Heftige Debatte im Nationalrat über Lösungen in der Flüchtlingsfrage
Wien (pk) – Derzeit komme es unter dem Deckmantel des Asyls zu einer unkontrollierten Masseneinwanderung
nach Europa, was die Sicherheit der ÖsterreicherInnen massiv gefährde, erklärte FPÖ-Klubobmann
Heinz-Christian Strache am 09.12. zu Beginn der Nationalratssitzung. In der von den Freiheitlichen beantragten
Aktuellen Stunde mit dem Titel "Sicherheit statt Asylchaos" warf er der Bundesregierung völliges
Versagen und Chaos vor. Innenministerin Mikl-Leitner sprach von großen Herausforderungen, die nur gemeinsam
bewältigt werden können und setzte auf nationale und europäische Lösungen. Im konkreten sprach
sie dabei die Weiterentwicklung des Staatsschutzes sowie die für 15. Dezember angekündigte Präsentation
des neuen europäischen Grenzschutzkonzepts durch den zuständigen Kommissar Avramopoulos an.
Strache wirft der Regierung gemeingefährliches und unverantwortliches Handeln vor
Als völlig gescheitert bezeichnete FPÖ-Klubobmann Heinz Christian Strache die Reaktion der politisch
Verantwortlichen auf die aktuelle Flüchtlingskrise, die eigentlich gar keine ist. Es handle sich nämlich
vielmehr um eine Massenzuwanderung von primär jungen Männern, die unter dem Deckmantel des Asyls in ihre
Wunschländer reisen wollen. Die Tatsache, dass seit Anfang September über 500.000 Personen unkontrolliert
und ohne Registrierung nach Österreich hereingelassen wurden, könne nur als gemeingefährlich eingestuft
werden. Strache wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass einige der Attentäter von Paris höchstwahrscheinlich
über die Balkanroute eingereist sind.
Anstatt endlich einmal die nationalstaatliche Verantwortung wahrzunehmen, um dem dramatischen Versagen der EU in
Bezug auf die Sicherung der Außengrenzen etwas entgegenzusetzen, herrsche Chaos auf allen Ebenen, kritisierte
Strache. Dies reiche von einer völlig unkoordinierten Vorgangsweise bei der Unterbringung der Menschen, peinlichen
Auftritten von Bundeskanzler und Vizekanzler bei den Pressefoyers, den Streitigkeiten um den Begriff Grenzzaun
bis hin zum Bruch von unzähligen Gesetzen. Er forderte die Innenministerin auf, endlich effiziente Maßnahmen
zu setzen, wie etwa das Verbot von islamistischen Vereinen und Moscheen, ein konsequentes Vorgehen gegen radikale
Moslems und Syrien-RückkehrerInnen sowie den Entzug der Staatsbürgerschaft, wenn Personen für Terrororganisation
tätig sind. Stattdessen drangsaliere man gesetzestreue und unbescholtene Bürger, wie die Vorschläge
bezüglich der Vorratsdatenspeicherung oder des Verbots von legalen Waffen belegen. Die Bundesregierung ist
schon längst rücktrittsreif, es brauche dringend Neuwahlen, forderte Strache.
Auch FPÖ-Mandatar Gernot Darmann ortete eine massive und verantwortungslose Realitätsverweigerung von
Seiten der politisch Verantwortlichen. Er trat dafür ein, dass alle Personen, die im Mittelmeer aufgegriffen
werden, in ihre Herkunftsländer zurückgebracht werden. Nur damit würde man der Schleppermafia einen
Strich durch die Rechnung machen. Wenig anfreunden konnten sich Darmann und sein Fraktionskollege Walter Rosenkranz
mit dem Vorschlag von Justizminister Brandstetter, das Asylwesen nach Europa auszulagern. Jedes Land müsse
das Recht haben, darüber zu entscheiden, wer einwandern kann und wer nicht, betonten sie.
Mikl-Leitner weist auf nationale Maßnahmen sowie europäisches Grenzschutzkonzept hin
Innenministerin Johanna Mikl-Leitner versicherte, dass die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung sowie
ein kontrollierter Zutritt nach Österreich für sie oberste Priorität haben. Aus diesem Grund werden
auch die baulichen Maßnahmen in Spielfeld so rasch wie möglich umgesetzt. Noch dringlicher sei aber
die Frage der Sicherung der europäischen Außengrenzen, erklärte die Ministerin, weil davon auch
der Weiterbestand des Schengen-Abkommens abhänge. Der für Migration zuständige EU-Kommissar Dimitris
Avramopoulos habe angekündigt, am 15. Dezember ein Konzept für den europäischen Grenzschutz vorzustellen,
das eine wichtige Grundlage für die weitere Vorgangsweise in der EU darstellen wird.
