Budgetausschuss gibt grünes
Licht für Budgetbegleitgesetz

 

erstellt am
17. 11. 15
11:00 MEZ

Anerkannte Flüchtlinge werden künftig ein Freiwilliges Integrationsjahr absolvieren können.
Wien (pk) - Damit will die Politik vor allem jenen Schutzsuchenden eine Perspektive bieten, die Schwierigkeiten am Arbeitsmarkt haben und bedarfsorientierte Mindestsicherung beziehen. Für entsprechende gesetzliche Bestimmungen hat der Budgetausschuss des Nationalrats am 16.11. grünes Licht gegeben. Die Bestimmungen sind Teil des Budgetbegleitgesetzes, insgesamt werden 17 Gesetze novelliert und ein neues Gesetz geschaffen.

Eingebaut in das Gesetzespaket wurden im Ausschuss auch Ergebnisse des Arbeitsmarktgipfels der Regierung, etwa was das Bonus-Malus-System für Unternehmen zur Förderung der Beschäftigung älterer ArbeitnehmerInnen und die Senkung des Dienstgeberbeitrags zum Familienlastenausgleichsfonds ab 2017 betrifft. Eine von den Koalitionsparteien gleichzeitig beantragte Änderung des Rechnungshofgesetzes stellt zudem sicher, dass der Bundesrechnungsabschluss künftig bereits am 30. Juni vorliegen wird. Sowohl das Budgetbegleitgesetz als auch die Novelle zum Rechnungshofgesetz wurden nach kurzer Debatte mit SPÖ-ÖVP-Mehrheit angenommen, die Opposition übte Kritik an diversen Detailbestimmungen.

Das Freiwillige Integrationsjahr ist als Mix aus Ausbildung und ehrenamticher Tätigkeit konzipiert und soll von all jenen Organisationen angeboten werden können, die Zivildiener beschäftigen oder bei denen ein Freiwilliges Soziales Jahr bzw. ein Freiwilliges Umweltschutzjahr absolviert werden kann. Die Abwicklung erfolgt über das AMS, während ihrer 6- bis 12-monatigen Tätigkeit sind die Flüchtlinge kranken- und unfallversichert, nicht jedoch arbeitslosen- und pensionsversichert. Das Sozialministerium rechnet mit bis zu 1.000 teilnehmenden Flüchtlingen pro Jahr.

Änderungen bringt das Budgetbegleitgesetz darüber hinaus beim Freiwilligen Auslandsdienst. Außerdem ist vorgesehen, die Mittel für aktive Arbeitsmarktpolitik aufzustocken und teilweise umzuschichten, eine neue Abgabe zur Marktüberwachung von Arzneimitteln einzuführen und den Sozialversicherungsträgern in manchen Bereichen den Leistungsersatz des Bundes zu streichen. Die Gebührentarife für amtliche Lebensmittelkontrollen werden künftig automatisch valorisiert, weitere Mehreinnahmen will das Gesundheitsministerium durch geänderte Einhebungsmodalitäten bei der Medizinprodukteabgabe lukrieren. Zur Bekämpfung von Tierseuchen werden Mittel aus dem Katastrophenfonds bereitgestellt. Das Bundesland Salzburg erhält aus Anlass der Jubiläen zur 200-jährigen Zugehörigkeit zu Österreich einen einmaligen Bundeszuschuss von 4 Mio. €.

Weiters geplant sind eine Weiterentwicklung des Unternehmensserviceportals und Vereinfachungen im Haushaltsrecht. Dazu gehört etwa die Streichung der derzeit vom Rechnungshof bis zum 30. April vorzulegenden Voranschlagsvergleichsrechnung, was vor allem bei den Grünen auf massive Kritik stößt. Der jährlich vom Finanzministerium vorzulegende Bericht über den vorläufigen Gebarungserfolg ist für Abgeordneten Bruno Rossmann kein adäquater Ersatz für die Vergleichsrechnung. SPÖ und ÖVP wollen nun mit der Opposition bis zu den Plenarberatungen über erweiterte Berichtspflichten des Finanzministers verhandeln.

