Bozen (lpa) - „Südtirol nach innen und außen zu festigen und als starken Lebens- und Wirtschaftsraum
weiterzuentwickeln“, hat Landeshauptmann Arno Kompatscher am 11.12. in seiner Rede zum Haushaltsentwurf 2016 als
Ziel seiner politischen Arbeit in seinem dritten Amtsjahr bezeichnet. Dazu sei eine starke Vernetzung Südtirols
notwenig. Vernetzung war auch das bestimmende Thema der Rede, mit der Landeshauptmann Arno Kompatscher dem Plenum
des Südtiroler Landtages den Haushaltsentwurf für das Jahr 2016 vorstellte. Es gelte, Verbindungen herzustellen
zwischen Ebenen, Bereichen und Beteiligten, denn nur ein Netzwerk sei langfristig tragfähig und stark.
Wer befürchte, „dass durch eine Öffnung unsere Heimat unter die Räder kommen könnte, den kann
ich an dieser Stelle beruhigen“, betonte der Landeshauptmann, „denn der Schutz und der Ausbau der Autonomie sind
wesentlicher Teil unserer Marschroute. Der andere Teil ist die Öffnung hin zu Europa, also die Vernetzung
mit jenen Ebenen, auf denen die großen Herausforderungen gemeinsam leichter bewältigt werden können.“
Er forderte dazu auf, die Möglichkeiten der Integration auszuschöpfen und verwies auf die entsprechenden
Initiativen des Landes in der Europaregion, der Arge Alp sowie der Makroregion Alpen.
Als ersten Eckpfeiler für den Schutz und den Ausbau der Autonomie bezeichnete der Landeshauptmann in seiner
Haushaltsrede das im Dezember 2014 „unter Einbeziehung der Schutzmacht Österreich“ geschlossene Finanzabkommen
mit Rom. „Dieses Abkommen wird uns auch im Jahr 2016 vor einseitigen Eingriffen des Staates in unsere Finanzen
bewahren und garantiert uns somit Planungs- und Finanzsicherheit“, erklärte der Landeshauptmann. Das Stabilitätsgesetz
des Staates mute anderen Regionen weitere Einbußen zu, während der Beitrag von Bozen und Trient zur
Sanierung des Staatshaushalts bereits im Sicherungspakt mit rund 476 Millionen Euro festgelegt wurde. „Diesen Beitrag
werden wir auch 2016 leisten“, bestätigte Landeshauptmann Kompatscher. Der zweite Eckpfeiler ist für
den Landeshauptmann das von der Schutzklausel vorgesehene Einverständnis zur Überarbeitung des Autonomiestatuts,
das Südtirol nur dann geben werde, wenn auch Österreich zustimmt.
Was den Landeshaushalt 2016 angeht, so sprach Landeshauptmann Kompatscher von einem Gesamtvolumen von 5,4 Milliarden
Euro und von dem „bisher größte Landeshaushalt in der Geschichte“. Nach Abzug der Durchlaufposten und
Rückstellungen stehen insgesamt 4,659 Milliarden Euro zur Verfügung. Der Haushaltsentwurf 2016 kann allerdings
kaum mit jenen der Vorjahre verglichen werden, da er in einem völlig veränderten Gesetzesrahmen erarbeitet
worden ist. Mehr als die Hälfte der Finanzmittel, nämlich über 57 Prozent, fließen in die
drei Bereiche Gesundheitsschutz, Ausbildung und Recht auf Bildung sowie Soziale Rechte, Soziales und Familienpolitik.
Beibehalten werden die in der vergangenen Amtszeit beschlossenen Entlastungen von 210 Millionen Euro, von denen
125,8 Millionen zu Gunsten der Wirtschaft gehen. Hinzu kommen die Anhebung der Freibeträge für die Erstwohnung,
eine Ausdehnung der „No-Tax-Area“ bei der Einkommensteuer IRPEF von 20.000 Euro auf 28.000 und weitere Steuerreduzierungen
wie etwa bei der Landesumschreibungssteuer oder der Kfz-Steuer. „Es ist dies der Weg, um die Abhängigkeit
von Transferleistungen zu reduzieren, eine Hilfe zur Selbsthilfe, die ankommt – ganz ohne lästige Bürokratie“,
beschrieb der Landeshauptmann die Stoßrichtung.
