Schaffung von Chancengerechtigkeit für Bundesminister Stöger Grundsatz bei Infrastruktur-Investitionen
Wien (pk) - Wie innovationsfreudig Österreich ist, diskutierte der Nationalrat am 26.11. nach der Debatte
über das Wissenschaftsbudget auch anhand der Budgetvorschläge des Bundesministeriums für Verkehr,
Innovation und Technologie (BMVIT) für 2016. Viel erwarten sich die Abgeordneten vom österreichweiten
Ausbau des Hochleistungsinternets, der unter Federführung des Infrastrukturministeriums umgesetzt wird. Ziel
der sogenannten Breitbandinitiative ist Bundesminister Alois Stöger zufolge, mit schnellem Internet unterversorgte
Regionen in Österreich bessere Chancen zu geben, gerade in wirtschaftlicher Hinsicht. Die Verteilung der Breitbandmilliarde
richte sich daher vorrangig nach der regionalen Versorgungsdichte. Für seine Verkehrspolitik hält Stöger
an der Maxime fest, mit langfristigen Investitionen insbesondere im Schienenverkehr zur Belebung der Wirtschaft
und folglich zur Arbeitsplatzsicherheit beizutragen.
Dementsprechend veranschlagt das BMVIT nächstes Jahr steigende Ausgaben in den Bereichen Verkehr und Infrastruktur.
Hier werden als Ausgabenobergrenze insgesamt 3,83 Mrd. € im Bundesvoranschlag ausgewiesen, was einer Steigerung
um 481,4 Mio. € gegenüber 2015 entspricht. Für Forschung sieht das BMVIT Ausgaben von 428,079 Mio. €
vor, etwas weniger als 2015 (429,2 Mio. €). Infrastrukturminister Stöger stellte aber vorweg klar, Forschung
als für die Zukunft so wichtiger Bereich erfahre keine tatsächlichen Mittelkürzungen. Nominelle
Senkungen bei einigen Budgetposten ergäben sich aus Umschichtungen der Mittel. Ungeachtet dessen lädt
er Unternehmen ein, sich schon zu ihrem eigenen Nutzen intensiver an Forschungsprogrammen zu beteiligen. Als erstes
Wirkungsziel seiner Forschungsagenden nennt Bundesminister Alois Stöger deswegen in den Erklärungen zum
Budget die Steigerung der Intensität von Forschung, Technologie und Innovation bei Unternehmen. Außerdem
brauche Österreichs Infrastruktur neue Technologien zur Bewältigung des Klimawandels und zur Schonung
knapper werdender Ressourcen, vor allem im Mobilitätssystem. Zu erhöhen sei schließlich auch die
Zahl der Frauen bei den Beschäftigten im Technologie- und Innovationssektor.
Wie bei allen Budgetkapiteln bildete die Untergliederung des zuständigen Ressorts nur einen Teil der Debattengrundlage.
Die Budgetnovelle für Änderungen bei den Ausgaben heuer bzw. im Bundesfinanzrahmen bis 2019 lieferte
den Abgeordneten zudem Anhaltspunkte über aktuelle Maßnahmen der Bundesregierung, die beim Beschluss
des Finanzrahmes letztes Jahr noch nicht mitbudgetiert waren.
Europäischen Kommission muss Breitbandmilliarde noch zustimmen
Bis 2020 soll die flächendeckende Versorgung Österreichs mit ultraschnellem Internet erreicht sein, ist
Minister Stöger zuversichtlich. Die Zustimmung der Europäischen Kommission zur Investition von 1 Milliarde
Euro in den Breitbandausbau stehe kurz bevor. Bei der Mittelausschüttung beachte man vorrangig unterversorgten
Regionen, sodass diese die gleichen Chancen wie etwa urbane Gebiete erhalten.
