienstag 16-19 Uhr, Sonntag 12-13 Uhr
und nach telefonischer Vereinbarung: T +43 699 11 441 567; zwischen 21. Dezember 2015 und
9. Jänner 2016 sowie an Feiertagen geschlossen)
Begründung der Jury
Die Jury des Msgr. Otto Mauer Preises 2015, bestehend aus Rainer Fuchs, Luisa Kasalicky, Hubert Lobnig, Johanna
Schwanberg und Gustav Scho¨rghofer SJ, entschied einstimmig, den diesjährigen Msgr. Otto Mauer Preis Catrin
Bolt zuzuerkennen.
"Mit Catrin Bolt wird eine Künstlerin ausgezeichnet, die in einer Tradition der konzeptionellen und institutionskritischen
Kunst steht. Sie bewegt sich bewusst außerhalb des Kunstestablishments und fungiert als genaue Beobachterin
von gesellschaftspolitischen Entwicklungen.
Bolt trifft in ihren Arbeiten konsequente Entscheidungen, die sie formal präzise formuliert. In ihrem interdisziplinären
Ansatz verwendet sie vielfältige Medien, insbesondere Sprache, Fotografie, Video und Performance; dabei kommen
eigene und fremde Materialien sowie Artefakte zum Einsatz.
In den Arbeiten Catrin Bolts schwingt bei allem ernsthaften politischen Engagement stets eine feine Ironie mit.
Die Jury schätzte beispielsweise den Witz ihrer temporären ‚Guerilla- Skulpturen' (2011); diese bestehen
aus zusammenklappbaren Holzsesseln, die Bolt an für Skulpturen typischen Orten, wie Kreisverkehren oder vor
Bahnhöfen aufbaute, fotografierte und wieder abbaute.
Bolts Werke im öffentlichen Raum setzen sich mit der Denkmalkultur auseinander. In kritischer Weise bezieht
sie die geschichtliche und gegenwärtige Situation des jeweiligen Orts mit ein. Auf dem Gelände des ehemaligen
Zwangsarbeitslagers Viehofen in St. Pölten, das heute mit einem Schotterteich als Naherholungsgebiet dient,
stellte Bolt 2010
‚Orientierungstafeln' auf. Sie ähneln auf den ersten Blick vertrauten Wanderkarten. Doch die Luftaufnahmen
der Alliierten zeigen die Situation zum Ende des Zweiten Weltkriegs mit den Lagern. Ein roter Punkt markiert den
Betrachterstandpunkt und verbindet Vergangenheit und Gegenwart.Besonders überzeugte die Jury, dass sich die
Arbeiten von Catrin Bolt vor dem Hintergrund der aktuellen weltweiten gesellschaftlichen Umbrüche bewähren,
ja geradezu an Aktualität noch dazu gewonnen haben. Deutlich wird dies am Beispiel des Mahnmals ‚Alltagsskulpturen'
(2014), in dem Bolt in großen Lettern Texte von Holocaustüberlebenden auf die Gehsteige jener Orte schrieb,
an denen die Ereignisse stattfanden. Ein Ort dieser
Interventionen war unter anderem der Bahnsteig 5 des Wiener Westbahnhofs, der in den letzten Wochen zu einem der
Kristallisationspunkte der Flüchtlingsthematik wurde.
Der Otto Mauer Preis 2015 wird somit einer Künstlerin verliehen, die sich nicht scheut, brisante Themen
aufzugreifen. Ihre Arbeiten sind gekennzeichnet durch die Gleichzeitigkeit von Geschichtsbewusstsein und gesellschaftlichem
Engagement, konzeptuellem Kalkül und ästhetischem Anspruch."
Seit 1981 verleiht der Otto Mauer Fonds der Erzdiözese Wien den Msgr. Otto Mauer Preis für bildende Kunst.
Der Fonds wurde von Kardinal Dr. Franz König und dem Erben Msgr. Otto Mauers, Prälat Dr. Karl Strobl,
gegründet. Aufgabe der Einrichtung ist es, das besondere Anliegen von Monsignore Otto Mauer, den Dialog zwischen
Kirche, Kunst und Wissenschaft lebendig zu halten und weiterzuführen.
In den vergangenen 35 Jahren waren insgesamt rund 90 prominente VertreterInnen aus dem zeitgenössischen Kunstbereich
- KünstlerInnen, KuratorInnen, MuseumsdirektorInnen und JournalistInnen - in der alljährlich wechselnden
Jury vertreten.
