Beim Tanzfestival präsentieren auch 2016 internationale Kompanien zeitgenössischen
Tanz
Bregenz (pzwei) - Drei österreichische Premieren und eine Uraufführung – das Tanzfestival Bregenzer
Frühling wartet vom 11. März bis 28. Mai 2016 mit einem hochkarätigen Programm auf. Zu den internationalen
Tanzensembles zählen unter anderem die kanadische Compagnie Marie Chouinard sowie Shen Wei Dance Arts.
Mit Bewegungskunst auf höchstem Niveau hat sich der Bregenzer Frühling international etabliert und ist
in dieser Form und Qualität einzigartig im Bodenseeraum. Intention des Bregenzer Frühlings unter der
Intendanz von Kulturamtsleiter Wolfgang Fetz ist es, jedes Jahr international bekannte Ensembles ins Festspielhaus
einzuladen. Zeitgenössische Tanzkunst ist dadurch für ein breites Publikum in der Bodenseeregion erlebbar.
Eröffnet wird das Tanzfestival 2016 am 11. März mit der Österreichpremiere von „Yo, Carmen“ der
Compañía María Pagés. Die renommierte Flamencotänzerin aus Sevilla schält
Carmen aus den zahllosen Femme Fatale-Verpackungen heraus und präsentiert sie als eine „sehr gewöhnliche“
Frau. „Du und ich, alle Frauen sind irgendwie Carmen und eine Carmen steckt in jeder von uns, deshalb nannte ich
die Choreografie ‚Ich, Carmen‘“, erklärt Pagés, die führende Choreografin des modernen Flamencos.
Gemeinsam mit ihrer Compañía präsentiert sie eine völlig neue Version der vom Schriftsteller
Prosper Mérimée und dem Komponisten Georges Bizet geschaffenen Figur. „Weder der Himmel noch die
Erde werden dieselben sein, nachdem man María Pagés tanzen gesehen hat“, streut der portugiesische
Literaturnobelpreisträger José Saramago Rosen für die „Königin des Flamenco“.
Ultima Vez und Wim Vandekeybus nähern sich in ihrer jüngsten Choreografie „Speak low if you speak love
…“ dem sowohl flüchtigsten als unberechenbarsten aller Seelenzustände an: der Liebe und all ihren Facetten.
Die Protagonisten von Ultima Vez tanzen in diesem Stück mit klassisch ausgebildeten TänzerInnen zusammen.
Vandekeybus arbeitet erneut mit dem Musiker Mauro Pawlowski zusammen. Er und seine Musikerkollegen begleiten am
1. April 2016 im Bregenzer Festspielhaus die südafrikanische Sängerin Tutu Puoane.
Mit einem ernsten Thema beschäftigen sich sich KVS|Les Ballets C de la B|A. M. Qattan Foundation am 22. April
2016: Das zeitgenössische Tanzspektakel „Badke“ – in Anlehnung an den levantinisch-arabischen Volkstanz Dabke
– thematisiert den Konflikt zwischen Israel und Palästina. Es geht allerdings nicht um die Darstellung von
Desasterpolitik, Krieg und Propaganda: Die palästinensische Tänzerinnen und Tänzer mit ganz verschiedenem
Bewegungshintergrund tanzen den alltäglichen Schrecken an die Wand. „Badke“ sprudelt vor Lebensfreude und
Energie: Gemeinschaftliche Szenen machen die vitale Kraft eines Kollektivs spürbar, das Ausbrechen einzelner
Protagonisten zelebriert in schwindelerregendem Tempo den Triumph der Individualität.
Das aktionstheater ensemble bringt mit „Jeder gegen Jeden“ am 29. und 30. April 2016 wieder eine fesselnde Uraufführung
auf die Bühne des Festspielhauses. In der neuesten Produktion setzt das Ensemble seine Darstellung der Physiognomie
sozialer Konflikte in Zeiten einer fundamentalen ökonomischen und politischen Verunsicherung fort: Um den
Zerfall gemeinschaftsbildender Kräfte hautnah zu beschreiben, wirft es ein grelles Licht auf die Gerechtigkeitsdiskurse
der globalisierten Gesellschaft. Es holt den Gerechtigkeitsdiskurs der Erniedrigten und Beleidigten als medialen
Schaukampf auf die Bühne. Es führt in eine zivilisierte Wildnis, in der sich Alt gegen Jung oder Reich
gegen Arm medienwirksam in Stellung bringen.
„Regisseur Martin Gruber versteht sich mit seinem aktionstheater ensemble als schnelle Eingreiftruppe, was unter
den Nägeln brennt, gehört auf die Bühne. So ist starkes, fesselndes Theater am Puls der Zeit entstanden“,
urteilte die Fachzeitschrift Bühne.
Mit dem in China geborenen und von New York aus wirkenden Choreografen, Regisseur, Bühnen- und Kostümbildner
Shen Wei macht einer der „großartigsten Künstler unserer Zeit“ Station beim Bregenzer Frühling
– es ist sein erster in Österreich überhaupt. Auf dem Programm stehen am 7. Mai die Choreografien „Map“
und „Folding“. Bei „Map“ rotieren die Tänzer zu einer Auswahl von Steve Reichs „The Desert Music“. Winden
und drehen sich wirbeln herum mit einer spürbaren kinetischen Lust. Die Choreografie Folding beschwört
eine traumgleiche, surreale Welt herauf, die zeitlos ist. Der Gesang tibetanischer Mönche begleitet die minimalistische
Meditation der sich nahezu verflüssigenden Körper, die sich am Ende aufmachen, ihrem Medium zu entsteigen,
und im Halbdunkel irgendwo zwischen den Welten hängenbleiben.
Den Abschluss des Bregenzer Frühlings am 28. Mai 2016 ist eine weitere Spitzenkompanie in Bregenz zu Gast:
Marie Chouinard zählt zu den ganz Großen des zeitgenössischen Tanzes, und ihre Kompanie gilt als
eine der interessantesten der Welt. Beim Tanzfestival zeigen die gefeierten Kanadier die Choreografien „Soft virtuosity,
still humid, on the edge“ und „HENRI MICHAUX : MOUVEMENTS“. Mit verzerrtem Gang, Grimassen und Videoprojektionen
betrachtet erstere den Körper im Detail. Wie flüssiges Material brechen die Tänzer aus den Seitenflügeln
hervor, bilden einen Klumpen. Ihre langsamen Bewegungen und ihre Mimik werden auf der Bühnenrückwand
im Panorama projiziert. Ein Buch als choreografischer Score: So hat sich Marie Chouinard den Mouvements von Henri
Michaux genähert. Seite für Seite setzt sie die Mescalin-induzierten Aquarell- und Tuschzeichnungen,
das 15-seitige Gedicht des belgischen Surrealisten und sogar das Nachwort in Tanz um.
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