Budgetdebatte über Landwirtschaft und Umwelt
Wien (pk) - Die anhaltend schwierige Lage der heimischen Landwirtschaft sowie die Klimaschutzproblematik
im Vorfeld des Pariser Gipfels beherrschten am 25.11. die Debatte im Nationalrat über das Budget für
die Bereiche Land- und Forstwirtschaft, Wasserwirtschaft und Umwelt. Bundesminister Andrä Rupprechter sah
sich dabei mit heftiger Kritik seitens der Opposition konfrontiert, die vor allem konkrete Maßnahmen im Kampf
gegen die Einkommensverluste der landwirtschaftlichen Betriebe vermisste. Im Umweltbereich wiederum stand der Vorwurf
der Kürzung der Budgetansätze im Raum, dem der Ressortchef allerdings unter Hinweis auf zusätzliche
Umweltgelder aus Brüssel entgegentrat.
2,135 Mrd. € für Landwirtschaft, mehr Mittel für Hochwasserschutz
Die Auszahlungen (Ausgaben) für den Agrarbereich sind im Budgetentwurf mit 2,135 Mrd. € um 0,4% geringer veranschlagt
als im vorangegangenen Jahr. 60% der Ausgaben sind variabel, wobei es sich ausschließlich um Mittel im Rahmen
der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) handelt. Auf Basis der 1. Säule der GAP leistet die EU Direktzahlungen
in der Höhe von 693 Mio. €. Das Programm für die Ländliche Entwicklung – die 2. Säule der GAP
– findet im Entwurf mit 850 Mio. € seinen Niederschlag. Die Ausgaben für Präventivmaßnahmen, Schutz
vor Naturgefahren und Dammsanierung im Zuge des derzeit gültigen Aktionsprogramms "Hochwassersicheres
Österreich" werden von 19 Mio. € auf 32 Mio. € erhöht. Die Einzahlungen (Einnahmen) wiederum entsprechen
mit 181,8 Mio. € insgesamt jenen aus dem Voranschlag 2015. Wesentliche Einnahmen stammen dabei aus Mitteln des
Katastrophenfonds in den Bereichen Wildbach- und Lawinenverbauung sowie Schutzwasserbau und aus der Dividende der
Österreichischen Bundesforste.
Rupprechter: Direktzahlungen aus EU als verlässliche Planungsinstrumente für die Landwirtschaft
Bundesminister Andrä Rupprechter stellte sein Agrarbudget unter den Blickwinkel der Nachhaltigkeit und bekannte
sich ausdrücklich zur biologischen Bewirtschaftung der Höfe, zu einem breiten Umweltprogramm, zur Förderung
der benachteiligten Gebiete sowie zu sozialen Maßnahmen im ländlichen Raum. Als besonders wichtig bezeichnete
er es, dass die Direktzahlungen aus Brüssel als verlässliche Planungsinstrumente für die landwirtschaftlichen
Betriebe erhalten und auch rechtzeitig überwiesen werden konnten. Österreich sei mittlerweile Netto-Empfänger
aus den Agrartöpfen der EU, stellte er in diesem Zusammenhang erfreut fest. An weiteren wichtigen Maßnahmen
hob der Minister die Klimaanpassungsstrategie mit einem Betrag von über 200 Mio. €, aber auch das Pilotprojekt
zur Einführung einer Ernteversicherung hervor. Richtungsweisend ist für Rupprechter überdies der
Umstand, dass 12% des gesamten Agrarbudgets in die Aus- und Weiterbildung fließen.
SPÖ bekennt sich zur Stärkung des ländlichen Raums
Die Schwerpunkte im Agrarbudget seien richtig gesetzt, bestätigte SPÖ-Landwirtschaftssprecher Erwin Preiner
und lenkte ebenso wie Michael Ehmann (S) seinen Blick dabei auf die Stärkung des ländlichen Raums, die
Absicherung der bäuerlichen Familienbetriebe und des Nebenerwerbs sowie die Förderung des Bio-Landbaus.
