Bundesrat diskutiert in Aktueller Stunde über pro und contra Elektronische Gesundheitsakte
Wien (pk) - Die elektronische Gesundheitsakte ELGA startet mit 9.12.2015 flächendeckend in der Steiermark
und gleich darauf auch in Wien – Grund für den Bundesrat, in einer Aktuellen Stunde am 03.12. mit Gesundheitsministerin
Sabine Oberhauser darüber zu diskutieren. SPÖ und ÖVP begrüßten das Projekt als einen
Schritt zu mehr Patientensicherheit und Transparenz. Auch die Grünen drängten auf eine rasche Realisierung,
um aufgrund der Erfahrungen entsprechende Adaptierungen vornehmen zu können. Ein sensibler Punkt für
die Grünen wie für alle anderen auch ist jedoch die Datensicherheit. Gänzliche Ablehnung kam von
den Freiheitlichen, sie glauben, dass die Datensicherheit keineswegs gewährleistet werden kann und befürchten
eine Überbürokratisierung.
Oberhauser: ELGA bringt Zeitersparnis und schafft Sicherheit
Dem hielt die Gesundheitsministerin entgegen, dass man die zehn Jahre Vorbereitung genützt habe, um größtmögliche
Sicherheit zu bieten. Es sei eigens ein externes Institut beauftragt worden, das System zu durchleuchten, dabei
sei es den Computer-ExpertInnen nicht gelungen, ELGA zu hacken, berichtete sie zufrieden. Die Ministerin versuchte
auch die Bedenken dahingehend zu entkräften, indem sie unterstrich, dass nur die PatientInnen HerrInnen der
Daten sei. Der Arzt bzw. die Ärztin könne nur dann in das System, wenn auch die PatientInnen ihre E-Card
hineinstecken. Sie selbst könnten Befunde sperren und löschen, dazu sei eine Bürgercard oder eine
Handysignatur notwendig. Die Daten werden auch nicht zentral gespeichert, bekräftigte Oberhauser, sondern
es könnten nur verschiedene Portale aufgemacht werden. Außerdem sei genau nachzuverfolgen, wer zugegriffen
hat - in der Arztpraxis sei das heute nicht möglich.
Erfasst werden laut Oberhauser Entlassungsbriefe von Spitälern sowie Röntgen- und Laborbefunde. Alte
Daten werden nicht gespeichert, sondern nur jene, die nach dem Start von ELGA erhoben werden. Dazu gebe es auch
ein einheitliches Formular, in das die ÄrztInnen ihre Befunde hineindiktieren, und das komme dann automatisch
in das ELGA-System. Somit entsteht laut Oberhauser kein zusätzlicher Mehraufwand für die ÄrztInnen.
Sie gehe optimistisch in die Geschichte, betonte die Gesundheitsministerin und zeigte sich überzeugt davon,
dass ELGA Zeitersparnis bringt und Sicherheit schafft.
FPÖ lehnt ELGA ab, Grüne bleiben abwartend
Für Bundesrat Gerd Krusche (F/St) konnten jedoch trotz aller Testungen die Bedenken hinsichtlich der Datensicherheit
nicht ausgeräumt werden. Es gebe Gruppen, die großes Interesse an den Gesundheitsdaten haben, von den
Versicherungen abwärts, sagte er. Ähnlich argumentierte sein Fraktionskollege Arnd Meißl (F/St).
Auch Heidelinde Reiter (G/S) und Ewa Dziedzic (G/W) zeigten sich skeptisch im Hinblick auf die Datensicherheit.
Es wird sicherlich zu Pannen kommen, ist Reiter überzeugt. Die beiden Grün-MandatarInnen wehren sich
aber nicht gänzlich gegen die Einführung von ELGA, sondern drängten darauf, das System rasch einzuführen,
um evaluieren zu können, was verbesserungswürdig ist. Wichtig ist den beiden die Kontrolle. Reiter wertete
das System deshalb auch positiv weil die Menschen leichter und bequemer Zugriff auf die Daten haben und die gleichen
Untersuchungen in Hinkunft nicht mehrmals gemacht werden müssen.
SPÖ-Bundesrat Mario Lindner (S/St) wies in dieser Diskussion darauf hin, dass auch das Online-Banking sehr
gut funktioniere und die ärztliche Schweigepflicht selbstverständlich auch bei ELGA gelte. Außerdem
würden in allen Bundesländern ELGA-Ombudsstellen eingerichtet. Ferdinand Tiefnig (V/O) und Gregor Hammerl
(V/St) nannten ebenfalls den Datenschutz als einen wichtigen und sensiblen Punkt. Tiefnig versuchte die Bedenken
auch mit dem Hinweis zu entkräften, dass nur ÄrztInnen des Vertrauens auf ELGA zugreifen können,
keinesfalls aber BetriebsärztInnen.
ÖVP und SPÖ: Mehr Sicherheit und Erleichterungen für PatientInnen
Die Erleichterungen für die PatientInnen waren auch das Hauptargument von SPÖ und ÖVP, das Projekt
ELGA zu begrüßen. In zehn Jahren werde die Elektronische Gesundheitsakte nicht mehr wegzudenken sein,
meinte etwa Reinhard Todt (S/W), so wie die E-Card zu einer Selbstverständlichkeit geworden sei. Als Vorteile
von ELGA nannte er die Vermeidung von Mehrfachverschreibungen, eine hohe Medikamentensicherheit, da negative Wechselwirkungen
leichter erkannt werden können, ferner eine höhere Transparenz und umfassende Informationen. Wie Ferdinand
Tiefnig (V/O) hob er zudem hervor, dass die PatientInnen in Hinkunft weniger Wege haben werden und sich nicht innerhalb
eines kurzen Zeitraums gleichen Untersuchungen unterziehen müssen. Das sei ein wichtiger Schritt zu mehr Patientensicherheit,
meinten beide.
Oberhauser: Neue Finanzierungsmodelle in Primärversorgungszentren andenken
Gesundheitsministerin Oberhauser bestätigte nach einigen Wortmeldungen, dass man sich über neue Formen
der Finanzierung in den Primärversorgungszentren Gedanken machen müsse. Sie gab Heidelinde Reiter (G/S)
Recht, die gefordert hatte, die Patientengespräche aufzuwerten. Auch im Hinblick auf den Ärztemangel
in ländlichen Gebieten, der vor allem von Gerd Krusche (F/St) und Arnd Meißl (F/St) angesprochen worden
war, seien neue Konzepte anzudenken.
Zu den Befürchtungen der Freiheitlichen, das System führe zu einer Überbürokratisierung, außerdem
sei es für die PatientInnen nicht mehr möglich, eine Zweitmeinung einzuholen, bemerkte die Ministerin,
das Gegenteil sei der Fall: Eine ärztliche Zweitmeinung sei in keinem Fall ausgeschlossen.
Heidelinde Reiter sprach sich in der Debatte seitens der Grünen zudem dafür aus, auch Impfpass und Röntgenpass
in das ELGA-System aufzunehmen, Ewa Dziedzic trat dafür ein, bei ELGA auch mehr den Fokus auf die Gendermedizin
zu legen.
|