Wien (wifo) - Die Konjunktur belebt sich in Österreich nur geringfügig. Exporte und Ausrüstungsinvestitionen
liefern Impulse, der private Konsum entwickelt sich hingegen schwach. Der WIFO-Konjunkturtest zeigt eine leichte
Verbesserung der Unternehmenseinschätzungen. Andererseits verschlechterte sich das Verbrauchervertrauen. Das
außenwirtschaftliche Umfeld bleibt angespannt. Auch in den nächsten Monaten ist mit keinem kräftigen
Konjunkturaufschwung zu rechnen.
Die österreichische Wirtschaft wächst weiter in mäßigem Tempo. Im III. Quartal nahm das Bruttoinlandsprodukt
gegenüber dem Vorquartal um 0,3% zu. Das außenwirtschaftliche Umfeld bleibt angespannt: In den USA ist
die Konjunkturlage gut, auch wenn erste Signale auf eine Abschwächung deuten. Im Euro-Raum hingegen kommt
die Konjunktur weiter nicht in Schwung, und in den Schwellenländern hat sich das Wachstum verlangsamt.
Die uneinheitliche Entwicklung der Weltwirtschaft zeigt sich im österreichischen Außenhandel: Im III.
Quartal beschleunigte sich das Exportwachstum laut Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnung etwas auf +1,5%. Die Nachfrage
aus den USA stieg deutlich. Hingegen belasten die anhaltende Schwäche der Konjunktur im Euro-Raum und die
Verlangsamung der Expansion in den Schwellenländern die österreichische Exportwirtschaft.
Impulse kamen im III. Quartal auch von den Ausrüstungsinvestitionen, die zum zweiten Mal in Folge beträchtlich
ausgeweitet wurden. Dies dürfte mit einer allmählichen Verbesserung der Konjunktureinschätzung durch
die österreichischen Unternehmen zusammenhängen. Die Erholung der Investitionen ist jedoch weiterhin
zögerlich. Die Bauinvestitionen gingen im III. Quartal neuerlich zurück, die Schwäche der österreichischen
Baukonjunktur ist also noch nicht überwunden.
Der Tourismus verzeichnete in der vergangenen Sommersaison ein lebhaftes Wachstum, die Gästeankünfte
erreichten einen neuen Höchstwert. Zwar sanken die Ausgaben pro Nächtigung, die Tourismuswirtschaft setzte
jedoch erheblich mehr um als im Vorjahr.
Anders als in Deutschland und in mehreren anderen europäischen Ländern nahm der private Konsum in Österreich
auch im III. Quartal kaum zu. Das Konsumentenvertrauen verschlechterte sich seit dem Frühjahr 2015 deutlich
und erreichte im November den niedrigsten Stand seit der Krise 2008/09. Daher dürfte die Konsumnachfrage der
privaten Haushalte auch in den nächsten Monaten schwach sein. Allerdings könnten von der Flüchtlingsmigration
sowie von der Steuerreform, die Anfang 2016 in Kraft tritt, merkliche Impulse für den Konsum ausgehen.
Die zurückhaltende Entwicklung des privaten Konsums wird auch durch die angespannte Lage auf dem Arbeitsmarkt
beeinflusst. Trotz eines Beschäftigungsanstieges erhöhte sich die Zahl der gemeldeten Arbeitslosen im
November gegenüber dem Vorjahr um 27.500. Die Arbeitslosenquote stieg auf 9,2%. Saisonbereinigt nahm die Arbeitslosenzahl
allerdings nicht mehr zu, und das Stellenangebot stieg weiter. Die harmonisierte Arbeitslosenquote laut Eurostat
lag im Oktober unverändert bei 5,6%.
Die Inflationsrate verharrte im Oktober auf +0,7%. Die Verbraucherpreise wurden durch den starken Verfall der Rohstoff-
und Energiepreise gedrückt. Preistreiber sind hingegen weiterhin Mieten, Bewirtungsdienstleistungen und Versicherungsdienstleistungen.
Methodische Hinweise und Kurzglossar
Periodenvergleiche
Zeitreihenvergleiche gegenüber der Vorperiode, z. B. dem Vorquartal, werden um jahreszeitlich bedingte Effekte
bereinigt. Dies schließt auch die Effekte ein, die durch eine unterschiedliche Zahl von Arbeitstagen in der
Periode ausgelöst werden (etwa Ostern). Im Gegensatz zu den an Eurostat gelieferten und auch von Statistik
Austria veröffentlichten "saison- und arbeitstägig bereinigten Veränderungen" der vierteljährlichen
BIP-Daten bereinigt das WIFO diese zusätzlich um irreguläre Schwankungen. Diese als Trend-Konjunktur-Komponente
bezeichneten Werte weisen einen ruhigeren Verlauf auf und machen Veränderungen des Konjunkturverlaufes besser
interpretierbar.
Die Formulierung "veränderte sich gegenüber dem Vorjahr . . ." beschreibt hingegen eine Veränderung
gegenüber der gleichen Periode des Vorjahres und bezieht sich auf unbereinigte Zeitreihen.