Elisabeth Hakel (S), Johann Singer und Fritz Grillitsch (beide V) erachten den Breitbandausbau ebenfalls als essentiell
zur Überwindungen der sozialen und regionalen Kluft im Land. Grillitsch findet das Projekt sogar "lebenswichtig"
für den ländlichen Raum. Die Attraktivität ländlicher Regionen hänge stark von der Qualität
des Internets ab, gerade in Bezug auf die Arbeitsplatzsituation, bestätigte Singer. Johannes Schmuckenschlager
(V) bemerkte allerdings im Zusammenhang mit dem Breitbandausbau, dabei würden vor allem ausländische
Telekomdienstleister unterstützt, anstatt lokale Netzbetreiber. Generell sollte das Gesamtvolumen dieses Projekts
von einer auf fünf Milliarden ausgeweitet werden. Andreas Hanger (V) relativierte zwar, vieles werde vom BMVIT
beim Hochleistungsinternet-Ausbau gut verwaltet, er drängt aber darauf, den Breitbandzugang wirklich für
alle Österreicherinnen und Österreicher leistbar zu machen. Seine Parteikollegin Eva-Maria Himmelbauer
riet, die Frist der Breitbandvergaben im ersten Call auf ein Jahr zu verlängern
Wohin bewegt sich die Verkehrspolitik?
Mit richtigen Investitionen wolle er den Menschen mehr Freiheit durch Mobilität geben, betonte Minister
Stöger in seiner Erklärung zum angewachsenen Verkehrsbudget. Große Tunnelprojekte gehörten
ebenso dazu wie die Gewährleistung von regionalen Busverbindungen und - wo nötig - die Stärkung
des Autoverkehrs. Dokumentiert sei der Erfolg dieser Politik etwa im erfolgreichen Ausbau der Westbahn, sagte Stöger,
der grundsätzlich festhielt, Planungssicherheit und verantwortungsvollem Wirtschaften räume sein Ressort
bei allen Projekte höchste Priorität ein.
Das Verkehrsbudget biete sichere Rahmenbedingungen für eine zukunftsgerichtete Mobilitätspolitik, sind
die Sozialdemokraten Anton Heinzl und Johann Hell einer Meinung, wobei sie insbesondere auf die Bedeutung dieses
Bereichs für Wirtschaftswachstum und Arbeitsplatzsicherheit hinwiesen. Mit auf Jahrzehnte hinaus geplanten
Investitionen in Verkehrsprojekte würden für Wirtschaft und Gesellschaft die Weichen in die Zukunft gestellt,
führte Hermann Lipitsch (S) weiter aus. Gerade kleine und mittelgroße Projekte nützten der heimischen
Bauwirtschaft, so Andreas Ottenschläger (V). Das habe man in der Vergangenheit beispielsweise am Bau der Großglockner-Hochalpenstraße
gesehen, erinnerte Maximilian Unterrainer (S). Die Investitionen von 14,6 Mrd.€ in die Österreichischen Bundesbahnen
(ÖBB) bis 2021 hob Dietmar Keck (S) hervor, weil damit nicht zuletzt der Ausbau der Südbahn gesichert
werde, wie Johann Rädler (V) ergänzte. Bei Investitionsentscheidungen in den Verkehr seien immer auch
die Auswirkungen auf das gesamteuropäische Verkehrsnetz zu beachten, warb Elisabeth Pfurtscheller (V) für
geplante Projekte, die von Grünen und NEOS kritisiert werden.
