Der "Salzburger Stier 2016" geht an Gery Seidl

 

erstellt am
24. 11. 15
11:00 MEZ

Wien (orf) - Die Gewinner des „Salzburger Stier 2016“ stehen fest: Preisträger sind der Österreicher Gery Seidl, Martin Zingsheim aus Deutschland und für die Schweiz Uta Köbernick. Der renommierte Radio-Preis für deutschsprachiges Kabarett ist mit je 6.000 Euro dotiert und wird beim Kabarettforum „Salzburger Stier“, das von 20. bis 21. Mai im deutschen Paderborn stattfindet, überreicht. Gastgeber ist der WDR.

Gery Seidl ist ein erklärter Verfechter der aufmerksamen Zivilgesellschaft. Er beobachtet das Verhaltensrepertoire seines Umfeldes in fordernden Situationen ebenso genau wie sein eigenes. Die Programme des Kabarettisten sind immer auch Spiegelbild realer Lebenssituationen. Denn Gery Seidl schöpft seine Satiren auf alltägliche Bewältigungsstrategien nicht nur aus der Diskrepanz zwischen menschlichem Schein und Sein. Auch der authentisch agierende Mensch, dem die Kunst der Täuschung gänzlich fremd ist, findet sich in Gery Seidls Geschichten wieder. Der Skurrilität zwischenmenschlicher Interaktionen räumt der Kabarettist in seinen Programmen einen hohen Stellenwert ein. Vielleicht eine Reminiszenz an seine berufliche Vergangenheit, denn Gery Seidl, Jahrgang 1975, entschied sich ursprüngliche für eine Karriere in der Bauwirtschaft. Der österreichische Schauspieler und Kabarettist Herwig Seeböck, der u.a. Alfred Dorfer, Roland Düringer, Andrea Händler oder Josef Hader die Schauspielkunst lehrte, konnte auch Gery Seidl für die Bühne gewinnen. 2003 präsentierte Seidl im Duo mit seinem Kollegen Gerhard Walter das Programm „Warum Richard III.?“, in den darauffolgenden Jahren wurden Seidl und Walter mit dem Grazer Kleinkunstvogel, dem Kärntner Kleinkunstdrachen, dem Münchner Kabarettkaktus und dem Österreichischen Kabarettförderpreis ausgezeichnet.

Mit dem Programm „Wegen Renovierung offen“ trat Gery Seidl 2008 erstmals als Solist in Erscheinung und erspielte sich erneut den Österreichischen Kabarettförderpreis. Er ging mit Joesi Prokopetz auf Tournee und brachte in der Folge drei weitere Soloabende, ein Weihnachts-Special und ein „Best of“-Programm auf die Kleinkunstbühne. Gery Seidl wirkte in unterschiedlichen Film- und Fernsehproduktionen mit sowie in ORF Comedy-Formaten wie „Eckel mit Kanten“ oder „Was gibt es Neues“. In seinem aktuellen Solo „Bitte.Danke“ bietet Gery Seidl Einblicke in die Seelenlandschaft eines jungen Paares. In der Rolle des smarten Erzählers, der Witz und Charme wohl zu dosieren weiß, lädt der Kabarettist zu einer heiteren Tour entlang der Stolpersteine des Lebens und liefert eine pointierte Anleitung zum österreichischen Wesen.

Deutscher Preisträger ist Martin Zingsheim, einer der vielseitigsten und spannendsten jungen Kabarettisten der deutschsprachigen Kleinkunstszene. Er vermag nicht nur auf der Bühne zu überzeugen, sondern weiß seine Kunst auch im Radio einzusetzen. „Kopfkino“ heißt das eine aktuelle Programm und „Martin Zingsheim singt Lore Lorentz“ das andere. Martin Zingsheim hat viele Talente:
Er ist Musiker, Doktor der Musik, Arrangeur, Chansonnier, Satiriker, Kabarettist und präsentiert seine Kunst nicht nur auf den Kleinkunstbühnen und im Netz, sondern kann auch Radio. Wer ihn hört, der muss schnell sein und politisch auf der Höhe der Zeit, denn sonst bekommt man nicht jede Pointe, jede Spitze mit. Er redet über Gott und die Welt, Liebe und Hass, Erziehung und Pauschalreisen, erklärt Veganismus zur rein lexikalischen Herausforderung und plant den Sturz herrschender Systeme durch getanzte Revolutionen. Immer ganz scharf am Rande des Scharfsinns. Wenn er nicht spricht auf der Bühne, dann macht er Musik. Aktuell hat er die nur scheinbar alten Songs der Düsseldorfer Kommödchen-Prinzipalin Lore Lorentz für sich entdeckt und viele davon neu vertont. Das Verblüffende dabei: Es ist den Texten nicht anzuhören, ob sie gestern oder bereits vor einigen Jahrzehnten geschrieben worden sind, sind sie doch so zeitlos wie der Titel „Krieg ist Frieden, der woanders ist“. Für seine fulminanten Programme, mit denen er seit gut zehn Jahren unterwegs ist, wurde Martin Zingsheim bereits mehrfach ausgezeichnet, unter anderem 2015 mit dem Förderpreis zum Deutschen Kleinkunstpreis.

