Nicht neuer Rechtsetzungsvorschlag, sondern Evaluierung der bestehenden Regelungen ist geboten!
Brüssel/Wien (pwk) - Die Europäische Kommission hat am 09.12. jeweils einen Richtlinienvorschlag
mit vertragsrechtlichen Vorschriften für den Online-Erwerb digitaler Inhalte und einen weiteren Vorschlag
für den Verkauf von Sachgütern vorgelegt. „Aus Sicht der Wirtschaft ist ein Rechtsetzungsvorschlag jedenfalls
für den Online-Verkauf von Waren nicht erforderlich, hier gibt es bereits harmonisierte Regelungen unter anderem
zur Gewährleistung“, betont Rosemarie Schön, Leiterin der Rechtspolitischen Abteilung der Wirtschaftskammer
Österreich (WKÖ). „Wir sehen Handlungsbedarf in dem Sinne, dass zunächst insbesondere die Wirkung
der in wichtigen Bereichen vollharmonisierten Verbraucherrechte-Richtlinie insgesamt und gerade auch für den
E-Commerce evaluiert werden soll. Das ist auch die klare Position der europäischen Spitzendachverbände
EUROCHAMBRES und UEAPME. Dass diese gewichtigen Verbände nicht gehört wurden, kann nur als befremdlich
bezeichnet werden“, hebt Schön hervor.
Unternehmen, die Online-Verkäufe tätigen, sehen sich derzeit bereits einem dichten, auf EU-Regelungen
basierendem Regelungswerk gegenüber. Zu erwähnen sind z.B. die E-Commerce-Richtlinie, die Richtlinie
über missbräuchliche Klauseln, die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken, oder auch
die Dienstleistungs-Richtlinie. So sind z.B. Informationspflichten der Unternehmen gegenüber Verbrauchern
in zahlreichen dieser Richtlinien verstreut geregelt. Für Online-Verträge über Sachgüter gelten
europaweit aber insbesondere die mindestharmonisierten Regelungen der Richtlinie über den Verbrauchsgüterkauf.
Im Unterschied zu Verträgen über digitale Inhalte, für die die Verbrauchsgüterkaufs-Richtlinie
nicht gilt, bestehen somit für Sachgüter bereits EU-Regelungen über Abhilfen im Falle von Mängeln.
Grenzüberschreitenden E-Commerce ankurbeln
„Erst vor etwas mehr als einem Jahr hatten sich die Unternehmen auch an die neuen und äußerst komplexen
Vorgaben der Verbraucherrechte-Richtlinie anzupassen, die angesichts ihres hohen Verbraucherschutzniveaus für
die Unternehmen eine große Herausforderung darstellen“, erläutert Schön. Demnächst werden
die Umsetzungsbestimmungen der neuen EU-Regelungen über die außergerichtliche Streitbeilegung in Verbrauchersachen
(ADR/ODR) praktisch zur Anwendung kommen. „Erklärtes Ziel beider EU-Rechtsakte ist es, den grenzüberschreitenden
E-Commerce anzukurbeln, und es wäre wohl sinnvoll, zunächst zu prüfen, wie diese Rechtsakte wirken“,
so Schön.
Schön: Gegen weitere Verschärfungen zu Lasten der Unternehmen
Schön erinnert sich in diesem Zusammenhang an die Diskussionen auf EU-Ebene zur Verbraucherrechte-Richtlinie
und dem dort – insbesondere angesichts des vehementen Widerstandes der Wirtschaft letztlich - gestrichenen Kapitel
über Gewährleistung. Unter dem Blickwinkel der angestrebten Vollharmonisierung waren vor allem die Mitgliedstaaten
bestrebt, ihr jeweils höchstes Verbraucherschutzniveau zu „retten“, was zur Steigerung der Verbraucherrechte
in schwindelerregende Höhen geführt hätte. Eine „vernünftige“ Vollharmonisierung des Gewährleistungsrechts
konnte nicht erreicht werden. Eine ähnliche Situation hat auch zum Scheitern des optionalen Europäischen
Kaufrechts (CESL) geführt. „Wir werden uns jedenfalls mit allen Kräften gegen weitere Verschärfungen
zu Lasten der Unternehmen einsetzen“, so Schön abschließend.
|