Michael Pock (N) monierte nämlich in Anspielung auf die Arbeiten an Semmering-, Koralm- und Brennerbasistunnel,
hier würden die falschen Prioritäten gesetzt. Einen sorgsameren Umgang mit den Mitteln für geplante
Ausbauten der Eisenbahn-Infrastruktur erwarten auch Gerhard Deimek (F) und Georg Willi (G) vom Verkehrsminister,
zumal per Nachtragsbudget das Verkehrsministerium zusätzliche Milliarden für die Bahn erhalte, wie Willi
aufzeigte. Für ihn sind generell finanzielle Anstrengungen im Regional- und Nachverkehr jenen in Fernverbindungen
vorzuziehen. Arbeiten an transeuropäischen Netzen hält Erwin Angerer (F) nur dann für wirtschaftlich
sinnvoll, wenn die Mittel dafür effizient eingesetzt und aufgebracht werden, sprich man auch EU-Gelder dafür
abruft. Mit einem Entschließungsantrag setzte er sich dafür ein, dass das Güterverkehrszentrum
in Fürnitz ausgebaut wird, am besten in Verbindung mit dem Projekt Koralmtunnel.
"Stiefkinder" der Verkehrspolitik sind für Christian Hafenecker (F) regionale Bahnverbindungen,
die privatisiert wurden. Besonders am Herzen liegt ihm die Bahnstrecke Hainfeld-Weissenbach an der Triesting, deren
Rückkauf durch die ÖBB er eigens beantragte. Der Salzburger Franz Leonhard Eßl (V) wünscht
sich wiederum einen Ausbau der Bahnverbindungen in seinem Heimatbundesland. Bei der Infrastruktur für den
Schienengüterverkehr, besonders in Westösterreich sieht Christoph Hagen (T) noch großen Verbesserungsbedarf.
Harald Walser (G) ergänzte in Bezug auf den Personenschienenverkehr, die Bahnreisezeit von Salzburg nach Vorarlberg
habe sich in den letzten Jahrzehnten verlängert, zudem sei die Strecke störungsanfällig.
Zum Automobilverkehr hatten die Redner von FPÖ und Team Stronach auch einiges zu sagen. Erbost äußerte
sich Hagen zu den seiner Meinung nach überhöhten Abgaben, die AutofahrerInnen zu leisten haben; besonders
für Personen in abgelegenen Regionen sei dies eine Zumutung. Sein Parteikollege Leopold Steinbichler verlangte
per Antrag ein Gesetz, das für die Berechnung der Prämie von Kaskoversicherungen den Zeitwert gemäß
Eurotax-Liste eines Fahrzeugs vorsieht. Thomas Schellenbacher (F) zeigte sich besorgt über die budgetäre
Situation der Autobahngesellschaft ASFINAG, die hoch verschuldet sei. Betreibermodelle zur Wartung der Straßeninfrastruktur
empfiehlt er hier als Lösungsansatz. Die Geschwindigkeitsbegrenzung von 80 km/h auf der Autobahn nach Salzburg
erzürnt Rupert Doppler (o.F.). Georg Willi (G) indes warf dem Verkehrsminister mangelndes Engagement in dessen
Reaktion auf den Abgas-Manipulationsskandal bei Volkswagen vor. Konkret verlangt der Grünen-Verkehrssprecher,
dass die Testangaben von Autoherstellern über Abgaswerte staatlich nachgeprüft werden. Dem Flugverkehr
wandte sich schließlich Gerhard Deimek (F) zu, als er mit einem Antrag auf die Abschaffung der Flugabgabe
drängte. Diese "Ticketsteuer" schade dem heimischen Standort und der österreichischen Luftverkehrswirtschaft
massiv.
Stöger sieht Forschung als Dienst an Gesellschaft
Eine Hebelwirkung im Sinne von Gesellschaft und Wirtschaft verspricht sich Minister Stöger von der Forschungsförderung
und leitet daraus seine diesbezüglichen Aktivitäten ab: 100 Mio. € sehe sein Ressort nächstes Jahr
für die Förderung neuer Produktionsformen in der Industrie vor, 85 Mio. € für Forschung im Sektor
Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT), beträchtliche Summen gebe es außerdem für alternative
Energietechnologien, für neue Mobilitätsformen wie selbstfahrende Autos und für die Weltraumforschung.