Folgende KünstlerInnen haben den Msgr. Otto Mauer Preis für bildende Kunst erhalten: Alfred Klinkan (1981),
Gottfried Mairwöger (1982), Erwin Bohatsch (1983), Erwin Wurm (1984), Gunter Damisch (1985), Franz West (1986),
Gustav Troger (1987), Peter Kogler (1988), Brigitte Kowanz (1989), Christoph Luger (1990), Martin Walde (1991),
Lois Renner (1992), Heimo Zobernig (1993), Tobias Pils (1994), Maria Hahnenkamp (1995), Otto Zitko (1996), Aglaia
Konrad (1997), Gregor Zivic (1998), Manfred Erjautz (1999), Florian Pumhösl (2000), Michael Kienzer (2001),
Dorit Margreiter (2002), Simon Wachsmuth (2003), Esther Stocker (2004), Jun Yang (2005), Bernhard Fruehwirth (2006),
Ursula Mayer (2007), Isa Rosenberger (2008), Siggi Hofer (2009), Katrina Daschner (2010), Kamen Stoyanov (2011),
Ralo Mayer (2012), Luisa Kasalicky (2013) und Nilbar Güres (2014).
Otto Mauer Fonds Projektförderung 2015
Neben der jährlichen Vergabe des Msgr. Otto Mauer Preises fließt der weitaus größte Teil
der Mittel des Otto Mauer Fonds in Projektförderungen in den Bereichen bildende Kunst, Musik, Theater, Wissenschaft,
Erziehung und Erwachsenenbildung. 2015 wurden u.a. folgende Projekte vom Otto Mauer Fonds unterstützt:
Für ihre Publikationen erhielten Birgit Knoechl ("Aspects of growth"), Hans-Jürgen Poetz ("see
trau'n"), Werner Reiss ("Die Gespräche der Stipendiaten") und die Msgr. Otto Mauer Preisträgerin
Aglaia Konrad ("La Scala") finanzielle Unterstützung durch den Otto Mauer Fonds, ebenso Klaus Mosettig
("Withdrawal"), Viktoria Tremmel ("Aktive Stagnation") und Anna Mitterer ("La Chambre
d'Ortolan") für ihre KünstlerInnenbücher.
Im Bereich Film förderte der Otto Mauer Fonds 2015 Cana Bilir-Meier in der Erstellung eines Dokumentarfilms
als Auseinandersetzung mit der Geschichte der Zensur in der Kunst anhand des Filmes "Yorgun Savasçi",
den experimentellen Essayfilm "Mutter von Mutter" von Amina Handke, den Puppenanimationsfilm "Who's
that bird?" von Manuela Molin, Ruth Kaaserers Filmprojekt "Gwendolyn" über eine Gewichtheberin
Mitte 60 und die Mehrkanal- Videoinstallation "Auroville. City of Future" von Heidrun Holzfeind sowie
die dokumentarische Videoinstallation "Athens' Solidarity" zur Lage des Gesundheitssystems in Griechenland
von Bernhard Hetzenauer. Carola Dertnig erhielt eine Förderzusage für das Videoprojekt "We don't
need your education - Hey! Teacher! Leave those kids alone!", das sich mit den Themen Bildung und Erziehung
auseinander setzt.
Der Otto Mauer Fonds förderte Gerlinde Miesenböck mit ihrem Fotografieprojekt "botanica", das
die Beziehung zwischen Mensch und Natur im häuslichen Bereich thematisiert.
Für die Eröffnung des Dom Museum Wien wurde die Filminstallation zu Monsignore Otto Mauer "Was Kunst
überhaupt sei…" von Isa Rosenberger teilfinanziert.
"Flat1", ein freier Kunstraum in Wien, wurde in den Gruppenausstellungen zum Jahresthema
"Subversion" ebenso unterstützt, wie ein Ausstellungsprojekt zu Migration und translokalen Fluchtbewegungen"
von Roland Schöny im Ausstellungs- und Projektraum FJK3 sowie die derzeit laufende Ausstellung "Schicksal.Mensch.
Christliche Gemälde von Hans Wulz" im Curhaus in Wien.
Im Bereich der Integration förderte der Otto Mauer Fonds das Projekt "Reißverschluss. Weil wir
uns nicht verschließen!", der youngCaritas, das es sich zum Ziel gesetzt hat, Menschen mit körperlicher
Beeinträchtigung in die Modewelt zu inkludieren, und das Sozialprojekt
"Kreativ am Werk", aktuell mit der Theaterproduktion "SchonZeit" von Christian Suchy.
Im wissenschaftlichen Bereich wurden im Jahr 2015 die Symposien "Die Gläserne Gesellschaft" zum
Thema der Überwachung, "Das autonome Subjekt?" über aktuelle Neuro- Enhancement-Debatten sowie
die Gesprächswoche des Forums St. Stephan "Junge Forschung und ihre gesellschaftliche Relevanz"
und die interdisziplinäre Sommerakademie zum Thema "Modelle" des Österreichischen Studienförderungswerks
PRO SCIENTIA gefördert.
Die einzelnen Projekte wurden mit 500 bis 10.000 Euro teilfinanziert.
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