Faymann
fordert Solidarität in Flüchtlingsfrage – "Menschliches Elend reduzieren"
Für gemeinsamen Außengrenzschutz, funktionierende Hotspots, einheitliche Asylstandards
und bessere Rückführungsabkommen auf EU-Ebene – Krise ist erst vorbei, wenn die Menschen in Europa wieder
Arbeit haben
Wien (sk) - SPÖ-Vorsitzender, Bundeskanzler Werner Faymann hat am 20.12. in der ORF-„Pressestunde“
die Bedeutung von Solidarität in der Flüchtlingsfrage betont. „Wenn wir es nicht schaffen, in ganz Europa
Solidarität umzusetzen, dann haben wir nächstes Jahr eine schwierigere Situation“, so Faymann, der klarstellte,
dass er das „auf keinen Fall will“. Daher müsse jetzt gehandelt werden, die richtigen Antworten lägen
auf dem Tisch. „Wir brauchen einen gemeinsamen Schutz der EU-Außengrenze auch mit der Türkei, wir brauchen
funktionierende Hotspots und wir brauchen eine faire Verteilung, die nur dann funktioniert, wenn auch die Asylstandards
vereinheitlicht werden." Zudem gelte es, auf EU-Ebene zu besseren Rückführungsabkommen zu kommen,
sagte Faymann. „Jeder Baustein mehr, jeder zusätzliche Schritt, der in der Europäischen Union und an
den Außengrenzen gemeinsam funktioniert, ist eine Reduktion von menschlichem Elend an irgendwelchen Stacheldrahtgrenzen“,
betonte Faymann.
Es gebe auf europäischer Ebene „eine Fülle zu tun“, man müsse das in Europa umsetzen, was beschlossen
wurde. Klar sei auch: „Je rascher das passiert, desto besser funktioniert auch die Verteilung der Flüchtlinge“,
sagte Faymann. Der Türkei komme in der Flüchtlingsfrage eine zentrale Rolle zu: „Wir müssen in der
Türkei mithelfen, dass die Bedingungen so menschenwürdig sind, dass die Flüchtlinge dort bleiben
können." So sollen mit einem Drei-Milliarden-Euro-Paket in der Türkei menschenwürdige Quartiere,
Schulen und Ausbildungszentren für Flüchtlinge geschaffen werden. Wichtig sei die Türkei zusammen
mit der EU-Grenzschutzagentur Frontex auch bei der Sicherung der EU-Außengrenzen, unterstrich Faymann. In
Sachen Rückführungsabkommen plädierte Faymann für bessere Abkommen auf EU-Ebene, aber auch
„das Außen- und Innenministerium müssen ihre Anstrengungen verbessern“, sagte Faymann, der betonte,
dass er als Regierungschef alle Bemühungen auf europäischer Ebene tatkräftig unterstützt.
Kritik übte der Bundeskanzler an jenen Ländern, die sich gemeinsamen Lösungen verweigern. Jene Länder,
die sagen, dass sie mit fairer Verteilung und gemeinsamen Asylstandards nichts zu tun haben wollen und die glauben,
dass es reiche, einen Zaun als Umleitung zu bauen, müssten wissen, dass „Solidarität keine Einbahnstraße
ist“. Bei den kommenden Verhandlungen zum EU-Finanzrahmen werde Österreich als Nettozahler daher „darauf schauen,
ob alle Länder in der EU solidarisch sind. Wenn das so ist, bleiben auch wir solidarisch“, sagte Faymann,
der die Länder, die sich gegen gemeinsame Lösungen verwehren, aufforderte, sich in eine gemeinsame europäische
Politik einzugliedern.
Entscheidung über SPÖ-Kandidaten für Präsidentschaftswahl Mitte Jänner
Faymann betonte, „dass Österreich, Deutschland und Schweden nicht allein in der Lage sind, die Flüchtlingsfrage
menschenwürdig und ordnungsgemäß zu bewältigen“. Etwa beim 7.834 Flüchtling einen Strich
zu ziehen und zu sagen, jetzt sei die Obergrenze der Zuwanderung erreicht, sei praktisch nicht möglich. „Wer
eine Reduktion der Flüchtlingszahlen will, muss dafür sein, dass Europa gemeinsam etwas unternimmt, von
der Frage der fairen Aufteilung von Flüchtlingen über die Sicherung der Außengrenzen bis zur gemeinsamen
Politik in Syrien und vor Ort in den Flüchtlingslagern. Eine fiktive Stopptaste, auf die man ab einer bestimmten
Zahl an Schutzsuchenden drückt, und ab der alle anderen umkehren müssen, kann es nicht geben.“
Zum Thema Grenzzaun sagte Faymann: „Ich habe niemandem versprochen, dass Einzäunen ein Problem löst.
