Fiskalregeln werden 2015 eingehalten
Wien (fiskalrat) - Die aktuelle FISK-Herbstprognose ergibt, dass Österreich im Jahr 2015 - wie bereits
im Jahr 2014 - das mittelfristige Budgetziel (MTO) eines strukturellen Budgetdefizits von maximal 0,45% des BIP
erreicht. Damit zählt Österreich aus Sicht des Fiskalrates zu jenen EU-Mitgliedstaaten, die die fiskali-
schen EU-Vorgaben im Wesentlichen gegenwärtig erfüllen. Mit einem Maastricht-Defizit für das Jahr
2015 von 1,6% des BIP und einem strukturellen Budgetdefizit von 0,2% des BIP unterschreitet die FISK-Schätzung
die Ergebnisse des BMF von 1,9% des BIP (Maastricht-Defizit) bzw. 0,5% des BIP (strukturelles Budgetdefizit).
Im kommenden Jahr 2016 dürfte das mittelfristige Budgetziel nach den EU-Kriterien allerdings deut- lich verfehlt
werden. Die Einschätzung des FISK vom Frühjahr, dass eine "erhebliche" Verfehlung der strukturellen
Budgetregel im Jahr 2016 durch Österreich erwartet werden muss, bleibt auch nach Vorliegen des Haushaltsplans
der Bundesregierung für das Jahr 2016 vom 14. Oktober 2015 und nach der FISK-Herbstprognose aufrecht.
Für den markanten Rückgang des Maastricht-Defizits im Jahr 2015 um 1,1 Prozentpunkte auf 1,6% des BIP
sind in erster Linie temporäre Sonderfaktoren (Wegfall der Ausgaben 2014 im Zusammen- hang mit der Gründung
der Abwicklungsgesellschaft für die Hypo-Alpe-Adria Bank AG - HETA) aus- schlaggebend. Im Jahr 2016 ist -
trotz leichter Verbesserung des konjunkturellen Umfelds - wieder mit einem beträchtlichen Anstieg des Maastricht-Budgetdefizits
auf 2,2% des BIP zu rechnen. Für diese Entwicklung im Jahr 2016 sind vorrangig die Zusatzkosten aus der Betreuung
von Flüchtlingen und Asylwerbern (+0,3% des BIP), der Netto-Einnahmenausfall infolge der Steuerreform 2015/2016
(+0,3% des BIP) sowie die Ausweitung der Offensivmaßnahmen (+0,2% des BIP) wie z. B. im Be- reich der Universitäten,
der Ausbau des Breitbandinternets und bei der Familienförderung verantwort- lich. Ferner dürften Vorzieheffekte
der Steuerreform 2015/2016 (z. B. durch vorgezogene Grundstücks- übertragungen) den Defizitabbau im Jahr
2015 überzeichnen.
Aus den budgetären Entwicklungen (ohne Bankenpaket) und einem Rückgang der negativen Output- lücke
leitet sich im Jahr 2016 ein Anstieg des strukturellen Defizits des Gesamtstaates auf 1,4% des BIP (2015: 0,2%
des BIP) nach der FISK-Herbstprognose ab. Ohne die Zusatzausgaben für Flüchtlinge und Asylwerber wäre
im Jahr 2016 ein Anstieg des strukturellen Budgetdefizits Österreichs auf 1,2% des BIP zu verzeichnen. Nach
beiden Prognosen verfehlt Österreich das mittelfristige Budgetziel gemäß den EU-Fiskalregeln von
-0,45% des BIP erheblich.
Die Senkung der Steuerbelastung des Faktors Arbeit im Rahmen der Steuerreform ist aus Sicht des Fiskalrates grundsätzlich
zu begrüßen. Allerdings dürften die geplanten Gegenfinanzierungen den Steu- erausfall erst mittelfristig
zur Gänze abfedern.
Die Prognosen des Fiskalrates sind als "Frühwarnmechanismus" zu verstehen, der dazu beitragen soll,
eine tatsächliche Verfehlung der Fiskalregeln in Österreich zu vermeiden.
Zusammenfassung
Als Prognoseunsicherheiten sind die konjunkturellen Rahmenbedingungen für das Jahr 2016, Ver- änderungen
im Bereich des Flüchtlingszustroms, das Aufkommen der Gegenfinanzierungsmaßnah- men der Steuerreform
2015/2016 sowie Leistungen aus dem Bankenpaket anzuführen.
Der aktuelle Haushaltsplan der Bundesregierung (HHP; Übersicht über die österreichische Haus- haltsplanung
2016 vom 14. Oktober 2015) ist hinsichtlich der Budgetentwicklung 2016 als optimistisch einzuschätzen. Der
Fiskalrat rechnet mit höheren Budgetdefiziten sowohl bei der Maastricht- Defizitquote als auch bei der strukturellen
Defizitquote um jeweils etwa 0,8 bzw. 0,9 Prozentpunkte. In der Vergangenheit waren Abweichungen zwischen dem vom
BMF angenommenen und dem durch Statistik Austria festgestellten Maastricht-Defizit in der Größenordnung
von 0,1 bis 0,7 Prozentpunkten zu verzeichnen (geschätzte Ergebnisse für das Jahr t vom März im
Jahr t im Vergleich zum Ergebnis von Statistik Austria vom März im Jahr t+1). Auch unterliegt die FISK-Prognose
einer "No-Policy- Change-Annahme", die keine potenziellen Konsolidierungen durch Budgetumschichtungen
umfasst.
Um die fiskalischen Vorgaben in Zukunft einhalten zu können, muss der Weg eines wachstumsscho- nenden Konsolidierungskurses
in Kombination mit Offensivmaßnahmen wieder konsequent fort- gesetzt werden, wobei Strukturreformen an Bedeutung
gewinnen müssen. Spielräume für defizit- erhöhende Maßnahmen, wie ausgabenseitige Konjunkturimpulse
oder die Senkung der Steuer- und Abgabenquote, bleiben aber - selbst bei den etwas günstigeren Konjunkturaussichten
- weiter äußerst gering.
Auch wenn die Treffsicherheit von Fiskalprognosen im Regelfall durch veränderte ökonomische Rahmenbedingungen,
Revisionen der Outputlücke sowie durch neue, bei der Prognoseerstellung noch unbekannte Maßnahmen der
Gebietskörperschaften eingeschränkt wird, zählt es zu den Kernaufgaben des Fiskalrates, auf mögliche
budgetäre Fehlentwicklungen hinzuweisen.
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