Kurz für finanzielle Konsequenzen
bei laxer EU-Grenzsicherung

 

erstellt am
19. 11. 15
11:00 MEZ

Außenbudget - Mehr EZA-Mittel, weniger Geld für Auslandsvertretungen
Wien (pk) - Angesichts der wachsenden Zahl an Flüchtlingen, die nach Europa kommen, kann sich Außenminister Sebastian Kurz durchaus vorstellen, auf EU-Ebene wenn nötig auch mit budgetärem Druck eine Sicherstellung der Außengrenzen zu erwirken. Das verdeutlichte er am 18.11. im Budgetausschuss des Nationalrats bei der Debatte über den Bundesvoranschlag 2016 für das Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres. Im Zusammenhang mit konkreten Maßnahmen Österreichs zur Bewältigung der Flüchtlingssituation sagte Kurz, Hilfen vor Ort seien das nachhaltigste Instrument, weswegen auch keine Mittel für Projekte der Entwicklungszusammenarbeit (EZA) zur Flüchtlingsbetreuung im Land herangezogen werden würden. Im Gegenteil habe man nächstes Jahr mehr Geld für humantäre Hilfe im Ausland bereitgestellt.

Kritik von SPÖ, Grünen und NEOS, im Budgetvorschlag des Außenressorts finde sich kein Stufenplan für Maßnahmen zur Erhöhung der EZA-Mittel auf 0,7% des Bruttonationaleinkommens (BNE), wie im Regierungsprogramm vorgesehen, erwiderte der Außenminister mit dem Hinweis, es fehle schlicht an der budgetären Bedeckung dafür. Das Bundeskanzleramt habe dem Finanzministerium noch nicht ermöglicht, die notwendigen Mittel freizugeben. Ebenfalls von Verhandlungen in der Bundesregierung hängt Kurz zufolge derzeit noch die Mittelverteilung aus dem mit 75 Mio. € dotierten Integrationstopf ab, wobei der Außenminister sein Ressort und das Innenministerium als die legitimen Anwärter für diese zusätzlichen Integrationsmittel betrachtet.

EZA: Regierungsvorsatz trotz Steigerung noch nicht realisiert
Insgesamt hat das Außenministerium (BMEIA) 2016 laut Budgetplan 428 Mio. € zur Verfügung, das sind um 18,9 Mio.€ mehr als heuer. Notwendig macht diese Mittelerhöhung zum einen die geplante Aufstockung des Auslandskatastrophenfonds von 5 Mio. € auf 20 Mio.€. Zum anderen will das Ministerium in seiner Zuständigkeit für Integrationsagenden nächstes Jahr 15 Mio.€ zur sprachlichen Frühförderung in Kindergärten beisteuern. Die Ausgabenobergrenze für die Entwicklungszusammenarbeit (EZA) werde überdies durch eine Erhöhung um 15 Mio. € auf 76,14 Mio.€ gebracht, was dem Niveau von 2014 entspricht, heißt es aus dem Ministerium. Die 2015 verfügbaren EZA-Mittel, verwaltet durch die Austrian Development Agency (ADA), waren auf 60 Mio. € gekürzt worden.

Die Kritik der SPÖ-Mandatarin Petra Bayr, sowie der Oppositionsabgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill (G) und Christoph Vavrik (N), Österreich liege bei seinen EZA-Ausgaben unter dem Wert, den der Nationalrat in einer Entschließung verlangt habe, ließ Kurz nicht unkommentiert. Das Außenministerium stelle lediglich die auszahlende Stelle dar, die konkrete Höhe der Leistungen seien von Bundeskanzler und Finanzminister festgelegt worden. Die Erhöhung der Official Development Assistance (ODA) – Quote hänge außerdem davon ab, ließ er Abgeordneten Franz-Joseph Huainigg (V) wissen, welche Maßnahmen von der internationalen Gemeinschaft angerechnet würden. ÖVP-Abgeordnete Angelika Winzig führte die Hebelwirkung der Entwicklungszusammenarbeit für die österreichische Wirtschaft ins Treffen und wurde von Kurz bestätigt, die Kooperation von Partnerländern mit heimischen Unternehmen sei äußerst fruchtbar für beide Seiten. Vor allem leisteten diese Wirtschaftspartnerschaften einen maßgeblichen Beitrag zu besseren Bildungs- und Arbeitsmöglichkeiten in den Ländern, wovon auch Österreich profitiere.