Richtig sei, dass unser Land, gemeinsam mit Deutschland und Schweden, vor sehr großen Herausforderungen in
der Flüchtlingsfrage steht, räumte Mikl-Leitner ein, heuer wurden bereits mehr als 81.900 Asylanträge
in Österreich gestellt. Die Suche nach Quartieren müsse daher intensiv fortgesetzt werden, damit alle
Menschen im Winter ein Dach über dem Kopf haben. Der Bund werde daher auch von seinem Durchgriffsrecht Gebrauch
machen, wenn die Länder ihre Quote nicht erfüllen, bekräftigte sie. Angesichts solch großer
Aufgaben sei es überhaupt nicht hilfreich, Ängste zu schüren oder falsche Tatsachen zu behaupten.
Vehement wehrte sie sich dagegen, ständig Flüchtlinge und AsylwerberInnen mit Verbrechern gleichzusetzen.
Dagegen sprechen schon die Zahlen, erklärte die Ministerin, so seien etwa die Kriminalitätsraten in den
Grenzgebieten von September bis Ende November im Vergleich zum Vorjahr gesunken: Spielfeld minus 3,3 %, Bad Radkersburg
minus 24,9 %, Raum Salzburg minus 14,6 %.
Was den Terrorakt in Paris angeht, so habe es sich dabei um Anschläge gehandelt, die sich nicht nur gegen
die Zivilbevölkerung richteten, sondern generell gegen die europäischen Werte und Lebensweise. Die Bundesregierung
nehme die Gefahren, die vom Terrorismus ausgehen, sehr ernst und habe bereits zahlreiche Maßnahmen (z.B.
Anti-Terrorpaket, Grenzkontrollgesetz, Verschärfung der Schleierfahndung, Stärkung des Verfassungsschutzes
und der Spezialeinheiten etc.) gesetzt. Man gehe nun noch einen Schritt weiter und stelle sich die Frage, ob der
Staat wirklich gut aufgestellt sei im Kampf gegen Terrorismus, Cyber-Kriminalität oder Naturkatastrophen.
Darüber soll unter der Federführung der Universität Wien und unter Einbeziehung von ExpertInnen
eine breite Diskussion gestartet werden, kündigte die Ministerin an.
SPÖ und ÖVP für faire Lastenverteilung in der Europäischen Union
SPÖ-Vertreter Otto Pendl war der Auffassung, dass jedem Menschen, der um Asyl bittet, ein rechtsstaatliches
Verfahren garantiert werden muss. Niemand könne im Vorhinein beurteilen, ob eine Person wirklich schutzbedürftig
oder als Wirtschaftsflüchtling einzustufen sei. Da man natürlich wissen wolle, wer zu uns ins Land kommt,
betonte Pendl, müsse es einen Fortschritt bei der Sicherung der europäischen Außengrenzen geben.
Gefordert sei auch die Solidarität der Mitgliedstaaten, denn es gehe nicht an, dass man nur die Vorteile genießt,
aber keine Verantwortung übernehmen will. Eine gemeinsame Lösung sei auch deshalb dringend notwendig,
um den Schleppern endlich den Wind aus den Segeln zu nehmen, war Angela Lueger (S) überzeugt.
Niemand habe bestritten, dass die aktuelle Situation außerordentlich schwierig ist, meinte ÖVP-Mandatar
Werner Amon. Die Rede des Klubobmann Strache oder die negative Stimmungsmache mancher FPÖ-Vertreter leisten
aber sicherlich keinen konstruktiven Beitrag, um die zahlreichen Probleme zu lösen. Außerdem sei Österreich
nach Island und Dänemark das drittsicherste Land der Welt, erinnerte Dorothea Schittenhelm (V). Auch wenn
manche Diskussionsprozesse sowohl auf nationaler als auch europäischer Ebene leider oft lange dauern, so sei
entscheidend, dass am Ende immer demokratisch entschieden wird, hob Amon hervor. Keine Alternative gebe es seiner
Meinung nach auch zur Europäischen Union, denn nur sie sei am Ende des Tages imstande, ein solches Problem
zu schultern. Mit dem Asyl auf Zeit und der Einschränkung des Familiennachzugs habe man auch auf nationaler
Ebene klare Signale gesetzt, zeigte Schittenhelm auf.