Positiv wertete Preiner auch die zusätzlichen Mittel für die Unterstützung der JunglandwirtInnen
und die Investitionsförderung, schloss dem aber die Mahnung nach rascher Auszahlung der Gelder an. "Erst
mit seinen Bergbauern ist Österreich das, was es ist – ein wunderschönes, lebenswertes und liebenswertes
Land" brachte Preiners Fraktionskollege Maximilian Unterrainer die Bedeutung der benachteiligten Gebiete auf
den Punkt. Cornelia Ecker (S) nahm das Thema Bergbauern zum Anlass, mehr Verteilungsgerechtigkeit bei den Agrarförderungen
zu verlangen – eine Forderung, die auch auf positives Echo beim fraktionslosen Abgeordneten Rupert Doppler stieß
ÖVP mahnt Wertschätzung für die Leistungen der Landwirtschaft ein
Österreichs Bäuerinnen und Bauern erbringen Leistungen und haben sich für ihre hochwertigen Produkte
auch hohe Wertschätzung verdient, betonten Jakob Auer und Martina Diesner-Wais (beide V) übereinstimmend,
wobei der ÖVP-Agrarsprecher in diesem Zusammenhang heftige Kritik an der Preispolitik der großen Handelsketten
übte. Es gehe nicht an, dass ein Liter Milch nicht mehr als einen Euro kosten darf, während man für
Katzenfutter wesentlich höhere Preise verlangt. Über sinkende Lebensmittelpreise zu Lasten der Landwirtschaft
klagte auch Fritz Grillitsch (V). Auer erinnerte ebenso wie Georg Strasser (V) aber auch an die Bedeutung des Exports
für die heimischen Landwirtschaft, wobei er vor allem die Einrichtung einer Export-Servicestelle begrüßte.
Das Budget biete einen verlässlichen Rahmen für die Betriebe, befand ÖVP-Abgeordneter Norbert Sieber,
der allerdings zu bedenken gab, dass die Bauern die Gelder aus Brüssel unbedingt brauchen. Darum sei es so
wichtig, dass die 713 Mio. € an Leistungsabgeltung noch in diesem Jahr an die LandwirtInnen überwiesen werden,
stellte er fest und dankte ebenso wie Franz Eßl (V) dem Landwirtschaftsminister für die unbürokratische
Lösung bei der Auszahlung der EU-Gelder. Ein Vorbild sei Österreich beim Einsatz von EU-Geldern in der
Landwirtschaft, fügte Hermann Gahr (V) an.
FPÖ gegen Billigimporte, Russland-Sanktionen und TTIP
Gänzlich anders war die Einschätzung des Agrar-Budgets aus Sicht der Opposition. Angesichts des Umstandes,
dass Österreich in den letzten zwanzig Jahren ein Drittel seiner Höfe verloren hat, bestehe dringender
Handlungsbedarf seitens des Ministers, konstatierte FPÖ-Mandatar Josef Riemer und drängte vor allem auf
eine Strategie gegen Billigimporte, die Russland-Sanktionen und TTIP. Einer Meinung war er darin mit der fraktionslosen
Abgeordneten Susanne Winter. Auf Reformen in der Agrarbürokratie drängte Harald Jannach (F), wobei seine
Kritik an dem umfangreichen Kursangebot im Rahmen der Fortbildung heftigen Widerspruch bei ÖVP-Mandatar Nikolaus
Prinz hervorrief.
|
Grüne wollen mehr Biolandbau
Enttäuscht über das Agrarbudget zeigte sich seitens der Grünen auch Wolfgang Pirklhuber, der insbesondere
ein Bekenntnis zum Ausbau des Biolandbaus vermisste und die Exportoffensive des Ministers als falschen Weg kritisierte.
Der Landwirtschaftssprecher der Grünen forderte Rupprechter überdies dazu auf, bei TTIP Farbe zu bekennen
und eine Petition von Bergbauern gegen das Freihandelsabkommen zu unterzeichnen. Die Streichung der Dotierung des
FAO-Welternährungsprogramms bezeichnete Pirklhuber als "Schande". In einem Entschließungsantrag
fordert er die Bundesregierung auf, die Syrien-Hungerhilfe mit Mitteln im Ausmaß von vergleichbaren Staaten
auszustatten.
NEOS für Kooperation von Landwirtschaft und Tourismus
Nach Meinung von NEOS-Agrarsprecher Josef Schellhorn wiederum ist eine starke Verzahnung von Landwirtschaft und
Tourismus die einzige Überlebenschance für Österreichs Bäuerinnen und Bauern. Es gelte daher,
innovative, hochwertige Produkte zu fördern, zumal Österreichs Betriebe mit den niedrigen Weltmarktpreisen
nicht mithalten können.