Integrationstopf: Mittelverteilung derzeit Verhandlungssache
Zur budgetären Herausforderung im Zusammenhang mit den Flüchtlingsbewegungen meinte Außenminister Kurz, sein Ressort setze hier auf die Gelder aus dem Integrationsfonds der Regierung. Abgesehen davon liege die Verantwortung für die Erstversorgung der Schutzsuchenden und entsprechende Sozialleistungen beim Innenministerium beziehungsweise bei Ländern und Gemeinden. Die Befürchtung von Reinhard Eugen Bösch (F), die zusätzlichen Integrationsmittel von 75 Mio. Euro würden nicht ausreichen für die Versorgung aller MigrantInnen, die derzeit ins Land strömten, teilte der Außenminister bis zu einem gewissen Grad. Letztendlich sei das Problem nur durch eine Sicherung der EU-Außengrenzen lösbar. Die EU soll seiner Meinung nach finanziellen Druck auf Länder wie Griechenland ausüben, sodass das Grenzmanagement tatsächlich geordnet erfolgt. "Ein Weiterwinken der Flüchtlinge nach Mitteleuropa verschärft das Problem nur". Europäisch koordinierte Zahlungsstopps sind für Kurz auch vorstellbar bei EZA-Partnerländern, die eine Rücknahme von Flüchtlingen ohne Asylgrund verweigern. Als nachhaltigste Methode zur Bewältigung der aktuellen Flüchtlingskrise wertet Kurz allerdings die Bereitstellung von Mitteln zur humanitären Hilfe in den Krisenregionen. Die von Österreich bei der Konferenz mit afrikanischen Staaten in der maltesischen Hauptstadt Valletta zugesagten 26 Mio.€ würden von seinem Ministerium mit ADA-Mitteln und aus dem Auslandskatastrophenfonds mitfinanziert, informierte Kurz Abgeordnete Peter Bayr (S). In Verbindung mit EZA-Initiativen würden überdies Projekte für die Stärkung von Frauen, Kindern und Menschen mit Behinderung speziell beachtet, erfuhr Gisela Wurm (S). In seinen Wirkungszielen bekennt sich das Ministerium zur umfassenden Stärkung der Rechte von Frauen und Kindern weltweit, gerade im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit zur nachhaltigen Verringerung von Armut.

Von Alev Korun (G) und Hannes Weninger (S) auf den Umfang der Integrationsmaßnahmen des Bundes für Asylsuchende angesprochen, erläuterte Kurz, es gebe beispielsweise Sprachkurse für jene Menschen mit hoher Chance auf Asyl in Österreich. "Dort investieren, wo es Sinn macht", ist seine Maxime, da etwa syrische StaatsbürgerInnen mehr Aussicht auf Asylstatus hätten als Personen aus Ländern wie dem Kosovo. Im Rahmen der Sprachkurse wolle man auch die Wertevermittlung forcieren. Zum Ausbau von Integrationsangeboten hofft Kurz wiederum, dass sein Ministerium möglichst viele Mittel aus dem Integrationstopf beim Finanzministerium erhält. Integrationspolitik ist für das Ressort nicht zuletzt die Förderung einer eigenverantwortlichen Teilhabe von MigrantInnen an der österreichischen Gesellschaft, erschließt sich aus den Budgetunterlagen. Als eigener Auszahlungsschwerpunkt werden die Zweckzuschüsse zur sprachlichen Frühförderung genannt.

