Wien (unhcr) - Über 100 EntscheidungsträgerInnen aus dem Asylbereich sind am 16.11. zu einem juristischen
Erfahrungsaustausch in der Verwaltungsakademie des Bundes im Wiener Schloss Laudon zusammengekommen. Auf Initiative
des UN-Flüchtlingshochkommissariats UNHCR diskutierten VertreterInnen der Institutionen des österreichischen
Asylsystems mit ExpertInnen aus dem In- und Ausland.
Im Mittelpunkt dieses Austausches standen dabei die asylrelevante Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes
und deren Auswirkung auf Österreich, Herausforderungen in Asylverfahren für vulnerable und im speziellen
traumatisierte Asylsuchende sowie beschleunigte Asylverfahren und effektiver Rechtsschutz.
Der stellvertretende UN-Flüchtlingshochkommissar Dr. Volker Türk befasste sich in seinem Impulsreferat
mit der Zukunft des Flüchtlingsschutzes in Europa. „Wir stehen an einem Punkt, an dem wir über mutige
Zukunftsvisionen nachdenken sollten. So könnte etwa die Entwicklung einer supranationalen Zuständigkeit
der EU-Institutionen in Asylangelegenheiten ernsthaft in Betracht gezogen werden und an die Stelle von zersplitterten,
einzelstaatlichen Herangehensweisen treten.“
Sektionschef Dr. Mathias Vogl, Leiter der Sektion Recht im Innenministerium, dankte dem UNHCR für die enormen
Leistungen und die Unterstützung in der aktuellen Flüchtlingskrise: „Wir stehen vor einer herausfordernden
Situation, die Österreich nicht allein bewältigen kann. Allein für Österreich rechnen wir mit
95.000 Antragstellern für das Jahr 2015. Es braucht daher rasche Lösungen auf europäischer Ebene,
mehr europäische Solidarität, eine gemeinsame Bekämpfung der Fluchtursachen in den Herkunftsregionen
und die Eröffnung von Schutz und Perspektiven in der Region. Wichtig sind zudem auch der geplante Relocations-Mechanismus
– der „Verteilungs-Mechanismus“ – und Resettlement-Programme.“
Der Präsident des Verfassungsgerichtshofes Dr. Gerhart Holzinger stellte fest, dass Asylrechtssachen seit
geraumer Zeit einen besonderen Schwerpunkt der Arbeit des Verfassungsgerichtshofes bilden und wies darauf hin,
dass gerade in Asylrechtssachen ein nicht nur qualitätsvoller, sondern auch effizienter Rechtsschutz unerlässlich
ist. Für die davon betroffenen Menschen gehe es dabei um eine im wahrsten Sinn existentielle Frage. Sie haben
daher im Besonderen auch ein Anrecht darauf, dass ihr Fall so rasch wie möglich geklärt wird.
Dr. Rudolf Thienel, Präsident des Verwaltungsgerichtshofes, betonte die Notwendigkeit, auch unter dem Eindruck
großer Flüchtlingsströme faire, zügige und rechtsstaatliche Verfahren sicherzustellen, wozu
es auch einer entsprechenden Ausstattung der Gerichte bedürfe. Ob eine Gesellschaft Menschenrechte und Rechtsstaat
selbst konsequent vertrete, zeige sich gerade in krisenhaften Situationen.
Der Präsident des Bundesverwaltungsgerichts, Mag. Harald Perl, stellte den österreichischen asylgesetzlichen
Rahmenbedingungen ein auch im internationalen Vergleich positives Zeugnis aus. „Angesichts der aktuellen Herausforderungen
ist bei allen künftigen Gesetzesvorhaben in erster Linie auf die verfahrenstechnische Effizienz zu achten
und es müssen auf allen Ebenen ausreichend personelle und technische Ressourcen zur Verfügung stehen“,
sagte Perl.
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