Nationalrat diskutiert über Familien- und Jugendbudget 2016
Wien (pk) – Bei den Familien wird es 2016 im Gegensatz zu anderen Bereichen keine Kürzungen im Budget
geben. Die Beratungen über die veranschlagten Mittel für Familie und Jugend ( 819 d.B. und 820 d.B.)
im nächsten Jahr verliefen im Nationalrat am 25.11. aber nicht weniger kontrovers. Grund dafür ist die
geplante Senkung des Dienstgeberbeitrags zum Familienlastenausgleichsfonds (FLAF) ab 2017. Ein Vorhaben, das bei
der Opposition auf Ablehnung stößt, die Senkung der Beiträge würde zu Einschnitten bei den
Familienleistungen kommen, so die Befürchtungen. "Ich stehe dafür ein, dass wir sicher keinen Euro
kürzen werden", entgegnete Familienministerin Sophie Karmasin den Prognosen der Oppositionsfraktionen.
Dass die Familienleistungen gleich bleiben werden, war auch die Überzeugung der ÖVP. Die SPÖ wiederum
kündigte an, "ganz genau darauf zu achten", dass dadurch bei den Familien nicht gekürzt wird.
Grundsätzlich wurde das Familien- und Jugendbudget für 2016 von den Regierungsfraktionen positiv bewertet,
unzufrieden zeigte sich aber erwartungsgemäß die Opposition.
Konkret ist das Familien- und Jugendbudget 2016 bei den Ausgaben (Auszahlungen) mit 7,09 Mrd. € um 64,3 Mio. €
höher veranschlagt als 2015. Die Einnahmen (Einzahlungen) wiederum sinken um -84,4 Mio. € auf 7,31 Mrd. €.
Generell ist die Gebarung durch den Familienlastenausgleichsfonds (FLAF) geprägt, der im Wesentlichen aus
dem Dienstgeberbeitrag (rund 82,5%) und aus Steuermitteln (16,1%) gespeist wird. Er stellt demnach das zentrale
Instrument zur Finanzierung der familienbezogenen Leistungen dar.
Die Hauptgründe für die Mehrauszahlungen liegen u.a. in den höheren Transfers an die Sozialversicherungsträger
(+ 100,2 Mio. €), wobei vor allem die Pensionsbeiträge für Kindererziehungszeiten (+ 60,8 Mio. €) und
das Wochengeld (+ 37,0 Mio. €) ins Gewicht fallen. Zuwächse ergeben sich auch bei der Familienbeihilfe (+
80,5 Mio. €), die mit Wirkung 1. Jänner 2016 um 1,9% steigen wird. Mehrauszahlungen sind zudem beim Kinderbetreuungsgeld
(+ 23,8 Mio. €), bei den SchülerInnen- und Lehrlingsfreifahrten (+ 4,4 Mio. €) sowie bei den Unterhaltsvorschüssen
(+ 3,7 Mio. €) feststellbar.
FPÖ: Zweckentfremdung der Mittel aus dem FLAF muss gestoppt werden
Die FPÖ spricht sich für die Senkung der Lohnnebenkosten aus, nicht aber zu Lasten der Familien und Kinder,
wie Anneliese Kitzmüller die Position ihrer Fraktion auf den Punkt brachte. Insbesondere kritisierte die Abgeordnete
die "Zweckentfremdung" der Mittel des FLAF und brachte eine dementsprechende Initiative ein, die wie
alle in der Budgetdebatte eingebrachten Entschließungsanträge bei der Schlussabstimmung am Donnerstag
abgestimmt wird. Da sich alle aus dem FLAF bedienen würden, müssten artfremde Leistungen ausgemistet
werden, wie Kitzmüller forderte. "Wir sind für die Senkung der Lohnnebenkosten, aber nicht auf dem
Rücken unserer Familien und Kinder, sagte auch ihr Fraktionskollege Axel Kassegger, der zudem darauf aufmerksam
machte, dass der FLAF das wichtigste familienpolitische Instrument in Österreich ist. Auch seine Fraktionskollegin
Barbara Rosenkranz glaubt nicht daran, dass Familienleistungen durch die Senkung des Dienstgeberbeitrags zum FLAF
im gleichen Ausmaß bestehen bleiben. Der FLAF sei ein eigener Fonds, der nicht angetastet werden dürfe.
"Sie verwenden diesen Fonds als Puffer fürs Budget", so ihr Vorwurf an Karmasin.
Die freiheitliche Jugendsprecherin Petra Steger appellierte an Karmasin, bei der Budgeterstellung ressortübergreifend
als Fürsprecherin der Jugend zu agieren, zumal sich die Situation der Jugendlichen und Kinder, die etwa mit
Armut und Jugendarbeitslosigkeit konfrontiert sind, durch die "moderne Völkerwanderung" verschärfen
werde. Im jetzigen Budget seien dementsprechende Maßnahmen nicht zu finden, bemängelte Steger.
