Budgetdebatte zum Stellenwert von Kunst und Kultur
Wien (pk) - Durchaus kontrovers diskutiert wurde in der Nationalratssitzung von 25.11. das Budgetkapitel
Kunst und Kultur. Laut Budgetentwurf 2016 werden die Gesamtauszahlungen im kommenden Jahr nominell zwar leicht
sinken, nämlich von ca. 441,75 auf 441,25 Mio. €. In einzelnen Bereichen gibt es aber Erhöhungen durch
die Umschichtung von Mitteln. Vor allem die Pläne von Kulturminister Josef Ostermayer in Zusammenhang mit
der Neugestaltung des Heldenplatzes stießen auf die Kritik der Opposition. Die Abgeordneten der Koalition
hoben hervor, dass das Budget faktisch nicht nur in gleicher Höhe geblieben ist, sondern auch zusätzlichen
budgetären Spielraum schafft. Doch trugen auch sie zahlreiche Anliegen an den Kulturminister heran, etwa in
Zusammenhang mit dem Gemeinnützigkeitspaket, das das private Kultursponsoring fördern soll, der Gleichstellung
von Frauen und der Förderung regionaler Kulturinitiativen.
FPÖ kritisiert "unausgegorene Koalitionsprojekte"
Walter Rosenkranz (F) sah sowohl das "Haus der Geschichte" als auch das von Staatsekretär Mahrer
zur Diskussion gestellte "Haus der Zukunft" mit großer Skepsis. Die geschätzten Kosten von
111 Mio. € für das Haus der Geschichte könnten rasch auf 140 Mio. € steigen, das sei ein unvertretbarer
Luxus angesichts knapper Budgets, meinte Rosenkranz. Diese "Koalitionsprojekte" seien unausgegoren und
Unfug. Sie würden sich unter anderem negativ auf die Sammlung alter Musikinstrumente und das Bauensemble Heldenplatz
auswirken, befürchtete der FPÖ-Mandatar.
Wendelin Mölzer (F) kritisierte die Erhöhung der Basisabgeltung der Bundestheater, die nur Personalkosten
abdecke, aber nicht dem operativen Budget und damit der Erhöhung des Kulturangebots zugutekomme. Problematisch
sei auch die fehlende Transparenz von Subventionsvergaben insgesamt. Positiv sah Mölzer hingegen das Gemeinnützigkeitspaket,
doch könne dieses nur ein erster Schritt sein. Werner Neubauer (F) verwies auf die Probleme des Denkmalschutzes
in Österreich. Derzeit gebe es keine hinreichende gesetzliche Grundlage für den effektiven Schutz von
historischer Bausubstanz, meinte er. Der Bund müsse daher rasch die Rahmenbedingungen für die Arbeit
der Landeskonservatoren verbessern.
SPÖ tritt für einen breiten Kulturbegriff ein
Elisabeth Hakel (S) betonte die Bedeutung eines offenen und breitgefassten Kulturbegriffes. Sie zeigte sich erfreut
über den zusätzlichen budgetären Spielraum, der auch Schwerpunktsetzung erlaube, etwa in Form der
Förderung regionaler Kulturinitiativen. Auch die Vereinbarungen über eine österreichische Musikquote
im Radio und die geplanten Investitionen des ORF in das österreichische Filmschaffen seien positive Entwicklungen.
Hakel forderte die Weiterentwicklung der Festplattenabgabe und ein neues, starkes Urhebervertragsrecht. Die Digitalisierung
verändere auch die Kunst und Kultur. Daher stelle sich die Frage, wie angesichts einer fortschreitenden Ökonomisierung
aller Lebensbereiche die künftigen Strategien der Kulturpolitik aussehen sollen. Zu thematisieren seien auch
die Chancen und Gefahren der Digitalisierung. Christine Muttonen (S) verwies auf den Budgetposten der Auslandskulturförderung
in Höhe von 1,1 Mio. €. Die Teilnahme am internationalen Kulturaustausch sei auch ein Beitrag zu einer positiven
gesellschaftlichen Entwicklung, sagte die Abgeordnete.
