Aufgerissenen Auges: Transmanieristische Reaktionen

 

erstellt am
17. 11. 15
11:00 MEZ

Ausstellung in der Akademie der bildenden Künste Wien von 20.11.2015 - 10.01.2016
Wien (akbild) - Das Ausstellungs- und Performanceprojekt Aufgerissenen Auges: Transmanieristische Reaktionen setzt sich in einer kritischen Verspieltheit mit zeitgenössisch-queeren Manierismen auseinander. Das Kurator_innenteam lädt zur phantasievoll-grotesken Verzerrung des xhibit-Ausstellungsraums und weiteren Teilen des Schillerplatzes ein: überraschende, bildnerische und architektonisch dekorative Formen treffen auf Burleske-, Dragformate. Der historische Manierismus, der einen Bruch in jeglichem Ausdruck darstellt, findet in diesem transdisziplinären Projekt einen zeitgenössischen Spiegel. Hier wird das betrieben, was Gustav René Hocke in Die Welt als Labyrinth (1957) als "Sprach-Alchemie" bezeichnete: Epigrammartig stellen sich die Künstler_innen mit ihren Arbeiten sozioökonomischen Zwangsformen, die sich in aufkeimenden autokratischen Gewalten abbilden, queer und dekolonialisierend entgegen.

Der Projekttitel bezieht sich auf den manieristischen Garten Sacro Bosco von Bomarzo: hier spricht eine Sphinx zu den eintretenden Besucher_innen: "Wer nicht mit hochgezogenen Augenbrauen und angespannten Lippen diesen Ort durchschreitet, dem wird es an Bewunderung gebrechen für die Weltwunder an sieben Städten" (Horst Bredekamp: Bomarzo, 1985). Die Welt der Wunder, die sich in einem manieristischen Gesamtkonzept niederschlägt, lädt das Gegenüber ein, schaffend und aktiv in gegebene Umstände einzugreifen, deren höchste Form der künstlerische Ausdruck und das Verständnis sind.

Der Garten als Ort der Manifestation und Diskussion um Künstlichkeit, Auflösung von bestehenden Systemen und das Überdenken von gegebenen Hierarchien soll hier zeitgenössisch definiert und besprochen werden. (Trans-)Manierismus kann als absolutes Empowerment verstanden werden, die Loslösung von gegebenen Umständen und die Schaffung der eigenen Physis als Grundlage. Flamboyant: Cyborg sein und im "Creole" verortet lautet das Manifest.

Das besuchende Auge wird weit aufgerissen weitereilen und zwischen abstrakt-barocken Wandteppichen, Seufzern und einer filigranen Maskenfigur den Blick auf der Suche nach dem Aha-Erlebnis der englischen Gartenarchitektur des 19. Jahrhunderts auf die glitzernden und wahnwitzigen Wunderkammerstücke in der Cave of Wonders lenken: hier findet sich das Tagebuch von Marylin Monroe, ein baumelnder Babynarwal, Albrecht Dürers Locke, die zu wuchern begonnen hat, eine Bühne für den Macho Dancer und Platz für ein ganzes Orchester. Der Garten, der sich in der Höhle langsam verwandelt, beginnt ein bizarres Eigenleben zu entwickeln und führt den Gast weiter an einen Ort der Dämmerung und Ungewissheit: das Dazwischen, Inbetween – das Purgatorio. Im Fegefeuer der Eitelkeiten bieten populäre Heilige Schutzmechanismen an und ziehen den Besucher_innen die Schuhe aus, um in die Eternal Night einzugehen. Die Erleuchtung kann hier zwischen den erfühlten Textilien und dem Flimmerkram eines Hochzeitsbettes, queer-malerischen Leuchtkästen und musikalisch-pulsierenden und leuchtenden Bildern und Imagines eratmet werden. Wuchernden Pflanzen gleich bleibt die Ausstellung nicht auf xhibit konzentriert, junge "Ableger" sind im Foyer und in der Gemäldegalerie der Akademie zu entdecken.

Das Layern und Anfüllen, Anhäufen und Zuspitzen ist immer schon Teil sämtlicher manieristischer Kunstbegrifflichkeiten gewesen – so auch in Performances, die zu Projektauftakt und -ende die Akademie und deren Gebäude in einen transmanieristischen Rahmen setzen. Hier wird der Gedanke des Maskenballs und das Ideal der künstlerischen Individualität und Konkurrenz betont zugespitzt und um die Schönheit, einer möglichen alchemischen Kunstform beizuwohnen, bis zur Unerträglichkeit gesteigert. Be surprised, ganz im Sinne Johann Friedrich Böttgers.

Kurator_innen: Christian Hetlinger, Matteo Patti und Ruby Sircar

Künstler_innen: Offerus Ablinger, Annemarie Arzberger, Florian Aschka, Wilhelm Binder, Amoako Boafo, Roy Frederick Culbertson III, Louise Deininger, Peter Dressler curated by Christoph Rodler, Zoe DeWitt, Veronika Dirnhofer, Albrecht Dürer, Andi Dvorák, Veronika Eberhart, Julia Fuchs, Fanni Futterknecht, Hendrick Goltzius, Moritz Gottschalk, Cornelisz van Haarlem, Lena Rosa Händle, Hagendorfer, Eva Hettmer, Leon Höllhumer, Luisa Kasalicky, Terese Kasalicky, Jakob Lena Knebl, Larissa Kopp, Maria Legat, Elke Liberda, Roberta Lima, Ahoo Maher, Parastu und Ziba Malousy, Andreas Messinger, Stephanie Misa, Rini Mitra, Soso Phist, Madame Pipistrelle, Heti Hnah Prack, Michal Rutz, Andrea Salzmann, Hans Scheirl, Ruby Sircar, Alexandra Tatar, Patrick Weber, Charles Wilda, Julia Zastava uvm.

Ruby Sircar

 

 

 

Allgemeine Informationen:
https://www.akbild.ac.at/

 

 

 

 

 

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