Innenausschuss stimmt mit Mehrheit von SPÖ, ÖVP, Grünen und NEOS neuer Bund-Länder-Vereinbarung
zu
Wien (pk) – Die Kostenhöchstsätze für die Grundversorgung von AsylwerberInnen werden angehoben.
Der Innenausschuss des Nationalrats stimmte am 01.12. mit breiter Mehrheit einer entsprechenden Bund-Länder-Vereinbarung
zu. Die Anpassung der Sätze erfolgt zum Teil rückwirkend, vor allem für die Betreuung unbegleiteter
minderjähriger Flüchtlinge in kleinen Wohngruppen gibt es deutlich mehr Geld. Neben den Koalitionsparteien
unterstützten auch die Grünen und die NEOS die Initative, Alev Korun hätte sich zum Teil allerdings
noch höhere Sätze gewünscht.
Begründet wird der Zusatz zur Grundversorgungsvereinbarung ( 892 d.B.) damit, dass die derzeitigen Sätze
zu niedrig sind, um die Grundversorgung kostendeckend durchzuführen. In diesem Sinn wird der Tagsatz für
die Unterbringung und Verpflegung von Erwachsenen in organisierten Unterkünften, wie schon im September im
Zuge der Beschlussfassung des Durchgriffsrechts des Bundes zur Schaffung von Asylquartieren vereinbart wurde, von
19 € auf 20,5 €, rückwirkend ab Anfang Oktober, und auf 21 € ab Jänner 2016 angehoben. Auch andere ausgewählte
Sätze, etwa jene für die Verpflegung und anfallende Mietkosten individuell untergebrachter Flüchtlingsfamilien
und Einzelpersonen, steigen Anfang kommenden Jahres.
Am deutlichsten angehoben, und zwar rückwirkend ab 1. August 2015, wird der Kostenhöchstsatz für
die Unterbringung, Verpflegung und Betreuung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge in kleinen Wohngruppen
bis zu 10 Personen. Er steigt von 77 € auf 95 € pro Tag. Bei einem höheren Betreuungsschlüssel (1:15
bzw. 1:20) beträgt das Plus hingegen lediglich 1,50 € täglich. Keine Änderungen gibt es beim monatlichen
Taschengeld, es bleibt bei 40 € pro Person.
Für die SPÖ signalisierte Ulrike Königsberger-Ludwig ihre Zustimmung. Nur teilweise zufrieden zeigten
sich die Grünen. Alev Korun zufolge wäre es notwendig, den Tagsatz für unbegleitete minderjährige
Flüchtlinge auf das Niveau der österreichischen Kinderhilfe von 120 € anzuheben. Kinder und Jugendliche
hätten die gleichen Bedürfnisse nach Betreuung, gleichgültig, woher sie kommen, argumentiert die
Abgeordnete. Sie konnte sich mit einem diesbezüglichen Antrag ( 1263/A(E)) jedoch nicht durchsetzen.
Mitverhandelt mit der Bund-Länder-Vereinbarung wurde auch ein Antrag der NEOS ( 1300/A(E)). Abgeordneter Nikolaus
Alm verwies auf wiederholte Kritik an der ORS Service AG und sprach sich dafür aus, die Flüchtlingsbetreuung
in Traiskirchen und den anderen Erstaufnahmestellen des Bundes neu auszuschreiben. Gleichzeitig sollen die zur
Verfügung gestellten Mittel erhöht werden, um qualifizierten Anbietern eine Angebotslegung zu ermöglichen.
Diese Forderungen wurde von Alev Korun (G) unterstützt. Sie hielt fest, dass es für NGOs aufgrund der
zu niedrigen Tagsätze nicht möglich sei, Angebote zu schaffen.
Seitens des Innenressorts wurde die Kritik an der ORS Service AG zurückgewiesen. Die Firma sei nach einer
ordnungsgemäßen Ausschreibung mit der Aufgabe der Flüchtlingsbetreuung betraut worden und biete
die geforderte qualitätsvolle Betreuung an. Zweifellos stoße sie, wie andere Organisationen auch, angesichts
der aktuellen Lage teilweise an ihre Grenzen. Das Innenministerium habe daher eine Vereinbarung mit dem Roten Kreuz
abgeschlossen, das neu geschaffene Betreuungseinrichtungen des Bundes so lange betreuen wird, bis sie von ORS regulär
übernommen werden können. Zudem seien weitere Ausschreibungen im Gange. Das Innenministerium hoffe, dass
auch NGOs Angebote legen, sagte Sektionschef Mathias Vogl. Er teilte den Abgeordneten auch mit, dass mit Stichtag
30. November 1.340 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Traiskirchen untergebracht sind. Ihre Unterbringung
werde als vordringliches Problem behandelt, dazu brauche es die Kooperation der Länder.