Josef Cap (S) sah grundsätzliche Probleme der Medienförderung und des Qualitätsjournalismus angesichts
der Digitalisierung. Zum "Haus der Zukunft" meinte Cap, dieses sei grundsätzlich ein interessanter
Gedanke, er erwarte sich aber noch ein Konzept dazu. Harald Troch (S) sah das Haus der Geschichte als Chance für
eine intensive Auseinandersetzung mit der Geschichte Österreichs auch in ihren negativen Aspekten. Ruth Becher
(S) plädierte für einen weiten Kulturbegriff und bezeichnete das Büchereiwesen in Österreich
als international vorbildhaft. Gisela Wurm (S) betonte nochmals das Gleichstellungsziel, das auch in der Vergabe
von Kulturförderungen zum Ausdruck kommen müsse. Wurm war es wichtig, dass der Beitrag von Frauen zum
Kulturleben sichtbarer wird.
Grüne orten kulturpolitische Fehlentwicklungen
Wolfgang Zinggl (G) meinte, es lasse sich nicht beschönigen, dass seit Jahren keine Erhöhung des Kulturbudgets
mehr stattgefunden habe. Umwidmungen innerhalb des Budgets seien keine Erhöhung. Dementsprechend sei der Anteil
des Kulturbudgets am Bundeshaushalt innerhalb der letzten 20 Jahre von 1,5 % auf 0,5 % gesunken. Letztlich laufe
ein gleichbleibendes Budget auf eine Kürzung des Kulturangebots hinaus. In den Nachbarländern Deutschland,
Schweiz und Italien habe man die Kulturbudgets erhöht. Die einzigen, die in Österreich noch wesentliche
Zuwächse zu verzeichnen hätten, seine die großen Bundeskulturinstitutionen, was auf Kosten kleiner
und unabhängiger Kulturinitiativen gehe. Zinggl appellierte an den Kulturminister, dieser besorgniserregenden
kulturpolitischen Entwicklung entgegenzusteuern.
ÖVP für mehr privates Kultursponsoring
Elisabeth Pfurtscheller (V) richtet den Fokus auf Kunst und Kultur in ländlichen Regionen und begrüßte
die von den Ministern Andrä Rupprechter und Josef Ostermayer gestartete Initiative zur Unterstützung
lokaler Kulturprojekte, die im Rahmen des EU-Programms LEADER stattfinde. Das Gemeinnützigkeitspaket, das
mehr privates Geld in die Kultur lenken solle, begrüßte die Abgeordnete ebenfalls. Sie betrachtete es
aber als Manko, dass diese Mittel derzeit nur Vereinen und Kulturinitiativen zugutekommen können, die bereits
öffentliche Förderungen erhalten. Pfurtscheller setzte sich auch für mehr Frauenförderung im
Film ein. Die Vereinbarung mit dem ORF zur Förderung des österreichischen Filmschaffens sei insgesamt
zwar erfreulich, sollte aber noch um ein explizites Ziel der Frauenförderung ergänzt werden. Kathrin
Nachbaur (V) wies darauf hin, dass in Österreich die Kultur der Spenden und Stiftungen unterentwickelt ist,
und ortete einen der Gründe in der hohen Steuerbelastung der BürgerInnen. Ein weiteres Problem der staatlichen
Kulturförderung sah sie darin, dass diese auch als politisches Machtinstrument eingesetzt werde. Statt vom
Staat abhängig gemacht zu werden, sollten Kunst und Kultur zu den Aufgaben der Zivilgesellschaft gehören,
befand Nachbaur.
NEOS: Überholtes Fördersystem lässt aktuelle Diskurse außer Acht
Das Budget im Kunstbereich weise keine Steigerungen auf, sagte Nikolaus Alm (N). Dazu kämen repräsentative
Projekte, die nächstes Jahr budgetrelevant werden, ohne dass die Mittel dafür klar ausgewiesen würden.