Es geht um eine Einrichtung zur Kontrolle jener, die ins Land kommen.“ Weniger Menschen kämen dann, „wenn
wir vor Ort mehr machen und die Außengrenzen besser schützen“. Die österreichische Diskussion über
das Flüchtlingsthema sei stark von Negativem geprägt. Der Bundeskanzler setzt auf „mehr Konstruktivität
in der Diskussion“. Man müsse auch das Positive stärker hervorkehren: Österreich habe die Krise
besser bewältigt als die meisten anderen Länder, habe hohe Lebensstandards und jetzt auch die Steuerreform
zur Entlastung von 6,5 Millionen Menschen umgesetzt.
Befragt zum Thema Wirtschaftswachstum und Bekämpfung der hohen Gesamt- und Jugendarbeitslosigkeit in vielen
europäischen Ländern, die gerade Rechten in die Hände spielen würde, betonte Faymann, dass
„rechte Nationalisten ein einfaches Konzept hätten: Herabwürdigen und Aufhetzen“. Wichtig sei, „dieses
Spiel mit der Angst aufzuzeigen. Was die Rechten nicht haben, sind Lösungen. Ich habe keinen einzigen Vorschlag
von der FPÖ oder etwa vom Front National gehört, der die Jugendarbeitslosigkeit reduzieren würde“,
so Faymann. Er arbeite an Vorschlägen wie der europaweiten Ausbildungsgarantie oder etwa an der „golden rule“,
die Ländern mehr Freiraum gibt, um sich aus der Krise herauszuinvestieren und nach klaren Spielregeln genau
jene Investitionen zu tätigen, die die Arbeitslosigkeit reduzieren könnten. Hier gebe es harte Diskussionen
in der EU - Österreich stehe auf der Seite der Beschäftigung.
„Wer sagt, die Bankenkrise ist vorbei, hat nur die Banken im Auge. Aber die Krise ist erst vorbei, wenn die Menschen
wieder Arbeit haben, und zwar junge und ältere. Dann sind die Menschen auch nicht für Rattenfänger
empfänglich, die die Menschen nur gegeneinander aufhetzen“, unterstrich Kanzler Faymann.
Zum Thema Pensionen sagte der Kanzler, dass schon viel dafür getan wurde, das faktische Pensionsantrittsalter
zu erhöhen, und es sei auch bereits gestiegen. „Ende Februar werden wir diesbezüglich weitere gemeinsame
Vorschläge erarbeiten“, so Faymann, der es ablehnt, „das Thema einem Automaten zu übertragen, ohne Rücksicht
auf die wirkliche politische Situation. Ich verlasse mich auf Menschen.“
Zur Bundespräsidentschaftswahl sagte der Kanzler, dass „Rudi Hundstorfer ein hervorragender Kandidat wäre.
Ob wir ihn aufstellen, entscheiden wir Mitte Jänner“, sagte Faymann.
Dazu befragt, ob Bundespräsident Heinz Fischer nach seiner Amtszeit weiterhin eine politische Funktion innehaben
sollte, sagte Faymann, dass „gerade Heinz Fischer hohe Erfahrungswerte, ein starkes Netzwerk, wichtige Wirtschaftskontakte
und das Vertrauen vieler“ in sich vereine. „Wenn man auf diese Erfahrung zurückgreifen kann, soll man das
unbedingt machen. Es würde Österreich sehr nutzen, denn Heinz Fischer hat Hervorragendes für das
Land geleistet - vorausgesetzt, er will das auch.“
Zum Thema innerparteiliche Gegenstimmen zur großen Koalition sagte der Bundeskanzler, dass es derlei Gruppen
in ÖVP wie SPÖ gebe. Man müsse die Verantwortung wahrnehmen, die sich aus dem Wahlergebnis ergibt.
Gemeinsam mit der ÖVP sei ordentliche Arbeit geleistet worden.
