Außenbudget - Mehr EZA-Mittel, weniger Geld für Auslandsvertretungen
Wien (pk) - Angesichts der wachsenden Zahl an Flüchtlingen, die nach Europa kommen, kann sich Außenminister
Sebastian Kurz durchaus vorstellen, auf EU-Ebene wenn nötig auch mit budgetärem Druck eine Sicherstellung
der Außengrenzen zu erwirken. Das verdeutlichte er am 18.11. im Budgetausschuss des Nationalrats bei der
Debatte über den Bundesvoranschlag 2016 für das Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres.
Im Zusammenhang mit konkreten Maßnahmen Österreichs zur Bewältigung der Flüchtlingssituation
sagte Kurz, Hilfen vor Ort seien das nachhaltigste Instrument, weswegen auch keine Mittel für Projekte der
Entwicklungszusammenarbeit (EZA) zur Flüchtlingsbetreuung im Land herangezogen werden würden. Im Gegenteil
habe man nächstes Jahr mehr Geld für humantäre Hilfe im Ausland bereitgestellt.
Kritik von SPÖ, Grünen und NEOS, im Budgetvorschlag des Außenressorts finde sich kein Stufenplan
für Maßnahmen zur Erhöhung der EZA-Mittel auf 0,7% des Bruttonationaleinkommens (BNE), wie im Regierungsprogramm
vorgesehen, erwiderte der Außenminister mit dem Hinweis, es fehle schlicht an der budgetären Bedeckung
dafür. Das Bundeskanzleramt habe dem Finanzministerium noch nicht ermöglicht, die notwendigen Mittel
freizugeben. Ebenfalls von Verhandlungen in der Bundesregierung hängt Kurz zufolge derzeit noch die Mittelverteilung
aus dem mit 75 Mio. € dotierten Integrationstopf ab, wobei der Außenminister sein Ressort und das Innenministerium
als die legitimen Anwärter für diese zusätzlichen Integrationsmittel betrachtet.
EZA: Regierungsvorsatz trotz Steigerung noch nicht realisiert
Insgesamt hat das Außenministerium (BMEIA) 2016 laut Budgetplan 428 Mio. € zur Verfügung, das sind um
18,9 Mio.€ mehr als heuer. Notwendig macht diese Mittelerhöhung zum einen die geplante Aufstockung des Auslandskatastrophenfonds
von 5 Mio. € auf 20 Mio.€. Zum anderen will das Ministerium in seiner Zuständigkeit für Integrationsagenden
nächstes Jahr 15 Mio.€ zur sprachlichen Frühförderung in Kindergärten beisteuern. Die Ausgabenobergrenze
für die Entwicklungszusammenarbeit (EZA) werde überdies durch eine Erhöhung um 15 Mio. € auf 76,14
Mio.€ gebracht, was dem Niveau von 2014 entspricht, heißt es aus dem Ministerium. Die 2015 verfügbaren
EZA-Mittel, verwaltet durch die Austrian Development Agency (ADA), waren auf 60 Mio. € gekürzt worden.
Die Kritik der SPÖ-Mandatarin Petra Bayr, sowie der Oppositionsabgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill
(G) und Christoph Vavrik (N), Österreich liege bei seinen EZA-Ausgaben unter dem Wert, den der Nationalrat
in einer Entschließung verlangt habe, ließ Kurz nicht unkommentiert. Das Außenministerium stelle
lediglich die auszahlende Stelle dar, die konkrete Höhe der Leistungen seien von Bundeskanzler und Finanzminister
festgelegt worden. Die Erhöhung der Official Development Assistance (ODA) – Quote hänge außerdem
davon ab, ließ er Abgeordneten Franz-Joseph Huainigg (V) wissen, welche Maßnahmen von der internationalen
Gemeinschaft angerechnet würden. ÖVP-Abgeordnete Angelika Winzig führte die Hebelwirkung der Entwicklungszusammenarbeit
für die österreichische Wirtschaft ins Treffen und wurde von Kurz bestätigt, die Kooperation von
Partnerländern mit heimischen Unternehmen sei äußerst fruchtbar für beide Seiten. Vor allem
leisteten diese Wirtschaftspartnerschaften einen maßgeblichen Beitrag zu besseren Bildungs- und Arbeitsmöglichkeiten
in den Ländern, wovon auch Österreich profitiere.