Alm ortete auch ein ungerechtes System der steuerlichen Begünstigungen, das zum Nachteil freier Kunstschaffender
und Kulturinitiativen gehe. Alles in allem schreibe die Kulturpolitik ein überholtes System der Förderung
fort, während sie die Diskurse der Zukunft außer Acht lasse. Daher stelle sich die Frage, wen die so
geförderte Kunst und Kultur, abgesehen von einer kleine Elite, überhaupt noch erreiche. Ein immer größerer
Teil der Gesellschaft und vor allem die Jugend beziehe ihre Informationen über neue soziale Medien bzw. Gratismedien
und werde von den aufwändig geförderten elitären Diskursen gar nicht mehr erreicht. Das stelle auch
demokratiepolitisch eine bedenkliche Entwicklung dar, gab Alm zu bedenken.
Team Stronach: Zufriedenstellendes Budget ohne große Entwicklungen
Ulrike Weigerstorfer (T) sah es angesichts der allgemeinen Budgetlage als grundsätzlich positiv, dass
das Kunst- und Kulturbudget auf dem gleichen Stand gehalten wurde. Grund zur Klage sehe sie daher nicht, auch wenn
sich im Budget keine großen Entwicklungen ablesen lassen. Die Erhöhung der Basisabgeltung der Bundestheater
bezeichnete Weigerstorfer angesichts der dort gerade erst aufgezeigten Kontrollmängel als nicht nachvollziehbar.
Die Frage sei, wie Kunstförderung so entwickelt werden könne, dass nicht einzelne "Staatskünstler"
gefördert werden, sondern ein günstiges Umfeld für die Entwicklung von Kunst geschaffen werde. Durchaus
positiv sah die Abgeordnete dabei die Änderung im Gemeinnützigkeitsgesetz, die auch dem Kulturbereich
zugutekommen.
Ostermayer: Budgetäre Spielräume erlauben Schwerpunktsetzungen
Kulturminister Josef Ostermayer erläuterte, die Auszahlungen des Kulturbudgets blieben gleich hoch wie 2015.
Eine Reduktion um 0,5 Mio. € ergebe sich aufgrund organisatorischer Änderungen, was eine Umschichtung von
Personalaufwand vom Kunst- und Kulturbudget in das Budget des Bundeskanzleramts zur Folge habe. Gleichzeitig ergebe
sich 2016 ein budgetärer Spielraum von rund 16 Mio. € vor allem dadurch, dass mit Jahresende 2015 die Refinanzierung
der Errichtungskosten des Museumsquartiers abgeschlossen sein wird. Damit entfallen 2016 jährliche Darlehensrückzahlungen
von etwa 15,5 Mio. €. Neben der Erhöhung der Basisabgeltung der Bundestheater könne man damit unter anderem
die Bereiche innovativer Film, innovative Museumskonzepte, Verlage, die Salzburger Festspiele und das Programm
des Museumsquartiers stärker unterstützen. Zudem eröffne das Gemeinnützigkeitspaket eine neue
Finanzierungsschiene, die nach Schätzungen zwischen 20 und 25 Mio. € zusätzlich einbringen könnte.
Um die Abwicklung der Mittelverteilung für die Finanzbehörden nachvollziehbar zu gestalten, sei sie an
die Förderstellen des Bundes und der Länder übergeben worden.
Die Kritik an der Erhöhung der Basisabgeltung der Bundestheater konterte Ostermayer mit Verweis auf die zahlreichen
Maßnahmen, die er gesetzt habe, und gab eine kurze Vorschau auf die Pläne des kommenden Jahres. So liege
dem Nationalrat bereits ein Gesetz über die Kulturgüterrückgabe vor. Damit versuche man, den Handel
mit Raubkunst noch effektiver zu unterbinden. Das Thema sei von großer Aktualität, da beispielsweise
der IS sich unter anderem über diese Schiene finanziere. Zum Haus der Geschichte gebe es erste Kostenschätzungen,
als nächster Schritt kündigte Ostermayer die Ausarbeitung eines detaillierten Finanzierungskonzeptes
an.
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