Grüne: Bessere Hilfe vor Ort und faire Aufteilung innerhalb der EU
Für die Abgeordnete der Grünen, Alev Korun, war es ein großes Anliegen, gemeinsam Herausforderungen
zu meistern und nicht bloß mit dem Finger auf den anderen zu zeigen. Da man täglich davon lesen müsse,
dass Flüchtlinge im Mittelmeer ertrinken, sei es enorm wichtig, den Schleppern die Geschäftsgrundlage
zu entziehen. Dies könne ihrer Meinung nach nur dann gelingen, wenn einerseits die Lebensbedingungen der vier
Millionen Syrer, die in die angrenzenden Länder geflüchtet sind, deutlich verbessert werden und andererseits
eine faire Aufteilung der Schutzsuchenden innerhalb der EU gewährleistet wird. Matthias Köchl (G) hob
die Bedeutung des Beitrags der Zivilgesellschaft hervor, die in vielen Bereichen, in denen die Politik versagt
hat, einspringen musste. Wenn man die Bevölkerung ehrlich informiere und rechtzeitig einbinde, dann könnte
man sich viele Probleme ersparen.
NEOS wirft Regierung Scheinlösungen und Forcierung des Überwachungsstaates vor
Nikolaus Scherak (N) meinte, dass das unkoordinierte und chaotische Agieren der Bundesregierung viel zur Verunsicherung
der Bevölkerung beigetragen habe. Ständig würden neue und wenig durchdachte Vorschläge präsentiert,
die nur als Scheinlösungen bezeichnet werden können. NEOS-Mandatar Nikolaus Alm hielt schon die Themenwahl
der Freiheitlichen für die Aktuelle Stunde für problematisch, da es seiner Meinung nach keinen Zusammenhang
zwischen Sicherheit und Asyl gibt. Auch nicht der Terror stelle die größte Bedrohung für die Sicherheit
dar, sondern die Reaktion darauf, urteilte der Redner, da ein Überwachungsstaat die Freiheit des einzelnen
gefährde. Kontinuierlich würden immer mehr Freiheiten eingeschränkt, was zu verheerenden Effekten
führe. So lehnte Alm etwa auch den Vorschlag des Bezirksvorstehers der Grünen ab, die Verteilung des
Korans auf der Wiener Mariahilferstraße verbieten zu wollen. Darüber sollten Gerichte entscheiden, aber
keine Regionalpolitiker. Was das neue Staatsschutzgesetz angeht, so müsse bei heiklen Fragen sehr sensibel
vorgegangen und u.a. ein Rechtsschutz sowie verstärkte parlamentarische Kontrolle eingebaut werden.
Team Stronach: Interessen der ÖsterreicherInnen sollten Vorrang haben
Robert Lugar vom Team Stronach plädierte dafür, die Vernunft einzuschalten und die Bedürfnisse der
österreichischen Bevölkerung in den Mittelpunkt zu stellen. Niemand konnte ihm bislang erklären,
welchen Sinn es machen soll, jene Glaubenskriege, die in den Flüchtlingsländern herrschen, nach Europa
zu importieren. Keine Antwort gebe es auch auf die Frage, warum man massenweise Muslime einwandern lässt,
die nachweislich Parallelgesellschaften schaffen. Ein Beispiel dafür sehe man in Wien, wo über 5.000
Kinder in private islamische Kindergärten gesteckt werden, um hauptsächlich den Koran zu lernen. Für
fragwürdig hielt Lugar auch die Errichtung des sündteuren Grenzzauns in Spielfeld, weil man damit nur
die Flüchtlingsströme kanalisieren wolle. Wenn man keine echten Kontrollen durchführt und die Menschen
nicht wieder in ihre Heimat zurückschickt, dann könne man sich diese Ausgaben ersparen, argumentierte
auch Christoph Hagen.
Die Politik der Innenministerin, die in einem Asylchaos gemündet habe, verunsichere die Bevölkerung massiv,
meinte Jessi Lintl (A). Unverständlich sei für sie vor allem, warum sich Mikl-Leitner dagegen ausgesprochen
hat, dass PolizistInnen in der Freizeit keine Waffen mit sich führen dürfen. Auch habe sie es unterlassen,
Asylobergrenzen festzulegen sowie umgehend und rechtzeitig Grenzkontrollen einzuführen.
Rupert Doppler (A) hielt das Durchgriffsrecht des Bundes für einen massiven Fehler, da in einer so sensiblen
Frage die Länder und Gemeinden nicht bevormundet werden dürfen. Die Menschen wollen endlich Lösungen
von der Politik, urteilte Susanne Winter (A), in vielen Gemeinden wie z.B. in Spielfeld sei die Situation einfach
nicht mehr tragbar. Generell gab sie zu bedenken, dass die derzeitige Art des Wirtschaftens, die auf unbeschränktem
Wachstum und der Ausbeutung anderer Kontinente fußt, Ursache für viele kriegerischer Konflikte sei.
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