Befragt zum Hypo-U-Ausschuss, bei dem der ehemalige Kanzler Pröll sagte, er hätte die Hypo-Verstaatlichung
wieder so vollzogen, sagte Faymann, dass er damals OeNB-Gouverneur Nowotny und dessen ausgezeichnete Experten mit
der Einschätzung der Lage der Hypo beauftragt hatte. „Die Ratschläge, die von dort kommen, sind für
die Politik eine Vorlage. Wenn die Task Force aus Nationalbank und Finanzministerium nach genauer Analyse etwas
empfiehlt, ist dem zu folgen.“
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McDonald: Bundeskanzler-Schwenk verspätet, aber erfreulich für gemeinsame
Asylpolitik
Schutz für jene, die uns brauchen. Zuwanderung für jene, die wir brauchen
Wien (övp-pd) - "Bundeskanzler Faymann schwenkt Schritt für Schritt in der Flüchtlingspolitik
um. Der Bundeskanzler-Schwenk kommt zwar verspätet, ist aber dafür umso erfreulicher. Dadurch sollte
es für die Bundesregierung nun einfacher werden, die dringend notwendigen Maßnahmen gemeinsam voranzutreiben",
betont ÖVP-Generalsekretär Peter McDonald, anlässlich der Aussagen von Bundeskanzler Faymann in
der ORF-Pressestunde. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner habe mit "Asyl auf Zeit" und Verschärfungen
beim Familiennachzug weitere Bausteine für eine stringente Asylpolitik vorgelegt, die in ganz Europa diskutiert
werden. In Deutschland hat Angela Merkel die Strategie im Umgang mit Flüchtlingen geändert, auch Belgien
und das rot-grüne Schweden ziehen nach. "Den Reden müssen Handlungen folgen. Wir brauchen mehr Tempo",
so der ÖVP-Generalsekretär.
Peter McDonald hält einen wesentlichen Grundsatz der ÖVP in der Asylpolitik fest: "Schutz für
jene, die uns brauchen. Zuwanderung für jene, die wir brauchen, ist und bleibt das Gebot der Stunde."
Denn: Asyl bedeute Schutz auf Zeit, bis sich die Lage verbessert habe. "Wer im Zusammenhang mit Asyl auf Zeit
steigende Bürokratie und höhere Kosten befürchtet, der hat nicht zu Ende gedacht. Wenn wir die Antragszahlen
verringern, dann senken wir die zusätzlichen Kosten für unsere Gesundheits- und Sozialsysteme. Das ist
eine Frage des Hausverstands. Jetzt gilt es, diese Maßnahme umzusetzen und sich nicht weiter vor der Verantwortung
zu drücken."
Neuerlich ist es auch wichtig zu betonen, dass das Flüchtlingsthema nicht auf nationalstaatlicher Ebene, sondern
nur gesamteuropäisch gelöst werden kann. Hier vertritt der Bundeskanzler Österreich im Europäischen
Rat und trägt damit Verantwortung für die notwendigen Fortschritte auf europäischer Ebene. "Es
geht um nicht weniger als den Beweis europäischer Handlungsfähigkeit in einer solch wichtigen Frage.
Daher müssen rasch gemeinsame Lösungen umgesetzt werden", stellt McDonald klar, und sprich sich
abschließend für eine stärkere Kontrolle und Sicherung der EU-Außengrenzen sowie die Einrichtung
von Hotspots, wodurch eine nachhaltige und faire Verteilung von Flüchtlingen auf ganz Europa sichergestellt
werden würde.
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Kickl: Faymann klingt nicht wie ein österreichischer Kanzler, sondern wie ein
‚Reserve-Eurokrat‘
Wien (fpd) - „Faymann klingt nicht wie ein österreichischer Bundeskanzler, er klingt nicht wie ein
selbstbewusster SPÖ-Parteivorsitzender, er klingt wie ein ‚Reserve-Eurokrat‘, wie jemand, der jetzt schon
versucht, seine eigenen Schäfchen auf EU-Ebene ins Trockene zu bringen“, so FPÖ-Generalsekretär
NAbg. Herbert Kickl zum Auftritt des SPÖ-Kanzlers in der ORF-Pressestunde.
In der Frage der neuen Völkerwanderung ergreife Faymann nicht für die eigene Bevölkerung das Wort,
sondern für die Interessen einer EU-Bürokratie. „Faymann träumt von einer Lösung auf EU-Ebene
statt eigenverantwortlich zu handeln, seine Träumereien werden zum finanziellen, gesellschafts- und arbeitsmarktpolitischen
Albtraum für die Österreicher werden“, warnte Kickl. Faymanns Schwerpunkt liege auffallend deutlich auf
der EU-Ebene. „Von einem österreichischen Bundeskanzler würde man sich erwarten, dass er mit aller Kraft
die innenpolitisch wichtigsten Themen wie etwa die hohe Arbeitslosigkeit anpackt. Faymann gefällt sich aber
lieber darin, von EU-Parlierrunde zu Parlierrunde zu eilen und dort um die Gunst der Eurokraten zu buhlen, wohl
in der Hoffnung, sich so in weiterer Folge einen gutdotierten Posten zu sichern“, sagte Kickl.
„Und dass Faymann noch immer keinen Kandidaten für die Wahl zum Bundespräsidenten nennen kann, ist der
Offenbarungseid schlechthin für einen Parteichef, dessen Partei immerhin den derzeitigen Amtsinhaber stellt.
Gleichzeitig aber redet Faymann einer 'Zweitpräsidentschaft durch die Hintertür‘ für Heinz Fischer
das Wort. Das ist grotesk“, so Kickl.
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