Ältere ArbeitnehmerInnen sollen länger in Beschäftigung bleiben
Ziel des Bonus-Malus-Systems für Unternehmen ist die Anhebung der Beschäftigungsquoten älterer ArbeitnehmerInnen ab 55 Jahren. Demnach müssen Dienstgeber mit 25 Beschäftigten oder mehr ab 2018 die doppelte Auflösungsabgabe für Kündigungen (derzeit 118 €) zahlen, wenn sie weniger ältere ArbeitnehmerInnen beschäftigen als im Branchenschnitt. Allerdings wird diese Bestimmung nur wirksam, wenn die im Gesetz verankerten Zielwerte – eine Beschäftigungsquote von 73,6% für 55- bis 59-jährige Männer, 33,1% für 60- bis 64-jährige Männer und 60,1% für 55- bis 59-jährige Frauen – zum Stichtag 30. Juni 2017 unterschritten werden. Im Gegenzug winkt Unternehmen, die den Branchenschnitt erreichen oder übertreffen, ein um 0,1% geringerer Dienstgeberbeitrag zum Familienlastenausgleichsfonds (FLAF). Um das Problembewusstsein zu stärken, werden die gesetzlichen Interessenvertretungen außerdem angehalten, jene Unternehmen zu beraten, die die vom Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger zu ermittelnde Branchenquote nicht erreichen.

Mit dem von den Koalitionsparteien vorgelegten Abänderungsantrag wurde in das Budgetbegleitgesetz außerdem die vereinbarte allgemeine Senkung der Unternehmensbeiträge zum FLAF integriert: diese werden von 4,5% auf 4,1% im Jahr 2017 und auf 3,9% im Jahr 2018 reduziert.

70 Mio. € für die Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen
Für aktive Arbeitsmarktpolitik werden aus Mitteln der Arbeitslosenversicherung im nächsten Jahr 300 Mio. € und ab dem Jahr 2017 350 Mio. € zur Verfügung stehen. Das sind um 50 Mio. € bzw. 100 Mio. € mehr als der Regierungsentwurf ursprünglich vorgesehen hatte. Bis zu 70 Mio. € 2016 bzw. 80 Mio. € 2017 können davon für die Arbeitsmarktintegration von anerkannten Flüchtlingen und subsidiär Schutzberechtigten verwendet werden. Für ältere ArbeitnehmerInnen über 50, die länger als sechs Monate ohne Beschäftigung sind, sind nun im Jahr 2016 150 Mio. € und im Jahr 2017 175 Mio. € reserviert. Die restlichen Fördermittel, gedeckelt mit 100 Mio. € 2016 und 120 Mio. € 2017, kommen Langzeitarbeitslosen mit mehr als 1 Jahr Jobsuche zugute. Im Vergleich zur derzeit geltenden Rechtslage bedeutet das eine teilweise Umschichtung der Fördergelder für ältere Arbeitslose in Richtung Langzeitarbeitslose und Flüchtlinge.

Freiwilliger Auslandsdienst steht künftig auch Frauen offen
Durch die Bündelung der Kompetenzen für den Freiwilligen Auslandsdienst beim Sozialministerium steht der Friedens- und Gedenkdienst im Ausland künftig Frauen und Männern gleichermaßen offen. Außerdem sind jene jungen Männer, die den Friedens- und Gedenkdienst als Wehrersatzdienst machen, in Hinkunft analog zu den anderen AbsolventInnen von Freiwilligenjahren voll versichert und haben bis zum 24. Lebensjahr Anspruch auf Familienbeihilfe. Die bisher vom Innenministerium gewährte Basisförderung in der Höhe von jährlich 720.000 € wird gesetzlich verankert, die Mittel sollen vorrangig für eine Förderung von Reise- und Versicherungskosten der Betroffenen verwendet werden.

Zur vorbeugenden bzw. akuten Bekämpfung hochkontagiöser Tierseuchen werden in den Jahren 2016 bis 2021 gemäß den Schätzungen des Gesundheitsressort 17,5 Mio. € bis 20 Mio. € benötigt. Sie sollen aus dem Katastrophenfonds finanziert werden. Um den Export von tierischen Erzeugnissen wie Fleisch- und Milchprodukten anzukurbeln soll es für veterinärbehördliche Zertifizierungen ein eigenes Büro geben. Durch die neue Abgabe zur Marktüberwachung von Arzneimitteln kommen vor allem auf Apotheken Mehrkosten zu.

Änderung des Suchtmittelgesetzes bringt Verwaltungsvereinfachungen
Der quantitativ größte Teil des heute von SPÖ und ÖVP vorgelegten Abänderungsantrags betrifft das Suchtmittelgesetz, wobei es vor allem darum geht, in Anlehnung an die Ziele des Strafrechtsänderungsgesetzes 2015 eine raschere Reaktion der Gesundheitsbehörden bei Suchtmittelmissbrauch sicherzustellen. Außerdem sollen das Gesundheitsministerium und andere öffentliche Dienststellen von Bürokratie entlastet werden. In diesem Sinn werden Mehrgleisigkeiten bei Meldewegen beseitigt und verstärkt auf automatisierte Datenübermittlungen gesetzt. Außerdem müssen im Suchtmittelregister nur noch verwaltungsrechtliche Verstöße gegen das Suchtmittelgesetz evident gehalten werden, da Daten über gerichtliche Strafverfahren ohnehin auch über die Justiz zur Verfügung stehen.