Edith Mühlberghuber (F) merkte an, dass im Jahr 2014 über 24.000 im Ausland lebende Kinder die österreichische
Familienbeihilfe im Ausmaß von 223 Mio. € bezogen haben. Aus ihrer Sicht wäre es sozial gerechtfertigt,
die Zahlungen an das Niveau der Lebenshaltungskosten des jeweiligen Landes anzupassen. Zudem würde es Einsparungen
in Millionenhöhe bringen, sagte sie und brachte einen entsprechenden Entschließungsantrag ein.
Grüne: Faktor Arbeit nicht auf Kosten der Familien entlasten
Als eine "unfassbare Geschichte" bezeichnete die Grüne Judith Schwentner die geplante Senkung des
Dienstgeberbeitrags zum Familienlastenausgleichsfonds, die in einer "Nacht- und Nebelaktion" von der
Koalition beschlossen wurde, wie sie kritisierte. Es sei gut, den Faktor Arbeit zu entlasten, nicht aber über
den FLAF und ohne zu sagen, wie entgegengesteuert wird, zumal im Reservefonds des FLAF rund 3 Mrd. € fehlen würden.
"Aus diesem FLAF werden relevante Leistungen gezahlt, um Armut in Österreichs Familien zu vermeiden",
sagte sie.
"Für uns Junge ist das Budget eine Frechheit", so die Worte von Julian Schmid zu den veranschlagten
Mitteln, insbesondere in den Bereichen Klimaschutz und Bildung, die Raubbau an der Zukunft von jungen Menschen
bedeuten würden. Für seine Partei sei es zentral, Budgets für die nächsten 30 Jahre und nicht
nur für die nächste Wahl zu gestalten. Was den FLAF betrifft, hofft Schmid, dass das Top-Jugendticket
deswegen nicht gestorben ist.
Sein Fraktionskollege Harald Walser machte darauf aufmerksam, dass sich Österreich bei der Kinderquote europaweit
relativ am Schluss befindet. Karmasin müsse ihr Engagement primär auf den Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen
lenken. Das zweite Gratis-Kindergartenjahr ist für Walser ein Kompromiss, es sei an der Zeit, ein realistisches
Budget vorzustellen, forderte er.
NEOS: FLAF-Beitragssenkung ist "Lohnnebenkostensenkung auf Pump"
Kritik an der FLAF-Beitragssenkung kam auch von Michael Pock (N). Das sei "Lohnnebenkostensenkung auf Pump",
so seine Worte. Die Regierung habe sich vor kurzem darauf verständigt, die 3 Mrd. € Schulden im FLAF bis 2019
abzubauen, diese Entschuldung könne durch das jetzige Vorhaben nicht mehr eingehalten werden. Die NEOS stehen
zwar für noch deutlichere Lohnnebenkostensenkungen, wie Pock sagte, die Staatsschulden würden durch die
FLAF-Beitragssenkung aber nicht abgebaut. Besser wären maßgebliche Reformen, etwa was die Leistungen
aus dem FLAF betrifft oder die Zusammenlegung der Krankenkassen.
Team Stronach: Familienpolitik muss "enkerlgerecht" ausgerichtet sein
Leopold Steinbichler (T) mahnte in Sachen Familienpolitik "Fahren auf Sicht" ein, diese sollte "enkerlgerecht
und nachhaltig" ausgerichtet werden. Die Hoffnung, die aus einem Kind strahlt, müsse bis zur Pension
erhalten bleiben. Was Mütter und Familien für den Staat leisten, sei zudem unbezahlbar, sagte Steinbichler
und verwies hier auf die Familie als "wichtigen Wirtschaftsfaktor". Auch wenn die Kinderbeihilfe erhöht
werde, fehle es noch immer an Geld.
SPÖ will bei Familienleistungen "genau hinsehen"
Geht es um die Beitragssenkung beim FLAF, will die SPÖ "ganz genau darauf achten", dass es bei den
Familien zu keinen Kürzungen kommt, wie Katharina Kucharowits und Daniela Holzinger-Vogtenhuber (beide S)
ankündigten. Beim Kinder- und Jugendbudget wünschte sich Kucharowits zudem mehr Transparenz. Die Mittel
nicht nur im Kontext der Familien auszuweisen, wäre ihr zufolge zeitgemäßer. Als wichtig erachtete
sie für SchülerInnen die Freifahrt und das Top-Jugendticket und sprach sich für eine Ausweitung
auf Studierende aus. Im Zusammenhang mit flüchtenden Minderjährigen verwies sie darauf, dass alle Kinder
das gleiche Recht auf Familien haben und appellierte an Karmasin, gegen das geplante Vorhaben des restriktiveren
Familiennachzugs für Flüchtlinge aufzutreten.
Holzinger-Vogtenhuber bewerte das Budget, wie sie sagte, grundsätzlich positiv optimistisch. Auch wenn auf
viele Bedürfnisse der Jugendlichen und Kinder Bedacht genommen worden wäre, sei im Familienbereich die
Frage von Geld- und Sachleistungen sowie die des weiteren Ausbaus der Kinderbetreuungsangebote zu stellen. Einer
nachhaltigen Finanzierung der Familienbudgets ab 2017 im Zuge der FLAF-Beitragssenkung steht Holzinger-Vogtenhuber
skeptisch gegenüber, wie sie sagte.
