Kostensätze für Grundversorgung von
 AsylwerberInnen werden angehoben

 

erstellt am
02. 12. 15
11:00 MEZ

Innenausschuss stimmt mit Mehrheit von SPÖ, ÖVP, Grünen und NEOS neuer Bund-Länder-Vereinbarung zu
Wien (pk) – Die Kostenhöchstsätze für die Grundversorgung von AsylwerberInnen werden angehoben. Der Innenausschuss des Nationalrats stimmte am 01.12. mit breiter Mehrheit einer entsprechenden Bund-Länder-Vereinbarung zu. Die Anpassung der Sätze erfolgt zum Teil rückwirkend, vor allem für die Betreuung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge in kleinen Wohngruppen gibt es deutlich mehr Geld. Neben den Koalitionsparteien unterstützten auch die Grünen und die NEOS die Initative, Alev Korun hätte sich zum Teil allerdings noch höhere Sätze gewünscht.

Begründet wird der Zusatz zur Grundversorgungsvereinbarung ( 892 d.B.) damit, dass die derzeitigen Sätze zu niedrig sind, um die Grundversorgung kostendeckend durchzuführen. In diesem Sinn wird der Tagsatz für die Unterbringung und Verpflegung von Erwachsenen in organisierten Unterkünften, wie schon im September im Zuge der Beschlussfassung des Durchgriffsrechts des Bundes zur Schaffung von Asylquartieren vereinbart wurde, von 19 € auf 20,5 €, rückwirkend ab Anfang Oktober, und auf 21 € ab Jänner 2016 angehoben. Auch andere ausgewählte Sätze, etwa jene für die Verpflegung und anfallende Mietkosten individuell untergebrachter Flüchtlingsfamilien und Einzelpersonen, steigen Anfang kommenden Jahres.

Am deutlichsten angehoben, und zwar rückwirkend ab 1. August 2015, wird der Kostenhöchstsatz für die Unterbringung, Verpflegung und Betreuung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge in kleinen Wohngruppen bis zu 10 Personen. Er steigt von 77 € auf 95 € pro Tag. Bei einem höheren Betreuungsschlüssel (1:15 bzw. 1:20) beträgt das Plus hingegen lediglich 1,50 € täglich. Keine Änderungen gibt es beim monatlichen Taschengeld, es bleibt bei 40 € pro Person.

Für die SPÖ signalisierte Ulrike Königsberger-Ludwig ihre Zustimmung. Nur teilweise zufrieden zeigten sich die Grünen. Alev Korun zufolge wäre es notwendig, den Tagsatz für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge auf das Niveau der österreichischen Kinderhilfe von 120 € anzuheben. Kinder und Jugendliche hätten die gleichen Bedürfnisse nach Betreuung, gleichgültig, woher sie kommen, argumentiert die Abgeordnete. Sie konnte sich mit einem diesbezüglichen Antrag ( 1263/A(E)) jedoch nicht durchsetzen.

Mitverhandelt mit der Bund-Länder-Vereinbarung wurde auch ein Antrag der NEOS ( 1300/A(E)). Abgeordneter Nikolaus Alm verwies auf wiederholte Kritik an der ORS Service AG und sprach sich dafür aus, die Flüchtlingsbetreuung in Traiskirchen und den anderen Erstaufnahmestellen des Bundes neu auszuschreiben. Gleichzeitig sollen die zur Verfügung gestellten Mittel erhöht werden, um qualifizierten Anbietern eine Angebotslegung zu ermöglichen. Diese Forderungen wurde von Alev Korun (G) unterstützt. Sie hielt fest, dass es für NGOs aufgrund der zu niedrigen Tagsätze nicht möglich sei, Angebote zu schaffen.

Seitens des Innenressorts wurde die Kritik an der ORS Service AG zurückgewiesen. Die Firma sei nach einer ordnungsgemäßen Ausschreibung mit der Aufgabe der Flüchtlingsbetreuung betraut worden und biete die geforderte qualitätsvolle Betreuung an. Zweifellos stoße sie, wie andere Organisationen auch, angesichts der aktuellen Lage teilweise an ihre Grenzen. Das Innenministerium habe daher eine Vereinbarung mit dem Roten Kreuz abgeschlossen, das neu geschaffene Betreuungseinrichtungen des Bundes so lange betreuen wird, bis sie von ORS regulär übernommen werden können. Zudem seien weitere Ausschreibungen im Gange. Das Innenministerium hoffe, dass auch NGOs Angebote legen, sagte Sektionschef Mathias Vogl. Er teilte den Abgeordneten auch mit, dass mit Stichtag 30. November 1.340 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Traiskirchen untergebracht sind. Ihre Unterbringung werde als vordringliches Problem behandelt, dazu brauche es die Kooperation der Länder.