Team Stronach sieht Missbrauch von Gütesiegeln
Leopold Steinbichler (T) problematisierte die globale Agrarpolitik, die den Menschen etwa in Indien und in Regenwaldgebieten
die Lebensgrundlage entzieht, damit dort Zucker oder Palmöl produziert werden kann, die nach Europa importiert
werden und hier Milchbauern arbeitslos machen. EU-Ausgleichszahlungen kämen bei den BäuerInnen nicht
an, weil sie für die Exportförderung verwendet werden. Zugleich stehe das Umweltgütesiegel auf Produkten,
die zu 100% aus dem Regenwald stammen. Steinbichler kritisierte den Missbrauch von Biogütesiegeln für
Produkte, die nichts mit Bio zu tun haben. Gefordert seien faire Erzeugerpreise für die österreichischen
BäuerInnen. In einem Entschließungsantrag verlangte Steinbichler einen jährlichen Bericht an den
Nationalrat über den Import von Eiweiß und Fett in der Lebensmittelproduktion.
Umwelt: Österreich holt Gelder aus Brüssel ab
Der Budgetentwurf 2016 sieht in der Untergliederung "Umwelt" 627,47 Mio. € vor. Für Förderungen
im Inland sind 91,77 Mio. € budgetiert, 2015 waren es über 107 Mio. €. Der Klima- und Energiefonds wird von
49,17 Mio. € auf 37,82 Mio.€ reduziert. Das ebenfalls an diesem Fonds beteiligte Verkehrsministerium kürzt
die Ausgaben um 18 Mio. € auf 47 Mio. €. Mehr Geld steht 2016 für Altlastensanierungen mit 55 Mio. € (+1 Mio.€)
zur Verfügung. Für die Siedlungswasserwirtschaft sind 350,84 Mio. € (+14,7 Mio.€) vorgesehen, die Einnahmen
werden mit 350,74 Mio. € fast ebenso hoch geschätzt. 100 Mio. € sind für die Wasserversorgung vorgesehen.
Ausschlaggebend dafür ist eine Erhöhung der Steueranteile für Siedlungswasserprojekte, wodurch die
Einnahmen im Umweltbudget auf 564,37 Mio. € anwachsen.
Österreich stehen mehr Mittel für Umweltpolitik und Klimaschutz zur Verfügung, sagte Bundesminister
Rupprechter in seiner Funktion als Umweltminister. Die Kürzung des Fördervolumens für die Umwelt
im Budget 2016 um 15,5 Mio. € werde durch EU-Zuschüsse von 24,5 Mio. € mehr als ausgeglichen, sagte der Minister.
Bei der Klimaschutzkonferenz in Paris will Rupprechter für eine gemeinsame Dotierung des Green Climate Fund
durch die Europäische Union anstelle von Beiträgen der einzelnen Mitgliedsstaaten werben. Österreich
werde bis 2020 jährlich annähend die Mittel zur Verfügung stellen, die Christiane Brunner verlangt.
Dem widersprach Brunner, das Klimaschutz-Geld, von dem Rupprechter spreche, sei kein frisches Geld, wie es für
Paris verlangt sei. Demgegenüber sagte Michael Pock (N), nur für den Climate Fund sei frisches Geld verlangt,
bei den anderen internationalen Klimaschutzmitteln können auch EZA-Mittel angerechnet werden. Was den Klimaschutz
betrifft, leiste Österreich jährlich 130 Mio. € für internationale Klimafinanzierung. Im nächsten
Jahr sollen zusätzliche 12 Mio. € in den Green-Climate-Fund fließen. Ziel sei es, bis 2020 für
diesen Bereich 20 Mio. € jährlich bereit zu stellen.
Regierungsparteien sehen keine Einbußen im Umweltbereich
Österreich könne selbstbewusst zum Pariser Klimagipfel fahren, stand für SPÖ-Umweltsprecher
Hannes Weninger fest. Zahlreiche heimische Klimagemeinden legen vorbildliche Best-Practice-Beispiele vor, beim
Anteil an erneuerbarer Energie spiele Österreich international eine Vorreiterrolle, unterstrich er. ÖVP-Umweltsprecher
Johann Höfinger knüpfte ans Landwirtschaftsbudget an und betonte, die Landwirtschaft leiste einen wesentlichen
Beitrag zum Klimaschutz, 200 Mio. € aus dem Budget seien klimarelevant. Die Einsparungen im Umweltbudget wiederum
würden durch zusätzliche EU-Gelder wettgemacht, sodass es zu keinen Einbußen in der Umweltpolitik
kommt, zeigte sich Höfinger überzeugt. Johann Rädler (V) klagte über dem Boykott von alternativen
Energieprojekten durch Bürgerinitiativen, die meist von den Grünen unterstützt werden. Ausdrücklich
lobte Rädler die Investitionen in den Siedlungswasserbau, die tausende Green Jobs sichern. Klaus Uwe Feichtinger
(S) wies auf die volkswirtschaftlichen Wirkungen der thermischen Sanierung auf Beschäftigung, Energieeinsparungen
und Steuereinnahmen hin, plädierte für eine Fortsetzung der thermischen Sanierung und begrüßte
beim Wohnbau eine bessere Kooperation zwischen Bund und Ländern. Rudolf Plessl (S) gratulierte dem Umweltminister
zum vorliegenden Budget 2016, mit dem schwerpunktmäßig die Förderung der Siedlungswasserwirtschaft
um 14% erhöht und der Bedeutung der Trinkwasserversorgung Rechnung getragen werde. Walter Bacher (S) schlug
in dieselbe Kerbe und lobte das Umweltbudget als ambitioniert, es sichere Lebensqualität und Arbeitsplätze.