FPÖ fordert konsequente Abschiebung von Wirtschaftsflüchtlingen
Vertagt wurde ein Antrag von FPÖ Abgeordnetem Gernot Darmann ( 1429/A(E)), der die konsequente Abschiebung
von Wirtschaftsflüchtlingen aus Österreich fordert. Es müsse klar unterschieden werden zwischen
Kriegsflüchtlingen, die Anspruch auf Asyl hätten, und Personen, die nur in ein Land mit besserem Sozialsystem
auswandern wollten. Ein solcher Wunsch könne kein Asylgrund sein. Walter Rosenkranz (F) und Christoph Hagen
(T) schlossen sich dieser Auffassung an. Hingegen meinte Alev Korun (G), es werde in der Diskussion der Eindruck
erzeugt, als ob der überwiegende Anteil der Asylsuchenden nur einen so genannten Asylmissbrauch beabsichtige.
Sie wolle daher festhalten, dass die überwiegende Mehrzahl der Anträge von Menschen aus Kriegsgebieten
stamme.
Innenministerin Johanna Mikl-Leitner sagte, ihr Anliege sei es, beim emotional besetzten Thema Asyl eine sachliche
Diskussion in Gang zu bringen. Daher sei ihr die Meinung der ExpertInnen besonders wichtig. Die Anerkennungsquote
für Asylanträge werde heuer zweifellos steigen, wobei den ersten Platz der AntragstellerInnen nicht Flüchtlinge
aus Syrien, sondern aus Afghanistan einnehmen, teilte die Innenministerin mit. Was so genannte Wirtschaftsflüchtlinge
angehe, so gelte es, Maßnahmen zu setzen, durch die Österreich für diese weniger attraktiv wird.
Einbürgerungen: Grüne für Erleichterungen bei Deutsch-Nachweis
Zwei Anträge der Grünen lagen dem Ausschuss zum Thema Einbürgerungen vor. Zum einen drängen
Abgeordnete Alev Korun und ihre FraktionskollegInnen darauf, Maturazeugnisse bzw. Studienabschlüsse, die in
Österreich, Deutschland oder in der deutschsprachigen Schweiz erworben wurden, als Nachweis ausreichender
Deutschkenntnisse anzuerkennen ( 687/A(E)). Zum anderen geht es den Grünen darum, dass alle Kinder mit ausländischer
Mutter und österreichischem Vater formlos die österreichische Staatsbürgerschaft beantragen können,
wenn die Vaterschaft anerkannt bzw. gerichtlich festgestellt wurde ( 234/A(E)). Korun wertet es als diskriminierend,
dass diese Bestimmung nur für nach dem 31. Juli 2013 geborene Kinder gilt.
Die beiden Anträge wurden vertagt. Abgeordnete Nurten Yilmaz (S) stellte fest, die Anliegen, für die
sie Verständnis habe, sollten so bald wie möglich in eine Novelle des Staatsbürgerschaftsgesetzes
einfließen. Sie gehe dabei von der Zustimmung des Koalitionspartners aus.
NEOS fordern EU-weit hohes Datenschutzniveau
Das Thema Datenschutz brachten die NEOS aufs Tapet. Abgeordnetem Nikolaus Alm ist ein EU-weit möglichst hohes
Datenschutzniveau durch eine strenge Datenschutzgrundverordnung ein wichtiges Anliegen ( 1039/A(E)). Seiner Auffassung
nach würden europäische Unternehmen und Start-Ups gegenüber der weltweiten Konkurrenz enorm profitieren,
könnten sie mit Datensicherheit und Datenschutz punkten. Alm lehnt in diesem Sinn auch den Einbau von Hintertüren
in EDV-Software, so genannte "Backdoors", und ein Verbot von Verschlüsselungssoftware zum Zweck
der Terrorismusbekämpfung ab. Damit würde man nicht nur die Bürgerrechte im Allgemeinen schwächen,
sondern auch Cyberkriminalität und Wirtschaftsspionage erleichtern.
Zustimmung kam von Albert Steinhauser (G), der feststellte, Bestreben der Politik müsse es sein, dass Privatpersonen
und Firmen sensible Daten besser verschlüsseln, anstatt die Erhöhung der Datensicherheit durch verschieden
Maßnahmen immer wieder zu unterlaufen. – Der Antrag wurde vertagt.
Team Stronach will Polizei das Töten verletzter Tiere gestatten
Schließlich lehnte der Innenausschuss mehrheitlich einen Antrag des Team Stronach ab ( 311/A(E)), dem zufolge
Sicherheitsorgane das ausdrückliche Recht erhalten sollen, Wildtieren und – mit Einverständnis des Besitzers
– auch Haus- und Nutztieren einen Gnadenschuss zu geben, wenn diese im Straßenverkehr verletzt wurden und
am Verenden sind. Derzeit ist dieses Recht grundsätzlich nur JägerInnen und TierärztInnen vorbehalten,
das führe zu unnötigen Qualen, kritisiert Abgeordnete Christoph Hagen. Peter Pilz (G) befand, dass die
Argumentation von Hagen etwas für sich habe, und eventuell Bedarf an einer genaueren Regelung dieser Fälle
bestehe. Hingegen war Werner Amon (V) überzeugt, dass die bestehenden Regelungen ausreichen.
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