St. Polten (nöwpd) - Ein privat genutztes Auto wird im Durchschnitt nur eine Stunde pro Tag gefahren, ein
Zweitauto noch weniger. Nicht nur in größeren Städten, auch in ländlichen Gebieten wird daher
Car-Sharing vor allem mit Elektroautos immer häufiger eingesetzt, auch als Mobilitätsalternative zum
dünner werdenden öffentlichen Verkehr. „Mittlerweile sind bereits 29 e-Car-Sharing Modelle in Niederösterreich
realisiert worden, und unseres Wissens nach sind bereits zwölf weitere in Vorbereitung“, teilt Michaela Horsky,
Sprecherin von ecoplus in St. Pölten, dem NÖ Wirtschaftspressedienst auf Anfrage mit.
Der niederösterreichische Vorreiter in Sachen Car-Sharing mit Elektroautos ist die Gemeinde Gaubitsch im Bezirk
Mistelbach. Bereits im Juli 2012 hat sie ihren ersten Gaubitscher Stromgleiter angeschafft. Eine ausreichende Zahl
von Nutzern machte dieses Projekt sofort zum Erfolg. Beim Projektwettbewerb 2013 der NÖ Dorf- und Stadterneuerung
wurde es zum Sieger gekürt. Mittlerweile hat Gaubitsch drei elektrische Autos, die zur öffentlichen Nutzung
angeboten werden.
Dem Kreis vieler Nachahmer gehört auch die Gemeinde Ernstbrunn im Bezirk Korneuburg an. “Wir haben seit Dezember
2014 ein Elektroauto, das von 20 angemeldeten Mitgliedern genützt wird“, berichtet Bürgermeister Horst
Gangl. „Das Auto hat in einem Jahr 20.000 km zurückgelegt. Die angemeldeten Nutzer zahlen 120 Euro im Jahr
an Fixkosten, und dann pro gefahrenem Kilometer 13 Cent.“ Über die ebenfalls von der Gemeinde gekaufte Car-Sharing
Software „Caruso“ reservieren die Autonutzer ihren gewünschten Zeitraum für die Fahrten, sperren mit
einem Zugang über das Smartphone das Auto auf und erhalten die elektronische Abrechnung über ihre gefahrenen
Kilometer. „Einige Nutzer haben ihr Zweitauto verkauft und verwenden stattdessen jetzt das Elektroauto der Gemeinde.
Ich sehe das als großen und zukunftsorientierten Erfolg“, so Gangl.
„Dieses Modell funktioniert allerdings nur dann, wenn sich genügend Nutzer finden, damit das System kostendeckend
ist“, meint der Elektromobilitätsexperte Alexander Simader. Sollte die Nutzeranzahl sinken, würde die
Gemeinde auf ihren Ausgaben für das Elektroauto sitzen bleiben. Simader ist einer der Gründer der Plattform
fahrvergnügen.at, die in ganz Niederösterreich Gemeinden beim Aufbau und dem laufenden Betrieb von eCar-Sharing
Modellen unterstützt. „Bürgermeister sind es gewohnt“, sagt er, „für populistische Maßnahmen
tief in die Tasche zu greifen. Wir tragen bei Car-Sharing Modellen das finanzielle Risiko mit, indem wir die Elektroautos
anschaffen, warten und mit erprobten Konzepten an Gemeinden vermieten.“
Bereits 27 e-Fahrzeuge sind über die Plattform fahrvergnügen.at in mehreren Gemeinden im Einsatz, so
in Tulln, Neulengbach und Ebreichsdorf. Bei diesem Modell stellt die Gemeinde die Infrastruktur für die Aufladung
zur Verfügung, und hat zusätzlich zur Automiete mit jährlichen Stromkosten von ungefähr 400
Euro für 15.000 gefahrene Kilometer zu rechnen. Wie die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen, ist über
die Mitgliedsbeiträge und Kilometerabrechnung der Nutzer eine Kostendeckung zu erwarten.
Simader blickt in die Zukunft: „Ich sehe sehr bald mehr Mobilität für den Einzelnen bei insgesamt weniger
Fahrzeugen. Der allgemein spürbare Wertewandel im Konsum findet auch in teuren Anschaffungen Ausdruck, wie
Elektroautos, die sinnvoll geteilt werden können.“
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