Integrationstopf: Mittelverteilung derzeit Verhandlungssache
Zur budgetären Herausforderung im Zusammenhang mit den Flüchtlingsbewegungen meinte Außenminister
Kurz, sein Ressort setze hier auf die Gelder aus dem Integrationsfonds der Regierung. Abgesehen davon liege die
Verantwortung für die Erstversorgung der Schutzsuchenden und entsprechende Sozialleistungen beim Innenministerium
beziehungsweise bei Ländern und Gemeinden. Die Befürchtung von Reinhard Eugen Bösch (F), die zusätzlichen
Integrationsmittel von 75 Mio. Euro würden nicht ausreichen für die Versorgung aller MigrantInnen, die
derzeit ins Land strömten, teilte der Außenminister bis zu einem gewissen Grad. Letztendlich sei das
Problem nur durch eine Sicherung der EU-Außengrenzen lösbar. Die EU soll seiner Meinung nach finanziellen
Druck auf Länder wie Griechenland ausüben, sodass das Grenzmanagement tatsächlich geordnet erfolgt.
"Ein Weiterwinken der Flüchtlinge nach Mitteleuropa verschärft das Problem nur". Europäisch
koordinierte Zahlungsstopps sind für Kurz auch vorstellbar bei EZA-Partnerländern, die eine Rücknahme
von Flüchtlingen ohne Asylgrund verweigern. Als nachhaltigste Methode zur Bewältigung der aktuellen Flüchtlingskrise
wertet Kurz allerdings die Bereitstellung von Mitteln zur humanitären Hilfe in den Krisenregionen. Die von
Österreich bei der Konferenz mit afrikanischen Staaten in der maltesischen Hauptstadt Valletta zugesagten
26 Mio.€ würden von seinem Ministerium mit ADA-Mitteln und aus dem Auslandskatastrophenfonds mitfinanziert,
informierte Kurz Abgeordnete Peter Bayr (S). In Verbindung mit EZA-Initiativen würden überdies Projekte
für die Stärkung von Frauen, Kindern und Menschen mit Behinderung speziell beachtet, erfuhr Gisela Wurm
(S). In seinen Wirkungszielen bekennt sich das Ministerium zur umfassenden Stärkung der Rechte von Frauen
und Kindern weltweit, gerade im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit zur nachhaltigen Verringerung von Armut.
Von Alev Korun (G) und Hannes Weninger (S) auf den Umfang der Integrationsmaßnahmen des Bundes für Asylsuchende
angesprochen, erläuterte Kurz, es gebe beispielsweise Sprachkurse für jene Menschen mit hoher Chance
auf Asyl in Österreich. "Dort investieren, wo es Sinn macht", ist seine Maxime, da etwa syrische
StaatsbürgerInnen mehr Aussicht auf Asylstatus hätten als Personen aus Ländern wie dem Kosovo. Im
Rahmen der Sprachkurse wolle man auch die Wertevermittlung forcieren. Zum Ausbau von Integrationsangeboten hofft
Kurz wiederum, dass sein Ministerium möglichst viele Mittel aus dem Integrationstopf beim Finanzministerium
erhält. Integrationspolitik ist für das Ressort nicht zuletzt die Förderung einer eigenverantwortlichen
Teilhabe von MigrantInnen an der österreichischen Gesellschaft, erschließt sich aus den Budgetunterlagen.
Als eigener Auszahlungsschwerpunkt werden die Zweckzuschüsse zur sprachlichen Frühförderung genannt.