FPÖ fordert konsequente Abschiebung von Wirtschaftsflüchtlingen
Vertagt wurde ein Antrag von FPÖ Abgeordnetem Gernot Darmann ( 1429/A(E)), der die konsequente Abschiebung von Wirtschaftsflüchtlingen aus Österreich fordert. Es müsse klar unterschieden werden zwischen Kriegsflüchtlingen, die Anspruch auf Asyl hätten, und Personen, die nur in ein Land mit besserem Sozialsystem auswandern wollten. Ein solcher Wunsch könne kein Asylgrund sein. Walter Rosenkranz (F) und Christoph Hagen (T) schlossen sich dieser Auffassung an. Hingegen meinte Alev Korun (G), es werde in der Diskussion der Eindruck erzeugt, als ob der überwiegende Anteil der Asylsuchenden nur einen so genannten Asylmissbrauch beabsichtige. Sie wolle daher festhalten, dass die überwiegende Mehrzahl der Anträge von Menschen aus Kriegsgebieten stamme.

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner sagte, ihr Anliege sei es, beim emotional besetzten Thema Asyl eine sachliche Diskussion in Gang zu bringen. Daher sei ihr die Meinung der ExpertInnen besonders wichtig. Die Anerkennungsquote für Asylanträge werde heuer zweifellos steigen, wobei den ersten Platz der AntragstellerInnen nicht Flüchtlinge aus Syrien, sondern aus Afghanistan einnehmen, teilte die Innenministerin mit. Was so genannte Wirtschaftsflüchtlinge angehe, so gelte es, Maßnahmen zu setzen, durch die Österreich für diese weniger attraktiv wird.

Einbürgerungen: Grüne für Erleichterungen bei Deutsch-Nachweis
Zwei Anträge der Grünen lagen dem Ausschuss zum Thema Einbürgerungen vor. Zum einen drängen Abgeordnete Alev Korun und ihre FraktionskollegInnen darauf, Maturazeugnisse bzw. Studienabschlüsse, die in Österreich, Deutschland oder in der deutschsprachigen Schweiz erworben wurden, als Nachweis ausreichender Deutschkenntnisse anzuerkennen ( 687/A(E)). Zum anderen geht es den Grünen darum, dass alle Kinder mit ausländischer Mutter und österreichischem Vater formlos die österreichische Staatsbürgerschaft beantragen können, wenn die Vaterschaft anerkannt bzw. gerichtlich festgestellt wurde ( 234/A(E)). Korun wertet es als diskriminierend, dass diese Bestimmung nur für nach dem 31. Juli 2013 geborene Kinder gilt.

Die beiden Anträge wurden vertagt. Abgeordnete Nurten Yilmaz (S) stellte fest, die Anliegen, für die sie Verständnis habe, sollten so bald wie möglich in eine Novelle des Staatsbürgerschaftsgesetzes einfließen. Sie gehe dabei von der Zustimmung des Koalitionspartners aus.

NEOS fordern EU-weit hohes Datenschutzniveau
Das Thema Datenschutz brachten die NEOS aufs Tapet. Abgeordnetem Nikolaus Alm ist ein EU-weit möglichst hohes Datenschutzniveau durch eine strenge Datenschutzgrundverordnung ein wichtiges Anliegen ( 1039/A(E)). Seiner Auffassung nach würden europäische Unternehmen und Start-Ups gegenüber der weltweiten Konkurrenz enorm profitieren, könnten sie mit Datensicherheit und Datenschutz punkten. Alm lehnt in diesem Sinn auch den Einbau von Hintertüren in EDV-Software, so genannte "Backdoors", und ein Verbot von Verschlüsselungssoftware zum Zweck der Terrorismusbekämpfung ab. Damit würde man nicht nur die Bürgerrechte im Allgemeinen schwächen, sondern auch Cyberkriminalität und Wirtschaftsspionage erleichtern.

Zustimmung kam von Albert Steinhauser (G), der feststellte, Bestreben der Politik müsse es sein, dass Privatpersonen und Firmen sensible Daten besser verschlüsseln, anstatt die Erhöhung der Datensicherheit durch verschieden Maßnahmen immer wieder zu unterlaufen. – Der Antrag wurde vertagt.

Team Stronach will Polizei das Töten verletzter Tiere gestatten
Schließlich lehnte der Innenausschuss mehrheitlich einen Antrag des Team Stronach ab ( 311/A(E)), dem zufolge Sicherheitsorgane das ausdrückliche Recht erhalten sollen, Wildtieren und – mit Einverständnis des Besitzers – auch Haus- und Nutztieren einen Gnadenschuss zu geben, wenn diese im Straßenverkehr verletzt wurden und am Verenden sind. Derzeit ist dieses Recht grundsätzlich nur JägerInnen und TierärztInnen vorbehalten, das führe zu unnötigen Qualen, kritisiert Abgeordnete Christoph Hagen. Peter Pilz (G) befand, dass die Argumentation von Hagen etwas für sich habe, und eventuell Bedarf an einer genaueren Regelung dieser Fälle bestehe. Hingegen war Werner Amon (V) überzeugt, dass die bestehenden Regelungen ausreichen.

 

 

 

Allgemeine Informationen:
http://www.parlament.gv.at

 

 

 

 

 

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