Im Hinblick auf die Gesundheitsreform kündigte der Landeshauptmann für März eine definitive Entscheidung
an. Nicht das Sparen, Streichen und Zusperren stehe im Vordergrund, es gehe darum, „sich so aufzustellen und zu
organisieren, dass wir die Herausforderungen, die insbesondere der demographische Wandel und der Ärztemangel
mit sich bringen, überhaupt bewältigen können“. So ist für das Jahr 2030 eine Zunahme der
Über-65-Jährigen von 98.000 (2014) auf 138.400 Personen vorgesehen, was mehr als 40 Prozent entspricht.
Im Bereich der Gesundheit seien „die gesundheitliche Nahversorgung zu stärken, das abgestufte, integrierte
und vernetzte Betreuungssystem in den sieben Krankenhäusern einzuführen und eine langfristige Finanzierbarkeit
zu gewährleisten“.
Ein besonderes Augenmerk legte der Landeshauptmann auf das Thema Flüchtlinge. Er verwies auf das verstärkte
Bemühen des Landes zur Armutsbekämpfung und Krisenprävention in den Herkunftsländern einerseits
(durch die Verdoppelung der Haushaltsmittel), und betonte angesichts der aktuellen Situation und der Ängste
und Ressentiments andererseits: „Wir nehmen die Ängste ernst und werden dafür sorgen, dass Südtirol
auch weiterhin ein sicheres Land bleibt. Vielmehr sollen wir uns alle wieder stärker unserer Kultur, unserer
Werte, unserer Traditionen, ja auch unserer christlich-humanistischen Wurzeln bewusst werden. Wer selbst gefestigt
ist, kann dem Neuen offen und ohne Angst gegenübertreten.“
Eine bessere Vernetzung bedeutet auch eine bessere Erreichbarkeit. Dies gelte sowohl für die Datenautobahn,
die Breitbandversorgung und das Entwicklungsprogramm Südtirol Digital 2020, als auch für das Straßennetz
mit seinen 2850 Kilometern, für dessen Verbesserung 92,1 Millionen Euro vorgesehen sind. In diesem Zusammenhang
sprach der Landeshauptmann auch die Konzession für die A22 an: „Als Land Südtirol setzen wir uns für
eine Zuweisung der Konzession an eine In-House-Gesellschaft mit rein öffentlicher Beteiligung ein. So können
die Wertschöpfung im Land gehalten, weitere Mittel für die Querfinanzierung des Brennerbasistunnels samt
entsprechenden Zulaufstrecken gesichert, ein Paket an Infrastruktur- und Umweltmaßnahmen längs der Brennerachse
geschnürt sowie die Umfahrung von Bozen kofinanziert werden.“ Darüber hinaus sind im Entwurf zum Vertrag
für die Erteilung der Autobahnkonzession auch ausdrücklich tarifpolitische Maßnahmen zur Verlagerung
des Schwerverkehrs von der Straße auf die Schiene vorgesehen. Das und der Maßnahmenkatalog zur Reduktion
der Stickoxid-Emissionen entlang der A22 kommen der Umwelt und den Anrainern zugute.
Auch die öffentliche Mobilität vernetzt. Das Land wird sich den öffentlichen Zug- und Busdienst
samt Instandhaltung 2016 202 Millionen Euro kosten lassen. Schwerpunkte bilden in den nächsten Jahren das
Projekt „Green Mobility“, der Bau des Brennerbasistunnels samt Zulaufstrecken, die neuen grenzüberschreitenden
Verbindungen zwischen dem Vinschgau und dem Engadin, zwischen dem Pustertal und Cadore sowie der Bau der Riggertalschleife
zur besseren Anbindung des Pustertals an das Bahnnetz. Vervollständigt werden soll dieses Mobilitätsnetz
nach dem Wunsch von Landeshauptmann Kompatscher durch einen „funktionierenden Regionalflughafen, mit Betonung auf
‚funktionierenden’, das heißt, dass er positive volkswirtschaftliche Effekte haben muss“. „Ich habe – wie
versprochen – alle Zahlen und Fakten zum Flughafen Bozen transparent auf den Tisch gelegt. Ein überzeugendes
Entwicklungskonzept liegt vor, das klar aufzeigt, was getan werden muss und was es braucht, damit der Flughafen
Bozen künftig funktionieren kann“, sagte Landeshauptmann Kompatscher. In einer Volksbefragung wird im Juni
2016 erstmals in dieser partizipativen Form über ein Gesetz und über die Zukunft des Flughafens Bozen
abgestimmt werden.