Botschaften: Reform nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten
Den Sparstift setzt das Außenressort künftig bei Botschaften und Konsulaten an: Vertretungsbehörden
im Ausland erhalten 2016 mit 156,95 Mio. € um 10,61 Mio. € (-6,3%) weniger als heuer. Unter anderem ist geplant,
nächstes Jahr die Botschaften in Malta und Lettland zu schließen und zwei bislang selbständige
Kulturinstitute in Botschaften einzugliedern. Die Botschaft in Estland werde 2018 aufgelöst, da die Kooperation
mit den Baltischen Ländern im Rahmen der Europäischen Union auch ohne eigene Vertretungsbehörde
ausgezeichnet funktioniere, wies Außenminister Kurz den Einwand von Abgeordnetem Christoph Hagen (T) zurück,
die Wirtschaft werde unter dem Mangel an heimischen Botschaften im gesamten Baltikum leiden. Tatsächlich habe
man bei dieser Strukturreform vor allem die wirtschaftlichen Interessen Österreichs im Auge, daher seien auch
Botschaftseröffnungen geplant, etwa in Belarus oder Katar, so Kurz. Bei den bestehenden Botschaften soll eher
bei Nebengebühren, etwa Übersiedlungen, gespart werden als im Personalbereich, wo der Zyklus für
Auslandsentsendungen verlängert wird, geht aus den Budgetunterlagen hervor.
Der Sichtweise Christine Muttonens (S), die geplanten Einsparungen von 17,6 Mio. € (-19,3%) bei den Beiträgen
an internationale Organisationen wie die Vereinten Nationen widersprächen der humanitären Ausrichtung
der heimischen Außenpolitik, widersprach Minister Kurz ebenfalls. Die Höhe der österreichischen
Beiträge an UN-Missionen zum Beispiel resultiere aus der Berechnungslogik der Vereinten Nationen, meinte er,
liege also außerhalb der nationalen Entscheidung. Peter Pilz (G), der sich über Kürzungen der heimischen
Zahlungen an das World Food Programme (WFP) der UNO entrüstete, gab Kurz zu verstehen, das Außenamt
sei hier ebenso der falsche Adressat. Auskunft über die WFP-Zuwendungen gebe das Landwirtschaftsministerium.
Insgesamt sind nächstes Jahr 65,02 Mio. € an Leistungen an internationale Organisationen vorgesehen, die größten
Kürzungen gibt es bei Zahlungen an die UNO mit einer Reduktion von fünf Millionen Euro. Budgetäre
Vorkehrungen für den österreichischen Vorsitz in der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit
in Europa (OSZE) 2017 sollen in der Budgetplanung nächstes Jahr erfolgen. An Rücklagen hatte das BMEIA
Ende 2014 insgesamt 87,27 Mio.€, 11,63 Mio.€ davon wurden heuer bereits genutzt. Für nächstes Jahr sind
Entnahmen von 12,63 Mio.€ budgetiert.
Die Betreuung von ÖsterreicherInnen im Ausland, insbesondere bei Krisen, sowie die Sicherstellung außen-,
sicherheits-, wirtschafts- und europapolitischer Interessen Österreichs nennt das BMEIA als grundsätzliche
Schwerpunkte seiner Tätigkeit, wobei man vermehrt internationale Organisationen und Konferenzen ins Land holen
will. Weltpolitische Verhandlungsrunden, wie die Atomgespräche mit dem Iran in Wien, hätten einen echten
Mehrwert für Österreich, bestätigte Kurz eine Anmerkung von Werner Amon (V). Der Außenminister
kündigte in diesem Kontext ein neues NGO-Gesetz an, um vermehrt international tätige zivilgesellschaftliche
Organisationen in Österreich anzusiedeln, zumal diese oft die Vorstufe zu internationalen Organisationen bildeten.
Beiträge zur Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union sowie die Beteiligung
an friedenserhaltenen Operationen der UNO runden die im Finanzrahmen bis 2019 gesetzten Ziele des Außenministeriums
ab. Aus aktuellem Anlass erkundigte sich Josef Cap (S) nach budgetären Konsequenzen für das Außenministerium
infolge der Attentate in Paris letzten Freitag und erhielt die Auskunft von Kurz, eine Evaluierung der Sicherheitsvorkehrungen
an den Botschaften Österreichs sei im Gange. Derzeit gebe es aber keine Pläne, Botschaften aus Sicherheitsbedenken
abzuziehen oder finanzielle Akutmaßnahmen zu setzen.
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