Opposition beklagt Einsparungen beim Klimaschutz
Seitens der Opposition beklagten hingegen die Abgeordneten Walter Rauch (F), Christiane Brunner (G) und Ulrike
Weigerstorfer (T) Kürzungen bei den Umweltausgaben, insbesondere bei der thermischen Sanierung und bei den
Umweltförderungen im Inland. Rauch deponierte zudem das strikte Nein seiner Fraktion gegen den Handel mit
Emissionszertifikaten, wobei er argumentierte, diese Praxis sei nicht geeignet, die Umwelt zu schützen.
Nach den Worten Brunners (G) wiederum läuft im Umweltbudget "so ziemlich alles verkehrt". Die Umweltsprecherin
der Grünen kritisierte vor allem die Prioritätensetzung als falsch und meinte, während das Landwirtschaftsbudget
relativ konstant bleibt, komme es bei der Umwelt zu Kürzungen. Sie warf Rupprechter insbesondere vor, bei
sämtlichen Klimaschutzinstrumenten – allen voran bei der thermischen Sanierung – den Rotstift angesetzt zu
haben, und sprach von einem schlechten Signal für die Klimakonferenz in Paris. Brunner forderte einen langfristigen
Budgetpfad, damit Österreich seinen solidarischen Beitrag zum internationalen Klimaschutz erfüllen kann.
Konkret nannte sie dabei einen Betrag von 100 Millionen US-Dollar. Einer Meinung war sie mit Team Stronach-Abgeordneter
Ulrike Weigerstorfer dabei in der Einschätzung, dass Österreich kein Vorzeigeland in der Umweltpolitik
mehr sei.
Namens der NEOS bemängelte Michael Pock das Umweltbudget in manchen Bereichen als zu wenig ambitioniert. Angesichts
der positiven Auswirkungen auf die Beschäftigung hätte er sich vor allem bei der thermischen Sanierung
mehr erwartet, auch der Bereich der Green-Jobs ist seiner Meinung nach nicht ausreichend dotiert. Vorstellbar sind
für Pock überdies auch umweltbezogene Steuern wie etwa eine CO2-Abgabe. Diese müssten allerdings
tatsächliche Lenkungseffekte haben und dürften nicht zu einer Mehrbelastung führen.
Gerald Hauser (F) befasste sich mit dem Schutz vor Naturgefahren und hob dabei auch die Leistungen der Bergbauern
bei der Landschaftspflege hervor. Schutzbauten im ländlichen Raum seien wichtig, insbesondere in Salzburg
und Tirol. Dazu gehörten Hochwasserretentionsräume. Auch die Sanierung der Schutzwälder sei voranzutreiben,
wie es etwa der Rechnungshof empfiehlt. Entschieden wandte sich Hauser gegen die Absicht des Ministers, Alpentäler,
in denen großer Bevölkerungsschwund herrscht, der Natur zu überlassen.
Österreich zählt bei Stickoxiden zu den "Schmutzfinken" in Europa
Georg Willi (G) verlangte beim Klimaschutz klare Ansagen und Zusagen des Ministers. Die Voraussetzungen dafür
seien gut, auch die Bevölkerung wäre bereit, Österreich zum Umweltmusterland in Europa zu machen.
Diesel will der Abgeordnete höher besteuern als Benzin, weil er höhere Emissionen erzeuge. Dies deshalb,
weil Österreich bei den Stickoxiden zu den "Schmutzfinken" Europas zähle.
Werner Neubauer (F) wollte Lehren aus den Atomkatastrophen von Tschernobyl bis Fukushima ziehen und aus dem Euratom-Vertrag
aussteigen, was seiner Meinung nach rechtlich möglich ist. Alte Atomkraftwerke werden auf Basis des Euratom-Vertrags
saniert, deren Lebensdauer verlängert und die Atomgefahren vergrößert, so Neubauer. Stattdessen
sollten erneuerbare Energieträger gefördert werden. Die Euratom-Rechtsfragen sollten in einer parlamentarischen
Enquete geklärt werden.
|