Botschaften: Reform nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten
Den Sparstift setzt das Außenressort künftig bei Botschaften und Konsulaten an: Vertretungsbehörden im Ausland erhalten 2016 mit 156,95 Mio. € um 10,61 Mio. € (-6,3%) weniger als heuer. Unter anderem ist geplant, nächstes Jahr die Botschaften in Malta und Lettland zu schließen und zwei bislang selbständige Kulturinstitute in Botschaften einzugliedern. Die Botschaft in Estland werde 2018 aufgelöst, da die Kooperation mit den Baltischen Ländern im Rahmen der Europäischen Union auch ohne eigene Vertretungsbehörde ausgezeichnet funktioniere, wies Außenminister Kurz den Einwand von Abgeordnetem Christoph Hagen (T) zurück, die Wirtschaft werde unter dem Mangel an heimischen Botschaften im gesamten Baltikum leiden. Tatsächlich habe man bei dieser Strukturreform vor allem die wirtschaftlichen Interessen Österreichs im Auge, daher seien auch Botschaftseröffnungen geplant, etwa in Belarus oder Katar, so Kurz. Bei den bestehenden Botschaften soll eher bei Nebengebühren, etwa Übersiedlungen, gespart werden als im Personalbereich, wo der Zyklus für Auslandsentsendungen verlängert wird, geht aus den Budgetunterlagen hervor.

Der Sichtweise Christine Muttonens (S), die geplanten Einsparungen von 17,6 Mio. € (-19,3%) bei den Beiträgen an internationale Organisationen wie die Vereinten Nationen widersprächen der humanitären Ausrichtung der heimischen Außenpolitik, widersprach Minister Kurz ebenfalls. Die Höhe der österreichischen Beiträge an UN-Missionen zum Beispiel resultiere aus der Berechnungslogik der Vereinten Nationen, meinte er, liege also außerhalb der nationalen Entscheidung. Peter Pilz (G), der sich über Kürzungen der heimischen Zahlungen an das World Food Programme (WFP) der UNO entrüstete, gab Kurz zu verstehen, das Außenamt sei hier ebenso der falsche Adressat. Auskunft über die WFP-Zuwendungen gebe das Landwirtschaftsministerium.

Insgesamt sind nächstes Jahr 65,02 Mio. € an Leistungen an internationale Organisationen vorgesehen, die größten Kürzungen gibt es bei Zahlungen an die UNO mit einer Reduktion von fünf Millionen Euro. Budgetäre Vorkehrungen für den österreichischen Vorsitz in der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) 2017 sollen in der Budgetplanung nächstes Jahr erfolgen. An Rücklagen hatte das BMEIA Ende 2014 insgesamt 87,27 Mio.€, 11,63 Mio.€ davon wurden heuer bereits genutzt. Für nächstes Jahr sind Entnahmen von 12,63 Mio.€ budgetiert.

Die Betreuung von ÖsterreicherInnen im Ausland, insbesondere bei Krisen, sowie die Sicherstellung außen-, sicherheits-, wirtschafts- und europapolitischer Interessen Österreichs nennt das BMEIA als grundsätzliche Schwerpunkte seiner Tätigkeit, wobei man vermehrt internationale Organisationen und Konferenzen ins Land holen will. Weltpolitische Verhandlungsrunden, wie die Atomgespräche mit dem Iran in Wien, hätten einen echten Mehrwert für Österreich, bestätigte Kurz eine Anmerkung von Werner Amon (V). Der Außenminister kündigte in diesem Kontext ein neues NGO-Gesetz an, um vermehrt international tätige zivilgesellschaftliche Organisationen in Österreich anzusiedeln, zumal diese oft die Vorstufe zu internationalen Organisationen bildeten.

Beiträge zur Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union sowie die Beteiligung an friedenserhaltenen Operationen der UNO runden die im Finanzrahmen bis 2019 gesetzten Ziele des Außenministeriums ab. Aus aktuellem Anlass erkundigte sich Josef Cap (S) nach budgetären Konsequenzen für das Außenministerium infolge der Attentate in Paris letzten Freitag und erhielt die Auskunft von Kurz, eine Evaluierung der Sicherheitsvorkehrungen an den Botschaften Österreichs sei im Gange. Derzeit gebe es aber keine Pläne, Botschaften aus Sicherheitsbedenken abzuziehen oder finanzielle Akutmaßnahmen zu setzen.

 

 

 

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