Mit den veranschlagten Mitteln für Forschung sichere Österreich seinen Platz im internationalen Spitzenfeld,
befand Philip Kucher (S). Neben dem Breitbandausbau hält er vor allem die IKT-Wirtschaft und den Energiesektor
für echte "Wachstumstreiber". Markus Vogl (S) begrüßte auch die Auszahlung von Forschungsprämien
an internationale Konzerne mit Standort im Inland, komme diese Art der Unterstützung doch wieder der heimischen
Bevölkerung zugute. Die Forschungsförderung für neue digitale Produktionsverfahren (Industrie 4.0)
beschrieb Nurten Yilmaz (S) für eine optimal auf die gesellschaftliche Entwicklung abgestimmte Maßnahme.
In puncto Gesellschaft und Forschung ersuchten SPÖ und ÖVP in einem gemeinsamen Entschließungsantrag
den Bundesminister, das als Instrument zur Gleichstellungsförderung gedachte Projekt genderATlas der Technischen
Universität Wien, der Universität Wien und des ÖIR Projekthaus finanziell abzusichern.
Damit Österreich im internationalen Wettbewerb mithalten kann, müsse das Land auf seine Innovationskraft
setzen, brachte Eva-Maria Himmelbauer die Sicht der Volkspartei auf den Punkt und nannte ebenso wie Konrad Antoni
(S) als konkretes Beispiel dafür die heimische Beteiligung am europäischen Weltraumprogramm. Über
100 Firmen der High-Tech-Wirtschaft sind in Österreich laut Antoni im Weltraumbereich aktiv, was das BMVIT
entsprechend forciere. Österreichs Positionierung im EU-Fortschrittsprogramm Horizon 2020 mit einer Bewilligungsrate
für innovative Projekte von über 20% wertet Karlheinz Töchterle (V) als Beleg für die hohe
Qualität der heimischen Forschung. Eine vermehrte Beteiligung privater Investoren an der Forschungsförderung
erhofft er vom Gemeinnützigkeitspaket, das die Regierung zu diesem Zweck plant.
Eindeutig unterfinanziert sind die heimischen Forschungsagenden hingegen aus Sicht von Freiheitlichen, Grünen
und NEOS. Axel Kassegger (F) empfahl, die Effizienz der staatlichen Finanzierung in diesem Bereich genau zu durchleuchten.
Über zwei Milliarden Euro würden benötigt, um die heimischen Ausgaben für Forschung und Entwicklung
gemäß dem FTI-Ziel auf 3,76% zu erhöhen, verwies Ruperta Lichtenecker (G) auf eine Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts
zur Strategie für Forschung, Technologie und Innovation. In der FTI-Strategie hat die Regierung 2011 Maßnahmen
in den Bereichen Forschung, Innovation und Bildung bis 2020 definiert. Bis zu 70% der Forschungsinvestitionen seien
von der Wirtschaft zu leisten, so Lichtenecker. Als Anschubhilfe beantragte sie von der Bundesregierung, die Budgets
des BMVIT und des Wirtschaftsministeriums deutlich zu erhöhen. Grünen-Wissenschaftssprecherin Sigrid
Maurer problematisierte mit Verweis auf eine Analyse des Rats für Forschung- und Technologieentwicklung die
budgetäre Ausstattung der Grundlagenforschung im Vergleich zur angewandten Forschung. Zu stärken sei
in diesem Zusammenhang auch die translationale Forschung als Schnittstelle zwischen beiden Bereichen, richtete
sie dem Infrastrukturminister aus. Mehr Geld für Forschungsausgaben braucht Österreich auch nach dem
Dafürhalten von Claudia Angela Gamon (N), die schon in der Debatte zum Wissenschaftsbudget eine Mittelaufstockung
im Wissenschaftsfonds (FWF) gefordert hatte. Die Auszahlungen für Forschung und Technologie seien stagnierend,
wodurch man den internationalen Anschluss verliere.
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