Die Analyse der saison- und arbeitstägig bereinigten Entwicklung liefert genauere Informationen über
den aktuellen Konjunkturverlauf und zeigt Wendepunkte früher an. Die Daten unterliegen allerdings zusätzlichen
Revisionen, da die Saisonbereinigung auf statistischen Methoden beruht.
Wachstumsüberhang
Der Wachstumsüberhang bezeichnet den Effekt der Dynamik im unterjährigen Verlauf (in saisonbereinigten
Zahlen) des vorangegangenen Jahres (t0) auf die Veränderungsrate des Folgejahres (t1). Er ist definiert als
die Jahresveränderungsrate des Jahres t1, wenn das BIP im Jahr t1 auf dem Niveau des IV. Quartals des Jahres
t0 (in saisonbereinigten Zahlen) bleibt.
Durchschnittliche Veränderungsraten
Die Zeitangabe bezieht sich auf Anfangs- und Endwert der Berechnungsperiode: Demnach beinhaltet die durchschnittliche
Rate 2005/2010 als 1. Veränderungsrate jene von 2005 auf 2006, als letzte jene von 2009 auf 2010.
Reale und nominelle Größen
Die ausgewiesenen Werte sind grundsätzlich real, also um Preiseffekte bereinigt, zu verstehen. Werden
Werte nominell ausgewiesen (z. B. Außenhandelsstatistik), so wird dies eigens angeführt.
Produzierender Bereich
Diese Abgrenzung schließt die NACE-2008-Abschnitte B, C und D (Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden,
Herstellung von Waren, Energieversorgung) ein und wird hier im internationalen Vergleich verwendet.
Inflation, VPI und HVPI
Die Inflationsrate misst die Veränderung der Verbraucherpreise gegenüber dem Vorjahr. Der Verbraucherpreisindex
(VPI) ist ein Maßstab für die nationale Inflation. Der Harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI) ist
die Grundlage für die vergleichbare Messung der Inflation in der EU und für die Bewertung der Preisstabilität
innerhalb der Euro-Zone ( siehe auch http://www.statistik.at/
).
Die Kerninflation als Indikator der Geldpolitik ist nicht eindeutig definiert. Das WIFO folgt der gängigen
Praxis, für die Kerninflation die Inflationsrate ohne die Gütergruppen unverarbeitete Nahrungsmittel
und Energie zu verwenden. So werden knapp 87% der im österreichischen Warenkorb für den Verbraucherpreisindex
(VPI 2010) enthaltenen Güter und Dienstleistungen in die Berechnung der Kerninflation einbezogen.
WIFO-Konjunkturtest und WIFO-Investitionstest
Der WIFO-Konjunkturtest ist eine monatliche Befragung von rund 1.500 österreichischen Unternehmen zur Einschätzung
ihrer aktuellen und künftigen wirtschaftlichen Lage. Der WIFO-Investitionstest ist eine halbjährliche
Befragung von Unternehmen zu ihrer Investitionstätigkeit ( http://www.konjunkturtest.at/ ). Die Indikatoren
sind Salden zwischen dem Anteil der positiven und jenem der negativen Meldungen an der Gesamtzahl der befragten
Unternehmen.
Arbeitslosenquote
Österreichische Definition: Anteil der zur Arbeitsvermittlung registrierten Personen am Arbeitskräfteangebot
der Unselbständigen. Das Arbeitskräfteangebot ist die Summe aus Arbeitslosenbestand und unselbständig
Beschäftigten (gemessen in Standardbeschäftigungsverhältnissen). Datenbasis: Registrierungen bei
AMS und Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger.
Definition gemäß ILO und Eurostat: Als arbeitslos gelten Personen, die nicht erwerbstätig sind
und aktiv einen Arbeitsplatz suchen. Als erwerbstätig zählt, wer in der Referenzwoche mindestens 1 Stunde
selbständig oder unselbständig gearbeitet hat. Personen, die Kinderbetreuungsgeld beziehen, und Lehrlinge
zählen zu den Erwerbstätigen, nicht hingegen Präsenz- und Zivildiener. Die Arbeitslosenquote ist
der Anteil der Arbeitslosen an allen Erwerbspersonen (Arbeitslose plus Erwerbstätige). Datenbasis:
Umfragedaten von privaten Haushalten (Mikrozensus).
Begriffe im Zusammenhang mit der österreichischen Definition der Arbeitslosenquote
Personen in Schulungen: Personen, die sich zum Stichtag in AMS-Schulungsmaßnahmen befinden. Für die
Berechnung der Arbeitslosenquote wird ihre Zahl weder im Nenner noch im Zähler berücksichtigt.
Unselbständig aktiv Beschäftigte: Zu den "unselbständig Beschäftigten" zählen
auch Personen, die Kinderbetreuungsgeld beziehen, sowie Präsenzdiener mit aufrechtem Beschäftigungsverhältnis.
Zieht man deren Zahl ab, so erhält man die Zahl der "unselbständig aktiv Beschäftigten".
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