„Wohlstand und Beschäftigung werden aber nicht nur durch moderne Verkehrsinfrastrukturen begünstigt“,
so der Landeshauptmann weiter, „sondern sind auch maßgeblich von der Innovationskraft abhängig, die
von den Unternehmen und den Menschen mobilisiert wird.“ Im Entwurf zum Landeshaushalt 2016 sind für die Innovationstätigkeiten
der Unternehmen und jenen der Forschungseinrichtungen Mittel in Höhe von 115,6 Millionen Euro vorgesehen,
4,5 Prozent mehr als im Jahr 2015. „Forschung und Entwicklung sind jedoch nicht nur eine Frage der Bereitstellung
von finanziellen Ressourcen durch die öffentliche Hand, sondern vor allem auch eine Frage der Vernetzung zwischen
Forschungseinrichtungen, von Forschungseinrichtungen mit Unternehmen und der Attraktivität eines Wirtschaftsstandortes
für hochqualifiziertes Personal, Forscher und Wissenschaftler“, ist der Landeshauptmann überzeugt. Einen
wichtigen Beitrag dazu erwartet er sich vom NOI-Techpark, also dem neuen Südtiroler Technologiepark.
Was die Wirtschaft – also Handel und Dienstleistungen, Handwerk, Industrie und Tourismus – sowie die Landwirtschaft
betrifft, wurden im Haushaltsentwurf ungefähr gleich viele Finanzmittel vorgesehen, zu denen allerdings beachtliche
Steuererleichterungen kommen. Das Augenmerk gilt hier weiterhin dem Abbau der Beitragsrückstände, die
sich bis zum am 18. März 2014 beschlossenen Beitragsstopp angehäuft hatten. Für Vernetzung in diesem
Bereich steht die neue Gesellschaft mit dem Namen IDM – Südtirol, die ab 1. Jänner 2016 ihre Tätigkeit
als Dienstleister und Ideenwerkstatt für alle Wirtschaftsektoren aufnehmen wird. Im Tourismus wird an einer
Strukturreform gearbeitet, gestärkt werden sollen Dachmarke und Südtirol insgesamt als Destination.
Weitergeführt werden die Arbeiten für ein neues Raumordnungsgesetz, das innerhalb des Jahres 2016 ausformuliert
sein soll, um dann auf breiter Basis diskutiert und abschießend der Landesregierung und dem Landtag vorgelegt
zu werden. „Das Raumordnungsgesetz ist für uns ein fundamentales Gesetz. Es ist das Entwicklungsinstrument
für unser Land schlechthin, weil es zum einen festlegt, wie wir unsere außerordentliche Kultur- und
Naturlandschaft nützen aber auch schützen, und zum anderen definiert, wo und wie sich unser Lebens- und
Wirtschaftsraum entfalten wird können“, so die Wertung von Landeshauptmann Kompatscher.
Positive Auswirkungen für die heimische Wirtschaft erwartet sich der Landeshauptmann vom neuen Vergabegesetz,
das mit 2016 zur Anwendung kommt, und von den umfangreichen Investitionen im Tiefbau, zu denen weitere im Hochbau
und insbesondere im Wohnungsbau hinzukommen. Im Wohnungsbau sind dies 188 Millionen Euro, davon 134 Millionen Euro
an Frischmitteln aus dem Landeshaushalt.
„Eigenverantwortung und Vernetzung sollen auch gelebte Praxis bei den Gemeinden werden“, forderte Landeshauptmann
Kompatscher. Für sie sind 362,4 Millionen Euro im Haushaltsvorschlag vorgesehen. „Diese Mittel werden nach
dem neuen Modell der Gemeindenfinanzierung aufgeteilt, das kürzlich genehmigt worden ist und das – unter Berücksichtung
der Finanzkraft der Gemeinden – nicht nur eine gerechtere Aufteilung der Zuweisungen für die laufenden Ausgaben
vor, sondern auch eine völlige Neuregelung der Zuweisungen für die Investitionen vorsieht. Das hat zur
Folge, dass die Gemeinden keine Darlehen mehr aufnehmen müssen und über die Verwendung der Mittel in
absoluter Autonomie entscheiden können“, erklärte der Landeshauptmann.
Als weiteres und abschließendes Vernetzungsbeispiel zählte der Landeshauptmann schließlich die
Fusion der beiden Energieunternehmen Etschwerke AG und SEL AG zum neuen Unternehmen Alperia auf und kündigte
die Fusion für den 21. Dezember an: „Das garantiert uns Steuereinnahmen und Gewinne, die in die öffentlichen
Haushalte fließen, um öffentliche Dienste zu finanzieren und den wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt
im Land zu gewährleisten. Auch wird es eine Tarifpolitik ermöglichen, die für private Haushalte
von Vorteil sein wird und wettbewerbsfähige Preise für Unternehmen ermöglicht.“
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