Mit Uta Köbernick würdigt der Schweizer Salzburger Stier eine politische Lyrikerin und Musikkabarettistin, die ihr Publikum in Deutschland, Österreich und der Schweiz ins Nachdenken, Träumen und Schmunzeln singen kann. Die in Ostberlin geborene Wahlschweizerin Uta Köbernick verblüffte gleich mit ihrem ersten Soloprogramm „Sonnenscheinwelt“ (2006) Publikum und Medien. Verschmitzt blätterte sich die Debütantin auf der Bühne durch ein Notizbuch voller irrwitziger Aphorismen und Sinnverdrehungen, spielte Geige und Gitarre und erfand kinderliedklare Melodien mit Widerhaken. Scheinbar über Nacht war aus der Schauspiel-Abgängerin der Theaterhochschule Zürich mit Vertrag am Berliner Ensemble unter Claus Peymann die Liedermacherin Köbernick geworden. Eine Stimme, die aus der deutschsprachigen Kleinkunstszene heute nicht mehr wegzudenken ist. Die Wertschätzung verschiedener Jurys ließ nicht lange auf sich warten. 2009 gewann sie den Förderpreis des renommierten deutschen Kleinkunstpreises und dem Studioalbum ihres zweiten Programms „auch nicht schlimmer“ wurde 2011 der Preis der deutschen Schallplattenkritik zugesprochen. Köbernick steht in der literarischen Tradition des im September 2015 verstorbenen Liedermachers Christof Stählin, in dessen „Akademie für Poesie und Musik“ sie Mitglied war. Ihr drittes und jüngstes Soloprogramm „Grund für Liebe“ (2015) hatte just an Stählins Todestag Premiere.

Der „Salzburger Stier“ ist mit jeweils 6000 Euro dotiert und wird seit 1982 jedes Jahr an Kabarettistinnen und Kabarettisten aus Österreich, Deutschland und der Schweiz verliehen - 2016 bereits zum 35. Mal. Er ist nicht nur einer der begehrtesten Kabarettpreise, sondern auch die größte Radio-Koproduktion im Bereich Unterhaltung. Nicht weniger als zehn Radiostationen arbeiten für den „Salzburger Stier“ eng zusammen: ORF, Schweizer Radio und Fernsehen, sieben ARD-Sender sowie die RAI Südtirol.

WDR 5 organisiert die Großveranstaltung in Paderborn gemeinsam mit dem KulturBüro-OWL, das im Vorfeld der Preisverleihung ab 9. Mai ein Kabarett-Festival mit hochkarätig besetzen Kabarettabenden veranstaltet. Den Auftakt des „Salzburger Stier 2016“ in der Paderhalle bestreitet am 20. Mai 2016 der deutsche Stierpreisträger 2004 Olaf Schubert. Die Preisverleihung findet am Samstag, den 21. Mai 2016 statt. An diesem Abend unterhalten die „Stier“-Preisträger mit Auszügen aus ihren aktuellen Programmen. Präsentator der beiden Veranstaltungen ist der Kabarettist und Conférencier Matthias Brodowy. Ö1 überträgt am 20. Mai live ab 19.30 Uhr. Ausführliche Porträts der Ausgezeichneten sind am 29. Mai (Gery Seidl), am 5. Juni (Uta Köbernick) und am 12. Juni (Martin Zingsheim) im Kleinkunstmagazin „Contra“ zu hören - immer sonntags um 22.05 Uhr in Ö1.

 

 

 

Allgemeine Informationen:
http://www.salzburgerstier.org

 

 

 

 

 

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