Cluster-Satelliten liefern tiefen Einblick in wichtigen Energieumwandlungsprozess
Wien (öaw) - Ein internationales Forscherteam liefert in einer Studie, die im Forschungsmagazin Nature
Physics soeben online erschienen ist, neue Erkenntnisse über den dynamischsten Prozess im Magnetschweif der
Erde. Das Grazer Institut für Weltraumforschung (IWF) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
ist mit der Magnetosphärenforscherin Rumi Nakamura an der Studie beteiligt.
Magnetische Rekonnexion ist ein wichtiger Prozess, der überall auftritt und bei vielen Planeten und der Sonne
bereits beobachtet wurde, zuletzt im Saturnsystem. Er bezeichnet abrupte Magnetfeldänderungen in der Plasma-Umgebung
eines Planeten oder Sterns, wodurch enorme Energiemengen frei gesetzt werden und magnetische Energie in Plasmaenergie
umgewandelt wird. Wissenschaftler wollen diesen Prozess vor allem deshalb besser verstehen, weil er hauptverantwortlich
für die Entstehung von Weltraumwetterstürmen ist, die gefährliche Auswirkungen auf den erdnahen
Weltraum, die Ionosphäre und sogar terrestrische Versorgungsleitungen haben können.
„Am genauesten kann man den Rekonnexionsprozess in der Erdmagnetosphäre untersuchen, weil dort ganze Satelliten-Flotten
zum Einsatz kommen“, erläutert Nakamura. So waren es auch die vier Cluster-Satelliten der Europäischen
Weltraumorganisation ESA, die den Prozess im Schweif des Erdmagnetfelds eindeutig nachgewiesen haben.
So gut die Rekonnexion in der Magnetosphäre der Erde bereits erforscht ist, was in ihrer Kernzone – der so
genannten Diffusionsregion – passiert, ist noch immer unverstanden. Dem Autorenteam rund um Rongsheng Wang von
der Chinesischen Akademie der Wissenschaften ist es nun gelungen, einen Blick in diese Kernzone zu werfen. Mit
Hilfe der Cluster-Satelliten wurde beobachtet, dass sich darin kleinskalige magnetische Flussröhren bilden,
die dann wieder zerfallen und somit vermutlich zur Diffusion der entgegengesetzten Magnetfelder beitragen, die
den Rekonnexionsprozess ausmacht.
„Nun wollen wir diese Kernzone mit der kürzlich gestarteten MMS-Satellitenflotte der NASA noch genauer erforschen,
um das Rätsel der Rekonnexion endlich zu lösen“, hofft Nakamura. Das IWF ist der größte nicht-amerikanische
Partner der Mission.
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