Grüne fordern adäquaten Ersatz für Voranschlagsvergleichsrechnung
Die Ausschussdebatte über das umfangreiche Gesetzespaket war kurz. Grün-Abgeordneter Bruno Rossmann kritisierte vor allem, dass der Rechnungshof künftig nicht mehr verpflichtet ist, bis zum 30. April eine Voranschlagsvergleichsrechnung vorzulegen. Seiner Meinung nach gehen dem Parlament dadurch wichtige, aussagekräftige Unterlagen über den Budgetvollzug des vorangegangenen Finanzjahres verloren, die für die Beratungen des Bundesfinanzrahmengesetzes im Frühjahr essentiell sind. Er forderte daher als Ersatz eine umfassende Ausweitung der Berichtspflichten des Finanzministers, konnte sich mit einem entsprechenden Abänderungsantrag aber nicht durchsetzen. Nur NEOS und FPÖ votierten bei der Abstimmung dafür.

SPÖ-Abgeordnetem Kai Jan Krainer und ÖVP-Abgeordneter Gabriele Tamandl geht der Antrag der Grünen zu weit. Gewisse Zahlen würden Ende März noch nicht vorliegen, gab Tamandl unter anderem zu bedenken. Die beiden Koalitionsparteien sind allerdings zuversichtlich, bis zu den Plenarberatungen eine Einigung in dieser Frage erzielen zu können. Dass es sinnvoll wäre, die Berichtspflicht des Finanzministers auszuweiten, das sieht auch der Leiter des parlamentarischen Budgetdienstes Helmut Berger so. Seiner Ansicht nach müsste der Bericht des Finanzministers über den vorläufigen Gebarungserfolg qualitativ deutlich besser werden und etwa auch Erläuterungen zu den dargestellten Abweichungen zwischen Budgetvoranschlag und Budgetvollzug enthalten.

Von mehreren Seiten begrüßt wurde die Senkung der Lohnnebenkosten. So sprach ÖVP-Sozialsprecher August Wöginger von einem vertrauensbildenden Signal an die Unternehmen. Dass die Reduzierung der Dienstgeberbeiträge zum Familienlastenausgleichsfonds (FLAF) dazu führen wird, dass dieser "ausgeplündert" wird, wie Rossmann befürchtet, glaubt SPÖ-Abgeordneter Christoph Matznetter nicht. Seiner Einschätzung nach ist aufgrund der demografischen Entwicklung ausreichend Spielraum beim FLAF vorhanden. Matznetter gab aber allgemein zu bedenken, dass eine radikale Senkung der Lohnnebenkosten nur dann möglich sein wird, wenn man sich dazu durchringt, nicht nur die Löhne, sondern weitere Formen der Wertschöpfung steuerlich zu berücksichtigen. Neben der Lohnnebenkostensenkung zeigte sich Werner Groiß (V) auch darüber erfreut, dass Kleinunternehmen mit weniger als 25 DienstnehmerInnen nicht vom Bonus-Malus-System betroffen sind.

Eine Senkung der Lohnnebenkosten ist auch für Grün-Abgeordneten Rossmann grundsätzlich überfällig. Er vermisst allerdings einen Vorschlag zur Gegenfinanzierung, wie ihn die Grünen mit ihrem Modell der öko-sozialen Steuerreform auf den Tisch gelegt hätten. Rossmann gab zu bedenken, dass die Reduzierung der FLAF-Beiträge die Schulden des Reservefonds erhöhen werden, was sich auch auf das Budgetdefizit auswirken wird. Zudem befürchtet er, dass der Druck steigen wird, Leistungen des FLAF zu kürzen.

Sowohl Grün-Abgeordnete Ruperta Lichtenecker als auch SPÖ-Abgeordneter Franz Kirchgatterer sprachen die neuen Bestimmungen für den Freiwilligen Auslandsdienst an. Die Grünen sehen die Neuregelung grundsätzlich positiv, sagte Lichtenecker, ihr zufolge sind aber einige Punkte offen geblieben. Kirchgatterer hofft, dass die Kompetenzverschiebung in weiterer Folge auch zu inhaltlichen Verbesserungen führen wird.

Vertreten wurde die Regierung im Ausschuss durch Kanzleramtsminister Josef Ostermayer. Er wies unter anderem auf die ständige Weiterentwicklung des Unternehmensserviceportal und den Ausbau des E-Government hin.

 

 

 

Allgemeine Informationen:
http://www.parlament.gv.at

 

 

 

 

 

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