Konjunktur erholt sich in Österreich geringfügig

 

erstellt am
07. 12. 15
11:00 MEZ

Wien (wifo) - Die Konjunktur belebt sich in Österreich nur geringfügig. Exporte und Ausrüstungsinvestitionen liefern Impulse, der private Konsum entwickelt sich hingegen schwach. Der WIFO-Konjunkturtest zeigt eine leichte Verbesserung der Unternehmenseinschätzungen. Andererseits verschlechterte sich das Verbrauchervertrauen. Das außenwirtschaftliche Umfeld bleibt angespannt. Auch in den nächsten Monaten ist mit keinem kräftigen Konjunkturaufschwung zu rechnen.

Die österreichische Wirtschaft wächst weiter in mäßigem Tempo. Im III. Quartal nahm das Bruttoinlandsprodukt gegenüber dem Vorquartal um 0,3% zu. Das außenwirtschaftliche Umfeld bleibt angespannt: In den USA ist die Konjunkturlage gut, auch wenn erste Signale auf eine Abschwächung deuten. Im Euro-Raum hingegen kommt die Konjunktur weiter nicht in Schwung, und in den Schwellenländern hat sich das Wachstum verlangsamt.

Die uneinheitliche Entwicklung der Weltwirtschaft zeigt sich im österreichischen Außenhandel: Im III. Quartal beschleunigte sich das Exportwachstum laut Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnung etwas auf +1,5%. Die Nachfrage aus den USA stieg deutlich. Hingegen belasten die anhaltende Schwäche der Konjunktur im Euro-Raum und die Verlangsamung der Expansion in den Schwellenländern die österreichische Exportwirtschaft.

Impulse kamen im III. Quartal auch von den Ausrüstungsinvestitionen, die zum zweiten Mal in Folge beträchtlich ausgeweitet wurden. Dies dürfte mit einer allmählichen Verbesserung der Konjunktureinschätzung durch die österreichischen Unternehmen zusammenhängen. Die Erholung der Investitionen ist jedoch weiterhin zögerlich. Die Bauinvestitionen gingen im III. Quartal neuerlich zurück, die Schwäche der österreichischen Baukonjunktur ist also noch nicht überwunden.

Der Tourismus verzeichnete in der vergangenen Sommersaison ein lebhaftes Wachstum, die Gästeankünfte erreichten einen neuen Höchstwert. Zwar sanken die Ausgaben pro Nächtigung, die Tourismuswirtschaft setzte jedoch erheblich mehr um als im Vorjahr.

Anders als in Deutschland und in mehreren anderen europäischen Ländern nahm der private Konsum in Österreich auch im III. Quartal kaum zu. Das Konsumentenvertrauen verschlechterte sich seit dem Frühjahr 2015 deutlich und erreichte im November den niedrigsten Stand seit der Krise 2008/09. Daher dürfte die Konsumnachfrage der privaten Haushalte auch in den nächsten Monaten schwach sein. Allerdings könnten von der Flüchtlingsmigration sowie von der Steuerreform, die Anfang 2016 in Kraft tritt, merkliche Impulse für den Konsum ausgehen.

Die zurückhaltende Entwicklung des privaten Konsums wird auch durch die angespannte Lage auf dem Arbeitsmarkt beeinflusst. Trotz eines Beschäftigungsanstieges erhöhte sich die Zahl der gemeldeten Arbeitslosen im November gegenüber dem Vorjahr um 27.500. Die Arbeitslosenquote stieg auf 9,2%. Saisonbereinigt nahm die Arbeitslosenzahl allerdings nicht mehr zu, und das Stellenangebot stieg weiter. Die harmonisierte Arbeitslosenquote laut Eurostat lag im Oktober unverändert bei 5,6%.

Die Inflationsrate verharrte im Oktober auf +0,7%. Die Verbraucherpreise wurden durch den starken Verfall der Rohstoff- und Energiepreise gedrückt. Preistreiber sind hingegen weiterhin Mieten, Bewirtungsdienstleistungen und Versicherungsdienstleistungen.


Methodische Hinweise und Kurzglossar

Periodenvergleiche
Zeitreihenvergleiche gegenüber der Vorperiode, z. B. dem Vorquartal, werden um jahreszeitlich bedingte Effekte bereinigt. Dies schließt auch die Effekte ein, die durch eine unterschiedliche Zahl von Arbeitstagen in der Periode ausgelöst werden (etwa Ostern). Im Gegensatz zu den an Eurostat gelieferten und auch von Statistik Austria veröffentlichten "saison- und arbeitstägig bereinigten Veränderungen" der vierteljährlichen BIP-Daten bereinigt das WIFO diese zusätzlich um irreguläre Schwankungen. Diese als Trend-Konjunktur-Komponente bezeichneten Werte weisen einen ruhigeren Verlauf auf und machen Veränderungen des Konjunkturverlaufes besser interpretierbar.

Die Formulierung "veränderte sich gegenüber dem Vorjahr . . ." beschreibt hingegen eine Veränderung gegenüber der gleichen Periode des Vorjahres und bezieht sich auf unbereinigte Zeitreihen.