Ulrike Königsberger-Ludwig (S) machte auf die Situation von Familien mit behinderten Kindern aufmerksam. Auch
wenn es hier zu einer Erhöhung der Familienbeihilfe kommt, müsse österreichweit noch mehr getan
werden. Konkret etwa durch One-Stop-Shops, wo Eltern Unterstützung und Information erhalten, schlug die Abgeordnete
vor.
Für ihren Fraktionskollegen Hermann Lipitsch (S) ist es wichtig, wie er meinte, dass die Erhöhung der
Familienbeihilfe im Budget ausgepreist und die Verlängerung der 15a-Vereinbarung mit den Ländern in Sachen
Kinderbetreuung dargestellt ist.
ÖVP: FLAF-Beitragssenkung wird sich nicht auf Familien auswirken
Die ÖVP verteidigte die Senkung des Dienstgeberbeitrags zum Familienlastenausgleichsfonds. Die Entschuldung
würde sich zwar verzögern, die Familienleistungen werden aber gleich bleiben, zeigte sich etwa Nikolaus
Prinz (V) überzeugt. Zudem würde die Lohnnebenkostensenkung Arbeitsplätze bringen, was wiederum
mehr Dienstgeberbeiträge für den FLAF bedeuten werde und den Müttern und Vätern zugutekommt,
argumentierten Georg Strasser und Claudia Durchschlag (beide V). Marcus Franz meinte zu dieser Thematik, dass die
Senkung der Lohnnebenkosten auch eine wesentlichste Forderung des Parlaments ist. "Wir sind eine Familienpartei",
meinte er zur Kritik der Opposition.
Was die Familienpolitik Karmasins grundsätzlich betrifft, sei viel geschehen, wie sich die ÖVP-Abgeordneten
einig waren. Georg Strasser (V) nannte hier etwa die Erhöhung der Familienbeihilfe in drei Tranchen, die Einführung
der antragslosen Familienbeihilfe oder den Ausbau der Kinderbetreuungsangebote. Die "lebensnahe Familienpolitik",
wie Strasser sie nannte, passiere auch durch direkte Geldleistungen, bei dem sich Österreich international
gesehen auf sehr hohem Niveau befinde. Dass bei den Familien im Gegensatz zu anderen Budgets nicht gekürzt
wird, würdigte Abgeordnete Durchschlag. "Die Familien werden im Jahr 2016 durchaus zu den Gewinnern gehören",
sagte sie. Angela Fichtinger (V) äußerte ihr Unverständnis darüber, Familien zu beunruhigen
und "alles schlecht zu reden". Ihr zufolge wurde und wird viel für die Familien getan.
Gerhard Schmid (A) meinte, dass das Ausgabenproblem in Österreich zugunsten der Jugend, Bildung und Familien
neu zu prüfen sei und Mittel im eigenen Land sinnvoll eingesetzt werden müssten. Steuergelder würden
hier nicht sinnvoll eingesetzt werden, so Schmid, die Flüchtlingswelle führe etwa dazu, dass sich die
Schülerzahlen drastisch erhöhen. Auf die Bedeutung der Familien für den Staat verwies auch der fraktionslose
Abgeordnete Rupert Doppler (A). Für Familie und Jugend gebe es 2016 mehr Mittel als in diesem Jahr, sagte
er, wobei die Gebarung generell vom FLAF geprägt sei, wie er anmerkte.
Karmasin kündigt Reform des FLAF an
Entgegen den Befürchtungen der Opposition, dass die FLAF-Beitragssenkung zu Lasten der Familien geht, sagte
Karmasin, sie werde dafür einstehen, "dass wir sicher keinen Euro kürzen werden". Da sich Österreich
bei den Lohnnebenkosten auf dem höchsten Niveau befindet, sei es erforderlich, entsprechend entgegenzusteuern.
Von den 60.000 neuen Arbeitsplätzen, die sich daraus ergeben, werden in Zukunft auch die Familien profitieren,
so ihr Argument. Zudem gehe es nicht darum, ob der FLAF positiv oder negativ ist, zumal die größte Erhöhung
der Familienbeihilfe seit über 10 Jahren 2013 unter dem schlechtesten Stand des FLAF bewerkstelligt wurde.
Die Familienministerin kündigte außerdem eine FLAF-Reform an. Eine Arbeitsgruppe von ExpertInnen soll
daran arbeiten, wie der FLAF in Zukunft sicher aufgestellt werden kann. Ein großes Thema wird auch sein,
wie in Zukunft mit familienfremden Leistungen umgegangen wird.
Die veranschlagten Mittel für ihren Verantwortungsbereich verteidigte Karmasin als "positives Budget",
da es bei den Familien zu einer Erhöhung komme, in allen anderen Ressorts aber eingespart werden müsse.
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