Die Analyse der saison- und arbeitstägig bereinigten Entwicklung liefert genauere Informationen über den aktuellen Konjunkturverlauf und zeigt Wendepunkte früher an. Die Daten unterliegen allerdings zusätzlichen Revisionen, da die Saisonbereinigung auf statistischen Methoden beruht.

Wachstumsüberhang
Der Wachstumsüberhang bezeichnet den Effekt der Dynamik im unterjährigen Verlauf (in saisonbereinigten Zahlen) des vorangegangenen Jahres (t0) auf die Veränderungsrate des Folgejahres (t1). Er ist definiert als die Jahresveränderungsrate des Jahres t1, wenn das BIP im Jahr t1 auf dem Niveau des IV. Quartals des Jahres t0 (in saisonbereinigten Zahlen) bleibt.

Durchschnittliche Veränderungsraten
Die Zeitangabe bezieht sich auf Anfangs- und Endwert der Berechnungsperiode: Demnach beinhaltet die durchschnittliche Rate 2005/2010 als 1. Veränderungsrate jene von 2005 auf 2006, als letzte jene von 2009 auf 2010.

Reale und nominelle Größen
Die ausgewiesenen Werte sind grundsätzlich real, also um Preiseffekte bereinigt, zu verstehen. Werden Werte nominell ausgewiesen (z. B. Außenhandelsstatistik), so wird dies eigens angeführt.

Produzierender Bereich
Diese Abgrenzung schließt die NACE-2008-Abschnitte B, C und D (Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden, Herstellung von Waren, Energieversorgung) ein und wird hier im internationalen Vergleich verwendet.

Inflation, VPI und HVPI
Die Inflationsrate misst die Veränderung der Verbraucherpreise gegenüber dem Vorjahr. Der Verbraucherpreisindex (VPI) ist ein Maßstab für die nationale Inflation. Der Harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI) ist die Grundlage für die vergleichbare Messung der Inflation in der EU und für die Bewertung der Preisstabilität innerhalb der Euro-Zone ( siehe auch http://www.statistik.at/ ).

Die Kerninflation als Indikator der Geldpolitik ist nicht eindeutig definiert. Das WIFO folgt der gängigen Praxis, für die Kerninflation die Inflationsrate ohne die Gütergruppen unverarbeitete Nahrungsmittel und Energie zu verwenden. So werden knapp 87% der im österreichischen Warenkorb für den Verbraucherpreisindex (VPI 2010) enthaltenen Güter und Dienstleistungen in die Berechnung der Kerninflation einbezogen.

WIFO-Konjunkturtest und WIFO-Investitionstest
Der WIFO-Konjunkturtest ist eine monatliche Befragung von rund 1.500 österreichischen Unternehmen zur Einschätzung ihrer aktuellen und künftigen wirtschaftlichen Lage. Der WIFO-Investitionstest ist eine halbjährliche Befragung von Unternehmen zu ihrer Investitionstätigkeit ( http://www.konjunkturtest.at/ ). Die Indikatoren sind Salden zwischen dem Anteil der positiven und jenem der negativen Meldungen an der Gesamtzahl der befragten Unternehmen.

Arbeitslosenquote
Österreichische Definition: Anteil der zur Arbeitsvermittlung registrierten Personen am Arbeitskräfteangebot der Unselbständigen. Das Arbeitskräfteangebot ist die Summe aus Arbeitslosenbestand und unselbständig Beschäftigten (gemessen in Standardbeschäftigungsverhältnissen). Datenbasis: Registrierungen bei AMS und Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger.

Definition gemäß ILO und Eurostat: Als arbeitslos gelten Personen, die nicht erwerbstätig sind und aktiv einen Arbeitsplatz suchen. Als erwerbstätig zählt, wer in der Referenzwoche mindestens 1 Stunde selbständig oder unselbständig gearbeitet hat. Personen, die Kinderbetreuungsgeld beziehen, und Lehrlinge zählen zu den Erwerbstätigen, nicht hingegen Präsenz- und Zivildiener. Die Arbeitslosenquote ist der Anteil der Arbeitslosen an allen Erwerbspersonen (Arbeitslose plus Erwerbstätige). Datenbasis:
Umfragedaten von privaten Haushalten (Mikrozensus).

Begriffe im Zusammenhang mit der österreichischen Definition der Arbeitslosenquote
Personen in Schulungen: Personen, die sich zum Stichtag in AMS-Schulungsmaßnahmen befinden. Für die Berechnung der Arbeitslosenquote wird ihre Zahl weder im Nenner noch im Zähler berücksichtigt.

Unselbständig aktiv Beschäftigte: Zu den "unselbständig Beschäftigten" zählen auch Personen, die Kinderbetreuungsgeld beziehen, sowie Präsenzdiener mit aufrechtem Beschäftigungsverhältnis. Zieht man deren Zahl ab, so erhält man die Zahl der "unselbständig aktiv Beschäftigten".

 

 

 

Allgemeine Informationen:
http://www.wifo.ac.at

 

 

 

 

 

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